JudikaturVwGH

Ra 2025/14/0060 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
08. April 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Nedwed sowie die Hofrätin Dr. in Sembacher und den Hofrat Mag. Marzi als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. in Zeitfogel, über die Revision der G Y in L, vertreten durch Prof. Mag. Dr. Vera M. Weld, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Weihburggasse 4/40, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 5. Februar 2025, W168 22993741/6E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Die Revisionswerberin, eine Staatsangehörige Chinas, stellte am 6. Mai 2024 einen Antrag auf internationalen Schutz, den sie im Wesentlichen damit begründete, Probleme mit ihrem geschiedenen Mann gehabt zu haben. Er habe sie immer wieder geschlagen und sie fürchte, dass er sie töten werde.

2Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies den Antrag auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 10. August 2024 zur Gänze ab, erteilte der Revisionswerberin keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen sie eine Rückkehrentscheidung, sprach aus, dass ihre Abschiebung nach China zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.

3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei. Begründend schenkte es dem Fluchtvorbringen der Revisionswerberin, China aufgrund von Übergriffen ihres geschiedenen Mannes verlassen zu haben, keinen Glauben.

4 Dagegen wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die ihre Zulässigkeit im Wesentlichen mit einem behaupteten groben „Exzess“ der gerichtlichen Beweiswürdigung begründet, ohne dies näher auszuführen. Das BVwG habe (insbesondere) übergangen, dass China keine staatlichen Maßnahmen zum Schutz von Frauen vor Gewalt ergreife und die Revisionswerberin de facto gegen ihre Verfolgung keine innerstaatliche Fluchtalternative habe. Außerdem hätte der Revisionswerberin ein „Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG für Sexarbeiterin“ erteilt werden müssen.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

7Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist in der gesonderten Zulassungsbegründung konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. VwGH 16.1.2025, Ra 2025/14/0003, mwN).

9 Schon diesen Anforderungen wird die Revision mit ihrer Zulässigkeitsbegründung nicht gerecht: Weder führt die Revision konkret an, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, noch zeigt sie eine Rechtsfrage auf, die der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hätte.

10Im Übrigen ist der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 27.2.2025, Ra 2025/20/0048, mwN).

11 Das BVwG gelangte nach Durchführung einer Verhandlung zur Ansicht, dass eine asylrelevante Verfolgung der Revisionswerberin aufgrund der behaupteten Fluchtgründe in deren Herkunftsstaat nicht vorliege. Es stützte sich dabei insbesondere auf das allgemeine und ausweichende Aussageverhalten der Revisionswerberin in der mündlichen Verhandlung. Dass die Beweiswürdigung des BVwG mit einem vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Mangel behaftet wäre, zeigt die Revision nicht auf.

12 Den sich auf die Prämisse der Richtigkeit des eigenen sachverhaltsbezogenen Vorbringens gründenden Behauptungen zu Ermittlungs und Begründungsmängeln ist aber damit der Boden entzogen.

13Soweit in der Zulässigkeitsbegründung überdies geltend macht wird, die Revisionswerberin sei „Sexarbeiterin und als solche, wie allgemein bekannt ist und jedermann weiß, Opfer von Menschenhandel bzw. grenzüberschreitender Prostitution“ und es sei ihr daher „zumindest ein Aufenthaltsrecht nach § 57 AsylG“ zuzuerkennen, steht diesem Vorbringen schon das sich aus § 41 VwGG ergebende Neuerungsverbot im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof entgegen (vgl. etwa VwGH 26.2.2025, Ra 2025/14/0036). Dass die Revisionswerberin Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel wäre und die Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 erfüllen würde, wurde im gesamten vorangegangenen Verfahren nicht geltend gemacht.

14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 8. April 2025