JudikaturVwGH

Ra 2025/18/0071 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
24. Juni 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Nedwed als Richter sowie die Hofrätinnen Dr. in Gröger und Dr. in Sabetzer als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Hahn, LL.M., über die Revision des A N, vertreten durch Mag. a Hela Ayni Rahmanzai, Rechtsanwältin in 1030 Wien, Invalidenstraße 11/Top 2, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. Februar 2025, W105 2284476 1/6E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans und Angehöriger der Volksgruppe der Hazara, stellte am 22. Dezember 2022 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er im Wesentlichen damit begründete, dass er gegen die Taliban gekämpft habe und nunmehr Verfolgung durch diese befürchte.

2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wies diesen Antrag mit Bescheid vom 6. Dezember 2023 zur Gänze ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 Asylgesetz 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.

3 Die dagegen gerichtete Beschwerde des Revisionswerbers wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten als unbegründet ab. Im Übrigen gab das BVwG der Beschwerde statt, erkannte dem Revisionswerber den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung. Die Revision erklärte das BVwG für nicht zulässig.

4 Zur Nichtzuerkennung von Asyl führte das BVwG begründend aus, der Revisionswerber sei in seiner Heimat keiner konkret und gezielt gegen seine Person gerichteten Verfolgung ausgesetzt. Insbesondere habe er aufgrund von Widersprüchlichkeiten und Ungereimtheiten in seinem Vorbringen nicht glaubhaft machen können, dass ihm wegen der Teilnahme an Widerstandskämpfen gegen die Taliban Verfolgung durch diese drohe.

5 Dagegen wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit geltend macht, das BVwG weiche von der nicht näher konkretisierten ständigen Judikatur der Höchstgerichte zur Frage der Verfolgung von Fremden, die aktiv an Kämpfen gegen die Taliban in Afghanistan teilgenommen hätten, ab und habe auch keine ausreichenden Feststellungen über wesentliche Umstände getroffen. Darüber hinaus habe das BVwG anhand der mangelhaften Feststellungen Schlüsse gezogen, die mit den zugrundeliegenden Länderinformationen zum Herkunftsstaat des Revisionswerbers nicht übereinstimmten. Eine Auseinandersetzung mit der Tätigkeit des Revisionsführers „als Teil der sogenannten Arbaki“ und der damit einhergehenden Verfolgungsgefahr sei vollends unterlassen worden.

6 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10 Soweit die Revision zunächst Begründungsmängel geltend macht und sich dabei erkennbar gegen die vom BVwG vorgenommene Beweiswürdigung wendet, ist darauf hinzuweisen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dieser als Rechtsinstanz zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat. Der Verwaltungsgerichtshof ist somit nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. z.B. VwGH 22.10.2024, Ra 2024/18/0359, mwN).

11 Im gegenständlichen Fall gelangte das BVwG nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, in der es sich auch einen persönlichen Eindruck vom Revisionswerber verschaffen konnte, zu dem Ergebnis, dass dieser keine individuell gegen ihn gerichteten asylrelevanten Verfolgungshandlungen habe glaubhaft machen können. Es nahm bei seinen Erwägungen unter anderem darauf Bedacht, dass der Revisionswerber in Bezug auf die vorgebrachten Hausdurchsuchungen durch die Taliban keine gleichbleibenden und stringenten Angaben machen habe können, und berücksichtigte weiters, dass die Frau des Revisionswerbers noch ein Jahr nach den behaupteten Hausdurchsuchungen an ihrem Wohnort in Afghanistan leben habe können, „ohne Konsequenzen von Seiten der Taliban erdulden zu müssen“. Dass diese beweiswürdigenden Erwägungen des BVwG auf unvertretbare Weise vorgenommen worden wären, legt die Revision nicht dar. Ebenso wenig zeigt die Revision damit aber auch auf, dass sich das BVwG mit der Verfolgungsgefahr des Revisionswerbers aufgrund der behaupteten Teilnahme an Kämpfen gegen die Taliban nicht auseinandergesetzt hätte.

12 Die Revision bemängelt in den Zulässigkeitsgründen zudem, das BVwG habe keine ausreichenden Feststellungen über wesentliche Umstände getroffen. Damit präzisiert sie aber weder näher, welche konkreten Feststellungen zu treffen gewesen wären, noch legt sie hinreichend dar, dass selbst unter der Annahme, dass Feststellungsmängel gegeben wären, ein anderes Verfahrensergebnis möglich gewesen wäre. Somit fehlt es aber an der zur Geltendmachung einer Rechtsfrage von grundlegender Bedeutung geforderten Darlegung der Relevanz eines allfälligen Verfahrensmangels (vgl. z.B. VwGH 2.9.2024, Ra 2024/18/0401, mwN).

13 Auf weiteres Vorbringen, das sich allein in den Revisionsgründen findet, ist schon zufolge § 34 Abs. 1a und § 28 Abs. 3 VwGG bei der Beurteilung, ob sich eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG als zulässig darstellt, nicht weiter einzugehen (vgl. etwa VwGH 23.9.2024, Ra 2024/18/0307, mwN).

14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 24. Juni 2025

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