JudikaturVwGH

Ra 2024/03/0135 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
26. Mai 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer und den Hofrat Dr. Faber als Richter sowie die Hofrätin Dr. in Sabetzer als Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der Ö AG in W, vertreten durch die Walch/Zehetbauer/Motter Rechtsanwälte OG in 1040 Wien, Prinz Eugen Straße 72, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom 23. Oktober 2024, Zl. KLVwG 643/11/2024, betreffend Kosten einer Eisenbahnkreuzung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Kärnten; mitbeteiligte Partei: Land Kärnten), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 1.1. Die Revisionswerberin ist ein Eisenbahninfrastrukturunternehmen und Eigentümerin bzw. Betreiberin der Schieneninfrastruktur der Eisenbahnstrecke Arnoldstein Hermagor (Gailtalbahn). Diese Strecke kreuzt bei km 24,708 eine Straße, hinsichtlich derer die mitbeteiligte Partei Träger der Straßenbaulast ist.

2 Die Eisenbahnkreuzung war auf Grund eines Bescheides des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 3. August 1994 gemäß § 9 Eisenbahn Kreuzungsverordnung 1981 durch eine Lichtzeichenanlage (mit Triebfahrzeugüberwachung) gesichert. Auf Grund des Bescheides der belangten Behörde vom 12. März 2019 ist sie gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 iVm § 37 Eisenbahnkreuzungsverordnung 2012 EisbKrV durch Lichtzeichen zu sichern.

3 Mit Eingabe vom 2. Februar 2021 stellte die mitbeteiligte Partei den Antrag auf Kostenentscheidung und Feststellung, dass die Kosten der Sicherungsmaßnahmen an der gegenständlichen Eisenbahnkreuzung zur Gänze von der Revisionswerberin zu tragen seien. Mit Eingabe vom 12. August 2021 beantragte die Revisionswerberin die Entscheidung über die Kostenteilungsmasse und über die Kostenaufteilung im Verhältnis von 50 % zu 50 %.

4 1.2. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 30. Jänner 2024 wurden in Spruchpunkt I. die Kosten für die Errichtung, Erhaltung und Inbetriebhaltung der Eisenbahnkreuzungssicherungsanlage „Lichtzeichen“ an der gegenständlichen Eisenbahnkreuzung mit € 215.910,20 und die künftigen Erhaltungs und Inbetriebhaltungskosten mit einem jährlichen Basisbetrag von € 7.492,12 festgesetzt. Gemäß Spruchpunkt II. hat die Revisionswerberin die Kosten der Errichtung und der Instandhaltung zu 100 % zu tragen. Mit Spruchpunkt III. wurde der Antrag der Revisionswerberin auf neuerliche Befassung der Sachverständigenkommission gemäß § 48 Abs. 4 EisbG abgewiesen.

5 1.3. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Kärnten die gegen die Spruchpunkte II. und III. erhobene Beschwerde der Revisionswerberin nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.

6 Das Verwaltungsgericht stellte fest, das Eisenbahnvorhaben „Elektrifizierung und Geschwindigkeitsanhebung Gailtalbahn“ sei eisenbahnrechtlich mit Bescheid der belangten Behörde vom 31. Jänner 2018 bewilligt worden. Über Antrag der Revisionswerberin seien entlang dieses Streckenabschnittes die Eisenbahnkreuzungen zwecks Anpassung an die neuen Verhältnisse überprüft worden. Dabei habe die Revisionswerberin am 30. August 2018 die Überprüfung der gegenständlichen Eisenbahnkreuzung und deren Sicherung durch Lichtzeichen gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 EisKrV beantragt. Eine solche Sicherungsentscheidung sei mit Bescheid der belangten Behörde vom 12. März 2019 auch getroffen worden. Die Lichtzeichenanlage sei sodann zur Gänze erneuert worden.

7 Am 25. April 2016 sei zwischen dem zuständigen Bundesministerium, dem Land Kärnten und der Revisionswerberin eine Grundsatzvereinbarung zur Sicherung und Weiterentwicklung des Schienennahverkehrs unterzeichnet worden (im Folgenden: „Kärnten Paket“). In Art. 4 Abs. 1 dritter Satz des „Kärnten Pakets“ werde vereinbart, dass „die Kostenbeiträge für die Maßnahmen an Eisenbahnkreuzungen [...] in Anlehnung an das Eisenbahngesetz (§ 48 EisbG) sowie die herrschende Judikatur erfolgen“.

8 Die technische Nutzungsdauer der im Jahr 1994 in Betrieb genommenen Lichtzeichenanlage habe 40 Jahre betragen und wäre somit im Jahr 2034 abgelaufen. Der Austausch durch die Revisionswerberin auf Grund der Sicherungsentscheidung im Jahr 2019 sei somit vorzeitig erfolgt. Bemängelungen der ausgetauschten Anlage seien nicht vorgelegen. Bei einem Weiterbestand der Anlage bis zum Ablauf ihrer technischen Nutzungsdauer wäre diese gemäß § 102 Abs. 3 bis 5 EisbKrV anzupassen gewesen. Die Lichtzeichenanlage sei von der Revisionswerberin jedoch zur Gänze erneuert worden, was im Hinblick auf die Elektrifizierung der Eisenbahnstrecke technisch notwendig gewesen sei. Der Nutzen für die Revisionswerberin liege auch darin, dass die neue Lichtzeichenanlage durch ihre Einbindung in die Betriebsführungszentrale Villach eine elektronische Ansteuerung und eine zentrale Überwachung der Strecke ermögliche.

9 Die durchgeführten Maßnahmen seien für die Revisionswerberin auch wirtschaftlich sinnvoll. Der Erneuerung liege die Zunahme des Schienenverkehrs zugrunde, und es werde die Zugführung auf der gesamten Strecke verbessert. Die Leistungsfähigkeit, Umweltfreundlichkeit und Attraktivität der Strecke werde, insbesondere durch die Geschwindigkeitsanpassung, erhöht. Im Jahr 2018 habe die Frequenz der Strecke täglich 20 Züge, davon 18 Reisezüge, ein Güterzug und ein Dienstzug betragen. Als Prognose (nach dem Programm „2025+“) werde von einer Steigerung auf 40 Reisezüge und drei Güterzüge ausgegangen.

10 Dagegen bleibe die Frequenz auf der Straße mit 550 Kraftfahrzeugen in 24 Stunden unverändert. Unfälle seien nicht aktenkundig. Durch die gleichbleibende Sicherung ergebe sich auch keine Änderung in Bezug auf die Sicherheit und Abwicklung des Verkehrs.

11 Beweiswürdigend stützte sich das Verwaltungsgericht insbesondere auf die Stellungnahmen des eisenbahntechnischen Amtssachverständigen und das Gutachten der Sachverständigenkommission, welche schlüssig und fachlich nachvollziehbar seien, sowie das Ergebnis der mündlichen Verhandlung.

12 Rechtlich führte das Verwaltungsgericht aus, auf Grund des Antrages der Revisionswerberin sei eine neue Sicherungsentscheidung getroffen worden, weswegen auch gemäß § 49 Abs. 2 iVm § 48 Abs. 2 bis 4 EisbG eine neue Kostenentscheidung zulässig sei, selbst wenn die Art der Sicherung mit der bisherigen vergleichbar sei.

13 Im vorliegenden Fall liege keine vertragliche Einigung über die Kostentragung vor. Beim „Kärnten Paket“ handle es sich um eine „politische Erklärung“, in der eine Vereinbarung bezüglich der Kostentragung eben nicht getroffen, sondern vielmehr auf die Bestimmungen des Eisenbahngesetzes 1957 und die Rechtsprechung dazu verwiesen werde.

14 Die Kosten seien daher gemäß § 48 Abs. 3 EisbG nach dem jeweiligen überwiegenden Nutzen bzw. Interesse der Parteien entsprechend den dort genannten Kriterien zu verteilen, wobei eine gewichtende Abwägung der Interessen in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen sei.

15 Im vorliegenden Fall erfahre die Verkehrsfrequenz auf der Schiene (entsprechend den Feststellungen) eine Verdoppelung innerhalb von acht Jahren. Hingegen bleibe die Frequenz auf der Straße unverändert.

16 Die Eisenbahnkreuzung sei ursprünglich mit einer Lichtzeichenanlage mit Triebfahrzeugüberwachung gesichert gewesen. Diese Sicherungsanlage hätte erst im Jahr 2034 das Ende der technischen Nutzungsdauer erreicht und ohne die Maßnahmen zur Attraktivierung der Gailtalbahn auch gemäß § 102 Abs. 3 EisbKrV angepasst werden können. Der vorzeitige Austausch der Sicherungsanlage sei einzig der Umsetzung des Vorhabens der Elektrifizierung und Geschwindigkeitsanhebung der Gailtalbahn geschuldet, weswegen iSd § 48 Abs. 3 EisbG im Sonderinteresse der Revisionswerberin aufgewendete Mehrkosten vorlägen.

17 Eine Erhöhung der Sicherheit sei sowohl auf Seiten des Eisenbahnverkehrs als auch auf jener des Straßenverkehrs maßgeblich für die Verbesserung der Abwicklung des Verkehrs. Im vorliegenden Fall bleibe allerdings die Sicherungsart an der gegenständlichen Kreuzung dieselbe, und es erhöhe sich die Verkehrsfrequenz nur auf der Schiene, weswegen die gegenständliche Eisenbahnkreuzung im überwiegenden Interesse der Revisionswerberin liege.

18 Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung lägen die Kosten der gegenständlichen Neuerrichtung der Sicherungsanlage im alleinigen Sonderinteresse der Revisionswerberin. Diese Kostentragung sei auch im Gutachten der Sachverständigenkommission gemäß § 48 Abs. 4 EisbG vorgeschlagen worden.

19 1.4. Gegen dieses Erkenntnis erkennbar nur insoweit, als damit die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des Bescheides der belangten Behörde (betreffend die Kostenaufteilung) abgewiesen wurde richtet sich die vorliegende (außerordentliche) Revision. Eine Revisionsbeantwortung wurde im Vorverfahren nicht erstattet.

20 2. Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

21 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 3 VwGG ist ein Beschluss nach Abs. 1 in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

22 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

23 Ob eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, ist im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu beurteilen. Wurde die zu lösende Rechtsfrage daher in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nach Entscheidung des Verwaltungsgerichtes oder selbst nach Einbringung der Revision bereits geklärt, ist eine Revision wegen fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht (mehr) zulässig (vgl. etwa VwGH 22.11.2022, Ro 2022/03/0036, mwN).

24 3.1. In der für die Zulässigkeit der Revision allein maßgeblichen Zulässigkeitsbegründung wird vorgebracht, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob eine zivilrechtliche Vereinbarung zwischen den Verkehrsträgern zum Erreichen eines gemeinsamen Ziels bei der Bemessung des Aufteilungsverhältnisses der Kosten der Sicherung nach § 49 Abs. 2 iVm § 48 Abs. 3 EisbG zu berücksichtigen sei. Im „Kärnten Paket“ sei die Elektrifizierung der gegenständlichen Strecke und die Erhöhung der Geschwindigkeit auf dieser sowie die Sicherung der Eisenbahnkreuzungen „vertraglich zum gemeinsamen Interesse erklärt“ worden, weswegen die Kosten mit 50 % zu 50 % zu teilen gewesen wären. Da sich die Verkehrsträger über ihre Interessen und deren Gewichtung geeinigt hätten, könne die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht im Verfahren nach § 49 Abs. 2 iVm § 48 Abs. 3 EisbG davon nicht abgehen.

25 3.2. Die Revision gleicht hinsichtlich der maßgeblichen Rechtslage und der beteiligten Parteien sowie der zu ihrer Zulässigkeit geltend gemachten Rechtsfrage jenem Verfahren, welches mit Erkenntnis vom heutigen Tag, Ra 2024/03/0057, entschieden wurde. Auf die Begründung dieses Erkenntnisses wird gemäß § 43 Abs. 2 und 9 VwGG verwiesen.

26 Darin hat der Verwaltungsgerichtshof zu dem auch im vorliegenden Fall als Zulässigkeitsfrage angesprochenen „Kärnten Paket“ ausgeführt, dass die darin vereinbarten Zielsetzungen und Maßnahmen mit keinem der in § 48 Abs. 3 EisbG vorgesehenen Kriterien für die Kostenaufteilung korrespondieren. Ein allfälliges im „Kärnten Paket“ vereinbartes „gemeinsames Interesse“ der Revisionswerberin als Eisenbahnunternehmen und der mitbeteiligten Partei als Träger der Straßenbaulast an einer Sicherung der gegenständlichen Eisenbahnkreuzung ist daher bei einer Kostenaufteilung anhand der Kriterien des § 48 Abs. 3 EisbG bzw. im Rahmen einer Gesamtbetrachtung dieser Kriterien nicht derart zu berücksichtigen, dass die Kosten jedenfalls in gleicher Höhe aufzuteilen wären. Andernfalls würde den Kriterien des § 48 Abs. 3 zweiter Satz EisbG in einem Fall wie dem vorliegenden ihre eigenständige normative Bedeutung genommen, was im Ergebnis auf die Annahme einer vertraglichen Vereinbarung über die Kostentragung hinausliefe, wie sie im Revisionsfall gerade nicht vorliegt (Rn. 33).

27 Der Verwaltungsgerichtshof hat die zur Zulässigkeit der Revision geltend gemachte Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung daher bereits beantwortet.

28 Dass das Verwaltungsgericht aber bei der Beurteilung der Kostenaufteilung anhand der Kriterien des § 48 Abs. 3 EisbG von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wäre, wird in der Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht behauptet. Insbesondere wird in der Revision auch nicht geltend gemacht, dass es ungeachtet der vergleichbaren Sicherungsart durch die neue Sicherungseinrichtung auch zu einer Erhöhung der Sicherheit der Straßenverkehrsteilnehmer gekommen wäre, was unter dem Kriterium der Verbesserung der Abwicklung des Verkehrs auch im Interesse des Trägers der Straßenbaulast läge (vgl. dazu das Erkenntnis vom heutigen Tag, Ra 2024/03/0057, Rn. 37).

29 4. In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 26. Mai 2025

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