JudikaturVwGH

Ra 2023/02/0089 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
31. Mai 2023

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Dr. Köller als Richter sowie die Hofrätinnen Mag. Dr. Maurer Kober und Mag. Schindler als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, über die Revision des C T in S, vertreten durch Mag. Gerhard Moser, Rechtsanwalt in 8850 Murau, Anna Neumann Straße 5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 10. März 2023, LVwG 30.11 8130/2022 17, betreffend Übertretung des FSG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Murau), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Murau vom 15. September 2022 wurde der Revisionswerber wegen einer Übertretung des FSG schuldig erkannt, weil er zu einer bestimmten Tatzeit am 20. November 2021 an einem näher bezeichneten Tatort ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr gelenkt habe, obwohl er nicht im Besitz einer gültigen Lenkberechtigung gewesen sei. Wegen dieser Übertretung des § 1 Abs. 3 iVm § 37 Abs. 1 FSG wurde über den Revisionswerber gemäß § 37 Abs. 1 iVm § 37 Abs. 3 Z 1 FSG eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

2 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark (Verwaltungsgericht) mit dem angefochtenen Erkenntnis mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass die Fundstellen der Übertretungs und Strafnormen ergänzt und der Tatort unter Angabe der Hausnummer näher konkretisiert wurden.

3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

4 Der Revisionswerber erachtet sich durch das angefochtene Erkenntnis „in seinen subjektiven Rechten auf freie Fortbewegung auf den in seinem Eigentum stehenden Grundstücken als verletzt“.

5 Gemäß § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG hat die Revision (u.a.) die Bezeichnung der Rechte, in denen der Revisionswerber verletzt zu sein behauptet (Revisionspunkte), zu enthalten.

6 Durch die vom Revisionswerber vorgenommene Bezeichnung der Revisionspunkte wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses oder des angefochtenen Beschlusses gemäß § 41 VwGG gebunden ist. Danach hat der Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht des Revisionswerbers verletzt wurde, sondern nur zu prüfen, ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung dieser behauptet. Der in § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG geforderten Angabe der Revisionspunkte kommt für den Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens insoweit entscheidende Bedeutung zu, als der Revisionswerber jenes subjektive Recht herauszuheben hat, dessen behauptete Verletzung die Legitimation zur Revisionserhebung erst begründet (VwGH 18.12.2019, Ra 2019/02/0243, mwN).

7 Wird der Revisionspunkt unmissverständlich behauptet, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Revision nicht zugänglich (VwGH 8.4.2022, Ro 2022/03/0017, mwN).

8 In dem von ihm behaupteten subjektiven Recht ist der Revisionswerber durch das angefochtene Erkenntnis jedenfalls nicht verletzt, zumal er mit diesem dafür bestraft wurde, dass er auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr ein Kraftfahrzeug ohne Lenkberechtigung gelenkt hatte.

9 Sofern der Revisionswerber mit der von ihm vorgenommenen Bezeichnung des Revisionspunktes die Umschreibung des subjektiven Rechts auf Unverletzlichkeit des Eigentums gemeint haben sollte, ist daraus nichts gewonnen, weil es sich dabei um ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht handelt, das gemäß Art. 144 Abs. 1 B VG als Prozessvoraussetzung für ein Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof umschrieben ist und dessen Verletzung zu prüfen der Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 5 B VG aber nicht berufen ist (vgl. VwGH 18.10.2017, Ra 2017/02/0203 bis 0204, mwN).

10 Da der Revisionswerber somit keinen tauglichen Revisionspunkt geltend macht, erweist sich die Revision als unzulässig und ist daher schon deshalb gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

11 Im Übrigen führt auch die vom Revisionswerber in der Revision vorgebrachte Zulässigkeitsbegründung nicht zu deren Zulässigkeit.

12 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

13 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

14 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

15 In der Zulässigkeitsbegründung behauptet der Revisionswerber, ausgehend von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes könne nicht abschließend beurteilt werden, ob eine Straße mit Öffentlichkeitscharakter vorliege, wenn sie entweder abgeschrankt oder als Privatstraße gekennzeichnet oder durch eine Tafel auf die Beschränkung des öffentlichen Verkehrs hingewiesen werde, was beim gegenständlichen Sachverhalt der Fall sei, oder tatsächlich die Kennzeichnung als Privatstraße allein ohne zusätzliche Abschrankung ausreichend sei. Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dazu sei nicht eindeutig.

16 Mit diesem Vorbringen gelingt es der Revision bereits deshalb nicht, eine Rechtsfrage von grundsätzlich Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG darzulegen, weil sich der Revisionswerber mit seinen Ausführungen vom festgestellten Sachverhalt entfernt, der der Ausgangspunkt der Prüfung ist, ob eine grundsätzliche Rechtsfrage vorliegt (vgl. VwGH 8.8.2022, Ra 2022/02/0134, mwN). Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass vom Revisionswerber im Verfahren unbestritten in dem als Tatort konkretisierten Abschnitt des gegenständlichen Weges weder Absperrungen noch Hinweistafeln vorhanden waren noch bis dorthin eine Hinweistafel aufgestellt war.

17 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Straßen mit öffentlichem Verkehr gemäß § 1 Abs. 1 zweiter Satz StVO solche, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden, wenn sie nach dem äußeren Anschein zur allgemeinen Benützung freistehen. Maßgeblich sind somit nicht die Besitz und Eigentumsverhältnisse am Straßengrund, sondern die tatsächliche Benutzbarkeit der Verkehrsfläche. Es kann daher grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass es sich bei einer Straße dann um eine solche mit öffentlichem Verkehr handelt, wenn sie weder abgeschrankt noch als Privatstraße gekennzeichnet ist noch auf dieser auf die Beschränkung des öffentlichen Verkehrs hinweisende Tafeln aufgestellt sind. Auch kann aus dem Umstand, dass eine Straße nur von einer bestimmten Gruppe von Verkehrsteilnehmern benutzt wird, nicht geschlossen werden, dass es sich um eine Straße ohne öffentlichen Verkehr handelt. Für die Wertung „Straße mit öffentlichem Verkehr “ ist lediglich das Merkmal des Fußgänger oder Fahrzeugverkehrs entscheidend (vgl. zu all dem z.B. VwGH 29.3.2022, Ra 2022/02/0048, mwN).

18 Die sachverhaltsbezogene Beurteilung des verfahrensgegenständlichen Tatorts durch das Verwaltungsgericht als Straße mit öffentlichem Verkehr entspricht somit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes.

19 In der Revision werden somit auch keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher auch aus diesem Grund ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 31. Mai 2023

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