JudikaturVwGH

Ra 2024/05/0133 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
13. Juni 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Pollak sowie die Hofrätinnen Dr. Leonhartsberger und Dr. in Gröger als Richterinnen, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Herrmann Preschnofsky, über die Revision von 1. A K, 2. Mag. C M, 3. R C, 4. H M, 5. C M, 6. Mag. B F, 7. F K, 8. J S, 9. I B, 10. Dipl. Ing. M Z, 11. Dr. U Z, 12. C K, 13. L GmbH, 14. C B, 15. P B, 16. Dipl. Ing. M H, 17. Mag. D F, 18. S S, 19. Mag. G W und 20. D D, alle vertreten durch Dr. Bertram Broesigke, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Gumpendorfer Straße 14/1/22, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 23. September 2024, 1. VGW 111/067/3641/2024 15, 2. VGW 111/V/067/3642/2024, 3. VGW 111/V/067/3643/2024, 4. VGW 111/V/067/3644/2024, 5. VGW 111/V/067/3645/2024, 6. VGW 111/V/067/3647/2024, 7. VGW 111/V/067/3648/2024, 8. VGW 111/V/067/3649/2024, 9. VGW 111/V/067/3650/2024, 10. VGW 111/V/067/3652/2024, 11. VGW 111/V/067/3653/2024, 12. VGW 111/V/067/3654/2024, 13. VGW 111/V/067/3655/2024, 14. VGW 111/V/067/3656/2024, 15. VGW 111/V/067/3657/2024, 16. VGW 111/V/067/3658/2024, 17. VGW 111/V/067/3660/2024, 18. VGW 111/V/067/3661/2024, 19. VGW 111/V/067/3663/2024 und 20. VGW 111/V/067/3665/2024, betreffend Versagung einer Abteilungsbewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien; weitere Partei: Wiener Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Der Erstrevisionswerber ist Eigentümer einer näher bezeichneten Liegenschaft in Wien, bestehend u.a. aus dem Grundstück Nr. XY. Die zweit bis zwanzigstrevisionswerbenden Parteien sind Miteigentümer näher bezeichneter, südlich angrenzender Grundstücke.

2 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 8. Februar 2024 wurde der Antrag der revisionswerbenden Parteien vom 18. September 2023 auf Genehmigung einer Grundabteilung gemäß § 13 Abs. 2 lit. d iVm § 16 Abs. 6 Bauordnung für Wien (im Folgenden: BO) abgewiesen. Die Behörde führte aus, von der näher bezeichneten Liegenschaft des Erstrevisionswerbers solle eine 574 m² große Teilfläche des Grundstücks Nr. XY abgeteilt und in die bestehende Einlagezahl des südlich angrenzenden Bauplatzes zur Erweiterung der Gartenfläche einbezogen werden. Das Grundstück Nr. XY sei als „Grünland, Schutzgebiet Wald und Wiesengürtel“ (SWW) gewidmet. Die beantragte Abteilung verstoße gegen beide Versagungsgründe des § 16 Abs. 6 BO: Demnach widerspreche die Einbeziehung kleiner Abschnitte eines als SWW gewidmeten Bereichs in private Liegenschaften, die der Nutzung ihrer Eigentümer vorbehalten seien, der Funktion des Grüngürtels. Auch der zweite Hinderungsgrund des § 16 Abs. 6 BO liege vor: Aus der Gestalt und Größe der Trennstücke oder aus anderen Umständen dürfe nicht angenommen werden können, dass die Schaffung von Grundstücken beabsichtigt sei, die Bauplätzen, Baulosen, Kleingärten oder Teilen von solchen gleichkommen.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung der dagegen erhobenen Beschwerde der revisionswerbenden Parteien keine Folge und bestätigte den angefochtenen Bescheid. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte es nach Art. 133 Abs. 4 B VG für unzulässig.

4 Begründend führte es aus, die abtretungsgegenständliche Grundfläche sei von der restlichen Liegenschaft des Erstrevisionswerbers durch einen alten (Maschendraht )Zaun abgetrennt; von der Liegenschaft der zweit bis zwanzigstrevisionswerbenden Parteien sei sie baulich nicht abgegrenzt. Sie werde als Gartenfläche des auf dem Grundstück der zweit bis zwanzigstrevisionswerbenden Parteien errichteten Wohnhauses verwendet. Sie sei überwiegend mit einer Wiese bedeckt und es befänden sich darauf vereinzelte Bäume. Hinter der abtretungsgegenständlichen Grundfläche sei auf dem Grundstück Nr. XY dichter Baumbestand vorhanden.

5 Rechtlich folgerte das Verwaltungsgericht, gemäß § 16 Abs. 6 BO seien Abteilungen im Wald und Wiesengürtel nicht zulässig, wenn durch sie dessen Erhaltung bzw. die widmungsgemäße Verwendung beeinträchtigt werden könnte. Bereits durch die in der Natur vorhandene (bewilligungslos) errichtete Einzäunung der abzutretenden Grundfläche gegenüber der übrigen, als Wald und Wiesengürtel genutzten Grundfläche des Grundstücks Nr. XY sei die Verwendung für alle Bewohner der Stadt zu Erholungszwecken beeinträchtigt. Durch die Einzäunung werde auch die ungestörte optische Wahrnehmbarkeit und Erlebbarkeit des Wald und Wiesengürtels beeinträchtigt. Es sei zudem die Annahme indiziert, dass mit dem abtretungsgegenständlichen Trennstück ein Teil des Bauplatzes des Grundstücks der zweit bis zwanzigstrevisionswerbenden Parteien bzw. aufgrund der erforderlichen Mindestbauplatzgröße ein selbständiger Bauplatz geschaffen werde. Trotz der weiterhin vorhandenen Flächenwidmung SWW entstehe ein solcher Eindruck.

6 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10 Die relevanten Bestimmungen der Bauordnung für Wien (BO), LGBl. Nr. 11/1930 in der hier maßgeblichen Fassung LGBl. Nr. 70/2021, lauten auszugsweise:

„2. Teil

Änderung von Liegenschaftsgrenzen

A. ABTEILUNGEN

Abteilung

§ 13. (1) Abteilungen sind bewilligungs oder anzeigepflichtig.

(2) Bewilligungspflichtig ist:

[...]

d) die Veränderung von Grundstücken im Wald und Wiesengürtel und in Parkschutzgebieten.

[...]

Beurteilung des Abteilungsvorhabens

§16. [...]

(6) Abteilungen im Wald und Wiesengürtel und im Parkschutzgebiet sind nicht zulässig, wenn durch sie deren Erhaltung bzw. die widmungsgemäße Verwendung beeinträchtigt werden könnte oder wenn aus der Gestalt und Größe der Trennstücke oder aus anderen Umständen angenommen werden kann, dass die Schaffung von Grundstücken beabsichtigt ist, die Bauplätzen, Baulosen, Kleingärten oder Teilen von solchen gleichkommen.“

11 In der Revision wird vorgebracht, es stellten sich die erheblichen Rechtsfragen, „ob die Bestimmung des § 16 Abs. 6 BO für Wien einer Grundabteilung auch entgegensteht, wenn der objektiv zu schützende Bestand (in concreto der Wald), nicht Teil der abzutretenden Grundfläche ist“, und „ob der Bestimmung des § 16 Abs. 6 BO für Wien einer Grundabteilung auch entgegensteht, wenn sich sämtliche umliegenden Grundstücke im Privateigentum befinden, sodass eine physische Begehbarkeit für die breite Bevölkerung ohnehin ausgeschlossen werden kann“.

12 Die Voraussetzungen für die Erhebung einer außerordentlichen Revision fehlen auch dann, wenn sich das Verwaltungsgericht auf eine klare Rechtslage stützen kann. Ist die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig, liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG vor (vgl. VwGH 31.3.2025, Ra 2023/05/0235, mwN).

13 Mit dem oben wiedergegebenen Zulässigkeitsvorbringen übergehen die revisionswerbenden Parteien die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zum Vorliegen der Hinderungsgründe des § 16 Abs. 6 BO: Das Verwaltungsgericht legte seiner Entscheidung zu Grunde, dass beide Versagungstatbestände der genannten Bestimmung (s. oben) erfüllt seien. Dass es sich um alternative Tatbestände handelt und bereits das Vorliegen eines Hinderungsgrundes das Abteilungsvorhaben unzulässig macht, ergibt sich bereits aus dem eindeutigen Wortlaut des § 16 Abs. 6 BO („oder wenn“).

14 Darüber hinaus beinhaltet die Widmungskategorie „Grünland, Schutzgebiet Wald und Wiesengürtel“ bereits namentlich nicht nur das landschaftliche Erscheinungsbild „Wald“, sondern auch „Wiese“. Die in der Revision behauptete Relevanz der Nichtabtretung des bewaldeten Grundstücksteils für die Lösung der geltend gemachten Rechtsfragen erschließt sich daher nicht.

15 Soweit in der Revision zu ihrer Zulässigkeit eine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorgebracht wird, ist darauf hinzuweisen, dass ein Revisionswerber im Fall der behaupteten Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bereits in der gesonderten Zulässigkeitsbegründung zumindest eine nach Datum und Geschäftszahl bezeichnete Entscheidung anzugeben und zudem konkret darzulegen hat, dass der der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt einer der von ihm ins Treffen geführten Entscheidungen des Verwaltungsgerichthofes gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hat und es damit von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist (vgl. VwGH 14.8.2024, Ra 2024/05/0080, mwN). Diesem Erfordernis genügt die Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht. Dass wie in der Revision behauptet für die Versagung der Grundabteilung „Verdachtsmomente“ vorliegen müssten, die die Intention einer Bauplatzschaffung nahelegen, ergibt sich aus dem in diesem Zusammenhang in der Revision angeführten Literaturzitat ( Kirchmayer/Klugsberger , Wiener Baurecht 6 [2024], 157 f, mit Verweis auf VwGH 6.7.1961, 173/61) außerdem nicht.

16 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 13. Juni 2025

Rückverweise