Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Nedwed als Richter und die Hofrätinnen Mag. Dr. Maurer Kober und Mag. Schindler als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Andrés, über die Revision des P in K, vertreten durch Sauerzopf Partner, Rechtsanwälte in 7000 Eisenstadt, Friedrich Wilhelm Raiffeisen Straße 3, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Burgenland vom 6. Mai 2024, E 002/08/2024.028/002, betreffend Zurückweisung einer Beschwerde i.A. Übertretung der StVO (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Güssing), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Burgenland dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Güssing vom 7. März 2024 wurde dem Revisionswerber ein Verstoß gegen § 38 Abs. 5 iVm § 38 Abs. 1 lit. a StVO zur Last gelegt und über ihn gemäß § 99 Abs. 2c Z 6 StVO eine Geldstrafe von € 200, (Ersatzfreiheitsstrafe: drei Tage und elf Stunden) verhängt.
2 Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Verwaltungsgericht die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde des Revisionswerbers als verspätet zurück und sprach aus, dass eine Revision gegen diesen Beschluss nicht zulässig sei.
3 Es begründete seine Entscheidung im Wesentlichen damit, dass die Beschwerde am 15. April 2024 um 7:40 Uhr eingebracht worden sei. Ausgehend von der Zustellung des behördlichen Straferkenntnisses am 15. März 2024 sei die Beschwerde damit somit verspätet.
4 Diesen Beschluss fasste das Verwaltungsgericht, ohne dem Revisionswerber die von ihm angenommene Verspätung des Rechtsmittels vorzuhalten.
5 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die sich zu ihrer Zulässigkeit u.a. darauf stützt, dass das Verwaltungsgericht von näher bezeichneter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Einräumung von Parteiengehör abgewichen ist.
6 Nach Einleitung des Vorverfahrens durch den Verwaltungsgerichtshof wurde keine Revisionsbeantwortung erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
7 Die Revision ist aus dem von ihr genannten Grund zulässig und auch begründet.
8 Das Straferkenntnis der belangten Behörde wurde dem Revisionswerber unstrittig am 15. März 2024 zugestellt. Ausgehend davon endete die gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG vierwöchige Beschwerdefrist wie das Verwaltungsgericht zutreffend erkannte mit Ablauf des 12. April 2024.
9 In der Revision bringt der Revisionswerber vor, er habe die Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde bereits am 12. April 2024, um 08:18 Uhr, mit E Mail eingebracht, was sich auch aus der Aktenlage ergebe.
10 Vor der Zurückweisung einer Beschwerde als verspätet ist das Verwaltungsgericht gemäß § 17 VwGVG iVm § 45 Abs. 3 AVG verpflichtet, dem Beschwerdeführer eine nach dem Akteninhalt offenkundige Verspätung seines Rechtsmittels vorzuhalten. Unterlässt es dies und geht es von einer Versäumung der Rechtsmittelfrist aus, ohne dies dem Rechtsmittelwerber vorgehalten zu haben, hat es das Risiko einer Aufhebung des Zurückweisungsbeschlusses zu tragen (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa VwGH 1.8.2019, Ra 2019/02/0114, mwN).
11 Den vorgelegten Verfahrensakten zufolge wurde die Beschwerde des Revisionswerbers am 12. April 2024, um 08:18 Uhr, mittels E Mail bei der belangten Behörde eingebracht und am 15. April 2024 protokolliert.
12 Indem das Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall maßgebliche Umstände unberücksichtigt ließ und dem Revisionswerber die Feststellung der Versäumung der Beschwerdefrist vor Erlassung des zurückweisenden Beschlusses nicht vorgehalten hat, sind dem Verwaltungsgericht entscheidungsrelevante Verfahrensmängel unterlaufen, bei deren Vermeidung das Verwaltungsgericht zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre.
13 Der angefochtene Beschluss war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. a, b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
14 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Hinsichtlich des Ausmaßes des zuerkannten Ersatzes ist auf das Antragsprinzip gemäß § 59 VwGG, wonach ziffernmäßig verzeichnete Kosten nur in der beantragten Höhe zuzusprechen sind, zu verweisen, sodass dem Revisionswerber lediglich der begehrte Schriftsatzaufwand von insgesamt € 1.346, zuzusprechen war (vgl. etwa VwGH 26.5.2021, Ro 2020/19/0002 bis 0007, mwN).
Wien, am 17. September 2024