Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. Bachler und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Bamer, über die Revision der revisionswerbenden Parteien 1. D M und 39 weiteren, alle vertreten durch die List Rechtsanwalts GmbH in 1180 Wien, Weimarer Straße 55/1, gegen das Erkenntnis und den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 29. Jänner 2024, Zl. LVwG-552652/6/Kü/BeH - 552694/2, betreffend Genehmigung nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Oberösterreich; mitbeteiligte Partei: R GmbH in M), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 1. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht) vom 25. Mai 2023 wurde im vereinfachten Verfahren der mitbeteiligten Partei gemäß §§ 37 Abs. 3 Z 3, 38, 43 Abs. 1 und 4, 47 und 50 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) die abfallwirtschaftsrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Metallaufbereitungsanlage zur Zerkleinerung und Trennung von Elektroschrott, Kunststoff- und Kabelabfällen in einer bestehenden Halle, im Wesentlichen bestehend aus (jeweils näher beschrieben) einem Inputlager (Big Bags und lose Schüttung), einer Mühle, zwei Kabelrecyclingmaschinen, einem Vibro(nass-)waschtisch, einem Outputlager (Big Bags), Büro-, Aufenthalts- und Sanitärräumen sowie zwölf Parkplätzen und einer LKW Waage auf den Grundstücken Nr. 2972/9 und 2972/39, KG M., nach Maßgabe der vorgelegten Projektunterlagen unter Vorschreibung von Nebenbestimmungen erteilt.
2 Gegen diesen Bescheid erhoben unter anderem die revisionswerbenden Parteien Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht), das mit Spruchpunkt A. (Erkenntnis) der angefochtenen Entscheidung die Beschwerden der erst-, zweit-, dritt-, zehnt bis 18.-, 22.-, 28.- und 35.-revisionswerbenden Parteien als unbegründet abwies und mit Spruchpunkt B. (Beschluss) unter anderem die Beschwerden der viert bis neunt-, 19.- bis 21.-, 23.- bis 27.-, 29.- bis 34.- und 36.- bis 40. revisionswerbenden Parteien als unzulässig zurückwies. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde zu beiden genannten Spruchpunkten für unzulässig erklärt.
3 Das Verwaltungsgericht stellte unter anderem fest, dass in der gegenständlichen Metallaufbereitungsanlage zur Zerkleinerung und Trennung von Elektroschrott, Kunststoff- und Kabelabfällen projektgemäß ausschließlich nicht gefährliche Abfälle, welche den Abfall-Schlüsselnummern 35314, 35315, 57131, 57801, 57803, 57804, 35103 und 35208 nach der Abfallverzeichnisverordnung, BGBl. II Nr. 409/2020, zuzuordnen seien, als Input-Stoffe eingebracht werden sollen.
4 Durch das beantragte Projekt würden ausschließlich die nicht im Eigentum einer der revisionswerbenden Parteien stehenden Grundstücke Nr. 2972/9 und 2972/39 in Anspruch genommen. Die bewohnten Liegenschaften jener revisionswerbenden Parteien, deren Beschwerden mit der angefochtenen Entscheidung abgewiesen worden seien, lägen im möglichen Immissionsbereich der gegenständlichen Behandlungsanlage, sämtliche Liegenschaften (unter anderem) der anderen revisionswerbenden Parteien lägen außerhalb des genannten möglichen Immissionsbereiches.
5 Beweiswürdigend hielt das Verwaltungsgericht fest, insbesondere den im verwaltungsbehördlichen Verfahren eingeholten, den aktuellen Stand der Technik berücksichtigenden und sich mit den Vorbringen der Beschwerdeführer fachlich detailliert befassenden Gutachten der Amtssachverständigen ließen sich schlüssig die entscheidungswesentlichen Punkte (vor allem das für die Beurteilung der Nachbarstellung maßgebliche räumliche Naheverhältnis [„möglicher Immissionsbereich der Anlage“]) entnehmen.
6 Mit dem Beschwerdevorbringen, wonach der Privatsachverständige Ing. S. die vorgeschlagenen Abfall-Schlüsselnummern in Frage gestellt habe und insofern nicht zweifelsfrei feststellbar sei, ob „gefährliche Abfälle“ im Sinn des AWG 2002 vorlägen, werde kein Widerspruch im Hinblick auf die relevante Sachverhaltsfrage, welche Qualität das Input-Material aufweise, aufgezeigt. Wie auch aus dem schlüssigen Gutachten der von der belangten Behörde beigezogenen Amtssachverständigen hervorgehe, würden vorhabensgemäß (insbesondere durch die entsprechenden, zu überprüfenden Nachweise) nur nicht gefährliche Abfälle übernommen.
7 Auch mit den übrigen Beschwerdevorbringen (etwa Feststellungsmangel bezüglich mögliche „offene Lüftungen“) würden keine Widersprüche hinsichtlich des im Hinblick auf die Sache des Beschwerdeverfahrens (Frage des Vorliegens der Voraussetzungen des vereinfachten Verfahrens und „Nachbareigenschaft“ der Beschwerdeführer) festzustellenden Sachverhalts aufgezeigt, sodass die Klärung dieser Fragen dahingestellt bleiben könne.
8 In seinen rechtlichen Erwägungen stellte das Verwaltungsgericht zunächst klar, dass es sich bei einem (vereinfachten) abfallrechtlichen Genehmigungsverfahren nach § 50 AWG 2002 um ein Projektgenehmigungsverfahren handle, in dem das in den Einreichunterlagen dargestellte Projekt zu beurteilen sei. Insofern komme es nicht darauf an, welcher Zustand aktuell bestehe bzw. von den Beschwerdeführern aufgrund der „Erfahrungen in der Vergangenheit“ für die Zukunft befürchtet werde. Entscheidend und ausschließlich beurteilungsrelevant sei vielmehr, welcher Zustand projektgemäß herbeigeführt werden solle.
9 Etwaige künftige Abweichungen von einem konsensgemäßen (auch sämtliche Nebenbestimmungen umsetzenden) Betrieb würden gegebenenfalls wie auch bereits von der belangten Behörde dargelegt worden sei andere rechtliche Konsequenzen (insbesondere verwaltungsstrafrechtlicher und polizeilicher Natur) nach sich ziehen bzw. einer etwaigen neuerlichen Genehmigung samt entsprechender Beurteilung bedürfen.
10 Sache des Beschwerdeverfahrens sei ausschließlich die Frage, ob die von der mitbeteiligten Partei beantragte Anlage durch die belangte Behörde rechtskonform im vereinfachten Genehmigungsverfahren nach § 50 AWG 2002 bewilligt worden sei, und damit zusammenhängend, welchen Beschwerdeführern als „Nachbarn“ im Sinne des AWG 2002 ein Recht auf Überprüfung dieser Frage zukomme.
11 Gemäß § 50 Abs. 1 und Abs. 4 AWG 2002 komme Nachbarn im vereinfachten Verfahren anders als im (ordentlichen) Genehmigungsverfahren (§ 42 AWG 2002) keine Parteistellung zu. Hinsichtlich der Frage, ob überhaupt die Voraussetzungen des vereinfachten Verfahrens gegeben seien, komme Nachbarn jedoch eine insoweit eingeschränkte Parteistellung zu.
12 Das für die Beurteilung der Nachbarstellung nach dem AWG 2002 maßgebliche räumliche Naheverhältnis werde durch den möglichen Immissionsbereich der beantragten Anlage bestimmt. Nachbarstellung komme einer Person sohin dann nicht zu, wenn für sie eine von der abfallrechtlich zu genehmigenden Anlage ausgehende Gefährdung oder Belästigung von vornherein auszuschließen sei.
13 Jene Beschwerdeführer, deren Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen werde, bewohnten Liegenschaften, die sich außerhalb des möglichen Immissionsbereichs der projektierten Behandlungsanlage befänden. Eine von der Behandlungsanlage ausgehende Gefährdung oder Belästigung sei für sie daher von vornherein auszuschließen, weshalb sie nicht als Nachbarn im Sinn des § 2 Abs. 6 Z 5 AWG 2002 zu qualifizieren seien. Mangels Nachbareigenschaft komme ihnen kein subjektives Recht auf Klärung der Frage, ob für die Bewilligung der gegenständlichen Anlage von der belangten Behörde zu Recht das vereinfachte Verfahren herangezogen worden sei, und in der Folge kein diesbezügliches Beschwerderecht an das Verwaltungsgericht zu.
14 Jene Beschwerdeführer, deren Beschwerde als unbegründet abgewiesen werde, bewohnten Liegenschaften, die sich im möglichen Immissionsbereich der projektierten Anlage befänden. Ihnen komme somit eine auf die Frage des Vorliegens der Voraussetzungen eines vereinfachten Genehmigungsverfahrens beschränkte Parteistellung (bzw. ein diesbezügliches Beschwerderecht beim Verwaltungsgericht) zu.
15 Die mitbeteiligte Partei habe eine Metallaufbereitungsanlage zur Zerkleinerung und Trennung von Elektroschrott, Kunststoff- und Kabelabfällen in einer bestehenden Halle beantragt. Projektgemäß sollten dabei ausschließlich nicht gefährliche Abfälle, welche den (bereits genannten) Abfall Schlüsselnummern nach der Abfallverzeichnisverordnung zuzuordnen seien, als Input Stoffe eingebracht werden.
16 Die beantragte Kapazität pro Jahr liege mit 2.000 Tonnen nicht gefährlicher Abfälle weit unter den als Schwellenwert in § 37 Abs. 3 Z 3 AWG 2002 normierten 10.000 Tonnen. Es handle sich auch nicht um eine IPPC Behandlungsanlage oder einen Seveso-Betrieb. Insofern lägen sämtliche in § 37 Abs. 3 Z 3 AWG 2002 angeführten Kriterien für die Anwendbarkeit des vereinfachten Verfahrens vor.
17 Eine öffentliche mündliche Verhandlung habe unterbleiben können, weil die Aktenlage erkennen lasse, dass einerseits die Beschwerden näher genannter Beschwerdeführer zurückzuweisen seien bzw. die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der verfahrensgegenständlichen Rechtssache (Vorliegen oder Nichtvorliegen der Voraussetzungen für ein vereinfachtes Verfahren) nicht erwarten lasse (§ 24 Abs. 2 Z 1 iVm Abs. 4 VwGVG).
18 2. Gegen diese Entscheidung des Verwaltungsgerichts richtet sich die außerordentliche Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
19 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B VG).
20 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
21 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
22 Die Beurteilung der Zulässigkeit der außerordentlichen Revision erfolgt ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulässigkeitsbegründung. Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. etwa VwGH 2.5.2024, Ra 2023/07/0026, mwN).
23 Nachbarn gemäß § 2 Abs. 6 Z 5 AWG 2002 sind Personen, die durch die Errichtung, den Bestand, den Betrieb oder eine Änderung einer Behandlungsanlage gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder deren dingliche Rechte gefährdet werden könnten.
Einem Nachbarn kommt im vereinfachten Verfahren gemäß § 50 AWG 2002 nur hinsichtlich der Frage, ob die Voraussetzungen des vereinfachten Verfahrens gegeben sind, eine (insoweit eingeschränkte) Parteistellung zu (vgl. VwGH 26.6.2018, Ra 2016/05/0082, mwN).
24 3. In der Revision wird zur Begründung ihrer Zulässigkeit ein Abweichen von der hg. Rechtsprechung behauptet, weil das Verwaltungsgericht keine mündliche Verhandlung, die von den revisionswerbenden Parteien beantragt worden sei, durchgeführt habe.
25 Zunächst ist festzuhalten, dass das Verwaltungsgericht in seiner bereits zitierten Begründung für das Unterbleiben der mündlichen Verhandlung eine Trennung insofern vorgenommen hat, als es sich soweit die Beschwerden zurückgewiesen wurden auf die Bestimmung des § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG und soweit die Beschwerden abgewiesen wurden auf § 24 Abs. 4 VwGVG stützte.
26 3.1. In der Zulässigkeitsbegründung der Revision wird im Hinblick auf § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG zunächst (bloß) vorgebracht, dass die teilweise Zurückweisung der Beschwerden einiger revisionswerbender Parteien das Verwaltungsgericht nicht allgemein befähige, von einer mündlichen Verhandlung abzusehen. Dazu wird (vermeintlich) wörtlich aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Dezember 2021, Ra 2021/04/0190, zitiert, in den weiteren Zulässigkeitsausführungen jedoch nur noch auf die Bestimmung des § 24 Abs. 4 VwGVG Bezug genommen.
27 Das in der Revision wiedergegebene Zitat findet sich im hg. Erkenntnis Ra 2021/04/0190 in dieser Form nicht, sehr wohl allerdings die die revisionswerbenden Parteien offenbar vor Augen habenden und auf das hg. Erkenntnis vom 25. September 2019, Ra 2018/09/0192, Bezug nehmenden Ausführungen, „dass es nicht Sache der Partei ist, die Voraussetzungen ihrer Parteistellung unter Beweis zu stellen, sondern es dem Verwaltungsgericht obliegt, die Frage der Parteistellung von Amts wegen zu prüfen. Im konkreten Fall, bei dem die Frage der Parteistellung durch die strittige Auslegung von Urkunden und die beantragte Einvernahme von Personen zu klären gewesen wäre, kam der Verwaltungsgerichtshof daher zum Ergebnis, dass das Verwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung hätte durchführen müssen.“
28 Gerade im Erkenntnis vom 13. Dezember 2021, Ra 2021/04/0190, stellten sich jedoch keine derartigen Fragen, deren Erörterung eine mündliche Verhandlung erfordert hätten. Darüber hinaus hob der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis hervor, dass das Verwaltungsgericht weder den Sachverhalt ergänzt noch seine Zurückweisungsentscheidung auf Umstände gestützt hatte, die nicht Teil des verwaltungsbehördlichen Verfahrens gewesen waren und die die Parteien nicht gekannt hätten. Vom Verwaltungsgericht war auch keine (gegenüber dem angefochtenen Bescheid) ergänzende Beweiswürdigung vorgenommen worden. Das Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung beurteilte der Verwaltungsgerichtshof im erwähnten Erkenntnis daher nicht als rechtswidrig.
29 Auch im vorliegenden Fall stützte sich das Verwaltungsgericht ausschließlich auf die Ergebnisse des verwaltungsbehördlichen Verfahrens, die den revisionswerbenden Parteien bekannt waren, insbesondere die in diesem Verfahren eingeholten Amtssachverständigengutachten, und es nahm keine vom Bescheid der belangten Behörde abweichende Beweiswürdigung vor. Dies gilt vor allem auch für die - von den revisionswerbenden Parteien an späterer Stelle der Zulässigkeitsausführungen angesprochene - Frage, welche Qualität das Input-Material (nach dem bewilligten Vorhaben) aufweise.
30 Auf die weitere von den revisionswerbenden Parteien im Zusammenhang mit dem in Rede stehenden Vorbringen zitierte Judikatur (auf die in weiterer Folge nicht mehr Bezug genommen wird) ist nicht näher einzugehen, zumal damit auch der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach der Revisionswerber konkret darzulegen hat, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt einer der von ihm ins Treffen geführten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hat und es damit von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist (vgl. etwa VwGH 10.5.2023, Ra 2023/07/0076), nicht entsprochen wird.
31 Hinsichtlich des Unterbleibens der mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG enthält die Zulässigkeitsbegründung der Revision somit bezogen auf das vorliegende Verfahren kein Vorbringen, das ein Abweichen der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts von der zitierten hg. Rechtsprechung nahelegen würde.
32 3.2. Gegen das auf § 24 Abs. 4 VwGVG gestützte Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht wendet sich die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung mit dem Vorbringen, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes habe der Gesetzgeber als Zweck einer mündlichen Verhandlung nicht nur die Klärung des Sachverhaltes und die Einräumung von Parteiengehör vor Augen gehabt, sondern auch die mündliche Erörterung der nach der Aktenlage strittigen Rechtsfrage zwischen den Parteien und dem Gericht (Verweis unter anderem auf VwGH 30.9.2015, Ra 2015/06/0007).
Die revisionswerbenden Parteien hätten mehrfach die Mangelhaftigkeit der Projektunterlagen sowie die Unvollständigkeit der Gutachten der Amtssachverständigen vorgebracht.
Ferner komme ein Entfall der Verhandlung nach § 24 Abs. 4 VwGVG nicht in Betracht, wenn Art. 6 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) oder Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) die Durchführung einer solchen gebieten. Die Revision verweist in diesem Zusammenhang auf hg. Judikatur, wonach Nachbarrechte im Baubewilligungsverfahren in so engem Zusammenhang mit Auswirkungen des Bauvorhabens auf das Nachbargrundstück und dessen Wert bzw. auf den ungestörten Genuss des Eigentums am Nachbargrundstück stünden, dass sie als „civil rights“ anzusehen seien. Die Judikatur stelle diese enge Bindung auch bei Verfahren zur Erteilung der Betriebsgenehmigung nach dem NÖ ElektrizitätswesenG 2005 fest.
Auch in der gegenständlichen Angelegenheit sei es um „civil rights“ gegangen, weil die Nachbarrechte in engem Zusammenhang mit den Auswirkungen einer Genehmigung der Errichtung und des Betriebs einer Metallaufbereitungsanlage stünden.
Insbesondere hätten die revisionswerbenden Parteien die Frage aufgeworfen, ob die Wahl der Schlüsselnummern korrekt erfolgt sei. Der Privatsachverständige Ing. S. habe in seinem Gutachten vom 24. April 2023 die Erläuterungen der Amtssachverständigen als unvollständig beurteilt. Er habe darauf hingewiesen, dass die Frage nach giftigen Stoffen wie Chlor, Phthalaten DEHP, etc. nicht vollständig beantwortet worden sei und daher offen bleibe, ob möglicherweise entgegen § 37 Abs. 3 Z 3 AWG 2002 gefährliche Stoffe verarbeitet werden sollen. Diesfalls wäre ein vereinfachtes Verfahren gemäß § 50 AWG 2002 nicht möglich und den Revisionswerbern käme im Rahmen des Genehmigungsverfahrens Parteistellung zu. Die Klärung der zuzuführenden Abfallarten sei eine Frage des Sachverhaltes und keine reine Rechtsfrage.
33 Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der GRC entgegenstehen.
Die Akten lassen dann im Sinn des § 24 Abs. 4 VwGVG erkennen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, wenn von vornherein absehbar ist, dass die mündliche Erörterung nichts zur Ermittlung der materiellen Wahrheit beitragen kann, wenn also die Voraussetzungen hinsichtlich der Klärung des Sachverhaltes gegeben sind und auch keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, für die eine Erörterung in einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erforderlich wäre. Bei konkretem sachverhaltsbezogenem Vorbringen des Revisionswerbers vor dem Verwaltungsgericht ist eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Hingegen liegen die Voraussetzungen für ein Absehen von der Verhandlung vor, wenn in der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet wurde und auch keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, deren Erörterung in einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erforderlich wäre. Ein bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhalts kann außer Betracht bleiben.
Art. 6 Abs. 1 EMRK bzw. Art. 47 GRC stehen einem Entfall der Verhandlung nicht entgegen, wenn es ausschließlich um rechtliche oder sehr technische Fragen geht oder wenn das Vorbringen des Revisionswerbers angesichts der Beweislage und angesichts der Beschränktheit der zu entscheidenden Fragen nicht geeignet ist, irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich macht. Der Verzicht auf eine mündliche Verhandlung kann auch in Fällen gerechtfertigt sein, in welchen lediglich Rechtsfragen beschränkter Natur oder von keiner besonderen Komplexität aufgeworfen werden (vgl. zum Ganzen VwGH 23.2.2023, Ra 2023/07/0003, mwN; zu den Voraussetzungen des Unterbleibens einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG vgl. ferner etwa VwGH 26.6.2018, Ra 2018/05/0189, und VwGH 18.1.2024, Ra 2023/05/0262, jeweils mwN).
34 Die Frage, ob im vorliegenden Fall „civil rights“ im Sinn des Art. 6 Abs. 1 EMRK betroffen sein könnten, kann dahinstehen, weil diese Bestimmung einem Entfall der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht schon aus nachstehenden Gründen nicht entgegen stand.
35 Im Rahmen des zitierten Zulässigkeitsvorbringens nehmen die revisionswerbenden Parteien lediglich mit den in keiner Weise konkretisierten Ausführungen, sie hätten „die Frage aufgeworfen, ob die Wahl der Schlüsselnummern korrekt erfolgte“, und den dargelegten Ausführungen des Privatsachverständige Ing. S., wonach offen bleibe, ob möglicherweise gefährliche Stoffe verarbeitet werden sollen, auf das durchgeführte Verfahren Bezug.
36 Die revisionswerbenden Parteien bestreiten dabei allerdings nicht die (zutreffenden) verwaltungsgerichtlichen Darlegungen, wonach es sich bei einem (vereinfachten) abfallrechtlichen Genehmigungsverfahren nach § 50 AWG 2002 um ein Projektgenehmigungsverfahren handle und entscheidend sei, welcher Zustand projektgemäß herbeigeführt werden solle.
37 Nun hat bereits die belangte Behörde in den Nebenbestimmungen ihres Bescheides vom 25. Mai 2023 vorgeschrieben, dass in der Behandlungsanlage der mitbeteiligten Partei nur näher genannte (und nach Abfall Schlüsselnummern bezeichnete) Abfälle entsprechend der Abfallverzeichnisverordnung übernommen und behandelt bzw. zwischengelagert werden dürfen. Ferner ist nach dem behördlichen Bescheid, basierend auf den Ausführungen im Bundesabfallwirtschaftsplan 2023, die Übernahme von Kabelabfällen als nicht gefährlicher Abfall nur bei Erfüllung einer der im Bescheid angeführten Voraussetzungen möglich.
38 Das Verwaltungsgericht hielt in der angefochtenen Entscheidung hinsichtlich der Qualität des Input-Materials fest, dass projektgemäß (insbesondere durch die entsprechenden, zu überprüfenden Nachweise) nur nicht gefährliche Abfälle übernommen würden. Es betonte ferner, dass etwaige künftige Abweichungen von einem konsensgemäßen (auch sämtliche Nebenbestimmungen umsetzenden) Betrieb andere rechtliche Konsequenzen nach sich zögen bzw. einer etwaigen neuerlichen Genehmigung samt entsprechender Beurteilung bedürften.
39 Die revisionswerbenden Parteien stellen in ihrer Zulässigkeitsbegründung weder die dargestellten Nebenbestimmungen des behördlichen Bescheides in Abrede noch treten sie den genannten Ausführungen des Verwaltungsgerichts substantiiert entgegen. Sie zeigen nicht ansatzweise die allfällige Unrichtigkeit der verwaltungsgerichtlichen und behördlichen Überlegungen auf. Gleiches gilt auch für ihr lediglich allgemeines Vorbringen, sie hätten im gegenständlichen Verfahren „die Mangelhaftigkeit der Projektunterlagen“ und „die Unvollständigkeit der Gutachten der Amtssachverständigen“ geltend gemacht, das im Ergebnis überdies soweit es einen Verweis auf das Vorbringen im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht und im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde impliziert die erforderliche gesonderte Darlegung der Zulässigkeit der Revision nicht zu ersetzen vermag (vgl. VwGH 30.4.2024, Ra 2024/07/0114, mwN).
40 Ist aber von der erteilten Genehmigung die Einbringung von ausschließlich nicht gefährlichen Abfällen umfasst, erweist sich das dazu in Widerspruch stehende Vorbringen, es bleibe offen, ob möglicherweise entgegen § 37 Abs. 3 Z 3 AWG 2002 gefährliche Stoffe verarbeitet würden, für die Beurteilung der Revision als nicht entscheidend. Der relevante Sachverhalt (insbesondere hinsichtlich der Input-Stoffe) ist nach dem Gesagten auch in Anbetracht des Vorbringens der revisionswerbenden Parteien als nicht strittig zu beurteilen. Vor diesem Hintergrund zeigen die revisionswerbenden Parteien nicht auf, dass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich gewesen wäre.
41 4. In der Revision wird zur Begründung ihrer Zulässigkeit weiters (und in dieser Allgemeinheit unzutreffend) vorgebracht, das Verwaltungsgericht habe entgegen der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes „den Revisionswerbern“ die Stellung als Partei und das Parteiengehör versagt.
42 Soweit die revisionswerbenden Parteien bemängeln, es sei ihnen das Parteiengehör (zu Unrecht) nicht gewährt worden, weil „projektgegenständlich nicht bloß ungefährliche Abfälle behandelt“ würden, weshalb ein vereinfachtes Verfahren gemäß § 50 AWG 2002, in dem Nachbarn nur ein Anhörungsrecht hätten, nicht anwendbar sei, weichen sie von den bereits erwähnten Feststellungen des Verwaltungsgerichts, wonach projektgemäß ausschließlich nicht gefährliche Abfälle als Input-Stoffe eingebracht würden, ab, ohne darzulegen, weshalb diese Feststellungen unzutreffend sein sollten.
43 In weiterer Folge wendet sich die Zulässigkeitsbegründung gegen die vom Verwaltungsgericht getroffene, auf den Immissionsbereich der gegenständlichen Anlage abstellende „Differenzierung zwischen den Revisionswerbern“. Die belangte Behörde habe bei der Beurteilung des Immissionsbereiches „einerseits einen fehlerhaften Abfallschlüsselkatalog und andererseits die Auflage des Amtssachverständigen für Lärmtechnik bedarfsmäßige Öffnung der Fenster am Betriebsstandort nicht miteinbezogen“. Bei Berücksichtigung der durch offene Lüftungen die Revisionswerber beeinträchtigenden schädlichen Abluft und Geruchsbelastung hätte das Verwaltungsgericht zu dem Schluss kommen können, dass der Immissionsbereich auch das Eigentum derjenigen Revisionswerber umfasse, deren Beschwerde mangels Betroffenheit zurückgewiesen worden sei, und dass das Projekt, selbst nach Durchführung eines Verfahren gemäß § 37 Abs. 1 AWG 2002, nicht genehmigungsfähig sei.
44 Wie bereits dargelegt, hat das Verwaltungsgericht im Zusammenhang mit dem angesprochenen Abfallschlüsselkatalog, somit der Qualität des Input Materials, auch unter Einbeziehung der Ausführungen des Privatsachverständigen Ing. S. und der als schlüssig qualifizierten Gutachten der von der belangten Behörde beigezogenen Amtssachverständigen festgehalten, dass vorhabensgemäß nur nicht gefährliche Abfälle übernommen würden, wobei insbesondere auch entsprechende, zu überprüfende Nachweise hervorgehoben wurden. Dass diese Beurteilung unzutreffend oder gegebenenfalls unter dem Gesichtspunkt der Beweiswürdigung unvertretbar wäre, wird mit dem in Rede stehenden Zulässigkeitsvorbringen nicht aufgezeigt.
45 Gleiches gilt hinsichtlich des Vorbringens betreffend die „bedarfsmäßige Öffnung am Betriebsstandort“.
Zum einen legen die revisionswerbenden Parteien nicht dar, weshalb die auf Gutachten der Amtssachverständigen gestützten verwaltungsgerichtlichen Erwägungen betreffend das für die Beurteilung der Nachbarstellung maßgebliche räumliche Naheverhältnis (möglicher Immissionsbereich der Anlage) unvertretbar wären.
Zum anderen gehen sie auf die Beurteilung des Verwaltungsgerichts, wonach mit dem unter anderem mögliche „offene Lüftungen“ betreffenden Beschwerdevorbringen im Hinblick auf die Sache des Beschwerdeverfahrens keine Widersprüche hinsichtlich des festzustellenden Sachverhalts aufgezeigt worden seien, sodass die Klärung dieser Fragen dahingestellt habe bleiben könne, nicht ein. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Revision aber unzulässig, wenn ein Erkenntnis auf einer tragfähigen Alternativbegründung beruht und im Zusammenhang damit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG aufgezeigt wird. Dies gilt selbst dann, wenn davon auszugehen wäre, dass die anderen Begründungsalternativen rechtlich unzutreffend sind (vgl. etwa VwGH 20.2.2024, Ra 2024/07/0007, mwN).
46 Die Verletzung des Parteiengehörs machen die revisionswerbenden Parteien ferner mit dem Vorbringen geltend, dass das angefochtene Erkenntnis nicht ausreichend begründet worden sei. Eine tatsächliche Auseinandersetzung mit dem Vorbringen der revisionswerbenden Parteien sei nicht erfolgt. In diesem Zusammenhang wird unter Hinweis auf das Gutachten des Privatsachverständigen Ing. S. (erneut) eine Unvollständigkeit des Abfallschlüsselkataloges anhand der Projektunterlagen behauptet, ohne konkret auf die - keineswegs als unvertretbar zu erkennende - Beurteilung des Verwaltungsgerichts einzugehen, wonach projektgemäß (und mit zu überprüfenden Nachweisen) ausschließlich nicht gefährliche Abfälle mit näher festgelegten Abfall-Schlüsselnummern als Input-Stoffe eingebracht werden dürfen. Auch mit dem genannten Vorbringen zeigen die revisionswerbenden Parteien daher keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf. Daran vermag auch der von ihnen behauptete Umstand, dass die mitbeteiligte Partei in der Vergangenheit konsenswidrig Luft nach außen geleitet habe und sich eine verwaltungsstrafrechtliche Verfolgung als schwierig erwiesen habe, nichts zu ändern.
47 5. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
48 Von der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 25. Juli 2024