Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie den Hofrat Mag. Haunold und die Hofrätin Dr. Holzinger als Richterinnen und als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Bamer, über die Revision des L W in R, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 16. März 2023, LVwG AV 194/005 2020, betreffend Behandlungsauftrag nach dem AWG 2002 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Scheibbs), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit Bescheid der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht vom 23. Jänner 2020 wurde der Revisionswerber als Rechtsnachfolger der verstorbenen Liegenschaftseigentümerin bzw. als Liegenschaftseigentümer verpflichtet, jeweils näher angeführte Altfahrzeuge, die auf näher bezeichneten Grundstücken für die Lagerung abgestellt seien, umgehend, spätestens jedoch bis zum 28. Februar 2020 nachweislich von einem hierzu Befugten entsorgen zu lassen und den Entsorgungsnachweis der belangten Behörde bis längstens 13. März 2020 unaufgefordert vorzulegen.
2 Einer gegen diesen Bescheid erhoben Beschwerde des Revisionswerbers gab das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (Verwaltungsgericht) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit der Maßgabe Folge, dass der Spruch des bekämpften Bescheides dahin zu lauten habe, dass der Revisionswerber gemäß § 73 Abs. 1 AWG 2002 verpflichtet sei, die von ihm auf den unbefestigten Grasflächen näher genannter Liegenschaften und somit mangels Vorliegens einer hierfür genehmigten Abfallbehandlungsanlage und für diese Lagerung vorgesehener geeigneter Orte entgegen § 15 Abs. 3 AWG 2002 gelagerten gefährlichen Abfälle in Form von näher angeführten Altfahrzeugen umgehend, spätestens jedoch bis zum 30. Juni 2023 zu entfernen und von einem hierzu Befugten entsorgen zu lassen. Die Entsorgungsnachweise seien der belangten Behörde bis längstens 15. Juli 2023 unaufgefordert vorzulegen. Weiters wurde der Revisionswerber zur Entrichtung von Verfahrenskosten für die Durchführung eines Ortsaugenscheins verpflichtet. Im Übrigen wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.
3 In seiner Entscheidungsbegründung führte das Verwaltungsgericht aus, aufgrund einer anonymen Anzeige sei nach Durchführung technischer Erhebungen am 19. September 2019 festgestellt worden, dass auf näher bezeichneten Liegenschaften Altfahrzeuge gelagert würden. Die (frühere) Eigentümerin der betreffenden Liegenschaften sei verstorben und im Zuge des Verlassenschaftsverfahrens nach dieser sei mit rechtskräftigem Beschluss des Bezirksgerichtes Scheibbs vom 20. März 2012 die Absonderung des Nachlasses zum Zweck der Trennung des gesamten Nachlassvermögens von jenem des Revisionswerbers, des Sohnes der verstorbenen Liegenschaftseigentümerin, bewilligt worden. Weiters sei dem Revisionswerber mit rechtskräftigem Beschluss des Bezirksgerichtes Scheibbs vom 21. Juni 2012 die Benützung und Verwaltung des rechtskräftig separierten Nachlassvermögens entzogen und eine Separationskuratorin bestellt worden. Mit dem rechtskräftigen Einantwortungsbeschluss des Bezirksgerichtes Scheibbs vom 17. Jänner 2014 sei dem Revisionswerber sodann unter anderem die Verlassenschaft nach seiner Mutter aufgrund seiner unbedingten Erbserklärung zur Gänze eingeantwortet worden, wobei diese Einantwortung mit der Maßgabe erfolgt sei, dass die angeordnete Nachlassseparation unverändert aufrecht bestehe und die Separationskuratorin bis zu einer Aufhebung der Nachlassabsonderung über die Nachlassaktiven weiterhin alleine verfügungsberechtigt sei.
4 In weiterer Folge legte das Verwaltungsgericht dar, dass es sich bei den verfahrensgegenständlichen Altfahrzeugen (mit Ausnahme eines näher beschriebenen Fahrzeuges, hinsichtlich dessen keine Abfalleigenschaft angenommen wurde) sowohl im subjektiven als auch im objektiven Sinn des § 2 AWG 2002 um Abfall handle. Auch handle es sich um gefährlichen Abfall.
5 Nach § 15 Abs. 3 AWG 2002 dürften Abfälle außerhalb von hiefür genehmigten Anlagen oder für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden und eine Ablagerung von Abfällen dürfe nur in hiefür genehmigten Deponien erfolgen. Der Revisionswerber habe nicht behauptet, über eine nach dem AWG 2002 genehmigte Anlage zu verfügen und dies sei im Verfahren auch nicht hervorgekommen. Im Übrigen könne schon aufgrund des nicht ausreichend dichten Untergrundes, auf dem die verfahrensgegenständlichen Altfahrzeuge gelagert würden, nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei den Lagerflächen um geeignete Orte im Sinne des § 15 Abs. 3 Z 2 AWG 2002 handle. Es sei von einer unzulässigen Lagerung der Altfahrzeuge auszugehen.
6 Zur Rechtsstellung des Revisionswerbers im Verfahren verwies das Verwaltungsgericht darauf, dass dem Revisionswerber aufgrund dessen unbedingter Erbserklärung die Verlassenschaft nach seiner Mutter mit rechtskräftigem Beschluss des Bezirksgerichtes Scheibbs vom 17. Jänner 2014 eingeantwortet worden sei, wobei diese Einantwortung mit der Maßgabe erfolgt sei, dass die mit Beschluss des Bezirksgerichtes Scheibbs vom 20. März 2012 angeordnete Nachlassseparation unverändert aufrecht bleibe und demnach die Separationskuratorin über die Nachlassaktiven alleine verfügungsberechtigt sei. Da das Eigentumsrecht des Revisionswerbers noch nicht im Grundbuch eingetragen worden sei, sei er „außerbücherlicher Eigentümer“ jener Liegenschaften, auf denen sich die verfahrensgegenständlichen Altfahrzeuge befänden. Auch außerbücherliche Eigentümer seien von der Bestimmung des § 74 AWG 2002, die eine subsidiäre Haftung des Liegenschaftseigentümers für Behandlungsaufträge vorsieht, umfasst.
7 Im Übrigen ging das Verwaltungsgericht aber auch davon aus, dass dem Revisionswerber der verfahrensgegenständliche Behandlungsauftrag schon aufgrund seiner Verpflichtetenstellung nach § 73 AWG 2002 zu erteilen gewesen sei. Es stehe für das Verwaltungsgericht fest, dass die verfahrensgegenständlichen Altfahrzeuge vom Revisionswerber selbst auf die unbefestigten Grünflächen der betreffenden Liegenschaften verbracht und dort gelagert worden seien, er sei daher „Verursacher“. Überdies sei der Revisionswerber auch „Abfallbesitzer“ iSd § 2 Abs. 6 Z 1 lit. b AWG 2002. Auf ein Verschulden des Revisionswerbers komme es in diesem Zusammenhang nicht an. Deshalb sei auch nicht relevant, aus welchen Gründen sich der Revisionswerber entschieden habe, die rechtswidrige Lagerung der verfahrensgegenständlichen Altfahrzeuge vorzunehmen und diese bis zum Jahr 2010 (als eine bau- und feuerpolizeiliche Sperre eines auf den in Rede stehenden Liegenschaften befindlichen Wohnhauses verfügt worden sei) und somit auch nach einer Lagerungszeit von mehr als zehn Jahren, als er auch nach seinen Angaben die Liegenschaften noch betreten und über diese Altfahrzeuge verfügen habe können, nicht entfernt und ordnungsgemäß gelagert habe.
8 Zum Einwand des Revisionswerbers, ihm dürfe deshalb kein Behandlungsauftrag erteilt werden, weil er infolge der nach wie vor aufrechten Nachlassseparation über die verfahrensgegenständlichen Altfahrzeuge und die Liegenschaften, auf denen diese gelagert seien, nicht verfügungsberechtigt sei, verwies das Verwaltungsgericht auf § 73a AWG 2002, wonach Liegenschaftseigentümer und die an den Liegenschaften dinglich oder obligatorisch Berechtigten das Betreten der Liegenschaften und der Anlagen und die Durchführung von gemäß § 73 AWG 2002 erforderlichen Maßnahmen unter anderem durch die zur Setzung dieser Maßnahmen verpflichteten Personen zu dulden haben.
9 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die sich gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG als unzulässig erweist.
10 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
11 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
13 Vorauszuschicken ist, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Beurteilung der Zulässigkeit der außerordentlichen Revision ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulässigkeitsbegründung erfolgt. Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. VwGH 25.7.2024, Ra 2024/07/0066 bis 0105, mwN).
14 In der Zulässigkeitsbegründung seiner Revision bringt der Revisionswerber zusammengefasst vor, er sei weder Verursacher der rechtswidrigen Lagerung der Altfahrzeuge auf den nachlasszugehörigen Liegenschaften gemäß § 73 AWG 2002 noch Liegenschaftseigentümer im Sinne der „vorzitierten Gesetzesstelle“ (gemeint wohl: § 74 AWG 2002). Der Zustand der Altfahrzeuge sei ausschließlich von der Republik Österreich bzw. dem Bezirksgericht Scheibbs als deren „Organ“ durch die Anordnung der Nachlassseparation und dem Entzug jedweder Verwaltung und Nutzung der nachlasszugehörigen Liegenschaften verursacht worden. Es fehle einschlägige Judikatur zu den Bestimmungen der § 73 Abs. 1 und Abs. 2 AWG 2002 sowie § 74 Abs. 1 AWG 2002 und dazu, ob einem rechtskräftig nachlassseparierten und auf den nachlasszugehörigen Liegenschaften nicht verbücherten Erben „eine Haftung nach dem AWG 2002 zuzuordnen“ sei, dem überdies jedwede Benützung der Wohn- und Wirtschaftsgebäude aufgrund einer baupolizeilichen Sperre entzogen worden sei. Der Revisionswerber macht geltend, er habe das Verrosten der Altfahrzeuge nicht schuldhaft verursachen können, weil ihm seit dem Jahr 2012 jedwede faktische und rechtliche Nutzung der nachlasszugehörigen Liegenschaften und infolgedessen der darauf befindlichen Fahrnisse rechtskräftig entzogen sei.
15 Mit diesem Vorbringen, das im Kern auf der vom Revisionswerber behaupteten Prämisse aufbaut, es sei ihm aufgrund der erfolgten Nachlassseparation und dem Beschluss über die Entziehung der Verwaltung und Benützung des rechtskräftig separierten Nachlassvermögens „rechtlich und faktisch“ unmöglich gewesen, die Altfahrzeuge rechtzeitig von den unbefestigten Grünflächen der Liegenschaften zu entfernen, weshalb er nicht als Verursacher vor dem Hintergrund des § 73 AWG 2002 angesehen werden könne, gelingt es ihm nicht, eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen. Insbesondere kommt es entgegen der vom Revisionswerber vertretenen Ansicht für die Frage seiner Stellung als Verursacher vor dem Hintergrund des § 73 AWG 2002 auf die Rechtswirkungen der im Jahr 2012 erfolgten Nachlassseparation bzw. der Entziehung der Verwaltung und Benützung des separierten Nachlassvermögens nicht an.
16 Unter Bezugnahme auf das vom Revisionswerber im Beschwerdeverfahren erstattete Vorbringen ging das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Erkenntnis nämlich davon aus, dass der Revisionswerber jedenfalls bis zum Jahr 2010 (als am 15. Oktober 2010 eine bau- und feuerpolizeiliche Sperre des auf einer der in Rede stehenden Liegenschaften errichteten Wohnhauses bescheidmäßig verfügt wurde) die in Rede stehenden Liegenschaften betreten und über die Altfahrzeuge verfügen habe können, und es ihm jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt nach einer Lagerzeit von mehr als zehn Jahren möglich gewesen wäre, die Altfahrzeuge zu entfernen oder ordnungsgemäß zu lagern. Dabei nahm das Verwaltungsgericht erkennbar an, dass es sich bei den verfahrensgegenständlichen Altfahrzeugen zu diesem Zeitpunkt bereits um Abfälle gehandelt habe. Dieser Beurteilung tritt der Revisionswerber in der Zulässigkeitsbegründung seiner Revision gänzlich unsubstantiiert entgegen. Da damit aber nach dem angefochtenen Erkenntnis die Eigenschaft des Revisionswerbers als Verursacher und somit als Verpflichteter im Sinne des § 73 Abs. 1 AWG 2002 schon auf Umstände gegründet ist, die sich spätestens bis zum Jahr 2010 ereignet haben, zeigt der Revisionswerber mit der in der Zulässigkeitsbegründung seiner Revision in diesem Zusammenhang relevierten Frage nach den Auswirkungen der Beschlüsse des Bezirksgerichtes Scheibbs aus dem Jahr 2012 auf seine Dispositionsmöglichkeiten über die verfahrensgegenständlichen Altfahrzeuge und die behauptete „Unterbrechung der Kausalkette“ im Hinblick auf seine Verpflichteteneigenschaft keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG auf.
17 Dies gilt auch für die vom Revisionswerber in der Zulässigkeitsbegründung seiner Revision wiederholt angesprochene Erlassung der bau- und feuerpolizeilichen Sperre vom 15. Oktober 2010. Zu dieser ist im Übrigen zu bemerken, dass sich der betreffende Bescheid nach der Aktenlage lediglich auf ein auf einer der in Rede stehenden Liegenschaften befindliches Wohnhaus bezieht und nicht auf jene Grünflächen der Liegenschaften, auf denen die verfahrensgegenständlichen Altfahrzeuge gelagert sind, weshalb ihr auch insoweit fallbezogen keine Relevanz zukommen kann.
18 Auch soweit der Revisionswerber in der Zulässigkeitsbegründung seiner Revision beanstandet, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, er sei aufgrund einer äußeren Erscheinung der Herrschaft über die verfahrensgegenständlichen Altfahrzeuge nach Maßgabe der Verkehrsauffassung als deren Inhaber und somit als Abfallbesitzer iSd § 2 Abs. 6 Z 1 lit. b AWG 2002 anzusehen, stützt er dieses Vorbringen lediglich auf die im Jahr 2012 ergangenen Beschlüsse des Bezirksgerichtes Scheibbs bzw. teilweise auch auf die im Jahr 2010 erlassene bau- und feuerpolizeiliche Sperre. Auch mit diesem Vorbringen wird jedoch keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt, weil wie bereits dargetan die Beurteilung des Verwaltungsgerichtes, der Revisionswerbers sei Verursacher der rechtswidrigen Lagerung der Altfahrzeuge, auf Umstände gegründet ist, die sich schon vor diesen Zeitpunkten ereignet haben.
19 Schließlich kommt der vom Revisionswerber in der Zulässigkeitsbegründung seiner Revision relevierten Frage, ob er als eingeantworteter Erbe und somit außerbücherlicher Eigentümer der in Rede stehenden Liegenschaften im Zusammenhang mit der bestehenden Nachlassseparation als „Liegenschaftseigentümer“ iSd § 74 Abs. 1 AWG 2002 anzusehen ist, fallbezogen keine Bedeutung zu, weil das Verwaltungsgericht seine Entscheidung tragend auf § 73 Abs. 1 AWG 2002 gestützt hat.
20 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgezeigt, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 7. Oktober 2024