I419 2283912-1/12E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Tomas JOOS über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. SYRIEN, vertreten durch BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 30.11.2023, Zl. XXXX , zu Recht:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer beantragte internationalen Schutz. Mit dem bekämpften Bescheid wies das BFA den Antrag betreffend den Status des Asylberechtigten ab (Spruchpunkt I), zuerkannte dem Beschwerdeführer den Status des subsidiär Schutzberechtigten und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung (Spruchpunkte II und III).
2. Gegen Spruchpunkt I richtet sich die Beschwerde. Darin wird vorgebracht, dem Beschwerdeführer drohe die Einberufung zum Wehrdienst des Regimes. Er habe sich zuletzt in XXXX in XXXX aufgehalten und im Personalwesen der SNA arbeitend neue Kämpfer für diese registriert. Als der Druck der SNA, an Kampfhandlungen teilzunehmen, gestiegen sei, habe er sich zur Ausreise entschlossen. Kurz vor dieser sei er vier Tage von Mitgliedern der al-Nusra-Front festgehalten worden, die befürchtet hätten, dass er die „Daten der Kämpfer“ weiterleite. Da er seinen Dienst bei der SNA ohne Erlaubnis verlassen habe, drohten ihm nach einer Rückkehr auch von deren Seite Verfolgungshandlungen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der unter Punkt I beschriebene Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:
1.1 Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer ist Mitte 20, Staatsangehöriger von Syrien, Araber sowie Sunnit, und beherrscht Arabisch als Muttersprache in Wort und Schrift. Er wurde im Herkunftsstaat in der Stadt XXXX ( XXXX ) in dem gleichnamigen Bezirk der Provinz XXXX geboren, etwa 15 km südlich der Provinzhauptstadt. Dort wuchs er auf, besuchte neun Jahre lang die Schule und sammelte anschließend Berufserfahrung als Immobilienmakler und Gastwirt. Er lebte dort mit seinen Eltern und dann auch Geschwistern zusammen; sein Vater verstarb angeblich 2012.
Zur Arbeit zog er 2017 erstmals in die Türkei und kehrte seinen Angaben nach 2019 zurück nach XXXX . Diesen Angaben nach zog er 2020 oder 2021 neuerlich in die Türkei, wo er als Schmied arbeitete. Im Frühjahr 2022 gelangte er illegal nach Griechenland, später ebenso nach Bulgarien, Ungarn und Österreich, wo er am 12.09.2022 internationalen Schutz beantragte.
Im Herkunftsstaat wohnen seine Mutter mit Anfang 40, seine verheiratete Schwester, die etwa ein Jahr jünger ist als er, ein Bruder im Teenager-Alter, alle in XXXX , sowie eine Tante, Onkel und Cousins. Ein weiterer Bruder mit ca. 20 hält sich in der Türkei auf. Nach den Angaben des Beschwerdeführers betreibt sein bereits zweiter Stiefvater ein Restaurant in XXXX und hat Immobilien. Der Beschwerdeführer ist mit seiner Kernfamilie in Syrien regelmäßig in Kontakt.
In Österreich hat der Beschwerdeführer einen Cousin, mit dem er nicht in Kontakt ist, sowie seit etwa einem Jahr eine Beziehung zu einer etwa gleichaltrigen Landsfrau, die hier in derselben Gemeinde wohnt und aus der Provinz XXXX stammt. Er ist gesund und war 2024 als Essenszusteller tätig; seit Juli 2025 ist er als Arbeiter in einem Bauunternehmen beschäftigt. Im November 2023 und im April 2024 wurde Cannabis bei ihm gefunden, nachdem er solches nach eigenen Angaben von Herbst 2023 an wöchentlich konsumiert hatte (anschließend hat er diesen Angaben zufolge damit aufgehört). Strafgerichtlich ist er dennoch unbescholten.
1.2 Zur Situation im Herkunftsstaat:
Im angefochtenen Bescheid wurde das „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation“ zu Syrien auf Stand 17.07.2023 zitiert. Derzeit steht ein am 08.05.2025 erschienenes zur Verfügung. Das Gericht berücksichtigt auch die „Interim Country Guidance: Syria“ der EUAA und den EUAA-Bericht „Syria: Country Focus“ (unten 1.2.4 bis 1.2.5).
Im gegebenen Zusammenhang sind davon die folgenden Informationen von Relevanz und werden festgestellt:
1.2.1 Politische Lage - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024)
Am 8.12.2024 erklärten die Oppositionskräfte in Syrien die 24-jährige Herrschaft von Präsident Bashar al-Assad für beendet. Zuvor waren Kämpfer in die Hauptstadt eingedrungen, nachdem Oppositionsgruppierungen am 27.11.2024 eine Offensive gegen das Regime gestartet und innerhalb weniger Tage die Städte XXXX , Hama und große Teile des Südens eingenommen hatten. Al-Assad war aus Damaskus geflohen (AJ 8.12.2024). Ihm und seiner Familie wurde Asyl in Russland gewährt (VB Moskau 10.12.2024). [...] Die Offensive gegen al-Assad wurde von der Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) angeführt (BBC 9.12.2024). [...] Die HTS wurde durch die von der Türkei unterstützte Syrische Nationale Armee (Syrian National Army - SNA), lokale Kämpfer im Süden und andere Gruppierungen unterstützt (Al-Monitor 8.12.2024). [...]
HTS hat in XXXX einerseits bemerkenswerte Zugeständnisse an die lokale Bevölkerung gemacht. So erlaubte sie beispielsweise Christen, Gottesdienste abzuhalten und Frauen, Universitäten zu besuchen und Autos zu fahren – Maßnahmen, die angesichts der radikalen dschihadistischen Vergangenheit der Gruppe bemerkenswert sind. Darüber hinaus hat HTS Zivilisten in seine Regierungsverwaltung integriert und einen technokratischen Regierungsstil eingeführt, selbst in sensiblen ideologischen Bereichen wie Bildung und Religion, in denen die Gruppe ursprünglich ausschließlich eigenes Personal ernennen wollte. Andererseits ist die mangelnde Bereitschaft, politische Opposition zuzulassen, nach wie vor besorgniserregend. In Idlib hat HTS nach und nach die Macht monopolisiert und agierte praktisch als Einparteienstaat. Politische Opposition und zivilgesellschaftlicher Aktivismus wurden unterdrückt (DIIS 16.12.2024). Zu den ersten Entscheidungen der Übergangsregierung unter al-Bashir gehörten die Entsendung von Polizeikräften in Großstädte und das Verbot von Rauchen und Alkoholkonsum (MAITIC 17.12.2024). [...] Der HTS wurden unter anderem von Human Rights Watch, immer wieder schwere Menschenrechtsverletzungen gegen Oppositionelle, Frauen und religiöse Minderheiten vorgeworfen. Es kam auch zu groß angelegten Protesten gegen die HTS und ihren Anführer, ash-Shara' (Rosa Lux 17.12.2024). [...]
Trotz der Kritik ergab eine im März 2025 im Auftrag von „The Economist“ durchgeführte Umfrage, an der 1.500 Syrer aus allen Provinzen und konfessionellen Gruppen des Landes teilnahmen, dass 81 % die Herrschaft von ash-Shara' befürworten. Nur 22 % sind der Meinung, dass seine Vergangenheit als al-Qaida-Führer ihn für eine Führungsrolle disqualifiziert. Eine große Zahl der Befragten gibt an, dass sie seine neue Ordnung als sicherer, freier und weniger konfessionell geprägt empfinden als das Regime von al-Assad. Etwa 70 % sind optimistisch, was die allgemeine Richtung des Landes angeht. Die zufriedenste Provinz ist XXXX , ash-Shara's ehemaliges Machtgebiet, wo 99 der 100 Befragten sich optimistisch äußern. Tartus, wo Anfang März 2025 mehrere Massaker an der alawitschen Minderheit stattgefunden haben, ist die pessimistischste Provinz. Selbst dort gaben 49 % an, optimistisch zu sein, während 23 % sich pessimistisch äußerten. (Economist 2.4.2025). [...]
1.2.2 Sicherheitsbehörden - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024)
Seitdem der friedliche Aufstand gegen das Assad-Regime Ende 2011 in den bewaffneten Konflikt überging, bildeten sich bewaffnete Gruppierungen auf fast der gesamten syrischen Landkarte, angefangen bei Offizieren und Soldaten, die vom Regime übergelaufen waren, bis hin zu Gruppierungen, die sich aus lokalen und religiösen Gruppierungen zusammensetzten. Sie standen im Konkurrenzkampf einerseits untereinander und andererseits kämpften sie gegen die Regimekräfte, die ihnen bis 2018 schwere Verluste zufügten. Danach wurden viele Gruppierungen aufgelöst. Andere übersiedelten unter russischer Schirmherrschaft im Rahmen von Abkommen nach Nordsyrien oder blieben auf der Basis von „Versöhnungsabkommen“ unter russischer Schirmherrschaft und Garantien bzw. direkten Abmachungen mit dem Assad-Regime weiterbestehen. Im Zuge der Kampfhandlungen im Spätherbst 2024 schienen die Oppositionskämpfer gut organisiert zu sein und arbeiteten in einem Bündnis unter dem Namen Abteilung für militärische Operationen (Department of Military Operations - DMO) zusammen (Asharq 9.12.2024). [...]
Seit Jänner 2025 haben die Interimsministerien für Verteidigung und Inneres zügig daran gearbeitet, alle bewaffneten Gruppen unter einer einzigen, mit dem Staat verbundenen Armee und Polizei zu vereinen. Für diesen Prozess wurde der Oberste Ausschuss für die Regulierung der Streitkräfte eingerichtet, der Waffen, Technologie, Militärstützpunkte und Personal überwachen soll. Ein Ausschuss von Offizieren entwirft derzeit die Struktur der neuen syrischen Armee. Die Regierung hat klargestellt, dass alle militärischen Fraktionen aufgelöst und in staatliche Institutionen integriert werden (TNA 3.2.2025). Der Prozess der Bildung einer neuen Armee für Syrien wird auf der Vereinigung mehrerer bewaffneter Gruppierungen beruhen, die über das ganze Land verteilt sind. Einige dieser Gruppierungen waren in Nord- und Westsyrien aktiv, während andere ihren Einfluss auf Südsyrien konzentriert haben, wie die Achte Brigade unter der Führung des ehemaligen Oppositionskommandeurs Ahmad al-'Awda oder andere Formationen, die in der drusischen Mehrheitsprovinz Suweida eingesetzt werden. Diese Formationen, die sich in der nächsten Phase zu einer einzigen Armee vereinigen sollen, sind jedoch über ihre Visionen und Ziele sowie darüber, woher sie Unterstützung erhalten, zerstritten (AlHurra 12.2.2025). [...]
Am 29.1.2025 wurde die Auflösung bewaffneter Gruppierungen in Syrien bekannt gegeben, darunter auch die HTS (Sky News 31.1.2025). Einem Journalisten von Sky News zufolge sind viele Gruppierungen, die HTS unterstützten, bereits Teil der Allgemeinen Sicherheit (General Security Force) geworden und tragen alle einheitliche schwarze Uniformen und Kampfanzüge (Sky News 13.2.2025). Die General Security war die wichtigste Polizeitruppe der HTS im Nordwesten Syriens und ist nun zur Gendarmerie der Übergangsregierung in ganz Syrien geworden, um das Sicherheitsvakuum nach dem Sturz des Regimes zu füllen (ISW 16.4.2025). [...]
Die Kernkräfte der Gruppierung, die die neue Regierung anführt, HTS, sind bekanntermaßen weitaus disziplinierter als andere Akteure, was auf jahrelanger Beobachtung ihrer Aktivitäten in der Provinz XXXX und während des Sturzes von al-Assad beruht. Dennoch waren auch einige HTS-Kräfte an den Massakern im März 2025 in der syrischen Küstenregion beteiligt. Darüber hinaus trägt die neue Regierung weiterhin die Verantwortung für alle Tötungen, die von Gruppen unter ihrem formellen Kommando, einschließlich der SNA, begangen wurden. Ihre Unfähigkeit, diese Verbrechen zu verhindern, verdeutlicht, dass sie über Gebiete und Fraktionen außerhalb ihrer traditionellen Basis nach wie vor nur begrenzt befehligen und kontrollieren kann. Nachdem Berichte über Massaker aufgetaucht waren, gab das Innenministerium eine doppelte Erklärung ab, in der es die Zivilbevölkerung aufforderte, sich nicht einzumischen und die Reaktion der Regierung zu überlassen, und allen regierungsfreundlichen Kräften befahl, sich an die Verfahren zu halten, die während der Offensive zum Sturz des Assad-Regimes angewendet wurden, nämlich keine Zivilisten ins Visier zu nehmen. Zu diesem Zeitpunkt waren jedoch bereits zahlreiche Morde verübt worden, und die Erklärung enthielt keinen Hinweis auf den notwendigen Prozess der Rechenschaftspflicht, der auf solche Vorfälle folgen muss, um weitere Vergeltungsmaßnahmen und Gräueltaten zu verhindern (TWI 10.3.2025).
Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS)
Die Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) [zu Deutsch: Komitee zur Befreiung der Levante Anm.] ist die stärkste Gruppierung in Syrien (Asharq 9.12.2024). Ihre Mannstärke wird auf 43.000 geschätzt. Die Hälfte dieser Gruppierungen ist nach der Rückeroberung in ihren ursprünglichen Gebieten geblieben, insbesondere in den Gebieten im Norden von Hama, im Süden von XXXX und im Westen und Süden von XXXX (Quds 11.1.2025). Sie entstand aus dem Zusammenschluss von fünf Gruppierungen, u. a. der Jabhat Fatah ash-Sham, Liwa' al-Haqq, Jabhat Ansar ad-Din und Jaysh as-Sunna und wurde später von mehreren Bataillonen, Brigaden und Einzelpersonen unterstützt (AJ 3.12.2024). [...]
Ash-Shara' kündigte gegenüber al-'Arabiya und al-Hadath an, dass sich seine Gruppierung bald auflösen wird (Arabiya 6.1.2025b). Am 29.1.2025 wurde die Auflösung der HTS bekannt gegeben (Sky News 31.1.2025).
1.2.3 Wehr- und Reservedienst - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024)
Die Syrische Arabische Armee wurde noch von al-Assad vor seiner Flucht nach Mitternacht am 8.12.2024 per Befehl aufgelöst. Die Soldaten sollten ihre Militäruniformen gegen Zivilkleidung tauschen und die Militäreinheiten und Kasernen verlassen (AAA 10.12.2024). [...]
Nach dem Umsturz in Syrien hat die von Islamisten angeführte Rebellenallianz eine Generalamnestie für alle Wehrpflichtigen verkündet. Ihnen werde Sicherheit garantiert und jegliche Übergriffe auf sie seien untersagt, teilte die Allianz auf Telegram mit (Presse 9.12.2024). HTS-Anführer ash-Shara' kündigte in einem Facebook-Post an, dass die Wehrpflicht der Armee abgeschafft wird, außer für einige Spezialeinheiten und „für kurze Zeiträume“. [...]
Nach dem Umsturz in Syrien hat die von Islamisten angeführte Rebellenallianz eine Generalamnestie für alle Wehrpflichtigen verkündet. Ihnen werde Sicherheit garantiert und jegliche Übergriffe auf sie seien untersagt, teilte die Allianz auf Telegram mit (Presse 9.12.2024). HTS-Anführer ash-Shara' kündigte in einem Facebook-Post an, dass die Wehrpflicht der Armee abgeschafft wird, außer für einige Spezialeinheiten und „für kurze Zeiträume“. Des Weiteren kündigte er an, dass alle Gruppierungen aufgelöst werden sollen und über Waffen nur mehr der Staat verfügen soll (CNBC Ara 15.12.2024a; vgl. MEMRI 16.12.2024). Unklar ist, wie eine Freiwilligenarmee finanziert werden soll (ISW 16.12.2024). Auch die Auflösung der Sicherheitskräfte kündigte ash-Shara' an (REU 11.12.2024a). In einem Interview am 10.2.2025 wiederholte ash-Shara', dass er sich für eine freiwillige Rekrutierung entschieden habe und gegen eine Wehrpflicht. Bereits Tausende von Freiwilligen hätten sich der neuen Armee angeschlossen (Arabiya 10.2.2025a; vgl. AJ 10.2.2025a). Wehrpflichtigen der Syrischen Arabischen Armee (Syrian Arab Army - SAA) wurde eine Amnestie gewährt (REU 11.12.2024b). [...]
1.2.4 „Interim Country Guidance: Syria“ der EUAA
Dem Bericht „Interim Country Guidance: Syria“, also „Vorläufiger Länderratgeber: Syrien“, von Juni 2025 der EUAA ist (übersetzt) zu entnehmen:
Ende Januar erklärte die Übergangsregierung die syrische Verfassung von 2012 für ungültig und löste das Parlament, das Militär und die Sicherheitsbehörden der ehemaligen Regierung auf. Übergangspräsident Al-Sharaa kündigte die Einsetzung eines legislativen Übergangsrats an und verkündete eine Generalamnestie für die Soldaten der syrischen Armee, schaffte die Wehrpflicht ab und leitete einen Wiedereingliederungsprozess für ehemalige Regierungs- und Militärangehörige, einschließlich hochrangiger Beamter, ein. (S. 16)
Die HTS und die mit ihr verbündeten Gruppierungen bildeten im Hinblick auf ihre Offensive gegen das Assad-Regime die Military Operations Administration (MOA). Nach dem Sturz von Bashar Al-Assad wurden die Truppen der MOA zur wichtigsten militärischen Kraft vor Ort. Am 24. Dezember 2024 verkündete die MOA die Auflösung aller militärischen Fraktionen und ihre Integration in das Verteidigungsministerium. Die HTS selbst kündigte an, dass sie mit gutem Beispiel vorangehen, sich als bewaffnete Gruppe auflösen und in die Streitkräfte integrieren werde. (S. 22)
Bis Mitte Februar hatte die Übergangsregierung erfolgreich rund hundert bewaffnete Gruppierungen, darunter die von den USA unterstützte Freie Syrische Armee, in ein neues syrisches Militär und Verteidigungsministerium integriert. (S. 20) Am 29. Januar 2025 verkündete die Übergangsregierung die Auflösung ehemaliger Rebellengruppen, darunter auch der SNA. Einige SNA-Gruppen wurden nur dem Namen nach integriert, kämpften weiterhin gegen die SDF entlang des Euphrat und operierten als SNA im Nordwesten Syriens, wo sie nur schrittweise Aufgaben an das Verteidigungsministerium übergaben. (S. 22 f)
1.2.5 EUAA-Bericht „Syria: Country Focus“
Dem EUAA-Bericht „Syria: Country Focus“ von Juli 2025, („Syrien: Länderfokus“) ist im Kapitel „Ethnisch-religiöse Minderheiten“ übersetzt zu entnehmen:
Nach dem Sturz der Assad-Regierung äußerten christliche Gemeinschaften Bedenken hinsichtlich der Religionsfreiheit, der Sicherheit und der Möglichkeit, ihren Glauben offen auszuüben. Weitere Bedenken beziehen sich auf die begrenzte Beteiligung an der Ausarbeitung der neuen Verfassung und mögliche Einschränkungen der gesellschaftlichen Freiheiten, wie beispielsweise die Entscheidung der Übergangsregierung, im März 2025 Bars in Damaskus zu schließen, die jedoch innerhalb einer Woche wieder rückgängig gemacht wurde. In der neuen Regierung wurde Hind Kabawat, eine Christin und Frau, zur Ministerin für Soziales und Arbeit ernannt.
Ende März 2025 berichtete der Syrian Observer über eine Zunahme religiöser Bekehrungs-versuche im öffentlichen Raum, die oft als „Aufrufe zum Islam“ bezeichnet werden. Dazu gehörten Plakate und Straßenpredigten, die für eine zurückhaltende Kleidung warben, sowie die Verbreitung religiöser Botschaften über Lautsprecher. Berichten zufolge fuhren Fahrzeuge, die für den Islam warben, durch christlich geprägte Stadtteile von Damaskus wie Bab Touma, Bab Sharqi, Qassa und Dweila. Als Reaktion auf die Beschwerde eines christlichen Geistlichen verurteilten die Behörden die Aktionen als „inoffiziell” und „individuell”, behaupteten, es seien Verhaftungen vorgenommen worden, und ermutigten zu weiteren Meldungen – obwohl einige Tage später erneut ein Auto in Dweilaa gesehen wurde. (S. 52 f)
1.3 Zum Fluchtvorbringen:
1.3.1 Erstbefragt hat der Beschwerdeführer angegeben, dass er zum „Syrischen Militär“ einrücken hätte müssen und deshalb auch gesucht werde. Auch die „Terroristische Gruppierung“ wolle ihn rekrutieren. Bei einer Rückkehr fürchte er, zum Militär herangezogen zu werden. Er wolle hier arbeiten, um seine Familie finanziell zu stärken. Aufgrund der Bombardierung seien er und seine Brüder verletzt.
1.3.2 Beim BFA brachte er vor, das syrische Regime suche ihn, weil er den Wehrdienst abzuleisten habe. Er wolle nicht kämpfen, töten oder getötet werden. Er sei weder gemustert worden noch habe er einen Einberufungsbefehl zum syrischen Militär erhalten; nur die al-Nusra-Front habe wollen, dass er für sie kämpfe. Diese kontrolliere sein Herkunftsgebiet.
Sein Vater sei 2012 bei einem Bombardement getötet und er selbst 2017 bei einem Bombardement durch Splitter verletzt worden. Nachdem er 2019 aus der Türkei zurückgekommen sei, habe er Probleme mit der al-Nusra-Front bekommen. Diese hätte ihn vier Tage lang entführt, und da habe er festgestellt, dass Moslems sehr grausam seien. Er habe hier sehr viele christliche Freunde und vor vier bis fünf Monaten beschlossen, Christ zu werden. Seit zehn Tagen besuche er eine Kirche. Nachdem er getauft sein würde, worauf er sich vorbereite, dürfe er Syrien nicht mehr betreten, weil in der Region nur Muslime lebten und diese das nicht akzeptieren würden. Seine Familie wisse davon, aber er sei alt genug, selbst zu entscheiden.
Niemand aus seiner Familie habe auf Seite einer Konfliktpartei mitgekämpft oder sich sonst irgendwie daran beteiligt. Auch er selbst habe dies nicht getan.
1.3.3 In der Beschwerde wird vorgebracht, der Beschwerdeführer habe im „Personenwesen“ der SNA gearbeitet und neue Kämpfer für diese registriert, indem er in einem Büro die dazugehörigen Formulare ausgefüllt habe. Durch die Arbeit für die SNA werde ihm „umso mehr“ eine politisch oppositionelle Gesinnung vom Regime unterstellt (als ohnehin wegen der Wehdienstverweigerung, der illegalen Ausreise und des Asylantrags).
Als der Druck der SNA immer größer geworden sei, an Kampfhandlungen teilzunehmen, habe er sich zur Ausreise entschlossen. Kurz vor dieser hätten ihn Mitglieder der al-Nusra-Front vier Tage lang festgehalten. Diese hätten befürchtet, dass er „die Daten der Kämpfer“ weiterleite.
Da er den Dienst bei der SNA „ohne Zustimmung verlassen“ habe, drohe ihm auch Verfolgung von deren Seite. Insbesondere bei einer Rückkehr nach XXXX drohe ihm zudem, aufgrund seines Interesses für das Christentum Opfer von Verfolgung zu werden.
1.3.4 In der Beschwerdeverhandlung gab er an, er sei nicht konvertiert, sondern habe über das Christentum gelesen, weil er sich für andere Religionen interessiere, mehr aber nicht. Wann er zuletzt beim Gottesdienst in der Kirche gewesen sei, wisse er nicht mehr. Es sei eher im letzten Jahr gewesen als in diesem. Das Thema sei eines zwischen ihm und seinem Gott und solle nicht länger behandelt werden.
Sein Vater sei vom syrischen Regime auf einem offenen Platz erhängt worden. Es treffe zu, dass das Regime ab 2015 in der Stadt XXXX nicht mehr an der Macht gewesen sei, und er keine Rekrutierung durch dieses mehr befürchten müssen habe. Sie hätten unter dem Druck der HTS gelebt, die strenger bezüglich der Religion gewesen sei als die Al-Nusra-Front. Er sei bei der SNA gewesen, die Al-Nusra-Front habe ihn rekrutieren wollen, aber er habe abgelehnt, sei inhaftiert und bestraft worden.
1.3.5 XXXX wurde 2015 von der Rebellenallianz Dschaisch al-Fatah komplett erobert. Zu dieser Allianz zählten unter anderem Ahrar al-Scham und die Al-Nusra-Front, die sich 2017 mit anderen zur Hai’at Tahrir asch-Scham (HTS) zusammengeschlossen hat; die SNA war aber kein Teil davon, sondern eine weitere der drei großen Oppositionsgruppen. Seit Mai 2025 herrscht dort die Übergangsregierung. Außer deren Kräften befinden sich zwischen XXXX und der türkischen Grenze auch solche früherer Oppositionsgruppen, jedoch keine der Kurden und keine des ehemaligen Regimes.
1.3.6 Der Beschwerdeführer hat seinen Wehrdienst für die syrische Armee nicht geleistet. Er hat Syrien nicht verlassen, weil er einer persönlichen Verfolgung oder Bedrohung im Zusammenhang mit dem Wehrdienst für das Regime oder einem für die SNA oder die Al-Nusra-Front ausgesetzt gewesen wäre. Auch derzeit hält er sich aus keinem solchen Grund außerhalb Syriens auf.
1.3.7 Im hypothetischen Fall einer Rückkehr in den Herkunftsort XXXX oder einen anderen Ort im gleichnamigen Bezirk und zwischen diesem und der türkischen Grenze hätte der Beschwerdeführer als sunnitischer Araber auch weiterhin nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass man ihn verfolgt oder rekrutiert.
1.3.8 Der Beschwerdeführer auch sonst nicht glaubhaft gemacht, dass er im Herkunftsstaat aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder einer auch nur unterstellten politischen Gesinnung verfolgt wurde oder werden würde. Er hat damit keine wohlbegründete Furcht vor einer Verfolgung aus einem der Gründe der GFK glaubhaft gemacht.
1.3.9 Der Beschwerdeführer ist im hypothetischen Fall einer Rückkehr in den Bezirk XXXX , wie auch bei einer Einreise dorthin aus der Türkei mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit nicht in Gefahr, aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder einer auch nur unterstellten politischen Gesinnung verfolgt zu werden.
2. Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsakts des BFA und des Gerichtsaktes, ebenso die Feststellungen, soweit nicht unten eigens darauf eingegangen wird. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister, dem Zentralen Fremdenregister, der Sozialversicherungsdaten (AJ-WEB) und dem Betreuungsinformationssystem der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend eingeholt. Die Aktualität der Kontrolle der Herkunftsregion wurde anhand der Daten von Liveuamap (syria.liveuamap.com) sichergestellt.
Ferner wurde eine Beschwerdeverhandlung durchgeführt, an der das BFA nicht teilnahm, und dort der Beschwerdeführer befragt.
2.1 Zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seiner Volkszugehörigkeit sowie seiner Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers.
Ob er nach der Ausreise in die Türkei 2017 nochmals in den Herkunftsstaat zurückkehrte, steht nicht fest, weil er dazu unterschiedlichen Angaben machte. In der Erstbefragung gab er an, er habe sich ca. zwei Jahre zuvor zur Ausreise entschlossen und sei damals auch ausgereist, demnach etwa im September 2020, und sei bis ca. fünf Monate zuvor - somit etwa bis April 2022 - in der Türkei gewesen, was einen Aufenthalt dort von etwa 21 Monaten ergäbe (AS 6 f). Beim BFA führte er an, er sei 2019 aus der Türkei zurückgekehrt und 2021 wieder dorthin gezogen (AS 62). Schließlich gab er in der Verhandlung an, er könne sich nicht genau erinnern, es sei im Winter gewesen, auf Nachfragen dann im Winter 2020/21 (S. 6); sein letzter Aufenthalt in der Türkei habe sechs Monate gedauert (S. 5), was ein Weiterziehen nach Griechenland bereits 2021 bedeuten würde.
Damit wäre für das Verlassen Syriens ein Zeitraum von Sommer/Herbst 2020 bis Oktober 2021 möglich, je nachdem, welchen Angaben gefolgt wird. Insgesamt erweist sich so als fraglich, ob eine Rückkehr nach Syrien ab 2017 überhaupt stattfand, und kann auch sein, dass sich der Beschwerdeführer durchgehend ab 2017 in der Türkei aufhielt.
Was das Schicksal des Vaters anbelangt, machte der Beschwerdeführer völlig widersprüchliche Angaben, nämlich beim BFA, sein Vater sei 2012 bei einem Bombardement getötet worden (AS 62) und in der Verhandlung, der Vater sei vom syrischen Regime auf einem offenen Platz erhängt worden (S. 4), und obendrein in der Verhandlung aussagte, die Mutter habe dann noch zweimal geheiratet, wobei er sich an das erste Mal nicht erinnern könne (S. 5), was abwegig erscheint, wäre er damals doch mindestens im Mittelschulalter gewesen. Damit waren keine genaueren Feststellungen möglich.
2.2 Zum Herkunftsstaat:
Die Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat entstammen dem Länderinformationsblatt samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Dieser Bericht stützt sich auf Angaben verschiedener ausländischer Behörden, etwa die Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie z. B. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.
Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie des Umstandes, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln. Das gilt ebenso für die in 1.2.4 und 1.2.5 genannten Publikationen der EUAA.
2.3 Zum Fluchtvorbringen:
2.3.1 Wie bereits beim BFA vermochte der Beschwerdeführer auch im Beschwerdeverfahren kein plausibles Geschehen darzulegen, das ihn zu einer Flucht aus Konventionsgründen veranlasst hätte.
2.3.2 Zutreffend zeigt das BFA im Bescheid auf (S. 131 ff, AS 231 ff), dass der Beschwerdeführer aus einem nicht vom Regime, sondern schon von der damaligen Opposition kontrollierten Gebiet ausreiste und dorthin über die Türkei auch wieder gelangen kann, ohne Truppen des (seinerzeitigen) Regimes zu begegnen.
Ferner ist nicht zu übersehen, dass der Beschwerdeführer, wie das BFA anführt (S. 132, AS 232), in seiner Erstbefragung keine Bedrohung, Verfolgung oder Entführung durch die Al-Nusra-Front erwähnte (er sprach dagegen von einer terroristischen Vereinigung, die ihn rekrutieren wolle), und die gesamte Familie problemlos in XXXX lebt. In der Beschwerdeverhandlung hat er zwar angegeben, der 2005 geborene Bruder M. sei seit zwei oder drei Jahren in der Türkei, jedoch wäre dieser auch nach dieser Angabe noch mit 17 oder 18 Jahren in XXXX gewesen.
2.3.3 Dazu kommt, dass erstmals in der Beschwerde vorgebracht wird, der Beschwerdeführer habe für die SNA gearbeitet und die Rekrutierungen administriert („neue Kämpfer [...] registriert“; AS 271); die SNA habe ihn auch gedrängt, an Kampfhandlungen teilzunehmen. Er fürchte (unter anderem) Verfolgung durch die SNA, weil er den Dienst ohne Zustimmung verlassen habe. Demgegenüber hatte er beim BFA angegeben, sich auf keiner Seite der Konfliktparteien irgendwie beteiligt zu haben (AS 64). In der Verhandlung sagte er auch aus, die Al-Nusra-Front habe ihn nicht entführt, sondern inhaftiert (S. 9), während er beim BFA angegeben hatte, niemals festgenommen worden oder im Gefängnis gewesen zu sein (AS 64).
2.3.4 Auf den Vorhalt in der Verhandlung, dass die SNA kein Teil der Rebellenallianz war, die XXXX 2015 eroberte, und auch kein Teil der HTS, zu der Al-Nusra ab 2017 gehörte, gab er schließlich an, nicht in XXXX für die SNA gearbeitet zu haben, sondern in XXXX und XXXX (S. 10, demnach in der Nachbarprovinz XXXX ). und zeigte ein Foto von sich in (Teilen einer) Uniform. Die al-Nusra-Front habe ihn rekrutieren wollen, er habe aber abgelehnt (S. 10). Demgegenüber hat er nie andere Aufenthaltsorte in Syrien als die Stadt XXXX erwähnt (AS 5, 62, 270), somit keinen Aufenthalt in einer anderen Provinz als XXXX .
2.3.5 Insgesamt erweist sich das Vorbringen des Beschwerdeführers so als wenig glaubhaft, weil gesteigert und reich an Widersprüchen und Ungereimtheiten, wobei auch nicht zu vernachlässigen ist, dass er betreffend den angeblichen Tod des Vaters zwei völlig unterschiedliche Vorfälle schilderte (Bombenangriff versus erhängt) und auch nicht schlüssig erklären konnte, was die Al-Nusra-Front von ihm gewollt hätte. Beim BFA gab er an, sie hätte wollen, dass er für sie kämpfe (AS 64), in der Beschwerde, sie hätte befürchtet, dass er die Daten der (SNA-) Kämpfer weiterleite (AS 271), und in der Verhandlung, er sei bei der SNA gewesen und die Al-Nusra hätte ihn rekrutieren wollen; sie hätten ihn inhaftiert, weil seine Onkel Anhänger des Regimes gewesen seien (S. 10 f, 16). Warum sie ihn dennoch anwerben hätten sollen, erschließt sich nicht.
2.3.6 Betreffend die geschilderten Fluchtgründe entstand der Eindruck, dass der Beschwerdeführer die Vorgänge nicht erlebt hat, sondern im Hinblick auf die Untauglichkeit des ursprünglich geäußerten Grundes des Militärdienstes für das Regime bei einem aus XXXX stammenden Wehrpflichtigen einen Ablauf beschreibt, der die genannten Milizen als mögliche Verfolger in den Mittelpunkt rückt. Zwischendurch brachte er auch eine (bevorstehende) Konversion vor, rückte von diesem Vorbringen dann in der Verhandlung aber wieder ab.
2.3.7 Der Beschwerdeführer hat also auch im Beschwerdeverfahren nicht glaubhaft gemacht, dass er im Herkunftsstaat aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder einer auch nur unterstellten politischen Gesinnung verfolgt wurde oder werden würde.
2.3.8 Demnach war insgesamt festzustellen, dass der Beschwerdeführer im hypothetischen Fall einer Rückkehr in den Herkunftsort und die Herkunftsregion, den Bezirk XXXX , sowie von der angrenzenden Türkei bis dorthin auch weiterhin nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hätte, dass man ihn verfolgt. Bei einer Rückkehr in diese Region besteht für ihn nach den Länderfeststellungen auch keine Gefahr, eingezogen zu werden oder eine Verfolgung wegen des unterbliebenen Wehrdienstes zu erleiden. Er hat somit keine wohlbegründete Furcht vor einer Verfolgung aus einem der Gründe der GFK glaubhaft gemacht, insbesondere auch nicht vor einer Verfolgung durch eine Miliz wie die SNA oder die Al-Nusra-Fronst bzw. HTS.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde
3.1 Nach § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK droht, und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.
Einem Antragsteller muss, um den Status des Asylberechtigten zu erhalten, bei Rückkehr in seinen Herkunftsstaat Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohen. Die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht. (VwGH 03.10.2023, Ra 2023/14/0071)
3.2 Zum Vorbringen des Beschwerdeführers ist festzuhalten, dass die behauptetermaßen befürchtete Verfolgung durch den syrischen Staat wegen Nichtantritt des Wehrdienstes, ferner seine Verfolgung durch verschiedene Milizen, nicht festgestellt oder auch nur glaubhaft gemacht wurden. Den Feststellungen nach sind sie nicht mit der erforderlichen Maßgeblichkeit wahrscheinlich.
3.3 Daher - und auch für die zwischendurch vorgebrachte Möglichkeit, wegen einer (unterstellten) Konversion Opfer von Verfolgung zu werden - gilt: Da nach der Rechtsprechung die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung nicht genügt, ist es für die Gewährung von Asyl nicht ausreichend, derselben eine bloß theoretisch denkbare Möglichkeit eines Verfolgungsszenarios zu Grunde zu legen. (VwGH 28.02.2024, Ra 2023/20/0619, Rz. 35, mwN)
3.4 Ein Aufzeigen des Bestehens einer bloßen Möglichkeit einer Bedrohung oder Verfolgung kann somit für sich alleine nicht zur Zuerkennung des Asylstatus gemäß § 3 AsylG 2005 führen, wenn es für die Zuerkennung eines solchen Schutzes an der Voraussetzung einer ausreichend konkreten und unmittelbar den Beschwerdeführer persönlich betreffenden aktuellen und maßgeblich relevanten Verfolgungswahrscheinlichkeit aus asylrelevanten Gründen wie Rasse, Religion etc. fehlt.
3.5 Das ist vorliegend den Feststellungen zufolge der Fall. Eine hypothetische Rückkehr in die Herkunftsregion in XXXX vor der Ausreise wäre ohne eine solche Verfolgungswahrscheinlichkeit ebenso möglich wie auch schon zu Zeiten der Wehrpflicht. Nach den Feststellungen betreffend die Machtverhältnisse hat sich dort auch infolge der notorischen Lageänderung (VwGH 22.05.2025, Ra 2025/18/0031, Rz. 11) nichts betreffend seinen früheren Wohnort XXXX und den gleichnamigen Bezirk getan, was ihn hindern oder seine Verfolgung nahelegen würde.
3.6 Somit ist die rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes durch das BFA nicht zu beanstanden. Sonstige Hinweise auf asylrelevante Umstände haben sich auch von Amts wegen nicht ergeben. Die Voraussetzungen für die Erteilung von Asyl sind daher nicht erfüllt.
3.7 Die UNHCR-Position von Dezember 2024 beinhaltet die Empfehlung: „Angesichts der derzeit unsicheren Lage in Syrien fordert das UNHCR die Asylstaaten auf, die Ausstellung negativer Bescheide über Anträge auf internationalen Schutz von syrischen Staatsangehörigen oder staatenlosen Personen, die früher ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Syrien hatten, auszusetzen.“
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes haben die Asylbehörden (und dementsprechend auch das Bundesverwaltungsgericht) sich mit den Stellungnahmen, Positionen und Empfehlungen in den Richtlinien des UNHCR und der EUAA auseinanderzusetzen und, wenn sie diesen nicht folgen, begründet darzulegen, warum und gestützt auf welche entgegenstehenden Berichte sie zu einer anderen Einschätzung der Lage im Herkunftsstaat gekommen sind. (VwGH 22.07.2024, Ra 2023/14/0460, Rz. 15, mwN)
3.8 Vorliegend hat der Beschwerdeführer den Status eines subsidiär Schutzberechtigten. Das UNHCR zählt zu den Personen, die internationalen Schutz benötigen, die folgendermaßen (übersetzt) definierten Flüchtlinge („refugees“): „Als Flüchtlinge gelten im weitesten Sinne alle Personen, die sich außerhalb ihres Herkunftslandes befinden und aufgrund einer ernsthaften Bedrohung ihres Lebens, ihrer körperlichen Unversehrtheit oder ihrer Freiheit in ihrem Herkunftsland infolge von Verfolgung, bewaffneten Konflikten, Gewalt oder schweren öffentlichen Unruhen internationalen Schutzes bedürfen.“ (UNHCR: Persons in need of international protection, Juni 2017, 1 f; www.refworld.org/policy/legalguidance/unhcr/2017/en/121440)
Demnach unterfallen auch die im Sinn des § 8 AsylG 2005 subsidiär Schutzberechtigten (deren Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat gemäß dieser Bestimmung eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für sie als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde) dieser Gruppe, womit dieser Status als Form des vom UNHCR angesprochenen internationalen Schutzes anzusehen ist.
Der Aufforderung des UNHCR, keine negativen Bescheide über Anträge auf internationalen Schutz von syrischen Staatsangehörigen zu erlassen, wird damit auch in Fällen Rechnung getragen, in denen derartigen Anträgen (lediglich) durch Zuerkennung subsidiären Schutzes entsprochen wird.
3.9 Die Aufforderung des UNHCR steht vorliegend daher einer materiellen Erledigung auch dann nicht entgegen, wenn deren Inhalt die Abweisung des Antrags in Bezug auf den Asylstatus ist. Aus diesem Grund ist die Rechtssache entscheidungsreif und die unbegründete Beschwerde gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides ohne Zuwarten abzuweisen.
Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die vorliegende Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zur Glaubhaftmachung von Fluchtgründen oder zu asylrelevantem Vorbringen.
Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage(n) kamen nicht hervor.
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