JudikaturVwGH

Ra 2025/14/0309 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
15. September 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Mag. Dr. Maurer Kober sowie die Hofrätin Dr. in Sembacher und den Hofrat Mag. Schartner als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. in Zeitfogel, über die Revision des A Ö, vertreten durch Dr. Benno Wageneder, Rechtsanwalt in Ried im Innkreis, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Juli 2025, I416 2306661 1/6E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger der Türkei und Angehöriger der kurdischen Volksgruppe, stellte am 23. Oktober 2022 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), den er im Wesentlichen damit begründete, dass er im Falle seiner Rückkehr in die Türkei aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit sowie von privaten Akteuren aufgrund von Blutrache verfolgt werden würde.

2 Mit Bescheid vom 27. November 2024 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diesen Antrag zur Gänze ab, erteilte dem Revisionswerber keine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung in die Türkei zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise legte es mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Der Revisionswerber bringt in der Zulässigkeitsbegründung vor, das Verwaltungsgericht sei mit der angefochtenen Entscheidung vom Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Jänner 2020, Ra 2019/18/0228, abgewichen, indem es nicht alle für die „Klarstellung des Sachverhaltes“ erforderlichen Beweise erhoben, die allgemein zugänglichen Berichte über die Blutfehde im Distrikt C in den Jahren 2020 bis 2023 übergangen bzw ignoriert habe und nicht auf das („tatsächlich dürftige“) Parteivorbringen eingegangen sei. Damit sei das angefochtene Erkenntnis mit einem schweren Verfahrensmangel belastet. Angegriffen werde somit ein „Stoffsammlungsmangel“, nicht aber die „fast hieb und stichfeste Beweiswürdigung“.

8 Werden Verfahrensmängel wie hier Ermittlungs , Feststellungs und Begründungsmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass - auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten. Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist in konkreter Weise darzulegen (vgl. VwGH 25.6.2025, Ra 2024/14/0896, mwN).

9 Eine solche Relevanzdarlegung ist der Revision jedoch nicht zu entnehmen. Welche konkreten Feststellungen das BVwG zu treffen gehabt hätte, die in der Sache zu einem anderen, für den Revisionswerber günstigeren Ergebnis hätten führen können, wird in der Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht aufgezeigt.

10 Mit dem Vorbringen zu mangelnden weiteren Sachverhaltsermittlungen übersieht die Revision auch, dass das Verwaltungsgericht mit einer nicht als unvertretbar zu erkennenden (und nicht bestrittenen) Beweiswürdigung zum Ergebnis gekommen ist, dass das Vorbringen des Revisionswerbers, wonach er in eine Blutfehde verwickelt sei, nicht glaubhaft sei.

11 Die Frage, ob das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner amtswegigen Ermittlungspflicht weitere Ermittlungsschritte setzen muss, unterliegt einer einzelfallbezogenen Beurteilung. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge insoweit nur dann vor, wenn die Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre (vgl. VwGH 11.4.2024, Ra 2024/01/0076, mwN), was die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung jedoch nicht aufzeigt; insbesondere legt sie nicht dar, zu welchen (asylrelevanten) Ermittlungsergebnissen das Verwaltungsgericht gekommen wäre, wenn es zusätzliche Ermittlungen getätigt hätte.

12 Das behauptete Abweichen des Verwaltungsgerichts von dem näher zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Jänner 2020, welches einen völlig anderen Sachverhalt betraf, nämlich einen Fall, in dem die Bedrohung durch Private für einen afghanischen Revisionswerber infolge dessen außerehelichen Geschlechtsverkehrs für glaubhaft befunden worden war, ist daher nicht erkennbar.

13 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 15. September 2025

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