JudikaturVwGH

Ra 2025/19/0132 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
22. September 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Dr. Funk Leisch und den Hofrat Dr. Eisner als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Hahn, LL.M., über die Revision des G M (alias G A), vertreten durch Dr. Gregor Klammer, Rechtsanwalt in Wien, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. Mai 2025, W161 23068891/4E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Dem Revisionswerber, einem syrischen Staatsangehörigen, wurde am 30. August 2024 in Griechenland der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Er verfügt über ein griechisches Konventionsreisedokument, das bis zum 29. August 2027 gültig ist. Er stellte in Österreich am 29. Oktober 2024 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2Mit Bescheid vom 17. Jänner 2025 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers gemäß § 4a AsylG 2005 als unzulässig zurück und sprach aus, dass sich der Revisionswerber nach Griechenland zurückzubegeben habe. Unter einem wurde dem Revisionswerber ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt, seine Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Griechenland zulässig sei.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde die dagegen vom Revisionswerber erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen und die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig erklärt.

4 Mit Beschluss vom 25. Juni 2025, E 1712/2025, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis erhobenen Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Behandlung ab. Daraufhin brachte der Revisionswerber die vorliegende Revision ein.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

7Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 Die Revision macht zur Begründung ihrer Zulässigkeit geltend, das Bundesverwaltungsgericht habe entgegen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine mündliche Verhandlung durchgeführt. Es hätte den Revisionswerber befragen müssen, ob er in Griechenland tatsächlich eine Aufenthaltsbewilligung „ADET“ erhalten habe.

9Dass das Verfahren, soweit es die Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz nach § 4a AsylG 2005 betraf, wegen Abstandnahme von der mündlichen Verhandlung fehlerhaft gewesen wäre, zeigt die Revision nicht auf:

10Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG der auch in nach dem BFAVG zu führenden Verfahren, insbesondere betreffend die Zurückweisung eines Antrages auf internationalen Schutz nach § 4a AsylG 2005, anzuwenden istkann die Verhandlung (u.a. dann) entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei zurückzuweisen ist. In den Fällen des § 24 Abs. 2 VwGVG liegt es im Ermessen des Verwaltungsgerichts, trotz Parteiantrages keine Verhandlung durchzuführen. Dieses Ermessen ist jedenfalls im Licht des Art. 6 EMRK zu handhaben. Dies gilt sinngemäß auch für Art. 47 GRC (vgl. zu einer, derselben Systematik folgenden, Zurückweisung nach § 68 AVG etwa VwGH 18.7.2025, Ra 2025/14/0127, mwN).

11Zunächst ist anzumerken, dass sich die Revision mit der Bestimmung des § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG gar nicht auseinandersetzt.

12Dessen ungeachtet ist eine fehlerhafte Ausübung des durch § 24 Abs. 2 VwGVG eingeräumten Ermessens betreffend die Durchführung einer Verhandlung insgesamt nicht ersichtlich. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat ein Konsultationsverfahren mit Griechenland geführt, weshalb das Bundesverwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen ist, dass der Revisionswerber eine bis August 2027 gültige Aufenthaltsbewilligung in Griechenland hat. Weshalb diese Annahme nicht richtig gewesen sein sollte, zeigt der Revisionswerber nicht auf.

13 Die Revision bringt zur Begründung ihrer Zulässigkeit zudem vor, das Bundesverwaltungsgericht habe einen näher bezeichneten aktuellen Bericht, wonach mittellose Flüchtlinge in Griechenland unter menschenunwürdigen Bedingungen leben würden, nicht in das Verfahren eingebracht.

14 Werden Verfahrensmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass auch in der gesonderten Begründung für die Zulässigkeit der Revision zumindest auf das Wesentliche zusammengefasstjene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 14.8.2025, Ra 2025/19/0020, mwN).

15 Das Bundesverwaltungsgericht hat dem angefochtenen Erkenntnis das zum Entscheidungszeitpunkt aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Griechenland vom 17. Dezember 2024 zugrunde gelegt, sich auf Grundlage dessen mit der Wohnsituation in Griechenland unter Berücksichtigung der individuellen Situation des Revisionswerbers einem Mann im erwerbsfähigen Alter ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen befasst und schlussgefolgert, dass sich der Revisionswerber in Griechenland gegebenenfalls mit Unterstützung Zugang zum Wohnungsund Arbeitsmarkt verschaffen werde können. Ausgehend davon kam das Bundesverwaltungsgericht zum Ergebnis, dass dem Revisionswerber keine Verletzung seiner Rechte nach Art. 3 EMRK und Art. 4 GRC in Griechenland drohe.

16Dass diese vom Bundesverwaltungsgericht vorgenommene Einzelfallprüfung mit einer vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Mangelhaftigkeit belastet wäre und die vom Verwaltungsgerichtshof näher definierte Erheblichkeitsschwelle bei der Beurteilung der Zulässigkeit einer Zurückweisung nach § 4a AsylG 2005 in Zusammenhang mit Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK erreicht worden wäre (vgl. dazu etwa VwGH 24.11.2022, Ra 2022/18/0163, mwN), wird insbesondere vor dem Hintergrund der Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts zur Person des Revisionswerbers, nach welchen keine besondere Vulnerabilität vorliegtin der Revision nicht aufgezeigt (vgl. etwas VwGH 25.6.2025, Ra 2024/14/0896).

17 In der Revision werden somit insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 22. September 2025