JudikaturVwGH

Ra 2023/12/0168 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
19. Mai 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. a Nussbaumer Hinterauer sowie Hofrat Mag. Cede und Hofrätin Mag. Dr. Pieler als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Strasser, über die Revision des A H in W, vertreten durch Mag. Klaus Heintzinger, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Berggasse 4/1/3, gegen das am 13. November 2023 mündlich verkündete und am 23. November 2023 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts, W257 22775591/9E, betreffend Vorschuss zur besonderen Hilfeleistung gemäß § 23a GehG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Wien), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

1 Der Revisionswerber steht in einem öffentlich rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er wurde am 15. März 2022 während der Verrichtung seines Dienstes als Polizeibeamter am Körper verletzt.

2 Mit bedingtem Zahlungsbefehl eines Bezirksgerichts wurde dem Revisionswerber ein Betrag in Höhe von € 1.018,52 zugesprochen. Dieser Betrag umfasste Schmerzengeld, Verdienstentgang und Nebenspesen.

3 Der Vorfall vom 15. März 2022 wurde von der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau (BVAEB) mit Schreiben vom 21. Dezember 2022 als Dienstunfall gewertet.

4Mit Schreiben vom 6. November 2022 begehrte der Revisionswerber von der belangten Behörde einen Vorschuss nach § 23b Gehaltsgesetz 1956 (GehG) als besondere Hilfeleistung für Ansprüche auf Schmerzengeld in Höhe von € 550, sowie wegen Verdienstentgangs in Höhe von € 398,52 und stellte den Antrag, ihm einen Betrag in Höhe von € 550, zuzusprechen.

5Mit Bescheid der belangten Behörde vom 20. Juli 2023 wurde der Antrag des Revisionswerbers gemäß § 23a GehG abgewiesen, weil die Erwerbsfähigkeit lediglich neun Tage gemindert gewesen sei und keine Heilungskosten nachgewiesen worden seien.

6 Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber Beschwerde und führte darin unter anderem aus, dass das ursprüngliche Antragsbegehren aufgrund eines Schreibfehlers auf € 948,52 samt 4 % Zinsen vom 15. März 2022 bis 25. Oktober 2022 berichtigt werde.

7 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde „hinsichtlich des vor dem BVwG eingebrachten Antrages hinsichtlich des Ersatz der Heilungskosten“ zurück, im Übrigen wies es die Beschwerde ab. Die Revision erklärte es gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig. Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht aus, der Revisionswerber sei „nicht länger als zehn Tage in Krankenstand oder erwerbsgemindert“ gewesen. Zudem habe die belangte Behörde im Bescheid nicht über Heilungskosten abgesprochen und es seien solche erst vor dem Bundesverwaltungsgericht geltend gemacht worden. Da es sich dabei um ein neues Vorbringen handle, sei der „Antrag hinsichtlich Heilungskosten“ zurückzuweisen.

8 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.

9 In dem vom Verwaltungsgerichtshof durchgeführten Vorverfahren erstattete die belangte Behörde eine Revisionsbeantwortung.

10Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

11 In der Revision wird zur Begründung ihrer Zulässigkeit unter anderem vorgebracht, die Minderung der Erwerbsfähigkeit sei gemäß näher bezeichneter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht mit der Dauer des Krankenstandes gleichzusetzen. Zudem wird vorgebracht, die Belege betreffend Heilungskosten seien lediglich zum Beweis dafür, dass solche erwachsen seien, vorgelegt worden, ein Ersatz dieser Kosten sei im gesamten Verfahren (auch im Rechtsmittelverfahren) nicht begehrt worden. Dennoch sei darüber abgesprochen worden.

12 Mit diesem Vorbringen erweist sich die Revision als zulässig und berechtigt.

13Der Revisionsfall gleicht in der entscheidungswesentlichen Rechtsfrage, namentlich der Auslegung des Begriffs der „Minderung der Erwerbsfähigkeit“ gemäß § 23a Z 3 GehG und, ob eine solche mit der Dauer des Krankenstandes gleichgesetzt werden könne, jenem, der dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. Dezember 2024, Ra 2023/12/0107, zugrunde gelegen ist, sodass gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf dessen Begründung verwiesen wird.

14 Aus den dort dargelegten Gründen belastete das Bundesverwaltungsgericht auch das vorliegend angefochtene Erkenntnis mit einem sekundären Feststellungsmangel.

15 Schließlich trifft es zu, dass der Revisionswerber wie sich aus den vorgelegten Akten ergibt entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts im vorliegenden Beschwerdeverfahren keinen Antrag auf Ersatz von Heilungskosten gestellt hat (derartige Kosten waren auch im bedingten Zahlungsbefehl nicht enthalten), weshalb eine teilweise Zurückweisung der Beschwerde mangels diesbezüglicher Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts nicht in Betracht kommt.

16Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

17Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 19. Mai 2025