JudikaturVwGH

Ro 2024/13/0025 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
04. September 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident MMag. Maislinger und die Hofrätin Dr. in Lachmayer, den Hofrat Dr. Bodis, die Hofrätin Dr. in Wiesinger sowie den Hofrat Mag. M. Mayr, LL.M., als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Karger, LL.M., MA, über die Revision des Finanzamts Österreich gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 24. Juli 2024, RV/7102502/2024, betreffend Einkommensteuer 2022 (mitbeteiligte Partei: M D), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

1 Der in Österreich wohnhafte Mitbeteiligte war im Jahr 2022 bei der X (mit Sitz und Ort der Geschäftsleitung in Malta) als Pilot nichtselbständig beschäftigt. Mit Bescheid vom 22. März 2024 wurde der Mitbeteiligte zur Einkommensteuer 2022 veranlagt. In diesem Bescheid wurden unter anderem mit Hinweis auf die Rechtsansicht des BMF in der EAS 3448 von der X geleistete Bezüge aus nichtselbständiger Arbeit in näher genannter Höhe als steuerpflichtig erfasst.

2 Der Mitbeteiligte wandte sich gegen die Besteuerung dieser Bezüge. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 22. April 2024 wies das Finanzamt seine Beschwerde ab, woraufhin der Mitbeteiligte einen Vorlageantrag stellte.

3 Das Bundesfinanzgericht gab der Beschwerde mit dem angefochtenen Erkenntnis statt und änderte den Einkommensteuerbescheid 2022 insofern ab, als es die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, den Gesamtbetrag der Einkünfte und das Einkommen und somit auch die Einkommensteuer mit Null festsetzte. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG zulässig sei.

4 Nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts habe der Mitbeteiligte im Jahr 2022 seinen Hauptwohnsitz und den Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich gehabt und sei als angestellter Pilot für die X tätig gewesen. Die Tätigkeit als Pilot habe er an Bord von Luftfahrzeugen im internationalen Verkehr ausgeübt. Die X sei eine Fluggesellschaft mit Sitz sowie Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung in Malta.

5 Zunächst stellt das Bundesfinanzgericht die Art. 15 und 23 des DBA Malta (letztgenannten auch in der englischen Sprachfassung) dar. Beziehe eine in einem Vertragstaat ansässige Person Einkünfte und könnten diese Einkünfte „nur“ in dem anderen Vertragstaat besteuert werden, so nehme der erstgenannte Staat, vorbehaltlich des Art. 23 Abs. 2 DBA Malta, diese Einkünfte von der Besteuerung aus; dieser Staat könne aber bei der Festsetzung der Steuer für das übrige Einkommen dieser Person den Steuersatz anwenden, der anzuwenden wäre, wenn die betreffenden Einkünfte oder das betreffende Vermögen nicht von der Besteuerung ausgenommen wären.

6 Schließlich kam das Bundesfinanzgericht zum Schluss, dass hinsichtlich des Wortes „nur“, welches lediglich in der deutschen Sprachfassung des Art. 23 Abs. 1 DBA Malta enthalten sei, von einem Redaktionsversehen auszugehen sei.

7 Dieses Redaktionsversehen lasse sich im Auslegungsweg derart beheben, dass dem englischsprachigen Text der Vorzug gegeben werde. Zumal die englischsprachige Fassung keine Entsprechung zu dem Wort „nur“ enthalte, habe der Ansässigkeitsstaat (somit Österreich) in der vorliegenden Konstellation, in der der Quellenstaat (Malta) das Besteuerungsrecht habe, nach Art. 23 Abs. 1 DBA Malta die Einkünfte freizustellen. Der Beschwerde sei somit stattzugeben.

8 Weil eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Auslegung der Art. 15 Abs. 3 und Art. 23 Abs. 1 DBA Malta fehle, sei die Revision zulässig.

9 Mit der vorliegenden Amtsrevision richtet sich das Finanzamt, das sich dem Zulässigkeitsvorbringen des Bundesfinanzgerichts anschließt, gegen dieses Erkenntnis. Ergänzend bringt die revisionswerbende Behörde vor, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für den Fall, dass ein Doppelbesteuerungsabkommen mit einem Partnerstaat in den jeweiligen Landessprachen also in zwei ausdrücklich gleichermaßen verbindlichen Sprachfassungen abgeschlossen worden sei, sich diese beiden Sprachfassungen unterschieden und zu einem unterschiedlichen Ergebnis führten. Wäre das Bundesfinanzgericht der deutschsprachigen Fassung des Art. 23 Abs. 1 DBA Malta gefolgt, hätte es zum Schluss kommen müssen, dass das Besteuerungsrecht der gegenständlichen Einkünfte dem Ansässigkeitsstaat Österreich zukomme.

10 Das angefochtene Erkenntnis weiche schließlich auch von näher bezeichneter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinsichtlich der zureichenden Begründungspflicht ab, weil es das Bundesfinanzgericht nicht hinreichend und nachvollziehbar begründet habe. Das bloße Zitieren jener vier Fachpublikationen, die zum Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung veröffentlicht gewesen seien, stelle einen Begründungsmangel dar, weil sich daraus der dem Erkenntnis zu Grunde liegende Denkprozess nicht nachvollziehen lasse, warum das für den Revisionszeitraum in Geltung stehende Multilaterale Instrument (MLI) vom 7. Juni 2017 bei der Auslegung der maßgeblichen Normen des DBA Malta nicht zu berücksichtigen sei.

11 Der Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der er beantragte, die Revision zurückzuweisen.

12 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

13 Die Revision ist zulässig. Sie ist aber nicht begründet.

14 Die Präambel des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Republik Malta zur Vermeidung der Doppelbesteuerung bei den Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, BGBl. Nr. 294/1979 (in deutscher und englischer Sprache kundgemacht) in der Fassung des Multilateralen Instruments (MLI) vom 7. Juni 2017, BGBl. III Nr. 93/2018, (in der Folge: DBA Malta) lautet:

„DIE REPUBLIK ÖSTERREICH UND DIE REPUBLIK MALTA in der Absicht, in Bezug auf die unter dieses Abkommen fallenden Steuern eine Doppelbesteuerung zu beseitigen, ohne Möglichkeiten zur Nicht- oder Niedrigbesteuerung durch Steuerverkürzung oder -umgehung (unter anderem durch missbräuchliche Gestaltungen mit dem Ziel des Erhalts von in diesem Abkommen vorgesehenen Erleichterungen zum mittelbaren Nutzen von in Drittstaaten oder -gebieten ansässigen Personen) zu schaffen, SIND ÜBEREINGEKOMMEN WIE FOLGT:“

15 Art. 15 und Art. 23 Abs. 1 DBA Malta lauten einschließlich Überschrift:

„Artikel 15

Unselbständige Arbeit

(1) Vorbehaltlich der Artikel 16, 18, 19 und 20 dürfen Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, daß die Arbeit in dem anderen Vertragstaat ausgeübt wird. Wird die Arbeit dort ausgeübt, so dürfen die dafür bezogenen Vergütungen in dem anderen Staat besteuert werden.

(2) Ungeachtet des Absatzes 1 dürfen Vergütungen, die eine in einem Vertragstaat ansässige Person für eine in dem anderen Vertragstaat ausgeübte unselbständige Arbeit bezieht, nur in dem erstgenannten Staat besteuert werden, wenn

a) der Empfänger sich in dem anderen Staat insgesamt nicht länger als 183 Tage während des betreffenden Kalenderjahres aufhält,

b) die Vergütungen von einem Arbeitgeber oder für einen Arbeitgeber gezahlt werden, der nicht in dem anderen Staat ansässig ist, und

c) die Vergütungen nicht von einer Betriebstätte oder einer festen Einrichtung getragen werden, die der Arbeitgeber in dem anderen Staat hat.

(3) Ungeachtet der Absätze 1 und 2 dürfen Vergütungen für unselbständige Arbeit, die an Bord eines Seeschiffs oder Luftfahrzeugs im internationalen Verkehr ausgeübt wird, in dem Vertragstaat besteuert werden, in dem sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung des Unternehmens befindet.

Artikel 23

Methode zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

(1) Bezieht eine in einem Vertragstaat ansässige Person Einkünfte oder hat sie Vermögen und können diese Einkünfte oder dieses Vermögen nach diesem Abkommen nur in dem anderen Vertragstaat besteuert werden, so nimmt der erstgenannte Staat, vorbehaltlich des Absatzes 2, diese Einkünfte oder dieses Vermögen von der Besteuerung aus; dieser Staat kann aber bei der Festsetzung der Steuer für das übrige Einkommen oder das übrige Vermögen dieser Person den Steuersatz anwenden, der anzuwenden wäre, wenn die betreffenden Einkünfte oder das betreffende Vermögen nicht von der Besteuerung ausgenommen wären.“

16 Art. 23 Abs. 1 DBA Malta in englischer Sprache, wobei jeder Wortlaut nach dem letzten Satz dieses Abkommens gleichermaßen verbindlich ist, lautet:

„Where a resident of a Contracting State derives income or owns capital which may be taxed in the other Contracting State in accordance with the provisions of this Convention, the first-mentioned State shall, subject to the provisions of paragraph (2) hereof, exempt such income or capital from tax but may, in calculating tax on the other income or capital of that person, apply the tax which would have been applicable if the exempted income or capital had not been so exempted.“

17Gemäß § 1 Abs. 2 EStG 1988 sind jene natürlichen Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, unbeschränkt steuerpflichtig. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte.

18Dass der Mitbeteiligte angesichts seines im Inland gelegenen Wohnsitzes gemäß § 1 Abs. 2 EStG 1988 unbeschränkt steuerpflichtig ist und seinen steuerlichen Wohnsitz im Sinn des Art. 4 Abs. 1 DBA Malta in Österreich hat, blieb im Verfahren unbestritten.

19Ergibt sich aus dem innerstaatlichen Steuerrecht eine Steuerpflicht, ist in einem zweiten Schritt zu beurteilen, ob das Besteuerungsrecht durch ein Doppelbesteuerungsabkommen eingeschränkt wird (vgl. VwGH 23.10.2024, Ra 2022/15/0076, mwN).

20 Gemäß Art. 15 Abs. 3 DBA Malta dürfen Vergütungen für unselbständige Arbeit, die an Bord eines Seeschiffs oder Luftfahrzeugs im internationalen Verkehr ausgeübt wird, in dem Vertragstaat besteuert werden, in dem sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung des Unternehmens befindet.

21 Bezieht eine in einem Vertragstaat ansässige Person Einkünfte und können diese Einkünfte nach dem DBA Malta „nur“ in dem anderen Vertragstaat besteuert werden, so nimmt gemäß Art. 23 Abs. 1 DBA Malta der erstgenannte Staat, vorbehaltlich hier nicht einschlägiger Ausnahmen, diese Einkünfte von der Besteuerung aus. In der englischen Sprachfassung des Art. 23. Abs. 1 DBA Malta ist eine Entsprechung des Wortes „nur“ nicht enthalten.

22 Das revisionswerbende Finanzamt leitet letztlich unter Hinweis auf eine vom Bundesministerium für Finanzen veröffentlichte Rechtsansicht vom 17. November 2023, 2023 0.825.422, EAS 3448, ab, auch Österreich stehe nach dem DBA Malta für die revisionsgegenständlichen Bezüge des Mitbeteiligten neben der Republik Malta ein uneingeschränktes Besteuerungsrecht zu. Art. 15 Abs. 3 DBA Malta erlaube zwar die Besteuerung in jenem Staat, in dem sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung der Fluggesellschaft befinde (Malta), schränke aber den Besteuerungsanspruch des Ansässigkeitsstaats des Flugpersonals (Österreich) nicht ein. Die Verteilungsnorm des Art. 15 Abs. 3 DBA Malta weise jenem Staat, in dem der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung des Unternehmens liege, kein ausschließliches Besteuerungsrecht zu. Der Besteuerungsanspruch des Ansässigkeitsstaates des Flugpersonals (Österreich) sei daher weiterhin gegeben.

23 Art. 23 Abs. 1 DBA Malta sehe als „Grundnorm“ zur Vermeidung der Doppelbesteuerung die Anwendung der Befreiungsmethode vor, beziehe sich jedoch explizit nur auf jene Fälle, in denen die Zuteilungsregeln des DBA Malta Österreich (als Ansässigkeitsstaat) das Besteuerungsrecht gänzlich entziehe. Dies sei durch das Wort „nur“ in Art. 23 Abs. 1 DBA Malta zum Ausdruck gebracht.

24 Aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage des DBA Malta, 1045 BlgNR 14. GP 22 zum allgemeinen Teil des Abkommens geht hervor, dass dieses Abkommen in seinem formalen Aufbau im Wesentlichen dem OECD Musterabkommen folgt. An dieser Stelle wird zudem folgendes ausgeführt: „Die Doppelbesteuerung wird durch das Abkommen in Österreich grundsätzlich nach der sogenannten ‚Befreiungsmethode‘ beseitigt, das heißt, daß die einzelnen Besteuerungsobjekte in jeweils einem der beiden Vertragstaaten ausschließlich zugeteilt werden.“ Ausnahmen davon seien nur im Fall von Dividenden, Zinsen und Lizenzen vorgesehen. Zu Art. 15, 18 und 19 des DBA Malta wird in den Erläuterungen angemerkt, dass in diesen Artikeln die Aufteilung der Besteuerungsrechte an Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geregelt werde: „Nach Art. 15 werden private Aktivbezüge (das sind Aktivbezüge, die nicht unter Art. 19 fallen) im allgemeinen in jenem Staat besteuert, in dem die betreffende Tätigkeit ausgeübt wird (Quellenstaat).“ Gesonderte Ausführungen zu Art. 15 Abs. 3 DBA Malta enthalten die Erläuterungen nicht.

25 Zu Art. 23 des DBA Malta wird in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage ausgeführt: „In diesem Artikel werden die Methoden festgelegt, nach denen die Doppelbesteuerung vermieden wird: Beide Staaten wenden im allgemeinen die Befreiungsmethode unter Progressionsvorbehalt an. Danach müssen die beiden Vertragstaaten alle Einkünfte und Vermögensteile, für die nach den vorhergehenden Artikeln dem anderen Vertragstaat das Besteuerungsrecht zugeteilt ist, von ihrer Besteuerung ausnehmen; die geschieht allerdings bei der Einkommensbesteuerung unter dem Vorbehalt, daß die auszuscheidenden Einkünfte für die Berechnung des auf die übrigen Einkünfte entfallenden Steuersatzes angesetzt werden dürfen. Bei den unter Abs. 2 fallenden Einkünften erteilt der Vertrag sowohl dem Wohnsitzstaat als auch dem Quellenstaat Besteuerungsrechte. In Abs. 3 hat sich Österreich auch vertraglich zur Gewährung des steuerlichen ‚Schachtelprivilegs‘ verpflichtet. Für die Höhe der anzurechnenden maltesischen Steuer bei Dividenden, Zinsen und Lizenzen sind die Vorschriften des Absatzes 4 maßgeblich.“

26 Die nach den Erläuterungen intendierte Regelung gleicht somit inhaltlich den Art. 15 und Art. 23A der OECD Musterabkommen 1963 und 1977, an denen sich wie dargestellt das DBA Malta auch orientiert. Zwar trifft es zu, dass Art. 23 OECD Musterabkommen, wie auch die englische Sprachfassung des Art. 23 des DBA Malta eine Entsprechung des in der deutschen Fassung verwendeten Wortes „nur“ nicht enthält. Dass damit eine wie in der Revision vorgebracht erheblich abweichende Regelung zur englischen Sprachfassung und auch zum als Vorbild dienenden OECD Musterabkommen hätte getroffen werden sollen, geht aus den dargestellten Erläuterungen zur Regierungsvorlage gerade nicht hervor.

27 Aus den dargestellten Erläuterungen muss vielmehr abgeleitet werden, dass allgemein und somit auch im Rahmen des Art. 15 Abs. 3 DBA Malta beabsichtigt war, dass die „einzelnen Besteuerungsobjekte in jeweils einem der beiden Vertagstaaten ausschließlich zugeteilt werden“, folglich diese Besteuerungsobjekte im Sinne des Art. 23 Abs. 1 DBA Malta „nach diesem Abkommen nur“ in dem in Art. 15 Abs. 3 DBA Malta angesprochenen Staat (nämlich jenem, in dem sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung befindet) besteuert werden dürfen.

28 Eine Regelung mit dem in der Revision unterstellten Inhalt war wie sich aus den zitierten Erläuterungen ergibt offenkundig nicht beabsichtigt. Dies wird auch dadurch gestützt, dass, wenn Art. 23 Abs. 1 DBA Malta mit dem Zusatz „nur“ lediglich ein „ausschließliches Besteuerungsrecht“ in dem von dem revisionswerbenden Finanzamt unterstellten Sinne hätte ansprechen wollen, dieses ausschließliche Besteuerungsrecht für sich genommen bereits eine Doppelbesteuerung verhindert hätte und Art. 23 Abs. 1 DBA Malta somit weitgehend inhaltslos wäre (vgl. Lang , DBA Malta: Wechsel von der Freistellungs zur Anrechnungsmethode auf Grundlage einer EAS Rechtsauskunft des BMF?, SWI 1/2024, 15).

29 Dem entspricht auch, dass nach dem bereits im OECD Musterkommentar 1963 Punkte 6 und 7 enthaltenen und im Musterkommentar 1977 inhaltlich entsprechenden Ausführungen Punkt 6 bis 8, jeweils zum Art. 23 (siehe dazu auch die deutsche Übersetzung des Musterabkommens 1977 in Lager/Komarek , Das Recht der Doppelbesteuerung, 22. Ergänzungslieferung, 30/96 30/97) bei Einkünften, bei denen einem der Vertragsstaaten ein ausschließliches Besteuerungsrecht zugeteilt wird, die Besteuerung durch den anderen Vertragsstaat ausgeschlossen ist, wodurch die Doppelbesteuerung vermieden wird. Bei anderen Einkünften ist die Zuteilung nicht ausschließlich und gewährt der Ansässigkeitsstaat die Entlastung nach den Artikeln 23A bzw. 23B.

30 Ein Methodenartikel, der sich auf ohnehin exklusive Besteuerungsrechte bezöge, wäre wie sich aus diesen Ausführungen ergibt insoweit überflüssig.

31 Nach dem Gesagten ist davon auszugehen, dass im Revisionsfall, der unstrittig von Art. 15 Abs. 3 DBA Malta erfasst ist, die Befreiungsmethode zur Anwendung gelangt. Abweichendes lässt sich entgegen dem Revisionsvorbringen auch nach Inkrafttreten des MLI aus der Präambel des DBA Malta nicht ableiten. Der erstgenannte Zweck des Abkommens ist die Beseitigung einer Doppelbesteuerung. Einen Grund, aus dem sich die Vertragstaaten im Rahmen eines Doppelbesteuerungsabkommens einer Regelung hätten bedienen sollen, die für bestimmte Einkünfte weder die Anwendung der Befreiungs noch der Anrechnungsmethode vorsieht (diese sohin faktisch vom Doppelbesteuerungsabkommen ausgenommen wären), zeigt auch das Finanzamt nicht auf.

32 Dem Bundesfinanzgericht ist somit nicht entgegenzutreten, wenn es die revisionsgegenständlichen Einkünfte des Mitbeteiligten als gemäß Art. 23 Abs. 1 DBA Malta von der inländischen Besteuerung ausgenommen angesehen hat. Der vom Finanzamt verortete Begründungsmangel die behauptete Außerachtlassung des MLIführte nur dann zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, wenn durch diesen Mangel die Rechtsverfolgung durch die Partei oder die nachprüfende Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts maßgeblich beeinträchtigt wird (vgl. z.B. VwGH 14.12.2023, Ra 2021/13/0118, mwN). Dass dies hier der Fall wäre, ist nicht erkennbar.

33Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 4. September 2025