JudikaturVwGH

Ra 2024/19/0531 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
16. Dezember 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pfiel sowie den Hofrat Dr. Pürgy und die Hofrätin Mag. Dr. Pieler als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Salama, über die Revision des A G, vertreten durch Dr. Max Kapferer, Mag. Thomas Lechner und Dr. Martin Dellasega, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 2/2, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Oktober 2024, I422 22971431/7E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Der Revisionswerber, ein türkischer Staatsangehöriger, stellte am 20. Juni 2022 einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend brachte er im Wesentlichen vor, wegen regierungskritischer Äußerungen in sozialen Medien von den türkischen Behörden verfolgt zu werden.

2Mit Bescheid vom 1. Juli 2024 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung in die Türkei zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.

3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.

Begründend führte das BVwG im Wesentlichen aus, dass das Vorbringen des Revisionswerbers wegen näher dargelegter Unstimmigkeiten und Widersprüche in seinen Ausführungen sowie auf Grund mangelnder Mitwirkung am Verfahren (zur Frage nach dem aktuellen Stand des ins Treffen geführten Strafverfahrens) nicht glaubhaft sei.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

6Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Die Revision macht in ihrer Zulässigkeitsbegründung geltend, das BVwG sei von näher bezeichneter Rechtsprechung zur Begründungspflicht abgewichen, weil es eine widersprüchliche Beweiswürdigung vorgenommen und das der Entscheidung zugrunde gelegte Länderinformationsblatt außer Acht gelassen habe. Zudem habe es die in Kopie vorgelegten Dokumente übergangen und trotz Zustimmung des Revisionswerbers, dass sich das BVwG in die türkische E-Government-Datenbank „e Devlet“ einloggen und alle dort befindlichen Dokumente einsehen könne, Ermittlungen dahingehend verweigert.

8 Dem Vorbringen bzw. dem Hinweis auf die erteilte Zustimmung, eine Abfrage im „eDevlet“ vornehmen zu dürfen, ist die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzuhalten, wonach eigenen hoheitlichen Ermittlungen der Asylbehörden im Herkunftsstaat des Asylwerbers allgemeine Prinzipien des Völkerrechts entgegenstehen. Danach sind Staaten grundsätzlich verpflichtet, in fremden Hoheitsräumen keine Amtshandlungen ohne Genehmigung des Territorialstaates vorzunehmen. Dieser Grundsatz wird meist streng gehandhabt und gestattet nicht einmal eine hoheitliche Tätigkeit, die keine unmittelbare Auswirkung im Territorialstaat hat, wie etwa polizeiliche Erhebungen oder amtliche Vorladungen. Ermittlungen, die diesen Prinzipien widersprechen, sind von den Ermittlungspflichten des § 18 AsylG 2005 daher nicht umfasst und den Asylbehörden auch nicht erlaubt (vgl. dazu bereits konkret zu der hier gegenständlichen türkischen E Government DatenbankVwGH 6.10.2023, Ra 2023/18/0338, mwN).

9 Wenn die Revision vorbringt, die vorgelegten Kopien wären übergangen worden, verkennt sie, dass das BVwG, das zunächst auf die mangelnde Überprüfbarkeit der Echtheit und des Inhalts der Kopien hinwies, sich auch beweiswürdigend mit dem Inhalt auseinandersetzte, jedoch zum Ergebnis kam, dass sich aus diesem ein aktuell gegen den Revisionswerber gerichteter Festnahmeauftrag nicht ableiten ließe.

Der behauptete Begründungsmangel ist somit nicht ersichtlich.

10 Die Revision rügt zudem, das BVwG habe das der Entscheidung zugrunde gelegte Länderinformationsblatt außer Acht gelassen.

11 Werden Verfahrensmängel wie hier Begründungsmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass auf das Wesentliche zusammengefasstjene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensmangels als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 31.5.2024, Ra 2024/19/0123, mwN).

Eine solche Darstellung enthält die Revision mit ihrem pauschalen Vorbringen jedoch nicht.

12Soweit sich die Revision im Übrigen gegen die Beweiswürdigung des BVwG richtet, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach dieser als Rechtsinstanz zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist. In Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 18.1.2024, Ra 2024/19/0011, mwN).

13 Im vorliegenden Fall setzte sich das BVwG (nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung) mit dem Fluchtvorbringen des Revisionswerbers auseinander, erachtete dieses jedoch im Hinblick auf widersprüchliche, unstimmige und teils ungenügend substantiierte Angaben des Revisionswerbers als nicht glaubhaft.

Die Revision zeigt mit ihren Ausführungen, die sich nur gegen vereinzelte Aspekte der Beweiswürdigung des BVwG richten, nicht auf, dass diese fallbezogen unvertretbar wäre.

14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher nach § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 16. Dezember 2024