JudikaturVwGH

Ra 2025/18/0134 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
07. August 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Nedwed als Richter sowie die Hofrätinnen Dr. in Gröger und Dr. in Sabetzer als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Hahn, LL.M., über die Revision des M G, vertreten durch Dr. Karin Wessely, Rechtsanwältin in Wien, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. April 2025, I425 2205867 2/2E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Ägyptens, stellte am 4. Februar 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz, den das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) mit Bescheid vom 20. August 2018 zur Gänze abwies. Es erteilte dem Revisionswerber weiters keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, erklärte seine Abschiebung nach Ägypten für zulässig und setzte eine Frist für die freiwillige Ausreise.

2 Das Verfahren über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde des Revisionswerbers stellte das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit Beschluss vom 10. Juni 2021 ein, da der Revisionswerber unbekannten Aufenthaltes sei und sich damit gemäß § 24 Abs. 2 AsylG 2005 dem Verfahren entzogen habe.

3 Am 26. April 2024 stellte der Revisionswerber den gegenständlichen (weiteren) Antrag auf internationalen Schutz.

4 Das BFA wies diesen Antrag mit Bescheid vom 17. März 2025 wiederum zur Gänze ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Ägypten zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.

5 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis wies das BVwG die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid vom 17. März 2025 mit einer hier nicht relevanten Maßgabe als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.

6 Dagegen wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit zusammengefasst geltend macht, es stelle sich die „erhebliche Rechtsfrage“, ob das Verfahren vor dem BVwG im Jahr 2021 überhaupt hätte eingestellt werden dürfen, da auch wenn sich aus dem ZMR keine individualisierte Meldeadresse ergeben habe der Revisionswerber seiner zweiwöchentlichen Meldeverpflichtung im Sinne des § 13 Abs. 2 BFA Verfahrensgesetz (BFA VG) regelmäßig nachgekommen sei und somit nicht unbekannten Aufenthaltes gewesen sei. Es hätte daher gegenständlich „überhaupt keine Entscheidung ... erlassen werden dürfen, sondern [es wäre] das seinerzeitige Verfahren fortzusetzen“ gewesen. Auch die „anderen besonders schweren Verletzungen von Verfahrensvorschriften, einschließlich der Aktenwidrigkeit“, rechtfertigten die Zulässigkeit der Revision.

7 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11 Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG nur im Rahmen der dafür in der Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat, ist er weder verpflichtet, solche anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen. Dementsprechend erfolgt nach der Rechtsprechung die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung. In der gesonderten Zulassungsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat (vgl. etwa VwGH 11.4.2025, Ra 2024/18/0681, mwN). Dabei muss die Revision auch konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzeigen, warum das rechtliche Schicksal der Revision von der Lösung dieser Rechtsfrage abhängt (vgl. z.B. VwGH 23.12.2024, Ra 2024/18/0704, mwN).

12 Diesen Anforderungen wird die Revision, die in ihrem Zulässigkeitsvorbringen kein substantiiertes fallbezogenes Vorbringen enthält, nicht gerecht.

13 Soweit sie nämlich die mit Beschluss des BVwG vom 10. Juni 2021 erfolgte Einstellung des Verfahrens über den Antrag des Revisionswerbers auf internationalen Schutz vom 4. Februar 2016 bemängelt und meint, es hätte gegenständlich keine Entscheidung über den neuen Antrag getroffen werden dürfen, sondern es wäre das seinerzeitige Verfahren fortzusetzen gewesen, ist ihr Folgendes entgegen zu halten:

14 Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im Beschluss vom 3. Mai 2018, Ra 2018/19/0020 bis 0022, mit der Frage der Rechtsnatur einer Verfahrenseinstellung gemäß § 24 AsylG 2005 und deren Anfechtbarkeit näher auseinandergesetzt. Er gelangte zu dem Ergebnis, dass es sich bei einem auf § 24 AsylG 2005 gestützten Einstellungsbeschluss um eine bloß verfahrensleitende, nicht aber verfahrensbeendende Entscheidung handelt (vgl. etwa VwGH 14.6.2024, Ra 2024/18/0102, mwN). Zu den Wirkungen und den Rechtsfolgen einer nach § 24 Abs. 2 AsylG 2005 erfolgten Einstellung des Asylverfahrens hat der Verwaltungsgerichtshof ebenfalls bereits festgehalten, dass der dort geregelten Einstellung keine endgültige verfahrensbeendende Wirkung beizumessen ist. Liegen nämlich die darin festgelegten Voraussetzungen für die Fortführung des Verfahrens vor, ist ein demnach bloß vorläufig eingestelltes Verfahren von Amts wegen fortzusetzen (vgl. VwGH 22.2.2023, Ra 2022/14/0294, wiederum mit Hinweis auf VwGH 3.5.2018, Ra 2018/19/0020 bis 0022).

15 Nach wie hier Ablauf von zwei Jahren nach Einstellung des Verfahrens ist eine Fortsetzung des Verfahrens jedoch nicht mehr zulässig (vgl. § 24 Abs. 2 vorletzter Satz AsylG 2005). Dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers zufolge bedarf die Zuerkennung von internationalem Schutz nach Ablauf von zwei Jahren nach Einstellung des Asylverfahrens somit eines neuerlichen Antrags auf internationalen Schutz (vgl. erneut VwGH 22.2.2023, Ra 2022/14/0294, unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien zu § 24 AsylG 2005).

16 Das Vorbringen der Revision, es hätte über den neuen Antrag des Revisionswerbers keine Entscheidung ergehen dürfen, sondern es wäre das seinerzeitige Verfahren fortzusetzen gewesen, erweist sich daher als unzutreffend.

17 Zum pauschalen Vorbringen, auch die „anderen besonders schweren Verletzungen von Verfahrensvorschriften, einschließlich der Aktenwidrigkeit“, rechtfertigten die Zulässigkeit der Revision, genügt schließlich der Hinweis, dass damit kein fallbezogenes Vorbringen erstattet und weder auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, noch auf eine konkrete Rechtsfrage Bezug genommen wird.

18 Auf weiteres Vorbringen, das sich allein in den Revisionsgründen findet, ist schon zufolge § 34 Abs. 1a und § 28 Abs. 3 VwGG bei der Beurteilung, ob sich eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG als zulässig darstellt, nicht weiter einzugehen (vgl. VwGH 24.6.2025, Ra 2025/18/0071, mwN).

19 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 7. August 2025

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