Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Samm sowie die Hofrätinnen MMag. Ginthör und Dr. Kronegger als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Janitsch, über die Revision des S W in O, vertreten durch die Dax Wutzlhofer und Partner Rechtsanwälte GmbH in 7000 Eisenstadt, Ruster Straße 75/3. OG, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Burgenland vom 23. August 2024, Zl. E F01/08/2024.009/005, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt Umgebung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit Mandatsbescheid der belangten Behörde vom 19. Februar 2024 wurde dem Revisionswerber die Lenkberechtigung für näher genannte Klassen wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für sechs Monate, gerechnet ab dem Tag der vorläufigen Abnahme des Führerscheins am 27. Jänner 2024, entzogen. Unter einem wurden weitere Anordnungen getroffen.
2 Mit Bescheid vom 23. Mai 2024 wies die belangte Behörde die gegen den Mandatsbescheid erhobene Vorstellung des Revisionswerbers unter Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde ab. Die Entziehung der Lenkberechtigung für die im Mandatsbescheid festgelegte Dauer wurde bestätigt. Weiters ergingen Anordnungen betreffend die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme sowie die Absolvierung einer Nachschulung. Die Anträge des Revisionswerbers, den Mandatsbescheid ersatzlos aufzuheben und den Führerschein auszufolgen, wurden abgewiesen.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Burgenland die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde des Revisionswerbers ab. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG erklärte das Verwaltungsgericht für unzulässig.
4 Das Verwaltungsgericht stellte fest, der Revisionswerber sei am 27. Jänner 2024 von einer Polizeistreife in Zivil zu einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle angehalten worden. Da er Symptome einer Alkoholisierung aufgewiesen habe (leichter Alkoholgeruch, unsicherer Gang, veränderte Sprache, weinerliches Benehmen, rote Nase und rote Wangenhaut), sei er zu einem „Alko Vortest“ aufgefordert worden, um den Verdacht einer Beeinträchtigung durch Alkohol zu überprüfen. Der Revisionswerber habe auf keine gesundheitlichen Beschwerden hingewiesen, die der Durchführung des Tests hinderlich gewesen wären.
5 Bei dem „Alko Vortest“ sei kein gültiges Ergebnis zustande gekommen, weil der Revisionswerber entweder vor dem Blasvorgang zu wenig Luft eingeatmet oder weil er das Ventil mit seiner Zunge blockiert habe. Der ordnungsgemäße Testvorgang sei dem Revisionswerber von einem der an der Amtshandlung beteiligten Beamten vorgeführt worden.
6 Daraufhin sei der Revisionswerber aufgefordert worden, seine Atemluft mittels Alkomat auf Alkoholgehalt überprüfen zu lassen. Insgesamt seien elf Messungen mit dem Alkomaten durchgeführt worden. Dabei sei kein gültiges Testergebnis zustande gekommen. Auch bei der Untersuchung mittels Alkomat habe der Revisionswerber auf keine gesundheitlichen Beschwerden hingewiesen, die der Erzielung eines gültigen Ergebnisses entgegengestanden wären.
7 Dem Revisionswerber sei eine Bescheinigung über die vorläufige Abnahme des Führerscheins ausgefolgt worden.
8 Beweiswürdigend führte das Verwaltungsgericht u.a. aus, die beiden in der mündlichen Verhandlung als Zeugen vernommenen Polizisten hätten ausgesagt, dass sie den Eindruck gewonnen hätten, der Revisionswerber habe nicht im Sinn gehabt, einen ordnungsgemäßen Vortest durchzuführen. Die Schilderungen der beiden Zeugen über den Verlauf der Amtshandlung seien authentisch gewesen und hätten betreffend einige Sachverhaltselemente mit den Aussagen des Revisionswerbers „(überstandene Corona-Infektion, ehemaliger Raucher)“ übereingestimmt. Aufgrund des in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Eindrucks sowie der Schriftsätze „im Strafakt“ sei davon auszugehen, dass der Revisionswerber die überstandene „Corona Infektion“ sowie den Umstand, dass er in der Vergangenheit geraucht habe, nicht in klarem und unmissverständlichem Zusammenhang mit der Unmöglichkeit der Absolvierung des „Alko Vortests“ sowie der Untersuchung am Alkomaten erwähnt habe. Vielmehr habe er bei der Amtshandlung angegeben, gesund zu sein, keine Medikamente zu nehmen, Nichtraucher und aktuell nicht gesundheitlich angeschlagen zu sein.
9Das Verwaltungsgericht gelangte zur Auffassung, fallbezogen sei aufgrund der erstmaligen Verwirklichung eines Delikts gemäß § 5 Abs. 2 iVm. 99 Abs. 1 lit. b Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) die Entziehung der Lenkberechtigung für die Dauer von sechs Monaten gemäß § 26 Abs. 2 Z 1 Führerscheingesetz (FSG) zurecht erfolgt.
10 Der Revisionswerber habe bei den einschreitenden Beamten durch seine eigenen Angaben den Eindruck erweckt, gesund sowie Nichtraucher zu sein und keinerlei Medikamente zu nehmen. Die Vorlage des Befundberichtes einer Lungenfachärztin vom 28. Juni 2024 ändere nichts daran, dass der Revisionswerber im Zuge der Amtshandlung auf keine gesundheitliche Beeinträchtigung hingewiesen habe. Ferner sei es befremdlich, dass der Revisionswerber nach einem vor zwei Jahren „(ein Jahr angegeben in der Vorstellung und im Beschwerdeschriftsatz)“ erfolgten „Rauchstopp“ sowie trotz der damit einhergehenden Gewichtszunahme und der behaupteten Allergien, die seinem Vorbringen nach die Lungenfunktion derart beeinträchtigt hätten, dass er nicht einmal in der Lage gewesen sei, den „Alko Vortest“ ordnungsgemäß zu bewerkstelligen, erst im Juni 2024 den Weg zu einem Lungenfacharzt gefunden hätte. Im Übrigen sei anzumerken, dass die (in dem Befundbericht vom 28. Juni 2024 als Therapieempfehlung angeführte) Zuweisung zur Polygraphie auch der Abklärung diene, ob der Revisionswerber unter „Atemaussetzern“ im Schlaf leide. Darüber hinaus habe der Revisionswerber eine allfällige medizinische Problemstellung im Zusammenhang mit Allergien den Beamten gegenüber nicht erwähnt. Zwar habe er den Beamten gegenüber angegeben, eine Corona-Infektion überwunden zu haben. Dass ihn dies aber an der ordnungsgemäßen Durchführung der Testungen gehindert habe, habe er nicht gesagt.
11 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zur Begründung ihrer Zulässigkeit im Wesentlichen unter dem Gesichtspunkt fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. unter dem Aspekt einer Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofesunter näher angeführten Aspekten geltend macht, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, der Revisionswerber habe sich unter den in § 5 StVO 1960 bezeichneten Voraussetzungen geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, und er habe dadurch das in § 26 Abs. 2 Z 1 FSG genannte Delikt (Mindestentziehungszeit sechs Monate) gemäß § 99 Abs. 1 (hier: lit. b) StVO 1960 begangen.
12 Die Revision erweist sich unter dem Gesichtspunkt des Art. 133 Abs. 4 B VG als unzulässig:
13 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
14Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
15Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen (VwGH 27.4.2020, Ra 2019/11/0045, mwN).
16Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof erfolgt ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulässigkeitsbegründung. Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. aus vielen VwGH 22.3.2018, Ra 2018/11/0034, mwN).
17Ausgangspunkt für die Prüfung, ob eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, ist im Sinn des § 41 VwGG, soweit sich die Revision hinsichtlich der Geltendmachung der Voraussetzung des Art. 133 Abs. 4 BVG nicht auf eine Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes oder infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften (§ 42 Abs. 2 Z 2 und 3 VwGG) stützt, der vom Verwaltungsgericht festgestellte Sachverhalt. Entfernt sich der Revisionswerber bei der Darlegung der Zulässigkeit seiner Revision von diesem Sachverhalt, wird schon deshalb keine fallbezogene Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt (vgl. etwa VwGH 18.9.2023, Ra 2023/11/0090 bis 0091, mwN).
18Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat derjenige, der gemäß § 5 Abs. 2 StVO 1960 zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, umgehend (das heißt bei diesem Anlass) auf die Unmöglichkeit der Ablegung einer Atemalkoholuntersuchung mittels Alkomat aus medizinischen Gründen hinzuweisen (sofern dies nicht für Dritte sofort klar erkennbar ist), sodass die Organe der Straßenaufsicht in die Lage versetzt werden, das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 5 Abs. 5 Z 2 StVO 1960 zu prüfen, bejahendenfalls von der Aufforderung zur Untersuchung der Atemluft Abstand zu nehmen und den Aufgeforderten zum Zwecke der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Alkohol zu einem in § 5 Abs. 5 StVO 1960 genannten Arzt zu bringen. Es ist unerheblich, ob der Aufgeforderte tatsächlich aus medizinischen Gründen nicht in der Lage gewesen wäre, der Aufforderung zur Atemluftprobe nachzukommen (vgl. VwGH 14.2.2022, Ra 2020/02/0056, mwN). Der Hinweis des Probanden auf die Unmöglichkeit der Ablegung einer Atemalkoholuntersuchung mittels Alkomat aus medizinischen Gründen muss für das einschreitende Organ klar erkennbar sein (vgl. VwGH 18.1.2023, Ra 2022/02/0231, mwN).
19Es entspricht ferner der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass einem geschulten Organ der Straßenaufsicht grundsätzlich die einwandfreie Beantwortung der Frage, wieso bei der Alkomatuntersuchung kein brauchbares Ergebnis zu Stande gekommen ist, zuzumuten ist (vgl. VwGH 9.5.2018, Ra 2018/02/0064, mwN).
20Ein Organ der Straßenaufsicht darf selbst beurteilen, ob die vorgebrachten Gründe überhaupt tauglich sind, eine Nichtdurchführung der Atemluftalkoholuntersuchung zu erklären. Nur im Fall, dass das Organ der Straßenaufsicht dies bejaht und die Atemluftuntersuchung abschließt, kommt eine Bestrafung nach § 5 Abs. 2 StVO 1960 nicht (mehr) in Betracht. Beurteilt das Organ der Straßenaufsicht die vom Aufgeforderten vorgebrachten Gründe hingegen im aufgezeigten Sinn als nicht tauglich, so ist zu unterscheiden, ob er dazu tatsächlich aus medizinischen Gründen außer Stande war. Trifft das zu, ist eine Bestrafung nach § 5 Abs. 2 StVO 1960 ebenso wenig rechtens. Wird aber die Beurteilung des Organs der Straßenaufsicht bestätigt, darf die Behörde zu Recht von einer Verweigerung der Atemluftalkoholuntersuchung ausgehen (vgl. zu alldem VwGH 2.7.2024, Ra 2024/02/0101, mwN).
21 Gegenständlich wird mit dem Vorbringen, der Revisionswerber sei aufgrund einer „Frühblüherallergie“, die u.a. mit einem allergischen Schnupfen, einem Anschwellen der Nasenschleimhaut sowie erschwerter Atmung einhergehe (vgl. die Sachverhaltsdarstellungen der Revision), sowie einer ihm am Tag des gegenständlichen Vorfalls am 27. Jänner 2024 nicht bekannten, zu diesem Zeitpunkt aber außergewöhnlich hohen Pollenbelastung an der ordnungsgemäßen Ausführung der Untersuchung seiner Atemluft auf Alkoholgehalt gehindert gewesen, wobei ihm am 28. Juni 2024 zusätzlich eine hochgradig restriktive Ventilationsstörung ärztlich attestiert worden sei, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht dargelegt.
22 Aus den insofern in der Zulässigkeitsbegründung nicht substantiiert bekämpften Feststellungen des Verwaltungsgerichts ergibt sich nämlich nicht, dass der Revisionswerber wie in der Zulässigkeitsbegründung behauptet am 27. Jänner 2024 aufgrund einer akuten Allergie bzw. einer restriktiven Ventilationsstörung nicht in der Lage gewesen wäre, ein gültiges Testergebnis zustande zu bringen.
23Vor diesem Hintergrund ist der Revisionsfall mit den den Erkenntnissen VwGH 27.5.2011, 2010/02/0191, sowie VwGH 28.1.2016, Ra 2015/11/0087, zugrundeliegenden Ausgangsverfahren nicht vergleichbar, weshalb die behauptete Abweichung von den soeben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes nicht vorliegt.
24 In Anbetracht dessen, dass der Revisionswerber wie vom Verwaltungsgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung festgehalten und in der Zulässigkeitsbegründung nicht einmal konkret in Abrede gestelltden Beamten gegenüber bei Durchführung der Untersuchungen angegeben habe, gesund bzw. zum Zeitpunkt der Amtshandlung nicht gesundheitlich angeschlagen zu sein, zeigt die Revision zudem nicht auf, dass die verwaltungsgerichtliche Beweiswürdigung, insbesondere hinsichtlich der Feststellung, der Revisionswerber habe anlässlich der Amtshandlung auf keine gesundheitlichen Probleme hingewiesen, die einer Untersuchung seiner Atemluft auf Alkoholgehalt entgegenstehen könnten, unvertretbar bzw. unschlüssig wäre (zum diesbezüglichen Prüfmaßstab des Verwaltungsgerichtshofes vgl. etwa VwGH 27.10.2020, Ra 2019/11/0022, mwN).
25 Infolgedessen ist auch nicht ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wäre oder dass es zwecks Lösung des Revisionsfalls weiterer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bedürfte.
26 Da die Revision somit keine Rechtsfragen im Sinn von Art. 133 Abs. 4 BVG aufwirft, war sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 27. November 2024