Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer und die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin sowie den Hofrat Mag. Cede als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sasshofer, über die Revision des Dr. H R in K, vertreten durch Mag. Christian Kux, Rechtsanwalt in Wien, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. April 2025, G312 22958601/2E, betreffend Beiträge zur Pensionsversicherung nach dem GSVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen; weitere Partei: Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1Mit Bescheid vom 24. Juni 2024 stellte die Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen (SVS) fest, dass der Revisionswerber im Zeitraum 1. Jänner 2022 bis 31. Dezember 2022 gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG der Pflichtversicherung in der Krankenund Pensionsversicherung sowie gemäß § 8 Abs. 1 Z 3 lit. a ASVG der Pflichtversicherung in der Unfallversicherung unterlegen sei (Spruchpunkt 1.). Mit Spruchpunkt 2. wurden die monatlichen Beitragsgrundlagen in der Krankenund Pensionsversicherung für den genannten Zeitraum gemäß § 25 GSVG mit € 1.294,64 festgesetzt. Mit Spruchpunkt 3. wurde der Revisionswerber verpflichtet, für den Zeitraum 1. Jänner 2022 bis 31. Dezember 2022 Beiträge zur Pensionsversicherung in Höhe von € 2.874,12 und zur Krankenversicherung in Höhe von € 1.056,36 zu entrichten.
2Der Revisionswerber erhob gegen Spruchpunkt 3. dieses Bescheides Beschwerde und machte geltend, dass gemäß § 27g GSVG der Bund einen Teil der Pensionsversicherungsbeiträge zu tragen habe.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde als unbegründet ab.
4Es stellte fest, dass der Revisionswerber im Zeitraum 1. Jänner 2022 bis 31. Dezember 2022 Inhaber einer Gewerbeberechtigung für „Unternehmensberatung einschließlich der Unternehmensorganisation“ gewesen und daher der Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG unterlegen sei. Seit dem 1. März 2012 beziehe er eine Alterspension nach dem ASVG.
5In rechtlicher Hinsicht führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass § 27g GSVG, wonach der Bund im Fall des Bezugs einer Pensionsleistung aus eigener Pensionsversicherung nach Erreichen des Regelpensionsalters den auf den Pflichtversicherten entfallenden Teil des Pensionsversicherungsbeitrages bis zum Ausmaß von 10,25% des zweifachen Betrages nach § 5 Abs. 2 ASVG trage, mit 1. Jänner 2024 in Kraft getreten sei und mit Ablauf des 31. Dezember 2025 außer Kraft trete. Auf einen Zeitraum vor dem Jahr 2024 sei die Bestimmung wie das Bundesverwaltungsgericht näher begründete nicht anzuwenden.
6Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG zulässig sei. Es fehle an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinsichtlich der Anwendung des erst durch das SozialrechtsÄnderungsgesetz 2023, BGBl. I Nr. 189, eingefügten § 27g GSVG, insbesondere dazu, ob sich die darin normierte Beitragsübernahme durch den Bund auf bestimmte Beitragszeiträume beziehe.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision in dieser Hinsicht ist der Verwaltungsgerichtshof nach § 34 Abs. 1a VwGG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Auch in der ordentlichen Revision hat der Revisionswerber von sich aus die unter dem Gesichtspunkt einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung maßgeblichen Gründe der Zulässigkeit der Revision aufzuzeigen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichts für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht oder er andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet. Das gilt auch dann, wenn sich die Revision zwar auf die Gründe, aus denen das Verwaltungsgericht die (ordentliche) Revision für zulässig erklärt hatte, beruft, diese aber fallbezogen keine Rolle (mehr) spielen oder zur Begründung der Zulässigkeit der konkret erhobenen Revision nicht ausreichen (vgl. VwGH 11.5.2017, Ro 2016/21/0022, mwN).
9Der Revisionswerber kommt auf den vom Bundesverwaltungsgericht genannten Grund für die Zulässigkeit der Revision zurück. Er führt dazu aus, dass das Gesetz zu der Frage, für welche Zeiträume die Beitragsübernahme gelte, schweige. Es spreche nur davon, dass bei Zusammentreffen einer selbständigen Erwerbstätigkeit mit einem Pensionsanspruch der Bund ab dem 1. Jänner 2024 die vom Versicherten zu leistenden Pensionsbeiträge in einer bestimmten Höhe zu übernehmen habe. Aus der Übergangsvorschrift des § 411 Abs. 3 GSVG werde deutlich, dass dem Gesetzeber die nachträgliche Feststellung der Versicherungspflicht und die Systematik der Beitragsberechnung für Selbständige bekannt seien. Er habe dennoch keinen Hinweis darauf aufgenommen, dass die Beitragsübernahme erst für Beitragszeiträume ab 2024 gelte.
10Dabei übersieht der Revisionswerber, dass für die Beurteilung der Pflichtversicherung, aber auch der daraus folgenden Beitragspflicht, grundsätzlich die jeweils zeitraumbezogen geltende Rechtslage maßgeblich ist (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa VwGH 24.1.2006, 2003/08/0231; 3.7.2002, 2000/08/0161; 21.2.2001, 95/08/0143; 10.11.1998, 98/08/0302; 16.5.1995, 94/08/0295). Die zu § 27g GSVG ergangene Schlussbestimmung (§ 411 GSVG) spricht nicht gegen, sondern deutlich für die Geltung des genannten Grundsatzes hinsichtlich der betreffenden Regelung über die Beitragsübernahme durch den Bund: Demnach tritt § 27g GSVG mit 1. Jänner 2024 in Kraft und mit 31. Dezember 2025 wieder außer Kraft, wobei die „Verrechnung der Beitragsübernahme nach § 27g in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 189/2023 in Fällen, in denen die Pflichtversicherung oder die Beitragspflicht in der Pensionsversicherung nach diesem Bundesgesetz für die Jahre 2024 und 2025 erst nach dem 31. Dezember 2025 festgestellt wird,“ vom Außerkrafttreten unberührt bleibt. Es wird für die Beitragsübernahme also klar an die Beitragspflicht im Geltungszeitraum des § 27g GSVG somit in den Jahren 2024 und 2025 angeknüpft. Nur die „Verrechnung“ dieser Beitragsübernahme kann auch im Nachhinein erfolgen. Für eine Beitragsübernahme in Bezug auf Zeiträume, während deren die Bestimmung über die Beitragsübernahme noch nicht oder nicht mehr galt, gibt es hingegen keine gesetzliche Grundlage.
11 Ist die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen wie vorliegend klar und eindeutig, liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 BVG vor; dies selbst dann, wenn zu einer Frage der Auslegung der anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen ist (vgl. VwGH 27.8.2019, Ra 2018/08/0188, mwN).
12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher nach Durchführung des Vorverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 20. August 2025