JudikaturVwGH

Ra 2025/05/0085 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
Baurecht
26. August 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Pollak sowie die Hofrätinnen Mag. Liebhart Mutzl und Dr. in Sembacher als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Sasshofer, über die Revision 1. des Dr. H M und 2. der M M, beide vertreten durch Mag. Constantin Koch, Rechtsanwalt in Krems, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 14. März 2025, LVwG AV 1963/001 2023, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben nach der NÖ Bauordnung 2014 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeindevorstand der Marktgemeinde Maria Laach am Jauerling; mitbeteiligte Partei: A H, vertreten durch Dr. Stefan Gloß, Mag. Volker Leitner, Dr. Peter Gloß, Mag. Alexander Enzenhofer und Mag. Lukas Mimler, Rechtsanwälte in St. Pölten; weitere Partei: Niederösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde der revisionswerbenden Parteien gegen einen Bescheid der Baubehörde II. Instanz (belangte Behörde) vom 13. April 2023, mit welchem ihre Berufung gegen die der mitbeteiligten Partei mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde M vom 16. März 2023 erteilte Baubewilligung für ein näher bezeichnetes Bauvorhaben zurückgewiesen worden war, mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt werde (Spruchpunkt 1.), und sprach aus, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei (Spruchpunkt 2.).

2 Seine Entscheidung gründete das Verwaltungsgericht zusammengefasst auf die Feststellungen, die mitbeteiligte Partei und Bauwerberin sei Alleineigentümerin eines näher bezeichneten Grundstücks mit der Flächenwidmung „Bauland-Kerngebiet“ (BK), das südöstlich an das im Hälfteeigentum der revisionswerbenden Parteien stehende näher bezeichnete Grundstück angrenze. In diesem liege, nordwestlich eingebettet, das Grundstück Nr. .48, auf dem das Haus der revisionswerbenden Parteien stehe. Das Haus weise keine westseitigen Fenster auf. Es sei noch kein Bebauungsplan für M erlassen worden. Mit der Anordnung des Hauptgebäudes auf dem Grundstück der mitbeteiligten Partei werde keine der in § 31 Abs. 1 NÖ Raumordnungsgesetz 2014 (NÖ ROG 2014) geregelten Bebauungsweisen verwirklicht, weshalb im vorliegender Fall kein (seitlicher) Bauwich einzuhalten sei. Die Beschwerde der revisionswerbenden Parteien richte sich nur gegen die als Holz-Riegelkonstruktion projektierte Zufahrtsüberdachung, die eine bebaute Fläche von 36,14 m 2 umfasse.

3 Rechtlich führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, es handle sich bei der beantragten eingeschossigen Zufahrtsüberdachung, bestehend aus zwei Wänden und einem Dach, die von Menschen betreten werden könne und zweckmäßig als Unterstand für ein Kraftfahrzeug dienen solle, um ein Nebengebäude im Sinne des § 4 Abs. 1 Z 15 NÖ Bauordnung 2014 (NÖ BO 2014). Im wie hier – ungeregelten Bereich, nämlich im Baulandbereich ohne Bebauungsplan, käme es allein auf die Erfüllung der Voraussetzungen des § 54 NÖ BO 2014 an. Nach dem Gutachten des dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren beigezogenen bautechnischen Amtssachverständigen werde durch die Anordnung des Hauptgebäudes am Grundstück der mitbeteiligten Partei keine der in § 31 Abs. 1 NÖ ROG 2014 taxativ aufgezählten Bauweisen verwirklicht. Fallbezogen vermöge das auf der Anwendbarkeit von § 51 Abs. 3 NÖ BO 2014 aufbauende Beschwerdevorbringen in Ermangelung des Vorliegens einer in § 31 Abs. 1 NÖ ROG 2014 geregelten Bebauungsweise, die die Einhaltung des Bauwichs verlange, nicht zum Erfolg führen.

4 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

7Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. für viele etwa VwGH 24.10.2024, Ra 2024/05/0127, Rn. 9, mwN).

9Zur Begründung der Zulässigkeit der Revision wird vorgebracht, dass „gerade keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts zu dem Thema vorlieg[e], ob sich die in § 54 Abs 3 NO BO 1014 gemeinte Bebauungsweise gemäß Abs 1 und 2 auf jene des (i) Hauptgebäudes am Baugrundstück oder (ii) der Hauptgebäude in der Umgebung bezieht und bei vorgegebener ‚offener Bauweise‘ trotz bestehender Verbauung eines seitlichen Bauwichs durch ein Hauptgebäude auch der zweite Bauwich mit einem Nebengebäude verbaut werden darf.“ Die Abklärung der vorgenannten Punkte durch eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes gehe jedenfalls über den konkreten Einzelfall hinaus. Sowohl die Ermittlung der konkreten Bebauungsweise als auch die Klärung der sachlich nicht gerechtfertigten unterschiedlichen Behandlung von Neben- und Hauptgebäuden im Fall der Bebauung beider seitlichen Bauwiche sei auch für eine Reihe gleichgelagerter Fälle von Bedeutung und stelle eine wichtige Frage für eine einheitliche Rechtsanwendung dar. Die Revisionswerber würden durch die rechtswidrig erteilte Baubewilligung zur Errichtung des Nebengebäudes innerhalb des Bauwichs in ihren subjektiv öffentlichen Nachbarrechten verletzt. Ein bewilligter Zubau unmittelbar an der Grundgrenze beeinträchtige immer den Lichteinfall auf Hauptfenster am Nachbargrundstück. Dabei sei sowohl die bestehende als auch die zukünftige Errichtung von Fenstern des von den Revisionswerbern konsensgemäß errichteten Gebäudes zu berücksichtigen.

10 Entgegen dem Revisionsvorbringen ist der Verwaltungsgerichtshof nach dem Revisionsmodell nicht dazu berufen, die Einzelfallgerechtigkeit in jedem Fall zu sicherndiese Aufgabe obliegt den Verwaltungsgerichten (vgl. für viele etwa VwGH 21.6.2024, Ra 2024/05/0074, Rn. 9, mwN).

11Dementsprechend hat der Verwaltungsgerichtshof bereits vielfach ausgesprochen, dass in den zur Zulässigkeit der Revision allein maßgeblichen Revisionszulässigkeitsgründen konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen ist, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage dieser uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat (vgl. nochmals etwa VwGH 21.6.2024, Ra 2024/05/0074, Rn. 10, mwN).

12Diesen Anforderungen entspricht die Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision nicht, da sich das Zulässigkeitsvorbringen in kurzen theoretischen Ausführungen ohne Bezug zum zugrundegelegten Sachverhalt erschöpft. Weder wird in der Zulässigkeitsbegründung ein Bezug zum angefochtenen Erkenntnis hergestellt, noch wird auf die rechtliche Begründung des Verwaltungsgerichtes eingegangen. Dass und aus welchem Grund daher der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der Entscheidung über die Revision eine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen hätte, von welcher das Schicksal der Revision abhängt, wird mit dem allgemeinen Zulässigkeitsvorbringen nicht ausreichend konkret dargelegt (vgl. VwGH 16.9.2022, Ro 2022/05/0019, Rn. 12, mwN). Ohne konkrete Bezugnahme auf den Einzelfall ist die Begründung der Zulässigkeit einer Revision nicht gesetzmäßig ausgeführt (vgl. VwGH 7.5.2024, Ra 2024/05/0047, Rn. 16, mwN).

13Zur Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof aufgrund von Revisionen nicht zuständig (vgl. aus vielen etwa VwGH 20.3.2025, Ra 2025/05/0066, Rn. 13, mwN).

14 Mangels Darlegung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG waren die Revisionen daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 26. August 2025