Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kleiser und die Hofräte Dr. Fasching und Dr. Horvath als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Karger, LL.M., über die Revision der H A, geboren am 7. Februar 1998, vertreten durch Dr. Gregor Klammer, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Mai 2025, Zl. I412 22122965/2E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) vom 2. März 2017 wurde in der Sache der erste Antrag der Revisionswerberin, einer nigerianischen Staatsangehörigen, auf internationalen Schutz aufgrund der Zuständigkeit Italiens zurückgewiesen, die Außerlandesbringung angeordnet, festgestellt, dass die Abschiebung der Revisionswerberin nach Italien zulässig sei, und ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig sei.
2 In der Folge stellte die Revisionswerberin am 26. Juli 2018 einen (weiteren) Antrag auf internationalen Schutz. Das BVwG wies diesen Antrag in der Sache mit Erkenntnis vom 1. April 2019 ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung gegen die Revisionswerberin, stellte fest, dass ihre Abschiebung nach Nigeria zulässig sei und legte eine Frist für ihre freiwillige Ausreise fest.
3Mit Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 6. April 2021 wurde eine Rückkehrentscheidung und ein auf zwei Jahre befristetes Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 1 und Abs. 2 Z 6 FPG gegen die Revisionswerberin erlassen. Der Bescheid erwuchs in Rechtskraft.
4Die Revisionswerberin stellte am 27. Juni 2024 einen dritten Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid vom 24. Februar 2025 wies das BFA diesen Antrag der Revisionswerberin hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten sowie der subsidiär Schutzberechtigten ab und erteilte keine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz nach § 57 AsylG 2005.
5 Dagegen, dass es das BFA unterließ, die Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung zu prüfen, erhob die Revisionswerberin eine Säumnisbeschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht. Begründend führte die Revisionswerberin aus, dass das BFA ihrer Ansicht nach im Rahmen der Prüfung der Erlassung einer Rückkehrentscheidung festzustellen gehabt hätte, dass eine solche auf Dauer unzulässig sei, weil sie zwischenzeitlich Mutter eines Kindes mit österreichischer Staatsbürgerschaft geworden sei.
6 Mit dem angefochtenen Beschluss wies das BVwG die Säumnisbeschwerde ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unzulässig zurück und sprach aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG unzulässig sei. Begründend führte das BVwG aus, dass kein subjektives Recht auf Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorgesehen und mangels Erledigungsanspruchs der Revisionswerberin keine Entscheidungspflicht und damit keine Säumnis der belangten Behörde anzunehmen sei, zumal gegen die Revisionswerberin mit Bescheid des BFA vom 6. April 2021 eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot rechtskräftig erlassen worden sei, was eine Verpflichtung zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung ohnehin ausschließe. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung habe gemäß § 24 Abs. 2 Z 2 VwGVG unterbleiben können.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B VG).
8Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
9Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 Die Revision behauptet für ihre Zulässigkeit zunächst, dass im Fall der Abweisung eines Antrags auf internationalen Schutz über die Erlassung einer Rückkehrentscheidung abzusprechen sei, worauf ein Rechtsanspruch bestehe, weswegen das BFA „in Verzug“ geraten sei, sodass das BVwG inhaltlich über die Säumnisbeschwerde hätte absprechen müssen.
Die Revisionswerberin verkennt hiermit jedoch, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wenn gegen einen Drittstaatsangehörigen bereits eine aufrechte rechtskräftige mit einem Einreiseverbot verbundene Rückkehrentscheidung besteht, es gemäß § 59 Abs. 5 FPG bei allen nachfolgenden Verfahrenshandlungen nach dem 7., 8. und 11. Hauptstück des FPG oder dem AsylG 2005 keiner neuerlichen Rückkehrentscheidung bedarf, es sei denn, es sind neue Tatsachen gemäß § 53 Abs. 2 und 3 FPG hervorgekommen, die eine Neubemessung der Dauer eines Einreiseverbotes erforderlich machen (vgl. VwGH 29.11.2023, Ra 2023/14/0355, mwN).
Es besteht kein subjektives Recht auf Erlassung einer (neuerlichen) Rückkehrentscheidung (vgl. erneut VwGH 29.11.2023, Ra 2023/14/0355, mwN).
11 Somit wird mit diesem Vorbringen keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt, zumal auch gegen die Revisionswerberin eine mit einem Einreiseverbot verbundene Rückkehrentscheidung rechtskräftig verhängt wurde.
12 Dieser Umstand wird auch mit dem weiteren Revisionsvorbringen übersehen, wonach sich die Rechtslage infolge der Aufhebung des § 53 Abs. 2 Z 6 FPG durch Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 6. Dezember 2022, G 264/20227, geändert habe, weswegen eine mündliche Verhandlung abzuhalten gewesen wäre. Zudem legt die Revision auch insoweit nicht konkret dar, von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der angefochtene Beschluss abweicht und konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat (vgl. VwGH 13.5.2025, Ra 2025/01/0049, mwN).
13Im Übrigen weist der Verwaltungsgerichtshof darauf hin, dass trotz des fehlenden Anspruchs auf Erlassung einer Rückkehrentscheidung kein Rechtsschutzdefizit besteht (vgl. erneut VwGH 29.11.2023, Ra 2023/14/0355, mwN und näherer Begründung).
14 Soweit in der Zulässigkeitsbegründung auf das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) vom 8. Mai 2025, C130/24, ohne auf den vorliegenden Fall näher eingehende Begründung bloß Bezug genommen wird, wird mit diesem allgemein gehaltenen Verweis auf ein bestimmtes Urteil des EuGH nicht aufgezeigt, welche konkrete Rechtsfrage vom Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang in der vorliegenden Revisionssache zu klären wäre (vgl. VwGH 12.11.2020, Ra 2020/16/0154, mwN).
In der Revision werden vor diesem Hintergrund keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 30. Juni 2025