JudikaturVwGH

Ra 2025/08/0061 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
15. Juli 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer und die Hofräte Mag. Stickler und Mag. Tolar als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Sasshofer, über die Revision 1. des B M und 2. der L Gesellschaft mbH, beide in W und vertreten durch die Jirovec Partner RechtsanwaltsgesmbH in 1010 Wien, Bauernmarkt 24, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 4. April 2025, 1. VGW 042/106/15042/2024 29 und 2. VGW042/V/106/15455/2024, betreffend Bestrafung nach dem BUAG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1Mit dem angefochtenen Erkenntnis sprach das Verwaltungsgericht Wien nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung an zwei Terminen in Bestätigung eines Straferkenntnisses des Magistrats der Stadt Wien mit der Maßgabe im Einzelnen genannter Änderungen der „Tatanlastung“ aus, der Erstrevisionswerber habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der zweitrevisionswerbenden Partei und somit als gemäß § 9 Abs. 1 VStG zu ihrer Vertretung nach außen Berufener zu verantworten, dass die zweitrevisionswerbende Partei in einem näher bezeichneten Zeitraum der Bauarbeiter Urlaubsund Abfertigungskasse (BUAK) trotz deren Verlangens bei Kontaktaufnahmen an im Einzelnen genannten Tagen keine Einsicht in die für die Berechnung der Zuschlagsleistung maßgebenden Lohnaufzeichnungen (Dienstnehmerjahreslohnkonten, Dienstzettel/Arbeitsverträge, Arbeitsaufzeichnungen der Arbeitnehmer, Ausgangsrechnungen, Auftragsschreiben des Betriebes, Auszahlungsbestätigungen der Löhne [Kontoauszüge], Gewerbeschein) für fünf namentlich genannte Arbeitnehmer gewährt habe und damit als Arbeitgeberin den ihr obliegenden Verpflichtungen zur Gewährung der Einsicht in die Lohnaufzeichnungen und sonstigen Unterlagen gegenüber der BUAK nicht nachgekommen sei. Wegen dieser fünf Verwaltungsübertretungen im Sinne des § 23 Abs. 1 iVm § 32 Abs. 2 Z 1 BUAG wurden über den Erstrevisionswerber Geldstrafen in der Höhe von jeweils € 1.200,(Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 1 Tag 4 Stunden) verhängt. Außerdem wurde der Erstrevisionswerber zur Zahlung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens bzw. des Beschwerdeverfahrens verpflichtet sowie ausgesprochen, dass die zweitrevisionswerbende Partei für die Geldstrafen sowie für die Kosten des Strafverfahrens und des Beschwerdeverfahrens hafte. Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht gemäß § 25a VwGG für nicht zulässig.

2 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

3Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

4Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

5 Die vorliegende außerordentliche Revision macht zu ihrer Zulässigkeit unter dem Gesichtspunkt einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zunächst geltend, die Sachverhaltsannahme des Verwaltungsgerichts, die fünf namentlich genannten Arbeitnehmer der zweitrevisionswerbenden Partei hätten jeweils zu mehr als 50 % Abbruchund Maurerarbeiten und nur in einem geringeren Umfang Malerarbeiten durchgeführt (was das Verwaltungsgericht rechtlich im Ergebnis unzutreffend dahingehend gewürdigt habe, dass alle fünf Arbeitnehmer dem BUAG unterlägen, weil sie in einem Mischbetrieb ohne organisatorische Trennung im Sinne des § 3 Abs. 3 BUAG überwiegend Tätigkeiten verrichtet hätten, die ihrer Art nach in den Tätigkeitsbereich von „Maurermeisterbetrieben“ iSd § 2 Abs. 1 lit. a BUAG fielen), sei unrichtig; das Ermittlungsverfahren in diesem Zusammenhang sei aus im Einzelnen genannten Gründen (etwa, weil einer der Arbeitnehmer nicht als Zeuge einvernommen worden sei) mit Mängeln behaftet.

6Dem ist zu entgegnen, dass die dem Erstrevisionswerber zur Last gelegte Übertretung des § 23 Abs. 1 BUAG (Nichtgewährung der Einsicht in die im Einzelnen genannten Lohnaufzeichnungen trotz entsprechenden Verlangens der BUAK) nicht voraussetzt, dass bereits feststeht, dass die betroffenen Arbeitnehmer (etwa im Sinne des § 3 Abs. 3 BUAG) dem BUAG unterliegen. In diesem Sinn umfasst das Einsichtsrecht der BUAK nach § 23 Abs. 1 BUAG dem klaren Wortlaut des Abs. 2 leg. cit. zufolge „auch die Einsicht in Geschäftsunterlagen, um festzustellen, ob es sich bei den ausgeübten Tätigkeiten um Tätigkeiten gemäß § 2 oder um Tätigkeiten von Mischbetrieben gemäß § 3 handelt“ (vgl. auch die ErlRV 1221 BlgNR 24. GP, 6, die zur Neuformulierung des § 23 Abs. 2 BUAG mit der BUAGNovelle BGBl. I Nr. 51/2011 festhalten, es solle „klargestellt werden, dass die BUAK zum Zweck der Feststellung, ob ein Unternehmen überhaupt dem BUAG unterliegt oder ob es sich dabei um einen Mischbetrieb nach § 3 handelt, auch in Geschäftsunterlagen Einsicht nehmen kann. Dabei kann es sich z.B. um Aufträge oder Rechnungen handeln, aus denen die Tätigkeit eines Unternehmens bzw. im Fall des Mischbetriebsder Umfang der BUAGTätigkeiten im Verhältnis zu Tätigkeiten außerhalb des Anwendungsbereichs des BUAG ersehen werden kann.“). Auch in § 23 Abs. 2 Satz 2 BUAG wird ausdrücklich an die Relevanz für die Feststellung der Zuschlagspflicht angeknüpft. Darauf, ob die Sachverhaltsannahmen des Verwaltungsgerichts hinsichtlich der Tätigkeiten der Arbeitnehmer zutreffen, kam es für die dem Erstrevisionswerber vorgeworfene Übertretung des § 23 Abs. 1 BUAG also gar nicht an.

7 Der Sachverhaltsannahme, dass im Sinne der „Tatanlastung“ im Spruch des angefochtenen Erkenntnisses der BUAK von Seiten der zweitrevisionswerbenden Partei nicht alle verlangten, im Einzelnen angeführten Geschäftsunterlagen betreffend die Tätigkeiten der fünf namentlich genannten Arbeitnehmer vorgelegt wurden, tritt die Revision nicht konkret unter Darlegung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung entgegen. In diesem Zusammenhang bringt die Revision in der Zulässigkeitsbegründung lediglich vor, der Erstrevisionswerber, der schlecht Deutsch spreche, habe die Steuerberatung H GmbH beauftragt, alle erforderlichen Unterlagen an die BUAK weiterzugeben. Dazu sei die Einvernahme des E M (des „informierten Vertreters der Steuerberatungskanzlei“) beantragt worden, der angeben hätte können, welche Maßnahmen in Angelegenheiten der Anfrage durch die BUAK vorgenommen wurden. Dem Erstrevisionswerber könne vor diesem Hintergrund keinerlei Verschulden an einer Verwaltungsübertretung wegen nicht ausreichender Vorlage von Unterlagen angelastet werden.

8Dem ist zu entgegnen, dass es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, auf die sich auch bereits das Verwaltungsgericht bezogen hat (vgl. etwa VwGH 12.10.2017, Ra 2015/08/0082, mwN), dem Geschäftsführer einer GmbH der zu ihrer Vertretung nach außen berufen ist und für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften Sorge zu tragen hatobliegt, ein wirksames Kontrollsystem einzurichten, wenn er die selbstverantwortliche Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen, etwa einem Steuerberater, überlässt. Dabei hat er im Fall eines Verstoßes gegen die Verwaltungsvorschriften dieses System, das eine wirksame begleitende Kontrolle sicherstellen muss, im Einzelnen darzutun. Legt er ein derartiges (hinreichendes) Kontrollsystem nicht dar, so ist von einer schuldhaften Pflichtverletzung auszugehen. Das Vorbringen, der Erstrevisionswerber hätte die Aufgabe der Weitergabe von Unterlagen an die BUAK an ein Steuerberatungsunternehmen delegiert, sowie der Antrag auf Einvernahme eines „informierten Vertreters der Steuerberatungskanzlei“ sind für die Darlegung eines wirksamen Kontrollsystems durch den Erstrevisionswerber somit nicht ausreichend (vgl. idS etwa auch VwGH 24.10.2024, Ra 2024/08/0062, mwN).

9 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

10Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 15. Juli 2025