Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kleiser sowie die Hofrätinnen Mag. Rehak und Mag. Bayer als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache der S P in H, vertreten durch Dr. Carolin Schmid Gasser, LL.M, Rechtsanwältin in 6850 Dornbirn, Zollgasse 4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg vom 30. Juli 2024, LVwG 318 12/2022 R18, betreffend Versagung der Baubewilligung und Erteilung eines baubehördlichen Auftrages (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Stadt Hohenems; weitere Partei: Vorarlberger Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
3Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 20. September 2021 wurde der Revisionswerberin gemäß § 28 Abs. 3 Baugesetz (BauG) die beantragte Baubewilligung für näher bezeichnete bauliche Maßnahmen versagt (Spruchpunkt I.) und ihr gemäß § 40 Abs. 2 BauG der baubehördliche Auftrag zur Entfernung näher genannter, nicht genehmigter baulicher Maßnahmen bis 31. Dezember 2022 erteilt (Spruchpunkt II.).
5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg (Verwaltungsgericht) wurde aufgrund der Beschwerde der Revisionswerberin der angefochtene Bescheid dahin abgeändert, dass ihr Antrag auf Erteilung der Baubewilligung für näher genannte bauliche Maßnahmen wegen entschiedener Sache zurückgewiesen werde (Spruchpunkt I.); darüber hinaus wurde ihrer Beschwerde keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid mit einer sich auf eine zitierte Rechtsvorschrift beziehenden Maßgabe unter Neufestsetzung der Erfüllungsfrist mit 31. Oktober 2025 bestätigt (Spruchpunkt II.). Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B VG unzulässig sei.
6 Begründend führte das Verwaltungsgericht soweit für das Revisionsverfahren wesentlich aus, dass die gegenständlichen Grundstücke der Revisionswerberin im maßgeblichen Flächenwidmungsplan zur Gänze als Freifläche Freihaltegebiet ausgewiesen seien. Der verfahrensgegenständliche Betrieb werde von der Revisionswerberin im Nebenerwerb bewirtschaftet. Am Betrieb würden zehn Einhufer, aktuell neun Pferde (davon vier Einstellpferde, drei eigene Zuchtstuten der Rasse Isländer und zwei Shetlandponys als „Hobbypferde“) und eine Mutterkuh sowie 50 Stück Geflügel gehalten und 6,26 Hektar Dauergrünland bewirtschaftet.
7 Die im Revisionsfall im Sinn des § 58 Abs. 1 RPG zu prüfende rechtmäßig ausgeübte Nutzung sei die bodenabhängige landwirtschaftliche Nutzung. Hierzu habe der landwirtschaftliche Amtssachverständige schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt, dass grundsätzlich eine bodenabhängige landwirtschaftliche Nutzung vorliege, da die vorliegenden Tätigkeiten der unmittelbaren Bodenbewirtschaftung zur Gewinnung von pflanzlichen Erzeugnissen (Gras, Silage, Heu), der Zucht von Nutztieren (Zucht von Islandpferden, Verkauf von Rindern) oder zur Gewinnung der Erzeugnisse von Nutztieren (Eier, etc.) dienten. Hinsichtlich der erzielten Einkünfte ergebe sich eine prozentuelle Aufteilung von Landwirtschaftseinkommen zu Pensionspferdeeinkommen von 42% zu 58%. Würden diese Prozentsätze auf die variablen Kosten und Fixkosten umgelegt, ergebe dies ein negatives landwirtschaftliches Einkommen von 1.204 Euro. Die bodenabhängigen landwirtschaftlichen Tätigkeiten gingen somit aufgrund des errechneten landwirtschaftlichen Einkommens nicht über eine Hobbytätigkeit hinaus.
8Die Einstellung von fremden Pferden stelle hingegen vor dem Hintergrund des Wortlautes des § 18 Abs. 3 RPG und den dazu ergangenen Erläuterungen keine landwirtschaftliche Nutzung dar. § 18 Abs. 3 RPG lasse aber auch Gebäude und Anlagen bei Vorliegen der Notwendigkeit für Nebengewerbe der Land und Forstwirtschaft in Landwirtschaftsgebieten zu, weshalb im Revisionsfall zu prüfen sei, ob das Einstellen von vier Pferden ein Nebengewerbe der Landund Forstwirtschaft darstelle. Aufgrund der getroffenen Feststellungen könne nicht von der dafür erforderlichen Unterordnung der Pensionspferdeeinstellung im Vergleich zur Landwirtschaft ausgegangen werden, zumal die Parameter des Umsatzes, des Deckungsbeitrages und des Gewinns zeigten, dass bei den Einkünften die Pensionspferdehaltung die Landwirtschaft geringfügig übersteige. Es liege sohin auch kein Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft im Sinn des § 18 Abs. 3 RPG vor.
9 Auch die Tätigkeit der Reitpädagogik stelle keine landund forstwirtschaftliche Nutzung im Sinn des § 18 Abs. 3 RPG dar, zumal diese Tätigkeit nicht von der Urproduktion im Sinn der Zucht von Nutztieren erfasst werde. Selbst wenn man annehmen würde, dass es sich bei der Reitpädagogik an Zuchtpferden um ein Nebengewerbe handelte, sei daraus für die Revisionswerberin nichts gewonnen, weil bei der Prüfung der wirtschaftlichen Unterordnung eines Nebengewerbes auf das wirtschaftliche Gesamtbild aller Tätigkeiten abzustellen sei und die aus der reitpädagogischen Tätigkeit erzielten Einnahmen wiederum diesem Nebengewerbe zuzurechnen wären.
10 Das Ermittlungsverfahren habe folglich ergeben, dass die bewilligungspflichtigen Umbauten beim bestehenden Stallgebäude nicht den raumplanungsrechtlichen Vorschriften entsprächen, da mangels bodenabhängiger landwirtschaftlicher Nutzung keine Weiterführung der rechtmäßig ausgeübten Nutzung gemäß § 58 Abs. 1 RPG erfolge und die Bestandsregelung somit nicht zur Anwendung kommen könne. Die betroffenen, als Freifläche Freihaltegebiet ausgewiesenen Grundstücke seien gemäß § 18 Abs. 5 RPG von Bebauung freizuhalten.
11 Auch die vom Baubewilligungsantrag erfassten eigenständigen Bauwerke würden den raumplanungsrechtlichen Vorschriften widersprechen, da der der jeweils betroffene Grundstücksteil als Freifläche Freihaltegebiet gemäß § 18 Abs. 5 RPG gewidmet und folglich von Bebauung freizuhalten sei. Gleiches gelte für den Reitplatz und die Sandplätze, welche (zumindest) als anzeigepflichtige Bauwerke zu werten seien.
12 Zum Vorbringen der Revisionswerberin betreffend ein Rückwirkungsverbot für alle gegenständlichen Bauwerke, weil diese vor der im Jahr 2007 erfolgten Umwidmung errichtet worden seien, verwies das Verwaltungsgericht auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Behörde und das Verwaltungsgericht von der Sach und Rechtslage im Zeitpunkt ihrer Entscheidung auszugehen hätten und die gegenständlichen Grundstücke zu diesem Zeitpunkt im Flächenwidmungsplan der Stadt H. als Freifläche Freihaltegebiet ausgewiesen gewesen seien.
13 Zur behaupteten Gesetzwidrigkeit der Umwidmung der gegenständlichen Grundstücke von Freifläche Landwirtschaft in Freifläche Freihaltegebiet im Jahr 2007 führte das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf § 21 Abs. 4 RPG aus, dass der Rechtsvorgänger der Revisionswerberin entgegen ihrem Vorbringen nicht gesondert in Kenntnis zu setzen gewesen sei.
Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
14Im Hinblick auf die Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision ist zunächst festzuhalten, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorzubringenden Gründen konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen ist, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat (vgl. etwa VwGH 21.12.2023, Ra 2023/06/0220, mwN).
15Demnach führt auch das bloße Fehlen einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht automatisch zur Zulässigkeit einer Revision. Die Begründung der Zulässigkeit der Revision erfordert insoweit etwa die Darlegung, konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof noch nicht beantwortet hat (vgl. dazu etwa VwGH 18.4.2023, Ra 2023/06/0042, mwN).
16 Diesen Anforderungen wird die Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision, in welcher im Wesentlichen Revisionsgründe vorgebracht werden und abschließend ein Fehlen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dazu behauptet wird, nicht gerecht. Soweit auf das Fehlen von Rechtsprechung zum konkreten Betrieb der Revisionswerberin hingewiesen wird, wird nicht ausgeführt, welche nicht bloß auf eine einzelfallbezogene Beurteilung gerichtete Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang zu beantworten hätte. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht entgegen der Behauptung der Revisionswerberin die Pferdezucht der Urproduktion zugeordnet und die von der Revisionswerberin ausgeübte Reitpädagogik in seine Beurteilung einbezogen. Auch aus dem Vorbringen, wonach Rechtsprechung zur Rechtsfrage fehle, ob und wie Pferdezuchtbetriebe mit wenigen einstellbaren Rentnerpferden zu qualifizieren seien, ergibt sich nicht, welche konkrete Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vom Verwaltungsgerichtshof insoweit beantwortet werden soll. Wenn die Revisionswerberin geltend macht, es fehle an Rechtsprechung zur Frage, ob ein Rückwirkungsverbot im Zusammenhang mit einer Umwidmung ohne eine entsprechende Verständigung des Grundeigentümers rechtskonform sei, setzt sie sich schon nicht mit den Ausführungen im angefochtenen Erkenntnis, wonach der Rechtsvorgänger der Revisionswerberin nach den maßgeblichen raumordnungsrechtlichen Bestimmungen nicht zu verständigen gewesen sei, auseinander. Soweit damit die Rechtmäßigkeit des im Revisionsfall maßgeblichen Flächenwidmungsplanes in Frage gestellt wird, ist auszuführen, dass der Verwaltungsgerichtshof zwar dann, wenn ihm bei Behandlung einer Revision Bedenken bezüglich der Rechtmäßigkeit genereller Rechtsnormen erwachsen, einen Normprüfungsantrag an den Verfassungsgerichtshof stellen kann (vgl. Art. 139 Abs. 1 Z 1 und Art. 140 Abs. 1 Z 1 lit. a B VG). Die Zulässigkeit einer Revision im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG kann mit einer solchen Frage aber nicht begründet werden, weil sie selbst als Rechtsfrage eben nicht vom Verwaltungsgerichtshof in der Sache „zu lösen“ ist. Im Hinblick auf die Möglichkeit der revisionswerbenden Partei, gemäß Art. 144 BVG den Verfassungsgerichtshof direkt mit dieser Rechtsfrage zu befassen, bedeutet dies im Übrigen auch keine Beschneidung in ihren Rechten. (vgl. etwa VwGH 14.4.2023, Ra 2023/06/0045, mwN).
17 Im Zulässigkeitsvorbringen der vorliegenden Revision wird somit keine Rechtsfrage dargetan, der grundsätzliche Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG zukäme.
Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 25. November 2024