Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Doblinger sowie den Hofrat Mag. Feiel und die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Rieder, über die außerordentliche Revision des A B, vertreten durch Mag. Dr. Martin Dercsaly, Rechtsanwalt in Wien, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. August 2025, 1. W296 2314666 1/13E, 2. W296 2315740 1/11E, betreffend Suspendierung nach dem Beamten Dienstrechtsgesetz 1979 (belangte Behörden vor dem Verwaltungsgericht: 1. Bundesministerin für Justiz, 2. Bundesdisziplinarbehörde), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Der im Jahr 1976 geborene Revisionswerber steht als Justizwachebeamter in einem öffentlich rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; seine Dienststelle ist die Justizanstalt C.
2 Mit Bescheid der Dienstbehörde vom 11. Mai 2025 wurde der Revisionswerber wegen des Verdachts, er habe den Bestimmungen des § 43 Abs. 1 und 3, § 43a BeamtenDienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979) sowie der §§ 8 und 9 BundesGleichbehandlungsgesetz (B-GlBG) zuwider einer namentlich genannten Kollegin am 5. Mai 2025 im Eingangsbereich der Arbeitshalle der Unternehmerbetriebe dieser Justizanstalt ihr Ohr abgeschleckt/abgeknabbert sowie am selben Tag etwas später beim Abführen des Insassen im Dienstzimmer ihr gegenüber geäußert: „Wenn ich dir einmal den Arsch aushaue, bist eine Woche im Krankenstand.“, gemäß § 112 Abs. 1 Z 3 BDG 1979 vorläufig vom Dienst suspendiert.
3 Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
4Die gemäß § 112 Abs. 2 BDG 1979 von der vorläufigen Suspendierung verständigte Bundesdisziplinarbehörde sprach mit Bescheid vom 4. Juni 2025 aus, dass der Revisionswerber gemäß § 112 Abs. 2 BDG 1979 nicht suspendiert werde.
5 Gegen diesen Bescheid erhob der Disziplinaranwalt beim Bundesministerium für Justiz Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
6Mit dem nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergangenen angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid der Dienstbehörde ab, gab jener des Disziplinaranwalts gegen den Bescheid der Bundesdisziplinarkommission Folge und suspendierte den Revisionswerber gemäß § 112 Abs. 2 BDG 1979 vom Dienst.
Die Revision erklärte es gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.
7 Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 Unter diesem Gesichtspunkt macht der Revisionswerber zur Zulässigkeit seiner Revision zusammengefasst damit begründete Verfahrensmängel geltend, dass die betreffende Kollegin nicht vom Verwaltungsgericht unmittelbar neuerlich einvernommen worden sei. Auch die zum Beweis der Unglaubwürdigkeit der Anschuldigungen beantragten Zeugen seien im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht einvernommen und ein Video nicht ausreichend analysiert worden.
10Damit wird eine im Revisionsverfahren aufzugreifende Fehlerhaftigkeit des angefochtenen Erkenntnisses nicht aufgezeigt, braucht im Suspendierungsverfahren doch noch nicht nachgewiesen zu werden, dass der Beamte die ihm zur Last gelegte Dienstpflichtverletzung tatsächlich begangen hat. Diese Aufgabe kommt erst den Disziplinarbehörden im Disziplinarverfahren zu. Im Suspendierungsverfahren genügt es vielmehr zur Rechtfertigung des Ausspruchs einer Suspendierung, wenn gegen den Beschuldigten ein begründeter Verdacht einer Dienstpflichtverletzung besteht, die „ihrer Art nach“ geeignet ist, das Ansehen des Amtes oder wesentliche dienstliche Interessen zu gefährden. Im Hinblick auf diese Funktion der Suspendierung können an die in der Begründung eines die Suspendierung verfügenden Bescheides darzulegenden Tatsachen, die den Verdacht einer Dienstpflichtverletzung begründen, keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Bei der vorläufigen Suspendierung handelt es sich überdies um eine besonders dringliche, von vornherein jedoch zeitlich befristete Maßnahme, hat die Dienstbehörde die vorläufige Suspendierung doch unverzüglich der Bundesdisziplinarbehörde mitzuteilen, die über die Suspendierung innerhalb eines Monats zu entscheiden hat (§ 112 Abs. 2 BDG 1979). Diese Dringlichkeit der Maßnahme ist daher auch bei der im Nachhinein erfolgenden Prüfung der Zulässigkeit der vorläufigen Suspendierung durch das Verwaltungsgericht zu berücksichtigen (vgl. zum Ganzen VwGH 28.2.2022, Ra 2021/09/0251).
11Im vorliegenden Fall hat das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durchgeführt, wodurch der Revisionswerber die Möglichkeit hatte, seinen Standpunkt darzustellen und sich zu den Beweisergebnissen und Tatsachen zu äußern, die dem Verfahren zugrunde gelegt wurden. Im Zuge der Verhandlung wurde zudem mehrfach die Videoaufzeichnung einer Überwachungskamera des dem ersten Vorwurf zugrundeliegenden Geschehens abgespielt. Mit Blick auf das Vorliegen dieses objektiven Beweismittels, das nach der ausführlichen und schlüssigen Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts diesen Vorwurf gegen den Revisionswerber im Verdachtsbereich zu tragen geeignet ist, wird mit dem dahingehenden Revisionsvorbringen nicht aufgezeigt, dass die im Einzelfall zu treffende Beurteilung des Verwaltungsgerichts über die Erforderlichkeit einer weiteren Beweisaufnahme grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (siehe etwa VwGH 2.6.2023, Ra 2023/09/0061, zu diesem Prüfmaßstab im Revisionsverfahren).
12Schon weil es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aber genügt, dass aufgrund einer schwerwiegenden Dienstpflichtverletzung (im Verdachtsbereich) das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes bei Belassung gefährdet wären, um diese im Instanzenzug zu bestätigen, wenn eine Suspendierung nach ihrer Begründung auf mehrere Dienstpflichtverletzungen (im Verdachtsbereich) gestützt wird, und daher im Allgemeinen nicht geprüft werden muss, ob auch alle anderen herangezogenen Dienstpflichtverletzungen (für sich alleine oder im Zusammenhalt) die Suspendierung rechtfertigen würden (vgl. VwGH 9.9.2021, Ra 2021/09/0171, mwN), fehlt es allfälligen Verfahrensmängeln in Bezug auf den zweiten Vorwurf schon an der erforderlichen Relevanz.
13 Eine im Revisionsverfahren aufzugreifende Mangelhaftigkeit des Verfahrens wird daher nicht aufgezeigt.
14 Anders als in dem, in der Revision zur Begründung eines Abweichens von der Rechtsprechung zur Begründungspflicht von Suspendierungsentscheidungen herangezogenen Erkenntnis (VwGH 24.4.2006, 2003/09/0002), stellte das Verwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis die Verdachtsgründe ausreichend fest. Der dort attestierte Begründungsmangel liegt hier daher nicht vor.
15 Die Revision war somit, weil eine Rechtsfrage, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme, nicht aufgeworfen wird, nach § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 24. November 2025
Rückverweise
Keine Verweise gefunden