JudikaturVwGH

Ra 2025/02/0048 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
03. April 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Nedwed, den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Andrés, über die Revision des F in R, vertreten durch Dr. Josef Deimböck, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wiesingerstraße 3/13, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 23. Jänner 2025, LVwG S 2704/001 2024, betreffend Übertretung der StVO (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Krems), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 18. Oktober 2024 wurde dem Revisionswerber vorgeworfen, er habe am 5. April 2024 am Tatort ein „Clubcar Golfwagerl“ in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt; der Test am geeichten Alkomat habe einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,81 mg/l ergeben. Wegen der Übertretung des § 5 Abs. 5 StVO wurden über den Revisionswerber gemäß § 99 Abs. 1 lit. a StVO eine Geldstrafe sowie eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt. Überdies wurde dem Revisionswerber die Zahlung eines Beitrags zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgeschrieben.

2 Über Beschwerde des Revisionswerber erließ die belangte Behörde eine Beschwerdevorentscheidung vom 22. November 2024; die Tatanlastung wurde insofern ergänzt, als das Fahrzeug mit „Golfcart ‚Club Car‘“ beschrieben sowie der Tatort näher konkretisiert wurde.

3 Der Revisionswerber stellte fristgerecht einen Vorlageantrag.

4 Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (Verwaltungsgericht) wies die Beschwerde des Revisionswerbers als unbegründet ab und verpflichtete den Revisionswerber zur Zahlung eines Beitrags zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens. Weiters sprach es aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.

5 Das Verwaltungsgericht stellte fest, der Revisionswerber habe am Tatort zur Tatzeit ein Golfcart „Clubcar“ ausgestattet mit einer Ladefläche, Fahrzeugfarbe grün und mit Werbeanzeigen versehen in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt. Die Untersuchungen seiner Atemluft auf Alkoholgehalt hätten 0,81 mg/l bzw. 0,82 mg/l ergeben.

6 Beweiswürdigend erläuterte das Verwaltungsgericht, dieser Sachverhalt ergebe sich vollinhaltlich aus dem unbedenklichen Inhalt des vorliegenden Verwaltungsstrafaktes; der Sachverhalt sei unstrittig.

7 Rechtlich meinte das Verwaltungsgericht nach Darstellung der Rechtslage, es sei aufgrund des Vorbringens des Revisionswerbers zu prüfen, ob das Golf Car als „Fahrzeug“ im Sinne der StVO einzuordnen sei.

8 Hiezu sei auf § 2 Abs. 1 Z 19 StVO zurückzugreifen, weil der Gesetzgeber dort den Begriff des „Fahrzeuges“ definiere. Der Revisionswerber habe das Golfcart auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr gelenkt. Es handle sich unstrittig um ein Gefährt, welches jedenfalls Personen befördere und zudem eine Ladefläche aufweise, welche Beförderungen von Sachen ermögliche. Es handle sich daher um ein Beförderungsmittel, das auf einer Straße verwendet worden sei; es sei unerheblich, ob das Gefährt zur Verwendung auf Straßen bestimmt sei. Bestimmte Beförderungsmittel wie Rollstühle, Kinderwägen und Schubkarren oder vorwiegend zur Verwendung außerhalb der Fahrbahn bestimmte Kleinfahrzeuge sowie fahrzeugähnliches Spielzeug sowie Wintersportgeräte nehme der Gesetzgeber vom Fahrzeugbegriff aus. Bei diesen Geräten stehe die typischerweise auf kürzere Distanzen beschränkte Beförderung im Vordergrund. Das vom Revisionswerber gelenkte Golfcart sei nicht mit einem Kinderwagen oder Rollstuhl vergleichbar, dies schon deshalb, weil das Golfcart sitzend gelenkt, mit Energie betrieben werde und grundsätzlich zur Zurücklegung längerer Strecken geeignet sei. Es handle sich nicht um ein Kleinfahrzeug, weil das Golfcart mit den vom Gesetzgeber gegebenen Beispielen hiefür (Mini- und Kleinroller ohne Sitzvorrichtung, mit Lenkstange, Trittbrett und einem bestimmten Felgendurchmesser) im Hinblick auf Ausstattung und Verwendung keinesfalls vergleichbar sei. Der Gesetzgeber habe nur jene Gefährte vom Fahrzeugbegriff ausnehmen wollen, die von gänzlich anderer Funktion und Bauart als das Golfcart seien. In seiner Funktion und Bauart sei das Golfcart vielmehr mit einem PKW als mit einem Rollstuhl oder Kinderwagen vergleichbar; nur letztere sollten vom Willen des Gesetzgebers her jedoch vom Fahrzeugbegriff ausgenommen sein. Ein Golfcart könne problemlos auf Straßen mit öffentlichem Verkehr verwendet werden. Es sei daher ein Fahrzeug im Sinne der StVO.

9 Der Revisionswerber habe den objektiven und den subjektiven Tatbestand der Übertretung erfüllt. Zuletzt begründete das Verwaltungsgericht seine Strafbemessung.

10 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

11 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

12Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

13Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

14Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit seiner Revision vor, im Verwaltungsstrafrecht gelte der Grundsatz des Schriftlichkeitsprinzips; das Gesollte müsse genau determiniert sein. Die StVO definiere nicht, was sie unter „Kleinfahrzeug“ verstehe und versuche diesen Begriff entgegen den Grundsätzen des § 1 Abs. 1 VStG mit einer demonstrativen Aufzählung näher zu bestimmen. Damit stehe die Begriffsbestimmung als Teil der Strafnorm in Widerspruch zum Rückwirkungsverbot, dem Verbot der interpretativen Supplierung und dem Verbot einer ausdehnenden Interpretation. Eine demonstrative Aufzählung erfordere es, tatsächliche oder vermeintliche Lücken im Wege der Analogie zu schließen. Jegliches Beförderungsmittel könne auf einer Straße verwendet werden, weshalb das Gesetz insoweit zu unbestimmt sei. Eine Zusammenschau mit dem Begriff „Wintersportgerät“ führe zu einem Widerspruch, der nur mit einer Analogie zu Gunsten des Revisionswerbers gelöst werden könne. Auch Sommersportgeräte müssten uneingeschränkt von § 2 Abs. 1 Z 19 StVO umfasst sein.

15 Das Erkenntnis werfe die Rechtsfrage auf, ob ein „Golfmobile“ unabhängig von Größe, Ausstattung und Bauart ein Fahrzeug im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 19 StVO sei; es handle sich um ein Sommersportgerät. Wintersportgeräte würden unabhängig von Größe, Ausstattung und Bauart vom Fahrzeugbegriff ausgenommen. Diese Ausnahme müsse auch für ein „Golfmobile“ gelten.

16 Es gebe keine Anhaltspunkte für ein generelles Verbot des Lenkens eines „Golfmobiles“ im alkoholisierten Zustand. Das Verwaltungsgericht nehme diesen Standpunkt ein und prüfe weder Größe, Ausstattung und Bauart noch Antrieb des Gefährts und treffe keine nachvollziehbaren und schlüssigen Feststellungen. Bei richtiger Auslegung des § 2 Abs. 1 Z 19 StVO komme es sehr wohl auf Größe, Ausstattung, Bauart und Antrieb des „Golfmobile“ an. Es fehle daher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob es ein generelles Fahrverbot von Golfmobilen im alkoholisierten Zustand gebe.

17 Überdies werde ein Gesetzesprüfungsverfahren angeregt, weil § 2 Abs. 1 Z 19 StVO verfassungswidrig sei; Wintersportgeräte seien auch mit sehr hoher Antriebsleistung vom Fahrzeugbegriff der StVO ausgenommen.

18 Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen:

19 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits klargestellt, dass auch bei einem „vorwiegend zur Verwendung außerhalb der Fahrbahn bestimmten Kleinfahrzeug“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 19 StVO, die typischerweise auf kürzere Distanzen beschränkteBeförderung von Personen und Sachen im Vordergrund stehen soll (vgl. VwGH 23.11.2022, Ra 2022/02/0043; VwGH 16.3.2023, Ro 2023/02/0010; jeweils unter Verweis auf OGH 24.9.2008, 2 Ob 18/08y, mwN).

20 Ein Fortbewegungsmittel, das wie im gegenständlichen Fall nach den (unbekämpften) Erwägungen des Verwaltungsgerichtsdazu dient, den Revisionswerber über längere Strecken sitzend und mit Antriebsenergie betrieben zu befördern und damit sein Verkehrsbedürfnis auf öffentlichen Straßen zu befriedigen, ist nicht mit jenen Kleinfahrzeugen zu vergleichen, die der Gesetzgeber bei der Ausnahme vom Fahrzeugbegriff (im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 19 StVO) im Auge hatte (vgl. dazu auch VwGH 3.4.2025, Ro 2023/02/0001).

21Dass es sich beim gegenständlichen Fahrzeug auch um kein „Wintersportgerät“ handelt, das von der Fahrzeugdefinition der StVO ausgenommen wäre, gesteht der Revisionswerber selbst ein. Verfassungsrechtliche Bedenken, die der Revisionswerber insoweit formuliert, werden vom Verwaltungsgerichtshof zum einen nicht geteilt und sind zum anderen für sich betrachtet nicht geeignet, die Zulässigkeit der Revision zu begründen (vgl. dazu grundlegend VwGH 27.2.2015, Ra 2025/06/0009).

22 Der Verwaltungsgerichtshof teilt auch nicht die Rechtsauffassung des Revisionswerbers, dass die Fahrzeugdefinition der StVO zu unpräzise ist, um im Zusammenhalt mit den daran anknüpfenden Verwaltungsstraftatbeständen das strafbare Verhalten hinreichend zu determinieren, lässt sich doch auch unter Beachtung der dazu ergangenen und oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für den Normunterworfenen erkennen, wie er sich im Straßenverkehr zu verhalten hat.

23 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 3. April 2025