Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Mag. Dr. Maurer Kober sowie die Hofrätin Dr. in Sembacher und den Hofrat Mag. Schartner als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. in Zeitfogel, über die Revision des B S, vertreten durch Mag. Wolfgang Seifert, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Oktober 2024, W222 23009501/4E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1Der Revisionswerber, ein indischer Staatsangehöriger, stellte am 15. Juli 2024 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).
2Mit Bescheid vom 9. September 2024 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diesen Antrag zur Gänze ab, erteilte dem Revisionswerber keine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ nach § 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Indien zulässig sei. Unter einem erkannte es einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung ab und legte keine Frist für die freiwillige Ausreise fest.
3 Mit Schreiben vom 14. Oktober 2024 erhob der Revisionswerber vertreten durch einen von ihm dazu bevollmächtigten Verein Beschwerde gegen diesen Bescheid.
4Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) nach einem unbeantwortet gebliebenen Verspätungsvorhalt die Beschwerde gemäß § 7 Abs. 4 erster Satz VwGVG als verspätet zurück und sprach aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
5 Begründend führte das BVwG aus, der angefochtene Bescheid sei von einem Mitglied des (vom Revisionswerber bevollmächtigten) Vereins persönlich übernommen und damit der Vertretung des Revisionswerbers am 13. September 2024 durch persönliche Übernahme zugestellt und sohin rechtswirksam erlassen worden. Die vierwöchige Beschwerdefrist habe daher mit Ablauf des 11. Oktober 2024 geendet, weshalb die am 14. Oktober 2024 eingebrachte Beschwerde als verspätet zurückzuweisen gewesen sei.
6 Die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde wurde von diesem mit Beschluss vom 25. Juni 2025, E 4756/2024 21, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. In der Folge wurde die gegenständliche außerordentliche Revision eingebracht.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B VG).
8Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
9Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 Der Revisionswerber begründet die Zulässigkeit der Revision zusammengefasst damit, dass den Feststellungen des BVwG weder zu entnehmen sei, ob es sich bei der Person, welche den Bescheid vom 9. September 2024 übernommen habe, um ein Mitglied des vom Revisionswerber bevollmächtigten Vereins handle, noch, ob diese Person ein zur Empfangnahme befugter Vertreter dieses Vereins gewesen sei. Letztlich würden auch Feststellungen dazu fehlen, ob der Revisionswerber dem Verein überhaupt eine Zustellvollmacht erteilt habe. Beweiswürdigend habe das BVwG lediglich auf den Akteninhalt verwiesen.
11 Werden Verfahrensmängel wie hier Ermittlungs , Feststellungs und Begründungsmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass auf das Wesentliche zusammengefasstjene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten. Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist in konkreter Weise darzulegen (vgl. VwGH 25.6.2025, Ra 2024/14/0896, mwN).
12 Die vorliegende Revision wird schon diesen Anforderungen nicht gerecht, zumal sie nicht darlegt, welche für den Revisionswerber günstigeren Feststellungen das BVwG aufgrund welcher Beweismittel zu treffen gehabt hätte. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass dem Akteninhalt die Vollmacht, mit welcher der Revisionswerber den in Rede stehenden Verein zur Entgegennahme von „Zustellungen aller Art, insbesondere auch Klagen, Urteile und Bescheide“ bevollmächtigte, zu entnehmen ist. Im Übrigen sind jene Personen, welche im ebenfalls im Akt befindlichenZustellnachweis als Empfänger des Bescheides vom 9. September 2024 ausgewiesen sind, in der genannten Vollmacht als „Organe und bestellte Vereinsvertreter“ bezeichnet. Aufgrund welcher Umstände das BVwG sich hätte veranlasst sehen müssen, nähere Ermittlungsschritte zur Frage der Mitgliedschaft bzw. der Befugnis der genannten Personen vorzunehmen, wird in der Revision nicht dargelegt (zur Ermittlungspflicht als einzelfallbezogene Beurteilung vgl. VwGH 9.8.2023, Ra 2022/14/0295, mwN).
13Soweit der Revisionswerber in der Zulässigkeitsbegründung noch erkennbar einen Verstoß gegen die Begründungspflicht gemäß § 29 Abs. 1 VwGVG iVm §§ 58 und 60 AVG rügt, wonach in der Begründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die für die Beweiswürdigung maßgeblichen Erwägungen sowie die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen seien, zeigt er nicht auf, dass das BVwG von den in der hg. Rechtsprechung dazu aufgestellten rechtlichen Leitlinien (vgl. dazu etwa VwGH 27.2.2025, Ra 2024/14/0833 bis 0837, mwN) abgewichen wäre.
14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 10. September 2025