Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr. in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Mag. Stickler und Mag. Tolar als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Sasshofer, über die Revision des N M in S, vertreten durch die Kinberger Schuberth Fischer Rechtsanwälte GmbH in 5700 Zell am See, Salzachtal Bundesstraße 13, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 16. April 2024, 405 7/1301/1/32 2024, betreffend Bestrafung nach dem ASVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Landeshauptstadt Salzburg), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg vom 30. August 2023 wurde der Revisionswerber wegen Verwaltungsübertretungen nach § 111 Abs. 1 Z 1 iVm. § 33 Abs. 1 ASVG mit sechs Geldstrafen in der Höhe von jeweils € 730, (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils vier Tage) bestraft, weil er es als Dienstgeber „zu verantworten“ habe, dass sechs in der Krankenversicherung pflichtversicherte Personen ab näher genannten Zeitpunkten in seinem Unternehmen einem Restaurantbetrieb beschäftigt worden seien, ohne sie vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger zur Pflichtversicherung anzumelden, sowie einer dieser Dienstnehmer auch nicht binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung beim Krankenversicherungsträger abgemeldet worden sei.
2 Die dagegen vom Revisionswerber erhobene Beschwerde wies das Landesverwaltungsgericht Salzburg mit dem angefochtenen Erkenntnis nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit einer im Revisionsverfahren nicht relevanten Maßgabe als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
3 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
4Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
5Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
6 Zur Zulässigkeit seiner außerordentlichen Revision bringt der Revisionswerber zunächst vor, die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts sei unvertretbar. Trotz gegenteiliger Beweisergebnisse habe das Verwaltungsgericht hinsichtlich des AA eine der sechs im Straferkenntnis genannten Personen zu Unrecht angenommen, dass er im Unternehmen des Revisionswerbers einer Tätigkeit als Küchenhilfe nachgegangen wäre. Tatsächlich habe AA lediglich die Arbeitsabläufe beobachtet, aber beabsichtigt, erst nach Erlangung einer Beschäftigungsbewilligung im Unternehmen tätig zu werden. Der vorliegende mit AA abgeschlossene schriftliche Arbeitsvertrag habe lediglich für die Zukunft gegolten und keine Wirksamkeit erlangt.
7 Die Beweiswürdigung ist einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz nur insofern zugänglich, als es um die ordnungsgemäße Ermittlung der Beweisergebnisse und die Kontrolle der Schlüssigkeit der angestellten Erwägungen geht. Eine im Einzelfall vorgenommene, nicht als grob fehlerhaft erkennbare Beweiswürdigung so etwa, wenn die Beurteilung des Verwaltungsgerichts in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre wirft im Allgemeinen keine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG auf. Der an sich nur zur Rechtskontrolle berufeneVerwaltungsgerichtshof ist im Übrigen auch nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts auf ihre Richtigkeit hin zu beurteilen, das heißt, sie mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Ablauf der Ereignisse bzw. ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. etwa VwGH 18.8.2022, Ra 2021/08/0060; mwN).
8 Das Verwaltungsgericht hat im Zuge seiner Beweiswürdigung nachvollziehbar dargelegt, weshalb es davon ausgegangen ist, dass AA im Betrieb des Revisionswerbers als Küchenhilfe tätig war. Es konnte sich insoweit neben dem vorliegenden auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen „Arbeiter Dienstvertrag“ auf die Aussagen des AA im Zuge seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und eine Lohn und Gehaltsabrechnung für den gegenständlichen Zeitraum stützen. Vor diesem Hintergrund vermag die Revision keine Unvertretbarkeit der Ausführungen des Verwaltungsgerichts aufzuzeigen, soweit dieses die Angaben des Revisionswerbers als unglaubwürdig erachtete, wonach AA sich lediglich „mehrere Tage“ im Lokal aufgehalten habe, um die Arbeitsabläufe zu beobachten.
9 Der Revisionswerber macht im Weiteren geltend, dass ihn kein Verschulden an der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung treffe, weil er hinsichtlich der Anmeldung neuer Mitarbeiter eine Buchhalterin beauftragt habe und ihm keinesfalls vorgeworfen werden könne, dass er kein „ausreichendes Organisationssystem installiert“ hätte.
10 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs obliegt es einem Dienstgeber, ein wirksames Kontrollsystem einzurichten, wenn er die selbstverantwortliche Besorgung einzelner Angelegenheiten wie die An und Abmeldung von Dienstnehmern anderen Personen etwa Angestellten oder einem Steuerberaterüberlässt. Dabei hat er im Fall eines Verstoßes gegen die Verwaltungsvorschriften dieses System, das eine wirksame begleitende Kontrolle sicherstellen muss, im Einzelnen darzutun. Legt er ein derartiges (hinreichendes) Kontrollsystem nicht dar, so ist von einer schuldhaften Pflichtverletzung auszugehen (vgl. etwa VwGH 15.7.2022, Ra 2022/08/0085, mwN). Dem Revisionswerber war die Tätigkeit der Mitarbeiter in seinem Unternehmen unstrittig bekannt. Die Beurteilung des Verwaltungsgerichts, das Vorbringen desRevisionswerbers, er habe die Aufgabe, die Dienstnehmer zur Sozialversicherung anzumelden, an eine Buchhalterin delegiert und auf die Erfüllung dieser Erledigungen vertraut, sei nicht ausreichend, um ein wirksames Kontrollsystem im dargestellten Sinn darzutun, entspricht der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. idS etwa VwGH 27.4.2011, 2010/08/0172).
11Der Revisionswerber macht unter dem Gesichtspunkt einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung schließlich geltend, es hätte nach § 45 Abs. 1 Z 4 VStG mit einer Einstellung vorgegangen werden müssen. Mit diesem Vorbringen wirft der Revisionswerber jedoch keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, sondern nur die Einzelfallgerechtigkeit berührende Wertungsfragen auf. Der Frage, ob die besonderen Umstände des Einzelfalles eine Einstellung nach § 45 Abs. 1 Z 4 VStG gerechtfertigt hätten, kommt in der Regel keine grundsätzliche Bedeutung zu (vgl. VwGH 12.1.2018, Ra 2017/08/0043, mwN). Dass das Verwaltungsgericht von den zur Anwendung dieser Bestimmungen in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entwickelten Leitlinien (vgl. dazu etwa VwGH 29.8.2022, Ra 2022/02/0128) abgewichen wäre, vermag die Revision nicht darzustellen.
12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher, soweit sie sich gegen die Bestrafung nach dem ASVG richtet, gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 24. Oktober 2024