Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Nedwed als Richter und die Hofrätinnen Mag. Dr. Maurer Kober und Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Andrés, über die Revision des S in W, vertreten durch die Wohlmuth Rechtsanwalts KG in 8430 Leibnitz, Hauptplatz 7, gegen die jeweils am 30. November 2023 mündlich verkündeten und am 5. Jänner 2024 schriftlich ausgefertigten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichts Wien jeweils vom 5. Jänner 2024, 1. VGW 042/018/11079/2023 20 und 2. VGW 042/018/11153/2023, betreffend Übertretungen des ASchG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit Straferkenntnissen der belangten Behörde jeweils vom 27. Juli 2023 wurde dem Revisionswerber zur Last gelegt, er habe es als gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der S GmbH in seiner Funktion als handelsrechtlicher Geschäftsführer zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeberin am 6. Juli 2022 (MBA/220000043044/2022) bzw. am 8. Juli 2022 (MBA/220000048363/2022) in der auswärtigen Arbeitsstelle auf einem näher genannten Festivalgelände nicht dafür gesorgt habe, dass die anlässlich des Festivals beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch geeignete Einrichtungen gegen Witterungseinflüsse geschützt worden seien, weil keine Einrichtungen gegen Witterungseinflüsse an deren ortsgebundenen ständigen Arbeitsplätzen im Freien vorhanden gewesen seien. Der Revisionswerber habe dadurch jeweils § 130 Abs. 1 Z 19 iVm § 61 Abs. 7 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) verletzt, weshalb über ihn gemäß § 130 Abs. 1 Z 16 ASchG jeweils eine Geldstrafe in der Höhe von € 1.120, (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag, 4 Stunden) verhängt, ein Haftungsausspruch gegenüber der S GmbH vorgenommen sowie ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens festgesetzt wurden.
2 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht Wien (Verwaltungsgericht) den zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Beschwerden nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung insofern statt, als es die zu MBA/220000043044/2022 verhängte Geldstrafe auf € 1.000, (die Ersatzfreiheitsstrafe auf 1 Tag, 1 Stunde) herabsetzte. Im Übrigen wies es die Beschwerden mit näher dargestellten Maßgaben ab.
3 Rechtlich sah das Verwaltungsgericht den Tatbestand des § 61 Abs. 7 zweiter Satz ASchG als erfüllt an. Die S GmbH sei vom Veranstalter eines näher genannten Festivals mit der Durchführung und Abwicklung der Sicherheitsaufgaben betraut worden. Von ihr beschäftigte Arbeitnehmer hätten Kontrolltätigkeiten an den Eingängen an unterschiedlichsten Stellen am Festivalgelände („Security Checkpoints“) im Freien, abseits von etwaigen aufgestellten Zelten bzw. dem Bühnengelände, durchgeführt. An den beiden Tattagen hätten rund 30 Positionen (am 6. Juli 2022 jedenfalls bis zur Kontrolle durch das Arbeitsinspektorat) über gar keinen Schutz gegen Witterungseinflüsse verfügt, obwohl derartige Einrichtungen möglich gewesen wären.
4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
5 Die Revision erweist sich als unzulässig:
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit der Revision zunächst vor, das Verwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a Z 1 VStG abgewichen, weil in den Sprüchen die Namen der betroffenen Arbeitnehmer und deren Arbeitsplatz jeweils anzuführen gewesen wären.
10 Nach § 44a Z 1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, „die als erwiesen angenommene Tat“ zu enthalten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es zur Erfüllung dieses Erfordernisses darauf an, dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorzuwerfen, dass dieser in die Lage versetzt ist, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und ihn rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis wird daher nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an den erwähnten Rechtsschutzüberlegungen zu messendes sein. Diese Rechtsschutzüberlegungen sind auch bei der Prüfung der Frage anzustellen, ob innerhalb der Verjährungsfrist des § 31 Abs. 1 VStG eine taugliche Verfolgungshandlung im Sinn des § 32 Abs. 2 VStG vorliegt oder nicht. Das bedeutet, dass die dem Beschuldigten vorgeworfene Tat lediglich insoweit unverwechselbar konkretisiert sein muss, dass dieser in die Lage versetzt wird, auf den Vorwurf zu reagieren und damit sein Rechtsschutzinteresse zu wahren (vgl. etwa VwGH 25.9.2017, Ra 2017/02/0101, mwN).
11 Eine derartige notwendigerweise einzelfallbezogene Beurteilung stellt im Regelfall (wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde) keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dar (vgl. VwGH 26.2.2020, Ra 2019/09/0072, mwN).
12 Eine solche grob fehlerhafte und unvertretbare Beurteilung des Verwaltungsgerichts legt die Revision in ihrem Zulässigkeitsvorbringen nicht dar. Der Revisionswerber zeigt nicht auf, dass er der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt wäre oder eine nähere Konkretisierung der genauen Positionen der Arbeitsplätze auf dem Festivalgelände geboten gewesen wäre, weil es ihm als Beschuldigten zweifelhaft gewesen sei, welche konkrete Taten ihm vorgeworfen worden seien. Einer namentlichen Nennung der einzelnen bei den Kontrollen angetroffenen Arbeitnehmern kommt keine rechtliche Bedeutung zu, geht es doch in § 61 Abs. 7 zweiter Satz ASchG um die generelle Gestaltung von ortsgebundenen Arbeitsplätzen im Freien (siehe in diesem Zusammenhang die in § 2 Abs. 4 ASchG enthaltenen Legaldefinition von „Arbeitsplätzen“), unabhängig von deren konkreter Besetzung. Dass sich auf dem freien Festivalgelände Arbeitsplätze für die Arbeitnehmer der S GmbH befunden hatten („Security Checkpoints“), die keinen geeigneten und möglichen Witterungsschutz aufwiesen, wurde vom Revisionswerber nicht bestritten und wird auch in der Revision nicht in Zweifel gezogen.
13 Zur weiteren Zulässigkeitsbegründung, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, was unter „geeigneten Einrichtungen“ im Sinn des § 61 Abs. 7 ASchG zu verstehen sei und welche Einrichtungen bei welchen Witterungseinflüssen errichtet werden müssen, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach die Begründung der Zulässigkeit der Revision (abgesehen von den Fällen einer abweichenden oder uneinheitlichen Rechtsprechung) die Darlegung erfordert, welche konkrete Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof noch nicht beantwortet hat. Ein pauschales oder nur ganz allgemein gehaltenes Vorbringen ohne Herstellung eines Fallbezuges und ohne jede fallbezogene Verknüpfung mit der angefochtenen Entscheidung reicht hierfür jedenfalls nicht aus (vgl. etwa VwGH 28.11.2024, Ra 2024/02/0207, mwN). Vorliegend wird kein Bezug zum konkreten Revisionssachverhalt hergestellt. Vor dem Hintergrund der unbekämpft gebliebenen Feststellungen, wonach an den „Security Checkpoints“ auf dem „freien“ Festivalgelände jeglicher Schutz vor Witterungseinflüssen gefehlt habe, ist zudem nicht erkennbar, inwieweit das Schicksal der Revision von der Beantwortung der vom Revisionswerber aufgeworfenen Frage abhängen sollte.
14 Wenn der Revisionswerber schließlich einen Verstoß gegen die Manuduktionspflicht rügt, weil er nicht über die Möglichkeit der Stellung eines Antrags auf Einvernahme von Zeugen hingewiesen worden sei, ist darauf zu verweisen, dass abgesehen davon, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der nach § 17 VwGVG auch im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten anzuwendende § 13a AVG nicht dazu verpflichtet, die Stellung bestimmter Beweisanträge anzuleiten (vgl. VwGH 28.1.2021, Ra 2020/02/0210, mwN) die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels für den Verfahrensausgang nicht dargelegt wird.
15 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 3. März 2025