Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Nedwed als Richter sowie die Hofrätinnen Mag. Dr. Maurer Kober und Mag. Schindler als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Andrés, über die Revision des S in W, vertreten durch Dr. Thomas Jappel, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Hörlgasse 12, gegen das am 20. Oktober 2023 mündlich verkündete und am 19. Dezember 2023 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien, VGW 031/098/14203/2022 37, betreffend Übertretung der StVO (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Wien), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien vom 8. Oktober 2022 wurde dem Revisionswerber zur Last gelegt, er habe am Tatort zur Tatzeit mit einem dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeug die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 58 km/h überschritten, wobei die in Betracht kommende Messtoleranz bereits abgezogen worden sei. Über den Revisionswerber wurde deshalb wegen Verletzung des § 20 Abs. 2 StVO gemäß § 99 Abs. 2 lit. e StVO eine Geldstrafe von € 1.000, (Ersatzfreiheitsstrafe von 7 Tagen und 22 Stunden) verhängt und ein Verfahrenskostenbeitrag auferlegt.
2 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht Wien (Verwaltungsgericht) mit dem angefochtenen Erkenntnis nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit der Maßgabe, dass bei der Anführung der Übertretungsnorm die geltende Fassung angefügt wurde, als unbegründet ab. Eine Revision erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.
3 Das Verwaltungsgericht stellte fest, der Revisionswerber habe am 26. Mai 2022 um 03:06 Uhr an einem Straßenrennen teilgenommen und sei im Ortsgebiet mit 108 km/h gefahren. Die Geschwindigkeitsmessung sei anhand eines Lasermessgeräts TruSpeed LIT (richtig: LTI) 20/20 mit einem gültig geeichten Gerät aus einer Entfernung von 120,5 m vorgenommen worden. Vor der Messung seien die in den Verwendungsbestimmungen vorgesehenen Tests vorgenommen worden. Das Gerät habe keine Fehlermeldung angezeigt. Bei der Anzeigenlegung seien 3 % Messtoleranz berücksichtigt worden.
4 Beweiswürdigend stützte sich das Verwaltungsgericht auf die Anzeige, das Messprotokoll, den Eichschein, die vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen beigeschafften Verwendungsbestimmungen sowie die als glaubwürdig befundenen Zeugenaussagen des Polizeibeamten vor Gericht.
5 In rechtlicher Hinsicht nahm das Verwaltungsgericht das angelastete Tatbild als erfüllt an. Den Antrag des Revisionswerbers auf Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Bereich des Eich- und Messwesens verwarf es mit der Begründung, dass die Behörde bereits die Fehlergrenzen entsprechend den Verwendungsbestimmungen berücksichtigt habe (3 % bei Messwerten über 100 km/h). Schließlich erläuterte das Verwaltungsgericht noch die Strafbemessung.
6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, dass das Verwaltungsgericht von näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu Beweisanträgen abgewichen sei, weil es dem Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Bereich der Eich und Messtechnik, zum Beweis dafür, dass die angelastete Geschwindigkeitsüberschreitung nicht vorliege und zur Frage der Korrektheit der Messung, nicht nachgekommen sei. Erst durch das Vorliegen eines Sachverständigengutachtens hätten auch Zweifel darüber, ob die Messung tatsächlich aus einer Entfernung von 120,5 m durchgeführt worden sei, ausgeräumt werden können. Es sei überdies unaufgeklärt geblieben, ob das Bundesamt für Eich und Vermessungswesen die richtigen Verwendungsbestimmungen übermittelt habe und der im Akt befindliche Eichschein das verwendete Messgerät betreffe.
11 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass die Beurteilung, ob eine Beweisaufnahme, etwa ein Sachverständigengutachten bzw. zusätzliche Einvernahmen, im Einzelfall notwendig ist, dem Verwaltungsgericht obliegt. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG läge diesbezüglich nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (vgl. etwa VwGH 11.1.2024, Ra 2023/02/0242, mwN).
12 Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der einzelfallbezogen vorzunehmenden Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes - zu deren Überprüfung der Verwaltungsgerichtshof im Allgemeinen nicht berufen ist - liegt ebenfalls nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht diese in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte und auch die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels in der Zulässigkeitsbegründung dargelegt wurde (vgl. etwa VwGH 14.11.2024, Ra 2024/06/0144, mwN).
13 Soweit der Revisionswerber zunächst die Feststellung des Verwaltungsgerichts bekämpft, wonach die Messung aus 120,5 m Entfernung vorgenommen wurde, vermag er mit seinem Zulässigkeitsvorbringen nicht aufzuzeigen, dass eine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende unvertretbare Beweiswürdigung vorläge. Das Verwaltungsgericht stützte sich entgegen den Behauptungen in der Revision betreffend die Messentfernung nicht bloß auf die Aussage des Polizeibeamten, sondern auch auf das mit den Angaben übereinstimmende Foto des Displays des Messgeräts.
14 Der Revisionswerber hat bereits im Beschwerdeverfahren vorgebracht, dass im Hinblick auf Abweichungen der Bezeichnung (u.a. Anführung der Gerätenummer „3370“ auf dem Eichschein und „TS003370“ im Messprotokoll) unklar sei, ob die vom Bundesamt für Eich und Vermessungswesen übermittelten Verwendungsbestimmungen, die das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrundelege, auf das verwendete Lasermessgerät Anwendung fänden. Auch sei zweifelhaft, ob das beigeschaffte Messprotokoll und der Eichschein diesem zugeordnet werden können. Das Verwaltungsgericht führte dazu aus, dass kein Zweifel daran bestehe, dass die vom Bundesamt für Eich und Vermessungswesen entsprechend dem gerichtlichen Ersuchen („Lasermessgerät Tru Speed/PI FG LTI 20/20 Messgerätnummer 3370, letzte Eichung: 3.6.2020“) übermittelten Verwendungsbestimmungen auf das bei der hier gegenständlichen Messung herangezogene Gerät Anwendung fänden. Dazu verwies es begründend darauf, dass darin Bezug auf Verkehrsgeschwindigkeitsgeräte „der Bauart TruSpeed“ genommen werde. Auch auf dem von der belangten Behörde vorgelegten Messprotokoll und Eichschein seien die Bauart TruSpeed und die Identifikation bzw. Gerätenummer 3370 vermerkt. Diesen schlüssigen Ausführungen hält die Revision nichts Stichhältiges entgegen. Vor diesem Hintergrund gelingt es der Revision mit ihrem auf Mutmaßungen basierenden Zulässigkeitsvorbringen nicht, eine grob fehlerhafte Beurteilung des Verwaltungsgerichtes aufzuzeigen, wenn es von der Einholung eines Sachverständigengutachtens Abstand genommen hat.
15 Das vom Revisionswerber zitierte hg. Erkenntnis vom 13. August 2003, 2003/11/0125, betraf ein in den 1990er Jahren verwendetes Geschwindigkeitsmessgerät der Bauart KTI 20.20 TS/KM. Es ging insbesondere um die Frage, ob Geschwindigkeitsmessungen ab einer Entfernung von mehr als 200 m nicht mehr eindeutig einem Fahrzeug zugeordnet werden könnten und um etwaige Anvisierfehler. Der vom Revisionswerber gezogene Schluss, dass für eine Identifikation des Messgeräts nur dann kein Sachverständigengutachten erforderlich sei, wenn eine diesbezüglich bestätigende Stellungnahme des Bundesamts für Eich- und Vermessungswesen vorliege, lässt sich dem Erkenntnis nicht entnehmen. Eine eindeutige Zuordnung kann auch mit anderen Beweisergebnissen schlüssig begründet werden. Zudem lag fallbezogen eine Messentfernung von 120,5 m vor, weshalb sich der damalige Sachverhalt zudem insoweit von dem vorliegenden unterscheidet.
16 Auch im Zusammenhang mit dem Verweis auf die Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. Mai 2018, Ra 2018/02/0083, und vom 27. November 2018, Ra 2018/02/0252, lässt sich nichts für den Standpunkt des Revisionswerbers gewinnen. Der Verwaltungsgerichtshof stellte in den Entscheidungen klar, dass die Frage wieviel als Messtoleranz von der gemessenen Geschwindigkeit abzuziehen ist, im Rahmen des Sachverhalts festgestellt werden muss, sohin die Messgenauigkeit von Abstands und Geschwindigkeitskontrollsystemen keine Rechtsfrage, sondern eine Tatfrage darstellt. Als taugliche Beweismittel, um verlässliche Rückschlüsse und damit Feststellungen über die Messtoleranz des konkreten Gerätes machen zu können, seien etwa die Gebrauchsanweisung bzw. die Betriebsanleitung des Verkehrsgeschwindigkeitsmessgerätes, allenfalls die Beiziehung eines verkehrstechnischen Sachverständigen, anzusehen. Das Verwaltungsgericht hat im hier zu beurteilenden Revisionsfall die Messtoleranz wie bereits ausgeführt entsprechend den Verwendungsbestimmungen berücksichtigt. Eine Abweichung von der angeführten Judikatur ist daher nicht ersichtlich.
17 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 3. März 2025
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