Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer und den Hofrat Dr. Faber als Richter sowie die Hofrätin Dr. in Sabetzer als Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des A S, vertreten durch Dr. Walter Brunner, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 9. Juli 2024, Zl. LVwG 2023/50/1655 11, betreffend Übertretung des Tiroler Jagdgesetzes 2004 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Innsbruck), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 1. Der Revisionsfall betrifft ein Verwaltungsstrafverfahren wegen des Vorwurfs der unterlassenen Bestellung eines Jagdschutzorgans nach dem Tiroler Jagdgesetz 2004 TJG 2004 in der Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 55/2024.
2 1.1. Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 6. Juni 2023 wurde dem Revisionswerber zur Last gelegt, er habe es als Jagdleiter der Genossenschaftsjagd N., Revierteil O., zumindest in der Zeit vom 11. Jänner 2023 bis zum 10. Mai 2023 unterlassen, einen Berufsjäger zu bestellen, und sei somit seiner Verpflichtung zur regelmäßigen, dauernden und ausreichenden Ausübung des Jagdschutzes nach § 31 Abs. 2 TJG 2004 nicht nachgekommen. Über den Revisionswerber wurde deshalb wegen Verletzung des § 31 Abs. 1 TJG 2004 gemäß § 70 Abs. 1 Z 11 TJG 2004 eine Geldstrafe in der Höhe von 5.000,00 Euro (sowie eine Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Zudem wurde ihm ein Kostenbeitrag vorgeschrieben.
3 1.2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Tirol (Verwaltungsgericht) der dagegen erhobenen Beschwerde des Revisionswerbers insofern Folge „als der Tatzeitraum auf den ‚11.03.2023 bis 10.05.2023‘ eingeschränkt ... und die von der belangten Behörde verhängte Geldstrafe ... auf Euro 1.500,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage 12 Stunden) herabgesetzt“ wurde. Des Weiteren wurde der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens neu festgesetzt und die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig erklärt.
4 Das Verwaltungsgericht legte seiner Entscheidung nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die folgenden Erwägungen zugrunde:
5 Die ca. 7.758 Hektar große Genossenschaftsjagd N. bestehe aus den vier Revierteilen O., U., M. und P., die jeweils selbständig bewirtschaftet und verpachtet würden. Derzeit sei „nur für die Revierteile“ U., M. und P. je ein Berufsjäger bestellt. Mit Vertrag vom 22. April 2022 habe die Jagdgenossenschaft N. den ca. 1.979 Hektar großen Revierteil O. an näher genannte Personen verpachtet. In diesem Jagdpachtvertrag werde entgegen § 18 Abs. 1 letzter Satz TJG 2004 die koordinierte Besorgung des Jagdschutzes für das gesamte Genossenschaftsjagdgebiet nicht geregelt. Dennoch habe die Jagdbehörde aufgrund des bereits begonnenen Jagdjahres 2022/23 die Vorlage dieses Jagdpachtvertrages mit Schreiben vom 9. Mai 2022 gemäß § 18 Abs. 4 TJG 2004 bestätigt, gleichzeitig aber die Jagdpächter dazu aufgefordert, bis längstens 15. Juni 2022 einen Berufsjäger zu bestellen. Mit Schreiben vom 18. Mai 2022 hätten die Jagdpächter des Revierteils O. der Jagdbehörde gemäß § 11a Abs. 5 TJG 2004 angezeigt, dass sie die Ausübung des Jagdrechtes auf den Revisionswerber als Jagdleiter übertragen hätten. Die Bestellung sei mit Schreiben der belangten Behörde vom 13. Juni 2022 bestätigt worden. Mit Schreiben vom 10. Jänner 2023 habe die Jagdbehörde infolge des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichts vom 2. Jänner 2023, Zl. LVwG 2022/49/2999 1 den Revisionswerber als Jagdleiter des Revierteils O. nochmals aufgefordert, innerhalb von zwei Monaten einen Berufsjäger zu bestellen. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichts vom 14. Dezember 2023, Zl. LVwG 2023/44/1985 6, sei der Auftrag der belangten Behörde an den Revisionswerber zur Bestellung eines Berufsjägers bestätigt worden. Bis dato seien für den Revierteil O. „nur drei Jagdaufseher ohne Berufsjägerprüfung“ bestellt worden. Der verwaltungsstrafrechtlich unbescholtene Revisionswerber sei nach wie vor der Jagdleiter und verweigere die Bestellung eines Berufsjägers.
6 Beweiswürdigend hielt das Verwaltungsgericht insbesondere fest, der Revisionswerber habe in der Verhandlung erklärt, er habe als Jagdleiter des Revierteils O. keinen Berufsjäger bestellt und wolle dies auch künftig nicht tun.
7 Rechtlich sei zu erwägen, dass der Revisionswerber zu Unrecht die Berufsjägerpflicht für seinen Revierteil mit dem Argument bestreite, dieser erreiche nicht die dafür gesetzlich vorgesehene Mindestgröße. Das Verwaltungsgericht habe bereits klargestellt, dass § 31 Abs. 2 TJG 2004 an die festgestellte Größe eines Jagdgebietes anknüpfe, wobei die Verpachtung einzelner Revierteile nichts an der Berufsjägerpflicht ändere. Dies bestätigten auch die (näher zitierten) Gesetzesmaterialien zur Novelle LGBl. Nr. 64/2015. Der Gesetzgeber gehe somit davon aus, dass der Jagdschutz für ein Jagdgebiet zu bestellen sei und die Einheit des Jagdgebietes durch die Verpachtung in Teilen nicht verändert werde. Nach § 31 Abs. 2 TJG 2004 bestehe die Berufsjägerpflicht ungeachtet der Verpachtung einzelner Revierteile für Jagdgebiete über 2.000 Hektar, die wenigstens zu 1.500 Hektar aus Waldungen bestünden, und für alle Jagdgebiete über 3.000 Hektar. Aufgrund der festgestellten Größe des gegenständlichen Genossenschaftsjagdgebietes bestehe unabhängig vom Waldanteil und ungeachtet der Verpachtung einzelner Revierteile eine Berufsjägerpflicht für das gesamte Genossenschaftsjagdgebiet. Infolgedessen seien alle Jagdausübungsberechtigten also auch der Revisionswerber als Jagdleiter nur eines der vier Revierteile gemeinschaftlich für die Wahrnehmung des Jagdschutzes verantwortlich. In diesem Sinn habe das Verwaltungsgericht bereits festgestellt, dass die Jagdausübungsberechtigten aller Revierteile gemeinschaftlich der Verpflichtung zur Bestellung eines Berufsjägers nachzukommen hätten.
8 Der vorliegende Jagdpachtvertrag vom 22. April 2022 enthalte entgegen § 18 Abs. 1 letzter Satz TJG 2004 keine Regelung über die Besorgung des Jagdschutzes. Da der Pachtvertrag dennoch mit Schreiben vom 9. Mai 2022 gemäß § 18 Abs. 4 zweiter Satz TJG 2004 behördlich bestätigt worden sei, sei er trotz inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 18 Abs. 4 letzter Satz TJG 2004 rechtswirksam und anzuwenden. Der Jagdpachtvertrag ändere nichts an der Verpflichtung des Revisionswerbers, gemeinschaftlich mit den anderen Jagdausübungsberechtigten, einen Berufsjäger für das Genossenschaftsjagdgebiet zu bestellen. Bis dato seien nur für drei der vier Revierteile Berufsjäger und für den gegenständlichen Revierteil „bloß“ drei Jagdaufseher bestellt worden. Nach der (näher zitierten) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genüge es im Fall einer Berufsjägerpflicht nicht, anstelle von Berufsjägern Jagdaufseher zu bestellen.
9 Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichts vom 14. Dezember 2023, Zl. LVwG 2023/44/1985 6, sei bereits festgehalten worden, dass im Fall der Verpflichtung mehrerer Personen die Solidarhaftung und damit das Auswahlermessen der Behörde zur Anwendung komme. Da dem Revisionswerber im vorliegenden Fall die Ausübung des Jagdrechts für den betroffenen Revierteil gemäß § 11 Abs. 6 TJG 2004 als Jagdleiter übertragen worden sei, habe die belangte Behörde zu Recht den Revisionswerber für das Verwaltungsstrafverfahren in Anspruch genommen und damit die Ermessensübung im Sinne des Gesetzes gehandhabt. Der objektive Tatbestand sei daher als erfüllt anzusehen.
10 Auch die Glaubhaftmachung des mangelnden Verschuldens sei dem Revisionswerber nicht gelungen. Er habe nicht dargetan, warum ihm die Einhaltung der ihm angelasteten jagdrechtlichen Bestimmungen im gegenständlichen Tatzeitraum nicht möglich gewesen sei.
11 Im Rahmen der Strafzumessung sei erschwerend zu werten, dass der Revisionswerber nicht nur vorsätzlich, sondern wissentlich gehandelt habe. Ihm sei seit Beginn seiner Tätigkeit als Jagdleiter des Revierteils O. bewusst gewesen, dass ein Berufsjäger zu bestellen sei, und er wolle nach wie vor keinen bestellen. Die Einschränkung des Tatzeitraums sei darin begründet, dass das Straferkenntnis der belangten Behörde vom 7. März 2023 dem Revisionswerber am 10. März 2023 zugestellt worden sei. Auch insoweit gelte (wie beim fortgesetzten Delikt), dass bei Fortführung des deliktischen Verhaltens bis zur Bescheiderlassung in erster Instanz der gesamte diesbezügliche Zeitraum erledigt sei (Hinweis auf näher zitierte Literatur).
12 1.3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
13 1.4. Der Verwaltungsgerichtshof leitete über die außerordentliche Revision das Vorverfahren ein. Die belangte Behörde erstattete keine Revisionsbeantwortung.
14 2. Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
15Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 BVG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 3 VwGG ist ein Beschluss nach Abs. 1 in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.
16Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
173.1. Ob eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, ist im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu beurteilen. Wurde die zu lösende Rechtsfrage daher in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - auch nach Entscheidung des Verwaltungsgerichtes oder selbst nach Einbringung der Revision - bereits geklärt, ist eine Revision wegen fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht (mehr) zulässig (vgl. etwa VwGH 26.5.2025, Ra 2024/03/0135, mwN).
18Die Revision gleicht hinsichtlich der maßgeblichen Rechtslage (ungeachtet der im verfahrensgegenständlichen Tatzeitraum bereits in Kraft stehenden Novelle LGBl. Nr. 23/2023) und der beteiligten Parteien sowie der zu ihrer Zulässigkeit geltend gemachten Rechtsfragen jenem Verfahren, welches mit Erkenntnis vom heutigen Tag, Ra 2024/03/0089, entschieden wurde. Auf die Begründung dieses Erkenntnisses wird gemäß § 43 Abs. 2 und 9 VwGG verwiesen.
19 Der Verwaltungsgerichtshof hat die zur Zulässigkeit der Revision geltend gemachten Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung, soweit diese die Ausübung des Jagdschutzes nach dem TJG 2004 bei Verpachtung eines Jagdgebietes in Teilen betreffen, daher bereits beantwortet. Das angefochtene Erkenntnis steht damit im Einklang, sodass mit dieser Rechtsfrage die Zulässigkeit der Revision nicht begründet werden kann.
203.2. Darüber hinaus bringt die Revision zu ihrer Zulässigkeit vor, das Verwaltungsgericht habe in den verbundenen und nach der mündlichen Verhandlung wieder getrennten Verfahren (gemeint wohl: betreffend den Revisionsfall und das hg. Verfahren Ra 2024/03/0089) in derselben Sache entschieden. Da es somit jeweils die Sach und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung anzuwenden gehabt habe, liege eine Doppelbestrafung vor.
21 Der Verwaltungsgerichtshof judiziert in ständiger Rechtsprechung, dass bei Vorliegen eines wie hierDauerdelikts oder eines fortgesetzten Delikts die Bestrafung alle bis zur Zustellung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses gesetzten Einzeltathandlungen abdeckt. Hingegen werden jene Tathandlungen, die nach diesem Zeitpunkt gesetzt werden, von dieser Abgeltungswirkung nicht erfasst. Setzt also der Täter sein strafbares Verhalten nach vorangegangener Bestrafung fort, so können die seit der letzten Bestrafung, also nach Erlassung des letzten erstinstanzlichen Straferkenntnisses gesetzten Teilakte einer neuerlichen Bestrafung unterzogen werden (vgl. etwa VwGH 18.1.2021, Ra 2020/11/0206, mwN).
22 Die Revision zeigt nicht auf, dass das Verwaltungsgericht von dieser Rechtsprechung abgewichen wäre, zumal dieses ausdrücklich auf die Erlassung des zuletzt gegen den Revisionswerber ergangenen Straferkenntnisses (vom 7. März 2023, das dem Revisionswerber am 10. März 2023 zugestellt wurde und spruchgemäß einen Tatzeitraum bis zum 10. Jänner 2023 umfasste) Bezug nahm und ausgehend davon eine Einschränkung des vorliegenden Tatzeitraums vornahm, indem es dessen Beginn (vom 11. Jänner 2023 gemäß dem Straferkenntnis) auf den 11. März 2023 abänderte. In der Revision wird fallbezogen auch nicht geltend gemacht, auf welchen Tatzeitraum bezogen die behauptete Doppelbestrafung überhaupt gegeben sei.
23 4. In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 12. September 2025