Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer sowie die Hofrätinnen Mag. Rehak und Mag. Bayer als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache der A GmbH in B, vertreten durch Dr. Stefan Lampert, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Tuchlauben 7a, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg vom 26. Jänner 2023, LVwG 318 38/2022 R9, betreffend Versagung der Baubewilligung und Erteilung eines baupolizeilichen Auftrages (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Bludenz), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 12. April 2022 wurde gemäß § 28 Abs. 3 Baugesetz (BauG) der revisionswerbenden Partei die Baubewilligung für die Vornahme von Planabweichungen und die geänderte Verwendung gegenüber dem näher bezeichneten Baubewilligungsbescheid vom 28. Dezember 2018 versagt (Spruchpunkt I.) und gemäß § 40 Abs. 1 lit. b BauG zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes verfügt, dass die Nutzung des konsenslos geänderten Gebäudes unverzüglich zu unterlassen sei (Spruchpunkt II.)
5 Dieser Bescheid wurde mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg (im Folgenden: Verwaltungsgericht) aufgrund der Beschwerde der revisionswerbenden Partei insofern abgeändert, als gemäß § 28 Abs. 3 BauG die von der revisionswerbenden Partei nachträglich beantragte Baubewilligung für die Durchführung von Planabweichungen bei dem auf einem näher bezeichneten Grundstück befindlichen Gebäude versagt werde (Spruchpunkt I.) und gemäß § 40 Abs. 1 lit. b BauG der revisionswerbenden Partei als Bauherrin die Herstellung des rechtmäßigen Zustandes insoweit aufgetragen werde, als die wesentliche Änderung des Verwendungszweckes des betreffenden Gebäudes „(dh jedenfalls die (Eigen-)nutzung der Appartements (als Hauptwohnsitz oder als Ferienwohnung)“ durch die Miteigentümer bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen Bewilligung zu unterlassen sei (Spruchpunkt II.). Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei.
6 In seiner Begründung stellte das Verwaltungsgericht - soweit für den Revisionsfall relevant - zunächst fest, dass die revisionswerbende Partei mit der am 24. Februar 2021 bei der belangten Behörde eingelangten Eingabe näher bezeichnete Planabweichungen bekannt gegeben habe. Mit Eingabe der revisionswerbenden Partei vom 19. Oktober 2022 sei eine Antragsmodifikation in Form einer Reduktion der ursprünglich vorgesehenen 32 gewerblichen Betten auf nunmehr 26 gewerbliche Betten erfolgt und darauf hingewiesen worden, dass die derzeitigen Betreiberverträge durch neue Betreiberverträge ersetzt worden seien.
7 In seiner rechtlichen Beurteilung hielt das Verwaltungsgericht fest, dass das äußere Erscheinungsbild des bestehenden Bestandes insbesondere durch näher beschriebene, vom Bewilligungsantrag erfasste Baumaßnahmen wesentlich geändert werde, weshalb eine Bewilligungspflicht nach § 18 Abs. 1 lit. a BauG gegeben sei. Darüber hinaus sei im Revisionsfall auch von einer wesentlichen Änderung der Verwendung eines Gebäudes im Sinn des § 18 Abs. 1 lit. b BauG auszugehen, die ebenso nach dem BauG bewilligungspflichtig sei. In diesem Zusammenhang führte das Verwaltungsgericht mit näherer Begründung aus, dass im Revisionsfall eine gewerbliche Beherbergung nur nach außen vorgeschoben werde und den Miteigentümern der Appartements zum Teil Verfügungsrechte eingeräumt worden seien bzw. zustünden, die über den üblichen gastgewerblichen Beherbergungsvertrag hinausgingen, weshalb die Annahme einer gewerblichen Beherbergung ausgeschlossen sei und es sich um eine Nutzung als Ferienwohnung im Sinn des § 16 Abs. 2 erster Satz Raumplanungsgesetz (RPG) handle, welche ohne entsprechende Ferienwohnungswidmung (oder Ausnahmebewilligung) wie dies hier der Fall sei nicht zulässig sei. Da allerdings die Erteilung einer Baubewilligung für die geänderte Verwendung nicht explizit bei der Behörde beantragt worden sei, sei Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides entsprechend einzuschränken bzw. neu zu formulieren gewesen.
8 Die beantragten Planabweichungen für die Vornahme bestimmter Umbauten seien aufgrund der am 15. September 2021 erlassenen Bausperre der Gemeindevertretung der Gemeinde L. (im Folgenden: Bausperren-Verordnung) nicht bewilligungsfähig. Das gegenständliche Baugrundstück sei als „Baufläche“ gewidmet und befinde sich in jenem Gebiet, für das kein Bebauungsplan mit einer Festlegung über die Art der baulichen Nutzung bestehe (Hinweis auf § 2 Bausperren-Verordnung). Ausschlaggebend dafür, welche Objekte in diesem Gebiet von der Bausperre betroffen seien, sei, ob Wohnungseigentumsmodelle und Formen einer gewerblichen Beherbergung in Gebäuden mit mehr als einer selbständigen Wohneinheit errichtet würden, was auf den Revisionsfall zutreffe (wird unter Bezugnahme auf § 3 Abs. 2 Bausperren-Verordnung näher ausgeführt). Da durch die Bewilligung der nachträglich beantragten Planabweichungen der Zweck der Bausperre beeinträchtigt werden würde, lägen die für die Erteilung einer Baubewilligung trotz Bausperre erforderlichen Voraussetzungen des § 37 Abs. 2 RPG nicht vor. Zudem sei im Hinblick auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch eine erst während eines anhängigen Baubewilligungsverfahrens verhängte Bausperre bei Erlassung des Bescheides über die beantragte Baubewilligung zu beachten (Hinweis auf VwGH 10.12.2013, 2010/05/0138). Schließlich legte das Verwaltungsgericht mit eingehender Begründung dar, weshalb der Anregung der revisionswerbenden Partei, das Verwaltungsgericht möge beim Verfassungsgerichtshof die Aufhebung der Bausperren-Verordnung wegen Gesetzwidrigkeit beantragen, nicht entsprochen werde.
9 In der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision bringt die revisionswerbende Partei vor, das Verwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, indem es wie sich aus Spruch und Begründung eindeutig ergebe ausschließlich über den ursprünglichen Antrag entschieden habe und auf die seitens der revisionswerbenden Partei vorgenommene Änderung ihres Antrages mit keinem Wort eingegangen sei (Hinweis auf VwGH 26.5.2021, Ra 2019/04/0071 und VwGH 9.5.2022, Fr 2022/03/0004).
10 Zudem vertrete die revisionswerbende Partei die Auffassung, dass die von der Gemeinde verordnete Bausperre auf den Revisionsfall nicht anzuwenden sei, weil sie erst nach dem Antrag auf nachträgliche Bewilligung in Kraft getreten sei, und die Bausperre nicht zur Versagung der Baubewilligung herangezogen werden könne, weil sie zum einen zu unbestimmt sei und zum anderen die beantragten Änderungen nicht im Widerspruch zu Bausperre stünden. Zu alldem fehle es an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage dargetan, der grundsätzliche Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG zukäme:
11 So trifft die von der revisionswerbenden Partei vertretene Ansicht, das Verwaltungsgericht habe (nur) über den ursprünglichen Antrag abgesprochen und die von ihr vorgenommene Antragsänderung außer Acht gelassen, nicht zu, zumal in den Sachverhaltsfeststellungen ausdrücklich die mit Eingabe vom 19. Oktober 2022 erfolgte Modifikation des Antrages dargestellt wird; angesichts der seitens des Verwaltungsgerichtes vorgenommenen Beurteilung der Bewilligungspflicht und der mangelnden Bewilligungsfähigkeit der beantragten Maßnahmen kam der mit der Antragsmodifikation erfolgten Reduktion der Bettenanzahl jedoch keine entscheidende Bedeutung zu, sodass ein gesondertes Eingehen darauf in der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses entbehrlich war.
12 Entgegen dem Vorbringen der revisionswerbenden Partei fehlt es auch nicht an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes zur Frage, ob eine erst während eines anhängigen Baubewilligungsverfahrens verhängte Bausperre bei Erlassung des Bescheides über die beantragte Baubewilligung zu beachten ist, auf welche im angefochtenen Erkenntnis zudem auch hingewiesen wurde (vgl. VwGH 10.12.2013, 2010/05/0138, oder auch VwGH 3.4.2003, 2002/05/0080, jeweils mwN). Die revisionswerbende Partei setzt sich in ihrer Zulässigkeitsbegründung mit der dazu ergangenen hg. Judikatur nicht auseinander und zeigt insbesondere auch nicht auf, dass das Verwaltungsgericht davon abgegangen wäre.
13 Soweit die revisionswerbende Partei die Bestimmtheit der Bausperren-Verordnung in Zweifel zieht, ist auszuführen, dass der Verwaltungsgerichtshof zwar dann, wenn ihm bei Behandlung einer Revision Bedenken bezüglich der Rechtmäßigkeit genereller Rechtsnormen erwachsen, einen Normprüfungsantrag an den Verfassungsgerichtshof stellen kann (vgl. Art. 139 Abs. 1 Z 1 und Art. 140 Abs. 1 Z 1 B VG). Die Zulässigkeit einer Revision im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG kann mit einer solchen Frage aber nicht begründet werden, weil sie selbst als Rechtsfrage eben nicht vom Verwaltungsgerichtshof in der Sache „zu lösen“ ist. Im Hinblick auf die Möglichkeit der revisionswerbenden Partei, gemäß Art. 144 B VG den Verfassungsgerichtshof direkt mit dieser Rechtsfrage zu befassen, bedeutet dies im Übrigen auch keine Beschneidung in ihren Rechten (vgl. etwa VwGH 21.10.2021, Ra 2021/07/0064, mwN).
14 Darüber hinaus unterliegt die Frage, ob die konkret beantragten Baumaßnahmen im Widerspruch zur Bausperren-Verordnung stehen oder nicht, grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. etwa VwGH 10.11.2020, Ra 2020/06/0258, mwN). Eine derartige Fehlbeurteilung wird in der vorliegenden Revision nicht aufgezeigt.
Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 14. April 2023