Rechtshilfe in bürgerlichen Rechtssachen (Frankreich)
Vorwort
KAPITEL I
Art. 1
ZUTRITT ZU DEN GERICHTEN
Artikel 1
Art. 1
1. Die Staatsangehörigen des einen der beiden Staaten haben auf dem Gebiet des anderen in Zivil- und Handelssachen sowohl als Kläger als auch als Beklagte freien und ungehinderten Zutritt zu den Gerichten. Die Frage hinsichtlich der Verfahrenshilfe und der Sicherheitsleistung für Prozeßkosten werden durch die Bestimmungen des Haager Übereinkommens vom 1. März 1954 sowie in den Artikeln 14, 15 und 16 dieses Abkommens geregelt.
2. Diese Staatsangehörigen genießen auf dem Gebiet des anderen Staates hinsichtlich ihrer Personen und ihres Vermögens den gleichen Rechtsschutz, der den Staatsangehörigen dieses anderen Staates eingeräumt ist.
Art. 2 Artikel 2
Die Bestimmungen dieses Abkommens über natürliche Personen und die der Artikel 17, 18 und 19 des Haager Übereinkommens vom 1. März 1954 gelten auch für juristische Personen sowie für Gebilde, die, ohne Rechtspersönlichkeit zu besitzen, fähig sind, vor Gericht aufzutreten, vorausgesetzt, daß diese juristischen Personen oder Gebilde ihren satzungsmäßigen oder tatsächlichen Sitz auf dem Gebiet eines der beiden Staaten haben.
KAPITEL II
ZUSTELLUNG GERICHTLICHER UND AUSSERGERICHTLICHER
Art. 3
SCHRIFTSTÜCKE
Artikel 3
Art. 3
1. In Zivil- und Handelssachen sind die ein vor einem Gericht eines der beiden Staaten anhängiges oder einzuleitendes Verfahren betreffenden gerichtlichen und außergerichtlichen Schriftstücke, die einer Person zugestellt werden sollen, die sich im anderen Staat aufhält, in einer einzigen Ausfertigung vom Justizministerium des ersuchenden Staates an das Justizministerium des ersuchten Staates unter Verwendung des diesem Abkommen angeschlossenen Musters A (Anm.: Die Anlage ist nicht darstellbar) zu übersenden. Die leergelassenen Stellen, die den gedruckten Angaben entsprechen, sind in der Sprache des ersuchenden Staates auszufüllen.
2. Das Justizministerium des ersuchten Staates hat die Schriftstücke an die zur Durchführung der Zustellung zuständige Behörde seines Staates weiterzuleiten.
3. Die in Anwendung dieses Abkommens für die Zwecke der Zustellung übersandten Schriftstücke sind von der Beglaubigung, der Apostille oder jeder anderen gleichartigen Förmlichkeit befreit.
Artikel 4
Art. 4
1. Ist ein Schriftstück durch bloße Übergabe oder zu eigenen Handen zuzustellen, so ist seine Übersetzung nicht erforderlich. Verweigert der Empfänger die Annahme, so hat die ersuchte Behörde das Schriftstück auf ihre Kosten übersetzen zu lassen.
2. Soll ein Schriftstück in einer besonderen Form zugestellt werden, so muß dieses Schriftstück mit einer Übersetzung in die Sprache des ersuchten Staates versehen sein, deren Richtigkeit von einem amtlichen Übersetzer eines der beiden Staaten bestätigt ist.
Artikel 5
Art. 5
1. Für jede Zustellung ist eine dem diesem Abkommen angeschlossenen Muster B (Anm.: Die Anlage ist nicht darstellbar) entsprechende Bestätigung auszustellen. Die leergelassenen Stellen, die den gedruckten Angaben entsprechen, sind in der Sprache des ersuchten Staates auszufüllen.
2. Die Bestätigung ist von der ersuchten Behörde unmittelbar der ersuchenden Behörde zu übersenden. Diese Behörden haben für alle ergänzenden Mitteilungen, die sich auf die Zustellung der Schriftstücke beziehen, miteinander unmittelbar und in ihrer eigenen Sprache zu verkehren.
KAPITEL III
Art. 6
RECHTSHILFEERSUCHEN
Artikel 6
Art. 6
1. Die in Zivil- und Handelssachen gestellten Rechtshilfeersuchen einschließlich der Ersuchen um die Durchführung von Erhebungen sind von den Gerichten zu erledigen.
2. Die Rechtshilfeersuchen sind mit einer Übersetzung in die Sprache des ersuchten Staates zu versehen, deren Richtigkeit von einem amtlichen Übersetzer eines der beiden Staaten bestätigt ist.
3. Diese Rechtshilfeersuchen sind durch Vermittlung der Justizministerien der beiden Staaten unter Verwendung des diesem Abkommen angeschlossenen Musters C (Anm.: Die Anlage ist nicht darstellbar) zu übermitteln. Die leergelassenen Stellen, die den gedruckten Angaben entsprechen, sind in der Sprache des ersuchenden Staates auszufüllen.
Artikel 7
Art. 7
1. Die Erledigung der Rechtshilfeersuchen geschieht ohne Kosten oder Abgaben für die Dienste des ersuchten Staates.
2. Die Beträge, die Sachverständigen und Dolmetschern zustehen, sowie die Kosten, die auf Grund der Einhaltung einer besonderen Form auflaufen, fallen dem ersuchenden Staat zur Last. Ist jedoch einer der Parteien die Verfahrenshilfe bewilligt worden, so fallen die mit der Erledigung der Rechtshilfeersuchen verbundenen Kosten mit Ausnahme der Sachverständigengebühren dem ersuchten Staat zur Last.
Art. 8 Artikel 8
Die Erledigungsakten der Rechtshilfeersuchen sind von der ersuchten Behörde unmittelbar der ersuchenden Behörde zu übersenden. Diese Behörden haben für alle ergänzenden Mitteilungen, die sich auf die Erledigung der Rechtshilfeersuchen beziehen, miteinander unmittelbar und in ihrer eigenen Sprache zu verkehren.
KAPITEL IV
GEMEINSAME BESTIMMUNGEN FÜR ZUSTELLUNG UND
RECHTSHILFE
Art. 9 Artikel 9
Ist die Anschrift des Zustellungsempfängers oder der Person, um deren Vernehmung ersucht wird, unvollständig oder unrichtig, so hat sich die ersuchte Behörde nichtsdestoweniger darum zu bemühen, dem Ersuchen zu entsprechen. Sie kann zu diesem Zweck die ersuchende Behörde um die Erteilung aller ergänzenden Auskünfte bitten, die zur Auffindung der betreffenden Person zu führen geeignet sind.
Artikel 10
Art. 10
1. Keine Bestimmung dieses Abkommens darf als Widerspruch nach Artikel 6 Absatz 2 oder nach Artikel 15 des Haager Übereinkommens vom 1. März 1954 ausgelegt werden.
2. Von der im Artikel 6 Absatz 1 Ziffer 2 des Haager Übereinkommens vom 1. März 1954 genannten Möglichkeit kann in den Beziehungen zwischen den beiden Staaten nicht Gebrauch gemacht werden.
Artikel 11
Art. 11
1. Sofern ein diesbezügliches Ersuchen gestellt wird, haben die Justizministerien sowie die Gerichte beider Staaten einander Auskünfte betreffend Verfahren in Zivil- und Handelssachen zu erteilen und einander Ausfertigungen gerichtlicher Schriftstücke zu übersenden.
2. Dieses Ersuchen ist in der Sprache des ersuchten Staates zu verfassen und im Weg des Justizministeriums des ersuchenden Staates an das Justizministerium des ersuchten Staates zu übermitteln.
3. Die Schriftstücke, mit denen dem Ersuchen entsprochen wird, sind von der ersuchten Behörde unmittelbar der ersuchenden Behörde zu übersenden.
4. Die so vom ersuchten Staat geleisteten Dienste geben zur Zahlung von Kosten und Abgaben nicht Anlaß.
Art. 12 Artikel 12
Die Erledigung eines nach diesem Abkommen gestellten Ersuchens kann nicht deshalb abgelehnt werden, weil das Recht des ersuchten Staates dessen ausschließliche Gerichtsbarkeit für die betreffende Rechtssache vorsieht oder den Rechtsweg für die Durchsetzung des vor die ersuchende Behörde gebrachten Anspruchs nicht zuläßt.
KAPITEL V
VERSCHIEDENE BESTIMMUNGEN
Art. 13 Artikel 13
Von den Gerichten eines der beiden Staaten gestellte Ersuchen um Mithilfe bei der freiwilligen Erfüllung von auf dem Gebiet des Sorgerechts für Minderjährige erlassenen Entscheidungen sind im anderen Staat unter sinngemäßer Anwendung der Kapitel III und IV zu erledigen.
Art. 14 Artikel 14
Für die Übermittlung von Anträgen auf Bewilligung der Verfahrenshilfe nach Artikel 23 des Haager Übereinkommens vom 1. März 1954 und für alle ergänzenden Auskünfte über die Vermögenslage des Antragstellers können die Behörden der beiden Staaten unmittelbar miteinander und in ihrer eigenen Sprache verkehren. Dadurch entstehende Übersetzungskosten sind nicht zu ersetzen.
Art. 15 Artikel 15
Die Anträge auf Vollstreckbarerklärung der Entscheidungen über die Prozeßkosten, die im Artikel 18 des Haager Übereinkommens vom 1. März 1954 vorgesehen sind, können von der antragstellenden Partei unmittelbar an das zuständige Gericht gestellt werden.
Artikel 16
Art. 16
1. Für die Anwendung der Bestimmungen des Artikels 19 zweiter und dritter Absatz des Haager Übereinkommens vom 1. März 1954 sind folgende Urkunden vorzulegen:
a) Wenn die Entscheidung in Frankreich gefällt wurde, eine Urkunde, durch die ihre Zustellung nachgewiesen wird, eine Bestätigung des Leiters der Gerichtskanzlei, wonach gegen sie weder Widerspruch noch Berufung offenstehen, und eine Bestätigung, wonach, in den Fällen, in denen der Kassationsbeschwerde eine die Vollstreckung aufschiebende Wirkung zukommt, keine Kassationsbeschwerde erhoben worden ist;
b) wenn die Entscheidung in Österreich gefällt wurde, eine von dem Gericht, das in erster Instanz entschieden hat, ausgestellte Bestätigung, wonach die Entscheidung in Rechtskraft erwachsen ist.
2. Die Zuständigkeit der Behörden, die im Absatz 1 vorgesehene
Urkunde und die dort vorgesehenen Bestätigungen auszustellen, muß nicht von einer anderen Behörde bestätigt sein.
3. Die Richtigkeit der Übersetzung des Spruches der Entscheidung
sowie der im Absatz 1 bezeichneten Urkunde und Bestätigungen in die Sprache der ersuchten Behörde kann entweder von einem beeideten Übersetzer des ersuchenden Staates oder unter den im Artikel 19 zweiter Absatz Ziffer 3 des Haager Übereinkommens vom 1. März 1954 vorgesehenen Bedingungen bestätigt sein.
Artikel 17
Art. 17
1. Die Echtheit öffentlicher Urkunden, die in einem der beiden Staaten von einem Gericht, einer Verwaltungsbehörde oder einem öffentlichen Notar ausgestellt und mit dem Amtssiegel versehen sind, ist im anderen Staat anzuerkennen, ohne daß eine weitere Beglaubigung, Apostille oder gleichartige Förmlichkeit verlangt werden darf.
2. Privaturkunden, die in einem der beiden Staaten ausgestellt und deren Echtheit dort von einem Gericht, einer Verwaltungsbehörde oder einem öffentlichen Notar bestätigt ist, können im anderen Staat verwendet werden, ohne daß eine weitere Beglaubigung, Apostille oder gleichartige Förmlichkeit verlangt werden darf.
Art. 18 Artikel 18
Die Justizministerien der beiden Staaten erteilen einander im unmittelbaren Verkehr alle Auskünfte, die die Anwendung dieses Abkommens in ihren Staaten betreffen.
KAPITEL VI
Art. 19
SCHLUSSBESTIMMUNGEN
Artikel 19
Art. 19
1. Dieses Abkommen ist zu ratifizieren und die Ratifikationsurkunden sind in Paris auszutauschen.
2. Es wird am sechzigsten Tag nach dem Tag in Kraft treten, an dem die Ratifikationsurkunden ausgetauscht werden.
3. Ab dem Zeitpunkt seines Inkrafttretens ist dieses Abkommen auch auf die Überseedepartements und -gebiete anzuwenden, auf die die Französische Republik die Anwendung des Haager Übereinkommens vom 1. März 1954 nach dessen Artikel 30 ausgedehnt hat.
Art. 20 Artikel 20
Dieses Abkommen tritt ab dem Zeitpunkt seines Inkrafttretens an die Stelle des Zusatzabkommens vom 15. Juli 1966 zwischen der Republik Österreich und der Französischen Republik zum Haager Übereinkommen vom 1. März 1954 betreffend das Verfahren in bürgerlichen Rechtssachen *1).
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*1) Kundgemacht in BGBl. Nr. 287/1966
Artikel 21
Art. 21
1. Jeder Hohe Vertragschließende Teil kann dieses Abkommen durch eine auf diplomatischem Weg an den anderen Hohen Vertragschließenden Teil zu richtende schriftliche Notifikation kündigen. Die Kündigung wird sechs Monate nach dem Tag dieser Notifikation wirksam.
2. Die Kündigung kann sich auf die im Artikel 19 Absatz 3 dieses Abkommens genannten Departements und Gebiete oder auf bestimmte von ihnen beschränken.
Art. 22 Artikel 22
Die Streitfälle betreffend die Auslegung oder die Anwendung dieses Abkommens, die sich zwischen den Hohen Vertragschließenden Teilen ergeben könnten, werden auf diplomatischem Weg beigelegt.
ZU URKUND dessen haben die Bevollmächtigten dieses Abkommen unterschrieben.
GESCHEHEN zu Wien, am 27. Feber 1979, in zweifacher Ausfertigung in deutscher und französischer Sprache, wobei die beiden Texte gleichermaßen authentisch sind.
Anhang
Anl. 1
(Anm.: Muster A, B und C nicht darstellbar)
Anhänge
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