Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Pollak sowie die Hofrätinnen Dr. Leonhartsberger und Dr. in Gröger als Richterinnen, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Herrmann Preschnofsky, über die Revision der K GmbH, vertreten durch Hawel Eypeltauer Gigleitner Huber Partner, Rechtsanwälte in Linz, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 7. Mai 2024, LVwG 153813/39/WP 153817/2, betreffend Aufhebung einer Baubewilligung nach der Oö. Bauordnung 1994 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Landeshauptstadt Linz; mitbeteiligte Parteien: 1. R L, 2. Dr. W L, 3. Mag. S V, 4. DI G W, 5. Mag. K S; alle in Linz; weitere Partei: Oberösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit Ansuchen vom 29. März 2022 beantragte die revisionswerbende Partei eine Baubewilligung für den „Neubau von zwei Wohnhäusern mit 19 Wohneinheiten, Tiefgarage und Keller“ auf einem näher bezeichneten Grundstück in der KG P.
2 Im behördlichen Verfahren nahm die revisionswerbende Partei mit Einreichplänen vom 21. April 2022, 27. Oktober 2022 und 18. Jänner 2023 Planänderungen am eingereichten Bauvorhaben vor.
3 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 13. Februar 2023 wurde der revisionswerbenden Partei gemäß § 35 Oö. Bauordnung 1994 Oö. BauO 1994 die Baubewilligung für den „Neubau von zwei Wohnhäusern mit 19 Wohneinheiten, Keller und Tiefgarage“ mit näher genannten Auflagen erteilt. Die mitbeteiligten Parteien, alle Grundstücksnachbarn, erhoben dagegen Beschwerden.
4 Mit Einreichplänen vom 27. September 2023 und 14. Jänner 2024 nahm die revisionswerbende Partei im Beschwerdeverfahren weitere Änderungen am Bauvorhaben vor.
5Mit dem angefochtenen Beschluss hob das Verwaltungsgericht den Bescheid der belangten Behörde vom 13. Februar 2023 (ersatzlos) auf und leitete den „mit Schreiben vom 19. Jänner 2024 vorgelegten Baubewilligungsantrag (Projektunterlagen) gemäß §§ 17 VwGVG iVm 6 Abs. 1 AVG an die belangte Behörde weiter. Gleichzeitig sprach das Verwaltungsgericht aus, dass eine Revision gegen diese Entscheidung unzulässig sei.
6Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, mit den im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgenommenen Projektänderungen sei eine Änderung der „Sache“ im Sinn des § 13 Abs. 8 AVG eingetreten, sodass sich die Beschwerdesache nun außerhalb der Sache des in Beschwerde gezogenen Baubewilligungsbescheides bewege. Insbesondere sei die mit Planstand vom 14. Jänner 2024 vorgenommene Änderung als Stellung eines neuen Antrages unter konkludenter Zurückziehung des ursprünglichen Antrages zu werten.
7 Nach rechtlicher Auffassung des Verwaltungsgerichtes sei die bauliche Ausführung des aus zwei Baukörpern bestehenden Wohngebäudes anhand der im behördlichen Verfahren maßgeblichen Pläne als ein einheitliches Hauptgebäude zu qualifizieren. Dies ergebe sich daraus, dass die wesentliche Nutzung (wie die Tiefgarage samt Nebenräumen sowie einzelne Wohnungen in „Baukörper 1“) ausschließlich über „Baukörper 2“ erschlossen werde und „Baukörper 1“ insoweit keinen eigenen Zugang aufweise. Eigenständige Gemeinschaftsräume seien in den beiden Baukörpern nicht gesondert vorhanden gewesen, sondern nur einmal, funktional für beide Baukörper, im Kellergeschoss untergebracht worden. Zudem verfüge lediglich „Baukörper 2“ im Bereich des Stiegenhauses über einen äußeren Gebäudeabschluss, während „Baukörper 1“ ohne „Baukörper 2“ über keinen eigenständigen äußeren Abschluss verfügen würde. Auch das äußere Erscheinungsbild des Wohngebäudes stelle sich als geschlossene bauliche Einheit dar. Insgesamt habe daher ein strukturelles und funktionales Ineinandergreifen der beiden Baukörper bestanden, weshalb nicht von zwei autarken Gebäuden, sondern von einem Hauptgebäude auszugehen sei.
8 Durch die im Beschwerdeverfahren bewirkte Projektänderung mit Planstand vom 14. Jänner 2024 sei der bislang bestehende funktionale Zusammenhang der beiden Baukörper aufgegeben worden. Beide Baukörper ließen sich nun eigenständig, jeweils von innen und auch von außen, erschließen. Zudem sei die äußere Gestaltung des Wohngebäudes geändert worden. Die vormals vorgesehenen gaupenartigen Dachausbauten seien durch Einzelgaupen ersetzt worden; die diesen Dachaufbauten vorgelagerten Dachterrassen sowie die giebelseitigen Balkone seien vollständig entfallen. Dadurch habe sich auch das äußere Erscheinungsbild wesentlich verändert. Damit ginge eine Neubeurteilung betroffener Nachbarrechte, insbesondere im Zusammenhang mit der Lage des Bauvorhabens im Sinne des § 31 Abs. 4 Oö. BauO 1994 und einer damit in Zusammenhang stehenden „offenen Bauweise“ der beiden Baukörper einher. Zudem müsse berücksichtigt werden, dass die bautechnische Beurteilung der KFZund Fahrradabstellplätze, der Gemeinschaftsräume und der damit zusammenhängende Brand- und Schallschutz sowie die Nutzungssicherheit und Barrierefreiheit neu beurteilt werden müsse. Diese Änderungen hätten möglicherweise auch Auswirkungen auf die Einordnung des Bauvorhabens in die jeweilige Gebäudeklasse. Folglich liege eine „andere Sache“ nach § 13 Abs. 8 AVG vor, weshalb der in Beschwerde gezogene Bescheid wegen Zurückziehung des verfahrenseinleitenden Antrages zu beheben sei und eine Weiterleitung des neuen Baubewilligungsantrags an die belangte Behörde zu erfolgen habe.
9 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der zu ihrer Zulässigkeit zunächst vorgebracht wird, die vorgenommenen Änderungen der Projektunterlagen fußten auf der vom Verwaltungsgericht geäußerten Rechtsansicht. Die durch die revisionswerbende Partei vorgenommene Projektänderung umfasse nach wie vor dieselben Nachbarrechte, die Verhandlungsgegenstand im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht gewesen seien. Dass eine Änderung der örtlichen oder sachlichen Zuständigkeit der Behörde eingetreten sei oder sich die anzuwendenden Normen des Gesamtprojektes geändert hätten, habe das Verwaltungsgericht nicht begründet.
10 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B VG).
11Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
12Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
13 Die Revision erweist sich als unzulässig:
14Nach der gemäß § 17 VwGVG von den Verwaltungsgerichten anzuwendenden Bestimmung des § 13 Abs. 8 AVG kann der verfahrenseinleitende Antrag in jeder Lage des Verfahrens geändert werden; durch die Antragsänderung darf die Sache ihrem Wesen nach nicht geändert und die sachliche und örtliche Zuständigkeit nicht berührt werden. Im Hinblick auf diese Gesetzesbestimmung sind somit Projektänderungen auch im Beschwerdeverfahren in dem Umfang zulässig, als nicht der Prozessgegenstand, der den Inhalt des Spruches des verwaltungsbehördlichen Bescheides dargestellt hat, ausgewechselt wird (vgl. VwGH 12.12.2017, Ra 2016/05/0068, Rn. 48, mwN).
15 Hinsichtlich der von der revisionswerbenden Partei behaupteten Abweichung von nicht konkret dargelegterRechtsprechung zu § 13 Abs. 8 AVG durch wesensändernde Projektmodifikationen ist festzuhalten, dass gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Frage, ob ein Projekt nach einer Projektmodifikation die Sache ihrem Wesen nach im Sinne des § 13 Abs. 8 AVG geändert hat, eine Beurteilung des Einzelfalles betrifft. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung läge auch insoweit nur vor, wenn diese Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. VwGH 15.4.2024, Ra 2022/05/0097, Rn. 24, mwN). Weder hat das Verwaltungsgericht es verabsäumt, sich mit der Frage, ob eine wesentliche Projektänderung vorliegt, auseinanderzusetzen, noch ist vor dem Hintergrund der pauschalen Ausführungen in der Zulässigkeitsbegründung der außerordentlichen Revision zu erkennen, dass die anhand der zu vergleichenden Projekte getroffene Einschätzung des Verwaltungsgerichtes, nach der eine wesensändernde Projektmodifikation vorliegt, unvertretbar wäre. Der Hinweis alleine, dass die Projektänderung dieselben subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte betreffe wie das von der belangten Behörde bewilligte Bauvorhaben, trägt mangels eines konkreten Projektvergleichs nichts dazu bei, die vom Verwaltungsgericht gezogene Schlussfolgerung, dass die im Beschwerdeverfahren erfolgten Projektänderungen keine Deckung in dem vom Verwaltungsgericht zu beurteilenden Beschwerdegegenstand fänden, als unvertretbar erscheinen zu lassen.
16In diesem Zusammenhang ist noch darauf hinzuweisen, dass im Fall der behaupteten Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Revisionswerber bereits in der gesonderten Zulässigkeitsbegründung zumindest eine nach Datum und Geschäftszahl bezeichnete Entscheidung anzugeben und zudem konkret darzulegen hat, dass der der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt einer der von ihm ins Treffen geführten Entscheidungen des Verwaltungsgerichthofes gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hat und es damit von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist (vgl. VwGH 13.6.2025, Ra 2024/05/0133, Rn. 15, mwN). Diesem Erfordernis genügt die Zulässigkeitsbegründung der Revision, die auf die auf die „zitierte oberstgerichtliche Rechtsprechung“ zu „Punkt 3.1. des angefochtenen Beschlusses“ verweist, nicht.
17 Soweit zur Begründung der Zulässigkeit der außerordentlichen Revision ein Abweichen von näher genannter Rechtsprechung zum „Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht“ vorgebracht wird und die revisionswerbende Partei zugleich pauschal darauf verweist, dass keine Ermittlungslücken vorlägen, die eine Zurückverweisung an die belangte Behörde rechtfertigten, wird damit schon deshalb keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, weil mit dem vorliegend bekämpften Beschluss keine mit dieser Begründung offenkundig angesprocheneBehebung und Zurückverweisung nach § 28 Abs. 3 VwGVG vorgenommen wurde.
18 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 9. Dezember 2025
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