Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Nedwed sowie die Hofrätin Dr. in Sembacher und den Hofrat Mag. Schartner, Bakk., als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. in Zeitfogel, über die Revision des A I, vertreten durch Mag. a Sarah Moschitz Kumar, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Frauengasse 7, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11. Dezember 2024, W144 2303847 1/4E, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf internationalen Schutz nach dem AsylG 2005 und Anordnung einer Außerlandesbringung nach dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Dem Revisionswerber, einem Staatenlosen palästinensischer Volksgruppenzugehörigkeit, wurde am 30. April 2024 in Griechenland der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Er verfügt über eine bis zum 29. April 2027 gültige griechische Aufenthaltsberechtigung und einen bis 1. Juni 2029 gültigen griechischen Konventionsreisepass. Am 9. Juli 2024 stellte der Revisionswerber in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).
2 Mit Bescheid vom 12. November 2024 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) diesen Antrag gemäß § 4a AsylG 2005 als unzulässig zurück und sprach aus, dass sich der Revisionswerber nach Griechenland zurückzubegeben habe (Spruchpunkt I.). Unter einem wurde ihm keine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ gemäß § 57 AsylG 2005 erteilt (Spruchpunkt II.), die Außerlandesbringung des Revisionswerbers angeordnet und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Griechenland zulässig sei (Spruchpunkt III.).
3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und sprach aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
4 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 11. März 2025, E 4842/2024 12, ablehnte und sie über nachträglichen Antrag mit Beschluss vom 9. April 2025, E 4842/2024 14, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. In der Folge wurde die gegenständliche Revision erhoben.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Der Revisionswerber begründet die Zulässigkeit der Revision zunächst damit, dass das BVwG veraltete Länderberichte betreffend Griechenland herangezogen, die aktuelle Berichtslage zu Griechenland nicht ausreichend berücksichtigt sowie die Indizwirkung von den Leitlinien des UNHCR bzw. der EUAA missachtet habe. Dem BVwG seien Ermittlungs , Feststellungs sowie Begründungsmängel im Hinblick auf die Versorgungssituation für Schutzberechtigte in Griechenland unterlaufen. Selbst aus den vom BVwG herangezogenen Länderfeststellungen sei erkennbar gewesen, dass das einzige in Griechenland existierende Integrationsprogramm „Helios“ am 30. Juni 2024 „enden sollte“. Das BVwG hätte sich diesbezüglich unter Heranziehung aktuellerer Berichte mit der zum Entscheidungszeitpunkt am 11. Dezember 2024 vorgelegenen Situation auseinandersetzen müssen.
9 Werden Verfahrensmängel wie hier Ermittlungs , Feststellungs und Begründungsmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass auf das Wesentliche zusammengefasst jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten. Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist in konkreter Weise darzulegen (vgl. VwGH 19.3.2025, Ra 2024/14/0721 0723, mwN).
10 Eine solche Relevanzdarlegung ist der Revision betreffend die behaupteten Verfahrensmängel in Zusammenhang mit den Länderberichten nicht zu entnehmen. Aufgrund welcher aktuelleren Länderberichte welche konkreten Feststellungen zu treffen gewesen wären, die in der Sache zu einem anderen, für den Revisionswerber günstigeren Ergebnis hätten führen können, wird in der Revision nicht aufgezeigt. Auch im Hinblick auf das Integrationsprogramm „Helios“ wird nicht dargelegt, dass weder dieses noch ein dieses gleichwertig ersetzendes Programm im Entscheidungszeitpunkt des BVwG am 11. Dezember 2024 vorhanden gewesen wäre, zumal in den vom BVwG herangezogenen Länderfeststellungen davon die Rede ist, dass das Programm verlängert werden solle.
11 Das BVwG legte seinem Erkenntnis das zum Entscheidungszeitpunkt aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Griechenland vom 21. Juni 2024 (Version 8) zugrunde und setzte sich unter anderem mit dem Zugang zum Wohnungs und Arbeitsmarkt sowie der Versorgungslage von Schutzberechtigten in Griechenland auseinander. Dabei nahm es auf die individuellen Besonderheiten der Rückkehrsituation des Revisionswerbers einem Mann im erwerbsfähigen Alter ohne gesundheitlichen Beschwerden Bedacht und folgerte, dass nicht davon ausgegangen werden könne, dass ihm im Falle einer Überstellung nach Griechenland die Gefahr einer Verletzung von Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK drohe.
12 Dass diese vom BVwG vorgenommene Einzelfallprüfung mit einer vom Verwaltungsgerichtshof wahrzunehmenden Mangelhaftigkeit belastet wäre und die vom Verwaltungsgerichtshof näher definierte Erheblichkeitsschwelle bei der Beurteilung der Zulässigkeit einer Zurückweisung nach § 4a AsylG 2005 in Zusammenhang mit Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK erreicht worden wäre (vgl. dazu etwa VwGH 24.11.2022, Ra 2022/18/0163, mwN), wird insbesondere vor dem Hintergrund der Feststellungen des BVwG zur Person des Revisionswerbers, nach welchen keine besondere Vulnerabilität vorliegt in der Revision nicht aufgezeigt.
13 Dem insoweit auf der Prämisse der Richtigkeit der eigenen Behauptungen aufbauenden und sich dahingehend vom festgestellten Sachverhalt entfernenden Revisionsvorbringen ist somit schon deswegen der Boden entzogen (vgl. VwGH 15.2.2024, Ra 2024/14/0053, mwN).
14 Dass das Verfahren wegen Abstandnahme von der mündlichen Verhandlung fehlerhaft gewesen wäre, zeigt der Revisionswerber ebenfalls nicht auf.
15 Mit dem sich inhaltlich vorwiegend auf die Vorgaben des § 21 Abs. 7 BFA VG beziehenden Revisionsvorbringen (der Sachverhalt sei nicht geklärt gewesen und der Revisionswerber habe in seiner Beschwerde einen über das Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens hinausgehenden Sachverhalt vorgebracht), gelingt es dem Revisionswerber nicht aufzuzeigen, dass eine Verletzung der in der Rechtsprechung aufgestellten Leitlinien zur Verhandlungspflicht im Fall von Beschwerden gegen im Zulassungsverfahren getroffene zurückweisende Entscheidungen nach der Sonderbestimmung des § 21 Abs. 6a BFA VG, wonach das BVwG unter anderem über Beschwerden gegen zurückweisende Entscheidungen im Zulassungsverfahren ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung entscheiden kann, vorgelegen wäre (vgl. dazu grundlegend VwGH 30.6.2016, Ra 2016/19/0072, Rn. 46 ff). Dass der Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes durch die Verwaltungsbehörde Ermittlungsmängel angehaftet wären, ist nicht ersichtlich.
16 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 25. Juni 2025