JudikaturVwGH

Ra 2022/12/0045 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
23. April 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Samm sowie die Hofrätinnen Mag. a Nussbaumer Hinterauer und Mag. I. Zehetner als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Strasser, über die Revision des H K, vertreten durch die Hochstöger Nowotny Wohlmacher Rechtsanwälte OG in 4020 Linz, Breitwiesergutstraße 10, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 7. Februar 2022, 405 10/977/1/6 2022, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Hallein), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen vierzehn Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

1 Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 29. Oktober 2020 wurde der Revisionswerber schuldig erkannt, er habe in seiner Eigenschaft als anwesender Lokalverantwortlicher eines näher bezeichneten Lokals am „01.04.2020, 14:00 Uhr bis 16:03 Uhr“ gegen die Duldungs und Mitwirkungspflicht gemäß § 50 Abs. 4 Glücksspielgesetz (GSpG) verstoßen. Er habe § 52 Abs. 1 Z 5 iVm. § 50 Abs. 4 GSpG verletzt. Dem Revisionswerber wurde gemäß § 52 Abs. 1 Z 5 leg. cit. eine Geldstrafe in der Höhe von € 5.000, (samt Ersatzfreiheitsstrafe) auferlegt und gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren vorgeschrieben.

2 Zum Sachverhalt führte die belangte Behörde soweit vorliegend relevant zusammengefasst aus, dass die Finanzpolizei am 1. April 2019 um 14.00 Uhr eine Kontrolle im verfahrensgegenständlichen Lokal durchgeführt habe und traf Feststellungen zum Sachverhalt. Diese würden sich auf die „in Schrift und Lichtbildern dokumentierte Amtshandlung vom 1. April 2019“ der Organe der Finanzpolizei sowie sonstige von der Behörde aufgenommene Beweise stützen.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Salzburg (im Folgenden: Verwaltungsgericht) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers als unbegründet ab (Spruchpunkt I.). Es sprach weiter aus, dass der Revisionswerber gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten habe (Spruchpunkt II.) und der Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Bereich Spielautomaten abgewiesen werde (Spruchpunkt III.). Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG erklärte es als nicht zulässig.

4 Beweiswürdigend führte das Verwaltungsgericht insbesondere aus, dass die (in der Beschwerde vorgebrachte) Behauptung des Revisionswerbers, er „sei am 01.04.2020 gar nicht im gegenständlichen Lokal gewesen“, schon allein dadurch widerlegt sei, dass der damalige Einsatzleiter mit ihm im Rahmen der Amtshandlung vor Ort die Befragung durchgeführt habe.

5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Diese wurde, wie sich aus dem Poststempel am Kuvert ergibt, am 22. März 2022 an einen Zustelldienst im Sinne des § 2 Z 7 Zustellgesetz übergeben und damit rechtzeitig eingebracht (vgl. § 33 AVG). In dem vom Verwaltungsgerichtshof durchgeführten Vorverfahren wurde keine Revisionsbeantwortung erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

6 Die Revision bringt zur Begründung ihrer Zulässigkeit unter anderem vor, das Verwaltungsgericht habe gegen näher zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verstoßen, da insofern ein Widerspruch zwischen Spruch und Begründung vorliege, als dem Revisionswerber im zugrundeliegenden Straferkenntnis der belangten Behörde eine Übertretung gemäß § 50 Abs. 4 GSpG am 1. April 2020 vorgeworfen werde, in der Begründung jedoch angeführt werde, dass diese am 1. April 2019 stattgefunden habe. Das Verwaltungsgericht habe den Spruch jedoch nicht saniert. Dem Revisionswerber würden unlösbare widersprüchliche Tatanlastungen vorgeworfen.

7 Die Revision erweist sich bereits aus diesem Grund als zulässig und auch berechtigt.

8 Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat dabei die Umschreibung der Tat so präzise zu sein, dass der Beschuldigte seine Verteidigungsrechte wahren kann und er nicht der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt ist; sie darf keinen Zweifel daran bestehen lassen, wofür der Täter bestraft worden ist. Ungenauigkeiten bei der Konkretisierung der Tat haben nur dann keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit des Strafbescheides, wenn dadurch keine Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte des Beschuldigten und keine Gefahr der Doppelbestrafung bewirkt wird (vgl. VwGH 20.1.2022, Ra 2020/04/0175, sowie VwGH 27.6.2022, Ra 2021/03/0328, jeweils mwN).

9 Der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes also dann entsprochen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch selbst geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Der Spruch hat daher nicht nur die Sachverhaltselemente, von denen die Zuordnung eines Tatverhaltens zu den Merkmalen des Straftatbestandes abhängt, zu bezeichnen, sondern grundsätzlich auch die Anführung des Zeitpunktes der Begehung der Tat, und, falls es sich um einen Zeitraum handelt, dessen Anfang und Ende in einer kalendermäßig eindeutig umschriebenen Art zu umfassen (vgl. erneut VwGH 20.1.2022, Ra 2020/04/0175, mwN).

10 Die Tatzeit wurde in Spruch und Begründung des Straferkenntnisses von der belangten Behörde widersprüchlich angegeben. Das angefochtene Erkenntnis bestätigte den Spruch des Straferkenntnisses, ohne diesen Widerspruch zu sanieren.

11 Widersprüche zwischen dem Spruch und der Begründung, z. B. über konkrete Tatumstände wie die Tatzeit, ziehen die inhaltliche Rechtswidrigkeit des Erkenntnisses in dem davon betroffenen Spruchumfang nach sich (vgl. etwa VwGH 26.4.2016, Ro 2015/09/0014, und 18.5.2022, Ra 2020/10/0168, jeweils mwN).

12 Das angefochtene Erkenntnis war daher schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne dass auf das weitere Revisionsvorbringen einzugehen war.

13 Von der in der Revision beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 und Z 4 VwGG abgesehen werden.

14 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 23. April 2024

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