Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Dr. Funk Leisch und den Hofrat Dr. Eisner als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Salama, über die Revision des J I, vertreten durch MMag. Dr. Franz Stefan Pechmann, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Prinz Eugen Straße 70/2/1.1, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. August 2024, W285 21472742/10E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Dem Revisionswerber, einem syrischen Staatsangehörigen, wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 29. Juni 2017, abgeleitet von seinem Vater im Wege des Familienverfahrens, der Status des Asylberechtigten zuerkannt.
2Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 28. April 2022 wurde der Revisionswerber wegen des Verbrechens der Vergewaltigung gemäß § 201 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 30 Monaten, wobei 20 Monate unter Setzung einer dreijährigen Probezeit und Anordnung von Bewährungshilfe sowie Absolvierung einer Sexualtherapie mit vierteljährlicher Berichtspflicht bedingt nachgesehen wurden, verurteilt.
3Mit Bescheid vom 22. Dezember 2022 erkannte das BFA dem Revisionswerber den Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ab, stellte fest, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukomme, erkannte ihm den Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zu und erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen. Unter einem erließ das BFA eine Rückkehrentscheidung, erklärte jedoch die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Syrien für unzulässig, setzte dem Revisionswerber eine Frist für die freiwillige Ausreise von zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung und erließ ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung insoweit als unbegründet ab, als sich diese gegen die Aberkennung des Status des Asylberechtigten und die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkte I. und II.) gerichtet hatte. Hinsichtlich der weiteren Spruchpunkte (mit Ausnahme des unbekämpft gebliebenen Spruchpunkt V.) gab es der Beschwerde statt und behob diese Spruchpunkte ersatzlos. Unter einem sprach das BVwG aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
5 Die Aberkennung des Status des Asylberechtigten begründete das BVwG unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) zu Art. 14 Abs. 4 lit. b Richtlinie 2011/95/EU (Statusrichtlinie), nämlich die Urteile des EuGH jeweils vom 6. Juli 2023, C 663/21, C 402/22 und C8/22, und das sich auf diese Urteile berufende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Juli 2023, Ra 2021/20/0246,damit, dass der Revisionswerber ein besonders schweres Verbrechen begangen und damit den Tatbestand des § 7 Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 erfüllt habe. Das BVwG bejahte das Vorliegen aller Tatbestandselemente nach diesen Bestimmungen, insbesondere, dass vom Revisionswerber weiterhin eine große Gefahr für die Gemeinschaft ausgehe, und kam zum Ergebnis, dass die Aberkennung des Status des Asylberechtigten in Bezug auf die vom Revisionswerber ausgehende Gefahr als verhältnismäßig anzusehen sei.
Dagegen wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit mit Verweis auf näher bezeichnete Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs vorbringt, das BVwG habe dem Revisionswerber den Status des Asylberechtigten ohne das Vorliegen aller Tatbestandselemente im Sinne des § 6 AsylG 2005 aberkannt und eine die Rechtssicherheit beeinträchtigende unvertretbare Beweiswürdigung vorgenommen.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
8Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9Die Revision verweist auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 25. Juli 2023, Ra 2021/20/0246, welches sich vor dem Hintergrund des auf seinen Vorabentscheidungsantrag hin ergangenen Urteils des EuGH vom 6. Juli 2023, C 663/21 (unter Berücksichtigung auch der Urteile des EuGH vom 6. Juli 2023, C 8/22 und C402/22) eingehend mit den Voraussetzungen für eine Aberkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 iVm § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 auseinandergesetzt hat.
10 Einen konkreten Bezug zu den Umständen des vorliegenden Falles stellt die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung jedoch nicht her.
11Vor diesem Hintergrund vermag die Revision nicht aufzuzeigen, dass das BVwG bei der Beurteilung, im Revisionsfall liege ein besonders schweres Verbrechen im Sinn des § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 vor, von den Leitlinien der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wäre.
12Soweit sich die Revision mit ihrem Vorbringen auch gegen die Beweiswürdigung des BVwG wendet, ist ihr entgegenzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 18.4.2024, Ra 2024/19/0133, mwN).
13 Der Revision gelingt es mit ihrem pauschalen Vorbringen ohne jeglichen Fallbezug herzustellen nicht, einen vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Mangel der Beweiswürdigung aufzuzeigen.
14Hinsichtlich der Abweisung der Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten wurde kein gesondertes Zulässigkeitsvorbringen im Sinn des § 28 Abs. 3 VwGG erstattet.
15 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 12. Dezember 2024