JudikaturVwGH

Ro 2022/13/0014 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
Steuerrecht
28. Mai 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, die Hofräte MMag. Maislinger und Dr. Sutter als Richter sowie die Hofrätinnen Dr. Reinbacher und Dr. in Lachmayer als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Stüger, über die Revision des Finanzamtes für Großbetriebe in 1030 Wien, Radetzkystraße 2, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 22. April 2022, Zl. RV/7100203/2021, betreffend Rückerstattung der Kapitalertragsteuer 2013 (mitbeteiligte Partei: F in S, Vereinigte Staaten von Amerika, vertreten durch KPMG Alpen Treuhand GmbH, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 1090 Wien, Porzellangasse 51), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird betreffend Kapitalertragsteuer 2013 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

1 Die mitbeteiligte Partei ist eine in den USA ansässige Investmentgesellschaft und wurde im Jahr 2001 errichtet. Sie ist eine sogenannte „Series“ also ein eigenständiges Teilvermögen eines in den USA (Delaware) ansässigen Trusts, der aus insgesamt sieben „Series“ besteht. Nach US amerikanischem Recht (Delaware Statutory Trust Act, 12 Del. C. §§ 3801 ff) gilt der Trust als eigenständige juristische Person, die klagen und geklagt werden kann. Er ist nach US amerikanischem Recht zivilrechtlicher Eigentümer des Teilvermögens, das der mitbeteiligten Partei zuzurechnen ist, und die mitbeteiligte Partei ist laut deren Angaben in den Anträgen auf Erstattung der Quellensteuer wirtschaftliche Eigentümerin dieses Teilvermögens. Jede „Series“ bildet einen eigenen Rechnungskreis und ist nach US amerikanischem Recht eine steuerpflichtige Körperschaft. Der Steuerpflicht in den USA unterliegen alle in- und ausländischen Einkünfte einschließlich der Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen. Die Zurechnung von Einkünften an die Anteilinhaber in den USA setzt eine Ausschüttung voraus; andernfalls erfolgt sie an die „Series“ (keine Durchgriffsbesteuerung). Für „Series“ besteht in den USA eine Steuerbegünstigung: Sofern sie mindestens 90 % der steuerpflichtigen Einkünfte (ohne realisierte Wertsteigerungen) ausschütten, sind sie berechtigt, die Ausschüttung steuerlich geltend zu machen. Dadurch kann die zu zahlende US Bundeseinkommensteuer auf bis zu null reduziert werden. Nach den insoweit unbestrittenen Feststellungen des Bundesfinanzgerichts hat die mitbeteiligte Partei für 2013 eine Vollausschüttung vorgenommen, sodass keine US Bundeseinkommensteuer zu entrichten war.

2 Die mitbeteiligte Partei ist ein frei handelbarer Publikumsfonds, der vorwiegend in europäische börsenotierte Aktien investiert und im Ansässigkeitsstaat einer Finanzmarktaufsicht nach einem dem europäischen und nationalen Aufsichtsrecht vergleichbaren Regelwerk unterliegt. Ihr Fondsmanagement erfolgt nach den gleichen Grundsätzen und Investitionskriterien wie dasjenige eines gleichnamigen in Luxemburg zugelassenen Investmentfonds. Die Tätigkeit entspricht in allen wesentlichen Belangen (Anlegerschutz, Informationspflichten, insbesondere Prospektpflicht, Halbjahres- und Jahresberichte, zulässige Geschäftstätigkeit, Wirksamkeit der Aufsicht und Kontrolle) einem inländischen Investmentfonds und damit einem „Organismus für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren“ (OGAW) im Sinne der Richtlinie 2009/65/EG.

3 Aufgrund von Portfoliobeteiligungen an zwei österreichischen börsenotierten Aktiengesellschaften wurden im Kalenderjahr 2013 Dividenden in Höhe von 387.679 € an die mitbeteiligte Partei ausgeschüttet. Die ausschüttenden Gesellschaften behielten die 25%ige Kapitalertragsteuer ein und führten diese an das Finanzamt ab. Die einbehaltene Quellensteuer betrug im Jahr 2013 96.920 €.

4 Über einen für ihre Anteilinhaber in deren Namen gestellten Antrag der mitbeteiligten Partei setzte das Finanzamt auf Grundlage des Abkommens zwischen der Republik Österreich und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen, BGBl. III Nr. 6/1998 die Kapitalertragsteuer auf 15 % herab und erstattete der mitbeteiligten Partei für ihre in den USA ansässigen und abkommensberechtigten Anteilinhaber den Differenzbetrag zur mit 25 % einbehaltenen Kapitalertragsteuer. Die Rückerstattung betrug für das Jahr 2013 38.768 €. Mit weiteren auf § 21 Abs. 1 Z 1a KStG 1988 gestützten Anträgen begehrte die mitbeteiligte Partei im eigenen Namen die Rückerstattung der verbleibenden Quellensteuer für dieselben Erträge für das Jahr 2013 (58.152 €), so dass in Summe die Kapitalertragsteuer auf Null reduziert würde. Zur Begründung führte sie auf das Wesentliche zusammengefasst aus, § 21 Abs. 1 Z 1a KStG 1988 sei zwar vom Wortlaut her nur auf beschränkt Steuerpflichtige, die ihren Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes, mit dem eine umfassende Amts- und Vollstreckungshilfe bestehe, anwendbar, unter Berücksichtigung des Unionsrechts insbesondere der unionsrechtlichen Judikatur zur Kapitalverkehrsfreiheit gemäß Art. 63 AEUV sei jedoch auch Rechtsträgern aus Drittstaaten eine Möglichkeit zur Beantragung einer Rückzahlung von entrichteten Quellensteuern zu gewähren.

5 Das Finanzamt wies die Anträge ab und führte zur Begründung aus, die mitbeteiligte Partei sei nicht berechtigt, eine Rückzahlung der Kapitalertragsteuer von Inlandsdividenden zu begehren, weil sie nicht im EU/EWR Raum ansässig sei.

6 Das Bundesfinanzgericht versagte mit Erkenntnis vom 3. Oktober 2017, Zl. RV/7103986/2015, ebenfalls die Rückerstattung der Kapitalertragsteuer.

7 Der Verwaltungsgerichtshof hob diese Entscheidung mit Erkenntnis vom 13. Jänner 2021, Ro 2018/13/0003, wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes auf, weil für die Prüfung, ob eine Rückerstattung der Kapitalertragsteuer zu erfolgen hat, zunächst in einem Typenvergleich ermittelt werden muss, ob das ausländische Gebilde einer österreichischen Körperschaft vergleichbar ist, und in einem zweiten Schritt die Zurechnung der Einkünfte geprüft werden muss. Steht nur § 188 InvFG 2011 einer Zurechnung der Einkünfte an das ausländische Gebilde entgegen, liegt eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit vor, deren Rechtfertigung zu prüfen ist.

8 Im fortgesetzten Verfahren gewährte das Bundesfinanzgericht der mitbeteiligten Partei die Rückerstattung der strittigen Kapitalertragsteuer. Es ging davon aus, dass nach einem Typenvergleich die mitbeteiligte Partei einer österreichischen Körperschaft entspricht, der nach den allgemeinen Vorschriften auch die Einkünfte zuzurechnen sind. § 188 InvFG 2011 verhindere diese Zurechnung, weshalb eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit vorliege, für die es keine Rechtfertigung gebe.

9 Gegen dieses Erkenntnis (soweit es Kapitalertragsteuer 2013 betrifft) richtet sich die Revision des Finanzamtes, die im Wesentlichen aus unionsrechtlicher Sicht vorbringt, in die Vergleichspaarbildung sei der Umstand miteinzubeziehen, dass es sich bei der mitbeteiligten Partei auch nach dem Aufsichtsrecht ihres Herkunftsstaates um einen Investmentfonds handle. Innerhalb der EU wäre die mitbeteiligte Partei nach der OGAW Richtlinie genehmigungspflichtig. Inländische Gebilde, die aufsichtsrechtlich als Investmentfonds qualifiziert würden und einem OGAW entsprechen, unterlägen im Jahr 2013 ausnahmslos der transparenten Fondsbesteuerung. Im Fall eines ausländischen Gebildes, das nach ausländischem Aufsichtsrecht ebenfalls als Investmentfonds zu qualifizieren sei und einem OGAW entspreche, müsse Gleiches gelten. Selbst wenn man von einer Vergleichbarkeit mit einer Körperschaft ausginge, sei die Bestimmung durch die Wahrung der ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse, die Kohärenz des Steuersystems und zur Vermeidung von Missbräuchen gerechtfertigt.

10 Der Verwaltungsgerichtshof legte mit Beschluss vom 20. September 2023, Ro 2022/13/0014, EU 2023/0005, dem Gerichtshof der Europäischen Union folgende Fragen zur Vorabentscheidung vor:

1. Stellt eine Bestimmung wie § 188 InvFG 2011, die bewirkt, dass ausländische Gebilde, die einer inländischen Körperschaft vergleichbar sind, in Österreich von der Rückerstattung der Kapitalertragsteuer ausgenommen werden, wenn sie materiell einem OGAW im Sinne der Richtlinie 2009/65/EG entsprechen und daher im Inland nicht als Körperschaft tätig sein dürften, weil für derartige Gebilde in Österreich nur die Rechtsform als transparentes Sondervermögen vorgesehen ist, eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit gemäß Art. 63 AEUV dar?

2. Wenn diese Frage bejaht wird: Liegt eine objektiv vergleichbare Situation zwischen einer inländischen Körperschaft, die ihr Vermögen nach den Grundsätzen der Risikostreuung anlegt, aber mangels beim Publikum beschaffter Gelder kein OGAW ist und deshalb auch im Inland als Körperschaft tätig sein darf, einerseits und einer ausländischen Investmentfondsgesellschaft, die wegen beim Publikum beschaffter Gelder nach inländischen Grundsätzen ein OGAW wäre und deshalb im Inland nicht als Körperschaft tätig sein dürfte, andererseits vor?

3. Wenn diese Frage bejaht wird: Liegt für die Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit der Rechtfertigungsgrund der Wahrung der ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse vor, weil die §§ 186 und 188 InvFG 2011 sicherstellen wollen, dass weder ein inländischer noch ein ausländischer Publikumsfonds in Bezug auf die Anteilinhaber eine steuerliche Abschirmwirkung entfalten kann und damit eine Entlastung der Kapitalertragsteuer nur in jenen Fällen auf Ebene der Anteilinhaber erfolgen soll, in denen Österreich in einem Doppelbesteuerungsabkommen auf sein Besteuerungsrecht verzichtet hat?

11 Der Gerichtshof der Europäischen Union beantwortete diese Fragen mit Urteil vom 30. April 2025 in der Rs Finanzamt für Großbetriebe , C 602/23, wie folgt:

Art. 63 AEUV ist dahin auszulegen, dass eine nationale Regelung, die bewirkt, dass ein gebietsfremdes Gebilde, das einerseits die gleichen Merkmale aufweist wie ein Organismus zur gemeinsamen Veranlagung in Wertpapieren (OGAW) im Sinne der Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW), andererseits jedoch Rechtspersönlichkeit besitzt und insoweit mit einer gebietsansässigen juristischen Person vergleichbar ist, obwohl nach der nationalen Regelung ein gebietsansässiger OGAW steuerlich als transparent angesehen wird und nicht als juristische Person tätig werden kann, von der Erstattung der Kapitalertragsteuer ausgeschlossen wird, keine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs darstellt, sofern die von dem gebietsfremden Gebilde erzielten Einkünfte seinen Anteilinhabern zugerechnet werden und in seinem Sitzstaat nicht auf seiner Ebene, sondern auf Ebene seiner Anteilinhaber besteuert werden.

12 In den Rn. 60 bis 63 führte der Gerichtshof zu der Frage, ob der Umstand, dass die Mitbeteiligte im Unterschied zu gebietsansässigen Investmentfonds Rechtspersönlichkeit besitzt, dazu führt, dass sie sich im Hinblick auf die §§ 186 und 188 InvFG 2011 in einer anderen Situation befindet als gebietsansässige Investmentfonds, und somit zur Folge hat, dass ihre Situation im Hinblick auf diese Vorschriften nicht objektiv mit der Situation eines gebietsansässigen Investmentfonds, der unter § 186 InvFG 2011 fällt, vergleichbar ist, folgendes aus:

„Hierzu hat der Gerichtshof entschieden, dass der Umstand, dass ein Organismus für gemeinsame Anlagen die Satzungsform hat, ihn im Hinblick auf die Ziele, die Doppelbesteuerung der Einkünfte aus den Investitionen zu vermeiden und indirekt über Fonds getätigte Investitionen in gleicher Weise wie Direktinvestitionen steuerlich zu behandeln, nicht zwangsläufig in eine andere Situation versetzt als die eines Organismus für gemeinsame Anlagen in Vertragsform (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. April 2022, Veronsaajien oikeudenvalvontayksikkö [Steuerbefreiung von in Vertragsform errichteten Investmentfonds], C 342/20, EU:C:2022:276, Rn. 73).

Solche Ziele können nämlich auch dann erreicht werden, wenn ein Organismus für gemeinsame Anlagen die Satzungsform aufweist, aber in dem Mitgliedstaat, in dem er niedergelassen ist, von der Einkommensteuer befreit oder steuerlich transparent ist (Urteil vom 7. April 2022, Veronsaajien oikeudenvalvontayksikkö [Steuerbefreiung von in Vertragsform errichteten Investmentfonds], C 342/20, EU:C:2022:276, Rn. 74).

Ebenso versetzt im Hinblick auf diese Ziele der Umstand, dass ein gebietsfremdes Gebilde, das die gleichen Merkmale aufweist wie ein gebietsansässiger Investmentfonds, Rechtspersönlichkeit besitzt, dieses nicht zwangsläufig in eine andere Situation als die eines gebietsansässigen Investmentfonds ohne Rechtspersönlichkeit, wenn die von dem Gebilde erhaltenen Dividenden seinen Anteilinhabern zugerechnet werden und in seinem Sitzstaat nicht auf Ebene des Gebildes, sondern auf Ebene seiner Anteilinhaber besteuert werden.

Das vorlegende Gericht wird zu prüfen haben, ob dies hier der Fall ist, insbesondere unter Berücksichtigung des Umstands, dass zum einen das Bundesfinanzgericht im nationalen Gerichtsverfahren festgestellt hat, dass Franklin ihre gesamten Einkünfte für das Jahr 2013 ausgeschüttet habe, so dass sie für jenes Jahr keine US amerikanische Bundeseinkommensteuer habe entrichten müssen, und dass zum anderen Franklin für ihre in den Vereinigten Staaten ansässigen und unter das österreichisch amerikanische Abkommen fallenden Anteilinhaber eine Ermäßigung des Kapitalertragsteuersatzes auf 15 % und eine Rückerstattung des Differenzbetrags zur mit 25 % einbehaltenen Kapitalertragsteuer erhalten hat, die Steuerverwaltung somit anerkannt hat, dass diese Anteilinhaber Nutzungsberechtigte der Einkünfte im Sinne von Art. 10 des Abkommens waren.“

13 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

14 § 21 Abs. 1 KStG 1988 in der im Revisionszeitraum anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 112/2012 lautete:

„BESTEUERUNG BEI BESCHRÄNKTER STEUERPFLICHT

Einkünfte bei beschränkter Steuerpflicht

§ 21. (1) Bei beschränkt Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Abs. 3 Z 1 gilt folgendes:

1. Die Steuerpflicht erstreckt sich nur auf Einkünfte im Sinne des § 98 des Einkommensteuergesetzes 1988. Wie die Einkünfte zu ermitteln sind, bestimmt sich nach dem Einkommensteuergesetz 1988 und diesem Bundesgesetz. § 5 Z 6 ist sinngemäß anzuwenden, wenn die Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse

- ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung im übrigen Gemeinschaftsgebiet der Europäischen Union oder einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes hat oder

- der Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke im Sinne des § 34 der Bundesabgabenordnung zumindest überwiegend im Bundesgebiet dient.

§ 10 ist nicht anzuwenden. Von den Einkünften sind nach Maßgabe des § 8 Abs. 4 Sonderausgaben abzuziehen; § 102 Abs. 2 Z 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 ist anzuwenden.

1a. Beschränkt Steuerpflichtigen, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes, mit dem eine umfassende Amts- und Vollstreckungshilfe besteht, ansässig sind, ist die Kapitalertragsteuer für die von ihnen bezogenen Einkünfte gemäß § 27 Abs. 2 Z 1 lit. a, b und c des Einkommensteuergesetzes 1988 auf Antrag zurückzuzahlen, soweit die Kapitalertragsteuer nicht auf Grund eines Doppelbesteuerungsabkommens im Ansässigkeitsstaat angerechnet werden kann. Der Steuerpflichtige hat den Nachweis zu erbringen, dass die Kapitalertragsteuer ganz oder teilweise nicht angerechnet werden kann.

[...]“

15 § 186 InvFG 2011 in der Fassung BGBl. I Nr. 77/2011 lautete auszugsweise:

„Steuern vom Einkommen, vom Ertrag und vom Vermögen

§ 186. (1) Die ausgeschütteten Erträge aus Einkünften im Sinne des § 27 des Einkommensteuergesetzes 1988 abzüglich der damit in Zusammenhang stehenden Aufwendungen eines Kapitalanlagefonds sind beim Anteilinhaber steuerpflichtige Einnahmen. Ergibt sich aus den Einkünften im Sinne des § 27 Abs. 3 und 4 des Einkommensteuergesetzes 1988 nach Abzug der damit in Zusammenhang stehenden Aufwendungen ein Verlust, ist dieser mit anderen Einkünften des Fonds auszugleichen. Ist ein solcher Ausgleich nicht möglich, hat eine Verrechnung mit Einkünften des Fonds in den Folgejahren, vorrangig mit Einkünften des Fonds im Sinne des § 27 Abs. 3 und 4 des Einkommensteuergesetzes 1988 zu erfolgen. Erfolgt eine Ausschüttung, gelten für steuerliche Zwecke zunächst die laufenden und die in den Vorjahren erzielten Einkünfte im Sinne des § 27 des Einkommensteuergesetzes 1988 und danach Beträge, die keine Einkünfte im Sinne des § 27 des Einkommensteuergesetzes 1988 darstellen, als ausgeschüttet.

[...]“

16 § 188 InvFG 2011 in der Fassung BGBl. I Nr. 77/2011 lautete:

„§ 188. Die Bestimmungen des § 186 sind auch für ausländische Kapitalanlagefonds anzuwenden. Als solche gilt, ungeachtet der Rechtsform, jedes einem ausländischen Recht unterstehende Vermögen, das nach dem Gesetz, der Satzung oder der tatsächlichen Übung nach den Grundsätzen der Risikostreuung angelegt ist. Veranlagungsgemeinschaften im Sinne des § 42 des Immobilien Investmentfondsgesetzes sind ausgenommen.“

17 § 188 InvFG 2011 sieht vor, dass bei ausländischen Kapitalanlagefonds unabhängig von der Rechtsform die Einkünfte den Anteileignern zugerechnet werden, weshalb § 21 Abs. 1 Z 1a KStG 1988 nicht anwendbar ist.

18 Der Gerichtshof der Europäischen Union hat in seinem Urteil festgehalten, dass eine solche Bestimmung nicht gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstößt, wenn der Kapitalanlagefonds in seinem Sitzstaat nicht besteuert wird und die Einkünfte den Anteilinhabern zugerechnet werden. Er weist in Rn. 63 des Urteils darauf hin, dass dies insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes geprüft werden müsse, dass die mitbeteiligte Partei ihre gesamten Einkünfte für das Jahr 2013 ausgeschüttet habe, so dass sie für jenes Jahr keine US amerikanische Bundeseinkommensteuer habe entrichten müssen und für die Anteilinhaber seitens der österreichischen Steuerverwaltung eine Ermäßigung des Kapitalertragsteuersatzes nach dem Doppelbesteuerungsabkommen gewährt wurde. Der Gerichtshof geht sohin davon aus, dass der Umstand, dass die Mitbeteiligte aufgrund der Vollausschüttung in den USA im Ergebnis keine Steuern zu entrichten hatte, dazu führt, dass die Erträge der Mitbeteiligten in ihrem Sitzstaat nicht auf ihrer Ebene besteuert wurden.

19 Nach den unbestrittenen Feststellungen des Bundesfinanzgerichts entrichtete die Mitbeteiligte im Jahr 2013 keine US Bundessteuern. Ebenso unbestritten blieb im Verfahren, dass bei einer Vollausschüttung im Ergebnis nur die Anteilinhaber mit diesen Erträgen in den USA steuerpflichtig sind. Im Jahr 2013 erfolgte nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts eine Vollausschüttung der Erträge. Zudem ist nicht strittig, dass die erhaltenen Dividenden aus österreichischer Sicht den Anteilinhabern der Mitbeteiligten zugerechnet wurden. Die Dividenden wurden auch nicht höher besteuert als Dividenden an gebietsansässige Investmentfonds.

20 Im Revisionsfall ist daher vor diesem Hintergrund davon auszugehen, dass § 188 InvFG in der Fassung BGBl. I Nr. 77/2011 keinen Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit darstellt und damit uneingeschränkt anwendbar ist.

21 Das angefochtene Erkenntnis war somit im angefochtenen Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Wien, am 28. Mai 2025