JudikaturVwGH

Ra 2024/14/0369 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
10. Oktober 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr. in Sporrer sowie die Hofrätin Dr. in Sembacher und den Hofrat Mag. Marzi als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Kreil, MA, über die Revision 1. des B M, 2. der Z M, 3. des K M, 4. des I M, 5. des Y M, und 6. des A M, alle vertreten durch Mag. Anne Kessler, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Kalchberggasse 6/1, gegen die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes jeweils vom 9. Juni 2024, 1. W280 2008346 2/7E, 2. W280 2008350 2/7E, 3. W280 2008348 2/7E, 4. W280 2008347 2/7E, 5. W280 2278465 1/7E und 6. W280 20083452/7E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Die revisionswerbenden Parteien, alle Staatsangehörige der Russischen Föderation, stellten am 19. Oktober 2021 bzw. am 9. Jänner 2023 Anträge auf internationalen Schutz, die sie zusammengefasst damit begründeten, dass dem Erstrevisionswerber Beihilfe zum Terrorismus vorgeworfen werde und ihm sowie dem Sechstrevisionswerber eine Zwangsrekrutierung durch die russischen Streitkräfte und ein Einsatz im Krieg der Russischen Föderation gegen die Ukraine drohe; den restlichen revisionswerbenden Parteien drohe deshalb ebenfalls Verfolgung.

2Mit Bescheiden jeweils vom 22. August 2023 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) die Anträge der revisionswerbenden Parteien jeweils zur Gänze ab, erteilte ihnen jeweils keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen sie jeweils eine Rückkehrentscheidung, stellte jeweils fest, dass eine Abschiebung in die Russische Föderation zulässig sei, und legte jeweils eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.

3 Mit den angefochtenen Erkenntnissen wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobenen Beschwerden der revisionswerbenden Parteien nach Durchführung einer Verhandlung - als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.

4 In seiner Begründung ging das BVwG davon aus, dass den revisionswerbenden Parteien im Fall der Rückkehr in die Russische Föderation keine asylrelevante Verfolgung drohe. Auch könnten sie in der Russischen Föderation ihre grundlegenden und notwendigen Lebensbedürfnisse befriedigen, ohne in eine existenzbedrohende oder lebensgefährliche Situation zu geraten.

5 Gegen diese Erkenntnisse erhoben die revisionswerbenden Parteien die vorliegende außerordentliche Revision.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

8Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. la zweiter Satz VwGG die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Sinn des Art. 133 Abs. 4 BVG nur im Rahmen der dafür in der Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat, ist er weder verpflichtet, solche anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen. Dementsprechend erfolgt nach der Rechtsprechung die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung. In der gesonderten Zulässigkeitsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. VwGH 13.5.2024, Ra 2024/14/0221, mwN).

10Diesen Anforderungen wird die vorliegende Revision, die zur Begründung ihrer Zulässigkeit zunächst pauschal geltend macht, es sei von den Grundsätzen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR), der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung und den Grundsätzen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) abgegangen worden, nicht gerecht, da damit nicht darlegt wird, von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das BVwG fallbezogen abgewichen sei.

11 Zudem ist darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof zur Prüfung einer Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte, die gemäß Art. 144 Abs. 1 B VG als Prozessvoraussetzung für ein Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof umschrieben sind, gemäß Art. 133 Abs. 5 BVG nicht berufen ist. Die Zulässigkeit der Revision kann damit nicht begründet werden (vgl. z.B. VwGH 3.7.2023, Ra 2023/18/0176, mwN).

12 Werden Verfahrensmängel wie hier Begründungs und Ermittlungsmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass auf das Wesentliche zusammengefasstjene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. neuerlich VwGH 13.5.2024, Ra 2024/14/0221, mwN). Eine solche konkrete und fallbezogene Relevanzdarstellung lässt die Revision mit ihrem allgemein gehaltenen Vorbringen vermissen. Insbesondere verabsäumt sie es, konkret auszuführen, welche Feststellungen zu treffen gewesen wären und aufgrund welcher Umstände diese zu einer anderen Entscheidung hätten führen können.

13In diesem Zusammenhang gelingt es der Revision, wenn sie sich ohne konkretes Vorbringen dazu gegen die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichtes zum Fluchtvorbringen des Erstrevisionswerbers wendet, auch nicht, damit aufzuzeigen, dass diese mit einer durch den Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Unvertretbarkeit behaftet wäre (vgl. zum maßgeblichen Prüfungsmaßstab zur Beweiswürdigung etwa VwGH 15.2.2024, Ra 2024/14/0053, mwN).

14 Sofern sich die Revision gegen die Nichtzuerkennung von subsidiärem Schutz wendet, führt sie an, dass sich die Familie auf das seitens des EGMR anerkannte Recht auf Kriegsdienstverweigerung berufe, sodass ihnen richtigerweise zumindest subsidiärer Schutz zuerkannt hätte werden müssen. Damit entfernt sie sich von den Feststellungen des BVwG, nach denen bereits auf der Ebene der Asylrelevanzdie behauptete Verfolgung der revisionswerbenden Parteien nicht als glaubhaft eingestuft wurde. Die Revision vermag daher schon deshalb nicht aufzuzeigen, dass im Fall der revisionswerbenden Parteien die nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erforderlichen Voraussetzungen für die Gewährung von subsidiärem Schutz erfüllt wären (vgl. VwGH 26.2.2020, Ra 2019/18/0486, mwN).

15 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher ohne weiteres Verfahren gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 10. Oktober 2024