Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des Magistrats der Stadt Wien, vertreten durch Mag. Wilfried Embacher, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Schleifmühlgasse 5/8, der gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 30. Jänner 2023, Zl. VGW 122/043/14856/2022/E 2, betreffend Widerruf der Bewilligung zum Betrieb eines Kindergartens (mitbeteiligte Partei: Verein B, vertreten durch Mag. Sonja Scheed, Rechtsanwältin in 1220 Wien, Brachelligasse 16), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.
1 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 29. Oktober 2018 wurde die der mitbeteiligten Partei mit Bescheid vom 18. Mai 1998 erteilte Bewilligung zum Betrieb eines näher genannten Kindergartens widerrufen.
2 Aufgrund einer Beschwerde wurde am 10. September 2019 eine mündliche Verhandlung durchgeführt und vom Verwaltungsgericht Wien (Verwaltungsgericht) das Erkenntnis mit nachstehendem Spruch verkündet:
„I. Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG wird aufgrund der Beschwerde festgestellt, dass der gegenständliche Widerruf der Bewilligung zum Betrieb des Kindergartens nicht rechtmäßig war.“
3 Mit Beschluss vom 12. September 2019 berichtigte das Verwaltungsgericht das Erkenntnis vom 10. September 2019 dahingehend, dass dessen Spruchpunkt I. zu lauten habe:
4 „Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG wird festgestellt, dass der gegenständliche Widerruf zum Betrieb eines Kindergartens zum Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde rechtmäßig war. Im Übrigen wird der Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben.“
5 Mit Erkenntnis vom 5. November 2020, Ra 2020/10/0060, wurde dieser Berichtigungsbeschluss vom 12. September 2019 gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
6 Mit Erkenntnis vom 9. April 2020 stellte das Verwaltungsgericht aus seiner Sicht die schriftliche Ausfertigung des eingangs erwähnten, am 10. September 2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses, und zwar unter ausdrücklicher Berücksichtigung des Berichtigungsbeschlusses vom 12. September 2019 her. Der Spruch dieser Ausfertigung lautet wie folgt:
7 „Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG wird festgestellt, dass der gegenständliche Widerruf zum Betrieb eines Kindergartens zum Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde rechtmäßig war. Im Übrigen wird der Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben.“ (Spruchpunkt I.)
8 Mit Erkenntnis vom 11. November 2022, Ro 2020/10/0036, wurde dieses Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
9 Mit dem hier angefochtenen Erkenntnis vom 30. Jänner 2023, stellte das Verwaltungsgericht aufgrund der Beschwerde fest, dass „der gegenständliche Widerruf der Bewilligung zum Betrieb des Kindergartens nicht rechtmäßig war.“ Diese Erkenntnis wurde nach dem Vorbringen des Revisionswerbers am 17. Februar 2023 zugestellt.
10 Die dagegen erhobene Revision ist am 28. März 2023 beim Verwaltungsgericht eingelangt und wurde dem Verwaltungsgerichtshof vom Verwaltungsgericht am 1. September 2023 vorgelegt.
11 Die revisionswerbende Partei verband ihre Amtsrevision mit dem Antrag, ihr gemäß § 30 Abs. 2 VwGG aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Die Rechtskraft des angefochtenen Erkenntnisses bedeute einen unverhältnismäßigen Nachteil für den Revisionswerber, da er auf der Grundlage dieses Erkenntnisses nicht ausbezahlte Förderzahlungen nachzahlen müsse, sofern das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien, bei dem eine Klage der mitbeteiligten Partei anhängig sei, dieser Folge gebe. Würde das angefochtene Erkenntnis vom Verwaltungsgerichtshof aufgehoben werden, müsste der Revisionswerber die Förderzahlungen im ordentlichen Rechtsweg geltend machen. Aufgrund des Streitwerts „von EUR 278.599,69, s.A. könnten dabei in weiterer Folge Schwierigkeiten mit der Einbringlichkeit der Forderung auftreten.“
12 Gemäß § 30 Abs. 2 erster Satz VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof ab Vorlage der Revision auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und der Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
13 Ungeachtet der offenbar nicht auf Amtsrevisionen zugeschnittenen Formulierung des § 30 Abs. 2 VwGG ist die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung auch bei einer Amtsrevision zulässig. Als „unverhältnismäßiger Nachteil für den Revisionswerber“ ist hier jedoch eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung der von der Amtspartei zu vertretenden öffentlichen Interessen als Folge einer Umsetzung des angefochtenen Erkenntnisses in die Wirklichkeit zu verstehen. In diesem Zusammenhang obliegt es der eine Amtsrevision erhebenden Partei, bereits im Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung jene Umstände im Einzelnen darzutun, aus denen sich ein solcher „unverhältnismäßiger Nachteil“ ergibt (vgl. VwGH 2.3.2021, Ra 2020/08/0128, mwN). Diese Anforderungen an die Konkretisierungspflicht des Antragstellers sind streng (vgl. etwa VwGH 18.5.2018, Ra 2018/05/0059, mwN).
14 Mag auch die Konkretisierungspflicht in einer Amtsrevision nicht so weit gehen wie jene für eine „private“ Partei, die zur Geltendmachung ihrer überwiegenden Interessen ihre Vermögenslage weitgehend offenzulegen hat, ist doch auch von einer Amtspartei eine konkrete Gefahr der späteren Uneinbringlichkeit aufgrund des angefochtenen Bescheides zu leistender Zahlungen darzulegen (vgl. VwGH 25.8.2015, Ro 2015/12/0013). Eine allgemein gehaltene, durch keine konkreten Umstände in Bezug auf die finanziellen Verhältnisse der mitbeteiligten Partei untermauerte Antragsbegründung reicht zur Darlegung einer unverhältnismäßigen Beeinträchtigung der von der Amtspartei zu vertretenden öffentlichen Interessen nicht aus (vgl. VwGH 19.3.2020, Ra 2020/10/0016).
15 Die Begründung des vorliegenden Antrages genügt der Konkretisierungspflicht nicht. So wird etwa nicht einmal im Ansatz dargelegt, weshalb von einer Uneinbringlichkeit der Forderung auszugehen wäre. Schon aus diesem Grund war dem Antrag nicht stattzugeben.
Wien, am 3. Oktober 2023