Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Samm, die Hofrätinnen Mag. Hainz Sator und MMag. Ginthör, den Hofrat Dr. Faber sowie die Hofrätin Dr. in Oswald als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Janitsch, über die Revision der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf (an deren Stelle gemäß § 22 VwGG eingetreten: Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege undKonsumentenschutz) gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Burgenland vom 26. Jänner 2022, Zl. E 188/04/2021.003/002, betreffend Übertretungen nach dem TNRSG (mitbeteiligte Partei: C M, vertreten durch die RSS Rechtsanwälte OG in 7210 Mattersburg, Brunnenplatz 5b),
zu Recht erkannt:
Das angefochtene Erkenntnis wird im Umfang der Aufhebung der Spruchpunkte 1., 2., 3., 4. und 7. des Straferkenntnisses der belangten Behörde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Im Umfang der Anfechtung des angefochtenen Erkenntnisses betreffend die Aufhebung des Spruchpunktes 8. des Straferkenntnisses der belangten Behörde wird die Revision abgewiesen.
1 1.1. Mit Straferkenntnis vom 3. Mai 2021 verhängte die Revisionswerberin über den Mitbeteiligten wegen mehreren Verwaltungsübertretungen gemäß
1.) § 2 Abs. 1 Z 1 iVm. § 10b Abs. 2 Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutzgesetz (TNRSG),
2.) § 2 Abs. 1 Z 1 iVm. § 10c Abs. 1 Z 1 TNRSG,
3.) § 2 Abs. 1 Z 1 iVm. § 10c Abs. 2 Z 1 TNRSG,
4.) § 2 Abs. 1 Z 1 iVm. § 10c Abs. 2 Z 2 iVm. § 5d Abs. 1 Z 2 TNRSG,
5.) § 2 Abs. 1 Z 1 iVm. § 10c Abs. 2 Z 2 iVm. § 5d Abs. 1 Z 1 TNRSG,
6.) § 2 Abs. 1 Z 1 iVm. § 10c Abs. 2 Z 2 iVm. § 5d Abs. 1 Z 2 TNRSG,
7.) § 2 Abs. 1 Z 1 iVm. § 10c Abs. 2 Z 2 iVm. § 5d Abs. 1 Z 4 TNRSG sowie
8.) § 2 Abs. 1 Z 1 iVm. § 10c Abs. 2 Z 2 iVm. § 5d Abs. 1 Z 3 TNRSG,
jeweils gemäß § 14 Abs. 1 Z 1 TNRSG eine Geldstrafe in Höhe von jeweils € 200,00 (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils in Höhe von 9 Stunden), und verpflichtete den Mitbeteiligten zur Zahlung der Kosten des Strafverfahrens in Höhe von € 160,00.
2 Die Revisionswerberin legte ihrer Entscheidung als Sachverhalt zu Grunde, der Mitbeteiligte habe wie anlässlich einer Kontrolle am 1. April 2019 festgestellt worden war in seinem Handelsbetrieb mehrere Nachfüllbehälter, den in den Spruchpunkten 1. bis 7. genannten Nachfüllbehälter „CBD E-liquid Spearmint 2%/10ml“ und den in Spruchpunkt 8. genannten Nachfüllbehälter „PipesBest 3mg/ml Tabakaroma“ zum Verkauf angeboten. Diese Nachfüllbehälter hätten mehrere, näher bezeichnete Mängel aufgewiesen; der erstgenannte Nachfüllbehälter sei dem Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK) nicht gemeldet gewesen.
3 Im Einzelnen habe es der Mitbeteiligte als Inhaber eines bestimmt bezeichneten Unternehmens zu verantworten, dass
4 ad 1.) der Nachfüllbehälter „CBD E-liquid Spearmint 2%/10ml“ in Verkehr gebracht worden sei, obwohl dieser nicht in elektronischer Form dem Bundesminister für Gesundheit gemeldet worden sei und daher nicht den Bestimmungen des § 10b Abs. 2 TNRSG entsprochen habe,
5 ad 2.) der Nachfüllbehälter „CBD E-liquid Spearmint 2%/10ml“ in Verkehr gebracht worden sei, obwohl auf dem Beipackzettel der Hinweis fehle, dass das Erzeugnis nicht für den Gebrauch durch Nichtraucherinnen und Nichtraucher empfohlen werde;
6 ad 3.) der Nachfüllbehälter „CBD E-liquid Spearmint 2%/10ml“ in Verkehr gebracht worden sei, obwohl die Angabe der Nummer der Herstellungscharge auf der Packung fehle;
7 ad 4.) der Nachfüllbehälter „CBD E-liquid Spearmint 2%/10ml“ in Verkehr gebracht worden sei, obwohl sich auf der Packung und dem Nachfüllbehälter nicht zulässige Elemente befunden hätten, nämlich die Angabe „CBD“, und folgende Angabe auf dem Beipackzettel: „Medizinisch wirkt es (CBD) entkrampfend, entzündungshemmend, angstlösend und gegen Übelkeit. Weitere pharmakologische Effekte wie zB eine antipsychotische Wirkung werden erforscht.“ Die Angabe „CBD“ sowie die Angaben auf dem Beipackzettel seien Elemente, die suggerierten, dass das Produkt einen Nutzen für die Gesundheit hätte. Der Nachfüllbehälter entspreche daher nicht den Anforderungen des § 10c Abs. 2 Z 2 iVm. § 5d Abs. 1 Z 2 TNRSG;
8 ad 5.) der Nachfüllbehälter „CBD E-liquid Spearmint 2%/10ml“ in Verkehr gebracht worden sei, obwohl der Beipackzettel die Information „kein Teer“ und somit ein unzulässiges Element betreffend den Teergehalt des Produktes enthalten habe;
9 ad 6.) der Nachfüllbehälter „CBD E-liquid Spearmint 2%/10ml“ in Verkehr gebracht worden sei, obwohl der Beipackzettel näher konkretisierte Angaben enthalten habe, die suggerierten, dass das Produkt weniger schädlich sei als ein Tabakerzeugnis;
10 ad 7.) der Nachfüllbehälter „CBD E-liquid Spearmint 2%/10ml“ in Verkehr gebracht worden sei, obwohl sich auf der Packung und dem Nachfüllbehälter die Angaben „Grüne Minze“ und „Spearmint“ befänden, die jeweils Lebensmitteln ähneln würden, weshalb dies unzulässige Elemente seien;
11 ad 8.) der Nachfüllbehälter „PipesBest 3mg/ml Tabakaroma“ in Verkehr gebracht worden sei, obwohl die Angabe „Tabakaroma“ ein Element sei, das auf den Geschmack hinweise und somit unzulässig sei, weshalb das Produkt nicht den Anforderungen des § 10c Abs. 2 Z 2 iVm. § 5d Abs. 1 Z 3 TNRSG entspreche.
12 Rechtlich folgerte die Revisionswerberin zusammengefasst, der objektive Tatbestand der dem Mitbeteiligten angelasteten Verwaltungsübertretungen sei jeweils verwirklicht. Bei den Verwaltungsübertretungen handle es sich jeweils um ein Ungehorsamsdelikt nach § 5 Abs. 1 VStG. Im vorliegenden Fall habe der Mitbeteiligte nicht glaubhaft machen können, dass ihn an den Verwaltungsübertretungen kein Verschulden treffe. Es sei dem Mitbeteiligten zumutbar gewesen, eine stichprobenartige Überprüfung von einzelnen Produkten aus der Produktgruppe vorzunehmen, wodurch sich für ihn zweifelsfrei ergeben hätte, dass alle gleichnamigen Produkte nicht verkehrsfähig seien. Es sei zumindest von fahrlässigem Verhalten auszugehen.
13 1.2 . Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Mitbeteiligte Beschwerde.
14 2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Burgenland (im Folgenden: Verwaltungsgericht) der Beschwerde Folge, hob das bekämpfte Straferkenntnis zur Gänze auf und stellte das Verfahren „betreffend aller seiner 8 Spruchpunkte“ jeweils gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG ein (Spruchpunkt I.). Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig (Spruchpunkt II.).
15 Das Verwaltungsgericht ging zusammengefasst davon aus, es sei anlässlich einer Kontrolle am 1. April 2019 festgestellt worden, dass das vom Beschuldigten geführte Unternehmen in dem bestimmt bezeichneten Geschäftslokal elektronische Zigaretten und Liquids zum Verkauf an Verbraucher angeboten habe. Der angebotene Nachfüllbehälter „CBD E-liquid Spearmint 2%/10ml“ sei zu diesem Zeitpunkt nicht im Online-Portal EU-CEG gemeldet gewesen. Zudem hätten die Packung und der Beipackzettel unzureichende Informationen enthalten und nicht den Anforderungen des § 10c Abs. 1 Z 1 TNRSG entsprochen. Die Angabe der Herstellerchargennummer habe auf der Packung gefehlt. Auf dem Beipackzettel habe der Hinweis gefehlt, dass das Erzeugnis nicht für den Gebrauch durch Nichtraucherinnen und Nichtraucher empfohlen werde. Die Angaben auf der Packung und im Beipackzettel betreffend den CBD-Gehalt würden das Bestehen eines Nutzens für die Gesundheit suggerieren. Ferner enthalte der Beipackzettel Angaben, die suggerierten, dass das Produkt weniger schädlich sei als ein Tabakerzeugnis. Die Angaben „Grüne Minze“ und „Spearmint“ seien unzulässige Merkmale, weil sie an ein Lebensmittel- oder Kosmetikerzeugnis erinnern würden. Auf dem weiteren Nachfüllbehälter „PipesBest 3mg/ml Tabakaroma“, der Packung und der Außenverpackung befinde sich die Angabe „Tabakaroma“.
16 Begründend führte das Verwaltungsgericht zu Spruchpunkt 1. des Straferkenntnisses aus, den Mitbeteiligten treffe als bloßen Vertreiber des verfahrensgegenständlichen Nachfüllbehälters in seinem Geschäftslokal keine Meldepflicht gemäß § 10b Abs. 2 TNRSG, weshalb er die ihm zur Last gelegte Meldepflichtverletzung nicht begangen habe.
17 Zu den Spruchpunkten 2., 3., und 4. des Straferkenntnisses führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, es liege am Hersteller, vor dem endgültigen Verschließen der Einzelverpackung sicherzustellen, dass der Beipackzettel gemäß § 10c Abs. 1 TNRSG bzw. die in Abs. 2 Z 1 leg. cit. genannte Liste die erforderlichen Informationen bzw. keine unzulässigen Angaben enthalte. Einem Kleinhändler oder Trafikanten könne nicht die Aufgabe zukommen, jede original verschlossene Einzelpackung zu öffnen und die Beipackzettel bzw. die Liste auf ihre Vollständigkeit zu überprüfen. Dies schon aus dem Grund, weil nach dem Öffnen der Original-Einzelverpackungen deren Verkauf unzulässig wäre. Den Mitbeteiligten treffe somit jeweils kein Verschulden daran, dass der Beipackzettel bzw. die Liste nicht den Vorschriften des TNRSG entsprochen habe.
Zur auf der Packung und dem Nachfüllbehälter angebrachten Bezeichnung „CBD“ sei festzuhalten, dass CBD ein Cannabinoid aus dem weiblichen Hanf und neben THC eines der Hauptwirkstoffe von Cannabis sei, im Gegensatz zu diesem aber nicht psychoaktiv wirke. Der Ausdruck „CBD“ auf der Packung und dem Nachfüllbehälter selbst bringe für sich genommen nicht zum Ausdruck, dass das Produkt irgendeinen Nutzen für die Gesundheit habe.
18 Auch hinsichtlich Spruchpunkt 7. verwies das Verwaltungsgericht im Wesentlichen auf die Verpflichtungen des Herstellers, dem alleine die Verpflichtung zukomme, sicherzustellen dass auf der Packung keine unzulässigen Angaben enthalten seien.
19 Zu Spruchpunkt 8. des Straferkenntnisses führte das Verwaltungsgericht schließlich aus, die Angabe „Tabakaroma“ sei auf einem Nachfüllbehälter zulässig, weil es sich dabei um die Angabe eines Aromastoffes im Sinn des § 5d Abs. 1 Z 3 TNRSG handle, die gemäß § 10c Abs. 2 Z 2 TNRSG auf einem Nachfüllbehälter zulässig sei.
20 3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Amtsrevision, die sich nur gegen die Aufhebung der Spruchpunkte 1. bis 4. sowie 7. und 8. des Straferkenntnisses richtet. Der BMSGPK erklärte gemäß § 22 VwGG mit Eingabe vom 6. April 2022 seinen Eintritt in das Revisionsverfahren.
21 Der Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung.
22 4. Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
23 Die maßgeblichen Bestimmungen des Tabak- und Nichtraucherinnen bzw. Nichtraucherschutzgesetzes TNRSG, BGBl. Nr. 431/1995 in der Fassung BGBl. I Nr. 22/2016, lauten (auszugsweise):
„Begriffsbestimmungen
§ 1. Im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt als
1. ,Tabakerzeugnis‘ jedes Erzeugnis, das zum Rauchen, Schnupfen, Lutschen oder Kauen bestimmt ist, sofern es ganz oder teilweise aus Tabak, und zwar unabhängig davon, ob es sich um Tabak in gentechnisch veränderter oder unveränderter Form handelt, besteht,
[...]
1b. ,elektronische Zigarette‘ ein Erzeugnis, das zum Konsum nikotinhältigen oder nikotinfreien Dampfes (Nebels) mittels eines Mundstücks verwendet werden kann, oder jeder Bestandteil dieses Produkts, einschließlich einer Kartusche, eines Tanks, und des Gerätes ohne Kartusche oder Tank. Elektronische Zigaretten können Einwegprodukte oder mittels eines Nachfüllbehälters oder Tanks nachfüllbar sein oder mit Einwegkartuschen nachgeladen werden,
1c. ,Nachfüllbehälter‘ ein Behältnis, das eine nikotinhältige oder nikotinfreie Flüssigkeit enthält, die zum Nachfüllen einer elektronischen Zigarette verwendet werden kann,
[...]
1e. ,verwandtes Erzeugnis‘ jedes neuartige Tabakerzeugnis, pflanzliche Raucherzeugnis, die elektronische Zigarette und deren Liquids,
[...]
1l. ,Liquid‘ jede nikontinhältige oder sonstige nikotinfreie Flüssigkeit, die dafür vorgesehen ist, in elektronischen Zigaretten, E-Shishas oder vergleichbaren Erzeugnissen mit derselben Funktions- und Wirkungsweise verdampft zu werden,
2. ,Inverkehrbringen‘ die entgeltliche oder unentgeltliche Bereitstellung von Produkten – unabhängig vom Ort ihrer Herstellung – für Verbraucherinnen bzw. Verbraucher,
[...]
9. ‚Inhaltsstoff‘ Tabak, ein Zusatzstoff sowie jeder in einem endgültigen Tabakerzeugnis oder verwandten Erzeugnis vorhandene Stoff oder Bestandteil, einschließlich Papier, Filter, Druckerfarben, Kapseln und Kleber,
[...]
9c. ,Zusatzstoff‘ ein Stoff mit Ausnahme von Tabak, der einem Tabakerzeugnis oder verwandtem Erzeugnis, einer Packung oder einer Außenverpackung zugesetzt wird,
9d. ,Aromastoff‘ ein Zusatzstoff, der Geruch und/oder Geschmack verleiht,
[...]
Verbot des Inverkehrbringens
§ 2. (1) Das Inverkehrbringen von
1. Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen, die den §§ 4 bis 10e oder nach diesem Bundesgesetz erlassenen Verordnungen nicht entsprechen oder
[...]
ist verboten.
[...]
Erscheinungsbild
§ 5d. (1) Die Kennzeichnung der Packung und der Außenverpackung sowie das Tabakerzeugnis selbst dürfen weder Elemente noch Merkmale aufweisen, die
1. ein Tabakerzeugnis bewerben oder zu dessen Konsum anregen, indem sie einen irreführenden Eindruck von seinen Eigenschaften, gesundheitlichen Wirkungen, Risiken oder Emissionen erwecken; die Beschriftungen dürfen keine Informationen über den Gehalt des Tabakprodukts an Nikotin, Teer oder Kohlenmonoxid enthalten,
2. suggerieren, dass ein bestimmtes Tabakerzeugnis weniger schädlich als ein anderes sei oder auf eine Reduzierung einiger schädlicher Bestandteile des Rauchs abziele oder belebende, energetisierende, heilende, verjüngende, natürliche oder ökologische Eigenschaften oder einen sonstigen Nutzen für die Gesundheit oder Lebensführung habe,
3. sich auf den Geschmack, Geruch, eventuelle Aromastoffe oder sonstige Zusatzstoffe oder auf deren Fehlen beziehen,
4. einem Lebensmittel- oder Kosmetikerzeugnis ähneln,
[...]
Inverkehrbringen elektronischer Zigaretten
§ 10b. [...]
(2) Die Herstellerinnen bzw. Hersteller und Importeurinnen bzw. Importeure von elektronischen Zigaretten und Nachfüllbehältern haben dem Bundesministerium für Gesundheit jegliche derartige Erzeugnisse, die sie in Verkehr zu bringen beabsichtigen, zu melden. Die Meldung muss in elektronischer Form mindestens sechs Monate vor dem beabsichtigten Inverkehrbringen erfolgen. Bei elektronischen Zigaretten und Nachfüllbehältern, die bei Inkrafttreten dieser Bestimmung bereits in Verkehr sind, muss die Meldung innerhalb von sechs Monaten ab diesem Zeitpunkt erfolgen. Jede wesentliche Änderung eines Erzeugnisses muss vor dem Inverkehrbringen des veränderten Produktes gemeldet werden. Das Produkt darf frühestens sechs Monate nach der Meldung in Verkehr gebracht werden.
[...]
Details zur Verpackung elektronischer Zigaretten
§ 10c. (1) Packungen mit elektronischen Zigaretten und Nachfüllbehältern ist ein Beipackzettel mit folgenden Informationen beizulegen:
1. Gebrauchs und Aufbewahrungsanweisungen für das Produkt, einschließlich eines Hinweises, dass das Erzeugnis nicht für den Gebrauch durch Kinder, Jugendliche und Nichtraucherinnen und Nichtraucher empfohlen wird,
[...]
(2) Jede Packung und jede Außenverpackung von elektronischen Zigaretten und Nachfüllbehältern
1. hat eine Liste sämtlicher Inhaltsstoffe des Erzeugnisses in absteigender Rangfolge ihres Gewichts, die Nummer der Herstellungscharge und die Empfehlung, dass das Erzeugnis nicht in die Hände von Kindern gelangen darf, sowie bei nikotinhältigen Produkten auch die Angabe des Nikotingehalts des Erzeugnisses und der Nikotinabgabe pro Dosis zu enthalten,
2. darf unbeschadet Z 1 keine der in § 5d genannten Elemente oder Merkmale enthalten, mit Ausnahme der Informationen über den Nikotingehalt und die Aromastoffe gemäß § 5d Abs. 1 Z 1 und 3,
[...]
Strafbestimmungen
§ 14. (1) Wer
1. Tabakerzeugnisse oder verwandte Erzeugnisse entgegen § 2 in Verkehr bringt,
[...]
3. gegen die Meldepflichten gemäß §§ 8, 8a, 8c, 10a und 10b verstößt,
[...]
5. gegen die Bestimmungen hinsichtlich des Erscheinungsbildes gemäß §§ 5 bis 6, 10c und 10f verstößt,
[...]
begeht, sofern die Tat nicht nach anderen Verwaltungsbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 7 500 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 15 000 Euro zu bestrafen.“
24 5. Zur Aufhebung (betrifft Spruchpunkte 1. bis 4. und 7. des Straferkenntnisses der belangten Behörde):
25 5.1. Die Revisionswerberin macht zusammengefasst geltend, das Verwaltungsgericht habe ausschließlich auf die Verpflichtungen des Herstellers abgestellt und dabei jeweils das Verbot des Inverkehrbringens nach § 2 Abs. 1 TNRSG außer Acht gelassen. Es stelle sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung des Herstellers zur Folge habe, dass der in Verkehr bringende Unternehmer nicht gemäß § 14 Abs. 1 Z 1 TNRSG zur Verantwortung gezogen werden dürfe.
26 Die Revision erweist sich mit diesem Vorbringen als zulässig. Sie ist auch begründet.
27 5.2. Das Verwaltungsgericht ist hinsichtlich der hier relevanten Spruchpunkte jeweils zusammengefasst davon ausgegangen, den Mitbeteiligten träfen als bloßen Vertreiber der verfahrensgegenständlichen Nachfüllbehälter die jeweiligen Verpflichtungen nicht, weshalb er die angelasteten Übertretungen nicht zu verantworten habe: So obliege dem Mitbeteiligten keine Meldepflicht gemäß § 10b Abs. 2 TNRSG, weshalb er die ihm zur Last gelegte Meldepflichtverletzung nicht begangen habe. Auch die Verpflichtung, jeder Einzelpackung eines Nachfüllbehälters einen Beipackzettel bzw. eine Liste mit bestimmten Informationen beizulegen und die Vollständigkeit und Zulässigkeit der dort enthaltenen Informationen sicherzustellen, könne nur den Hersteller treffen (Spruchpunkte 2. bis 4.). Hinsichtlich des mit Spruchpunkt 7. des behördlichen Straferkenntnisses geahndeten Verstoßes gegen § 2 Abs. 1 Z 1 iVm. § 10c Abs. 2 Z 2 iVm. § 5d Abs. 1 Z 4 TNRSG sei ebenfalls davon auszugehen, dass die Verpflichtungen betreffend die zulässigen Angaben auf der Packung nur den Hersteller beträfen.
28 Gemäß § 14 Abs. 1 Z 1 TNRSG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung, der Tabakerzeugnisse oder verwandte Erzeugnisse entgegen § 2 leg. cit. in Verkehr bringt (vgl. in diesem Sinn bereits den hg. Beschluss vom 14. Juli 2022, Ra 2021/11/0051, in dem der Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit dem dem dortigen Revisionswerber angelasteten Inverkehrbringen näher bezeichneter Erzeugnisse festgehalten hat, die Argumentation, die Herstellung und Produktion dieser Erzeugnisse seien nicht durch den Revisionswerber erfolgt, gehe ins Leere; vgl. auch VwGH 16.10.2024, Ra 2024/11/0110).
29 Mit der Auffassung, dem Mitbeteiligten könne die Verletzung der Meldepflicht gemäß § 10b Abs. 2 TNRSG bzw. Mängel des Beipackzettels im Sinne des § 10c Abs. 1 Z 1 TNRSG, eine mangelhafte Liste im Sinne des § 10c Abs. 2 Z 1 und 2 TNRSG und das Erscheinen unzulässiger Angaben iSd. § 5d Abs. 1 Z 2 und 4 TNRSG nicht zur Last gelegt werden, verkennt das Verwaltungsgericht, dass dem Mitbeteiligten im Straferkenntnis (nur) das entgegen § 2 Abs. 1 Z 1 TNRSG erfolgte Inverkehrbringen der verfahrensgegenständlichen Nachfüllbehälter angelastet wurde, weshalb die Revisionswerberin die Bestrafung in diesen Punkten auch jeweils ausdrücklich auf die Strafbestimmung des § 14 Abs. 1 Z 1 TNRSG gegründet hat.
30 Indem das Verwaltungsgericht das Straferkenntnis insoweit aufhob und das Verwaltungsstrafverfahren einstellte, ohne sich mit der Strafbarkeit des Inverkehrbringens der verfahrensgegenständlichen, näher genannten Bestimmungen des TNRSG nicht entsprechenden Nachfüllbehälter zu befassen, hat es sein Erkenntnis im Umfang der Spruchpunkte 1. bis 4.) und 7.) des behördlichen Straferkenntnisses mit Rechtswidrigkeit des Inhalts belastet.
31 5.3. Hinsichtlich der vom Verwaltungsgericht betreffend Spruchpunkt 4. als zulässig erachteten Angabe „CBD“ ist ergänzend Folgendes festzuhalten:
32 Jede Packung und jede Außenverpackung von elektronischen Zigaretten und Nachfüllbehältern darf unbeschadet Z 1 keine der in § 5d genannten Elemente oder Merkmale enthalten, mit Ausnahme der Informationen über den Nikotingehalt und die Aromastoffe gemäß § 5d Abs. 1 Z 1 und 3 (§ 10c Abs. 2 Z 2 TNRSG). Gemäß § 5d Abs. 1 Z 2 TNRSG dürfen die Kennzeichnung der Packung und der Außenverpackung sowie das Tabakerzeugnis selbst weder Elemente noch Merkmale aufweisen, die suggerieren, dass ein bestimmtes Tabakerzeugnis weniger schädlich als ein anderes sei oder auf eine Reduzierung einiger schädlicher Bestandteile des Rauchs abziele oder belebende, energetisierende, heilende, verjüngende, natürliche oder ökologische Eigenschaften oder einen sonstigen Nutzen für die Gesundheit oder Lebensführung habe.
Das Verwaltungsgericht hat die Auffassung vertreten, der Ausdruck „CBD“ allein sei, weil er nicht zum Ausdruck bringe, dass das Produkt irgendeinen Nutzen für die Gesundheit habe, zulässig.
Dem vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht beizutreten:
Die – offenbar dem Wikipedia Eintrag für den Begriff „CBD“ entnommene – im Spruchpunkt 4. inkriminierte Textfolge hinsichtlich der „CBD“ zugeschriebenen Eigenschaften bringt zum Ausdruck, dass mit diesem Stoff die genannten gesundheitsfördernden Eigenschaften verbunden werden.
33 „CBD“ wurde auch in der Rechtsprechung bereits als Wirkstoff iSd § 1 Abs. 4a AMG angesehen: Danach sind Wirkstoffe Stoffe oder Gemische von Stoffen, die dazu bestimmt sind, bei der Herstellung eines Arzneimittels verwendet zu werden und bei ihrer Verwendung in der Arzneimittelherstellung zu arzneilich wirksamen Bestandteilen des Arzneimittels zu werden. Konstitutives Element des Wirkstoffbegriffs ist also seine Zweckbestimmung für die Verwendung als arzneilich wirksamer Bestandteil im Rahmen der Arzneimittelherstellung (vgl. OGH 23.9.2022, 4 Ob 80/22a).
34 CBD wird als Inhaltsstoff einer Vielzahl von Produkten angeboten und aufgrund der verbreiteten Angebote vom durchschnittlichen Konsumenten als solcher angesehen, der sich zumindest positiv auf das Allgemeinbefinden auswirken kann. Der Ansicht des Verwaltungsgerichts, dass die Angabe „CBD“ kein Element iSd § 5d Abs. 1 Z 2 TNRSG sei, das zumindest einen sonstigen Nutzen für die Gesundheit oder Lebensführung suggeriert, kann demnach nicht gefolgt werden (vgl. in diesem Sinn schon VwGH 2.6.2020, Ro 2020/11/0002, in welchem Erkenntnis die verwaltungsgerichtliche Beurteilung, durch die Angabe „CBD“ auf einem Raucherzeugnis sei ein gesundheitlicher Nutzen suggeriert worden, unbeanstandet geblieben ist).
35 5.4. Das angefochtene Erkenntnis war daher im Umfang der Spruchpunkte 1. 4. und 7. (des Straferkenntnisses der belangten Behörde) gemäß § 42 Abs. 1 Z 1 VwGG aufzuheben.
6. Zur Abweisung der Amtsrevision (betrifft Spruchpunkt 8. des Straferkenntnisses der belangten Behörde):
36 6.1. Die Revisionswerberin bringt hierzu vor, das Verwaltungsgericht sei davon ausgegangen, die Packung bzw. Außenverpackung eines Nachfüllbehälters dürfe gemäß §§ 10c Abs. 2 Z 2 iVm. § 5d Abs. 1 Z 3 TNRSG Informationen über Aromastoffe enthalten, weshalb die Angabe „Tabakaroma“ zulässig sei. Im vorliegenden Fall stelle sich die Frage, ob es sich bei der Angabe „Tabakaroma“ um die erlaubte Angabe eines Aromastoffes handle oder vielmehr um eine unzulässige Geschmacksangabe. Dazu gebe es keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Zudem habe das Verwaltungsgericht auch hier das Verbot des Inverkehrbringens nach § 2 Abs. 1 TNRSG außer Acht gelassen.
37 Die Revision erweist sich auch mit diesem Vorbringen als zulässig. Sie ist jedoch in diesem Umfang nicht begründet.
38 6.2. Zum Revisionsvorbringen, das Verwaltungsgericht habe das Verbot des Inverkehrbringens außer Acht gelassen, ist zunächst klarstellend festzuhalten, dass nach § 2 Abs. 1 Z 1 TNRSG das Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen oder verwandten Erzeugnissen, die den §§ 4 bis 10e TNRSG (oder nach diesem Bundesgesetz erlassenen Verordnungen) nicht entsprechen, verboten ist. Ein Verstoß gegen das Verbot des Inverkehrbringens hängt somit ua. davon ab, ob die in Verkehr gebrachten Produkte die Anforderungen an das Erscheinungsbild bzw. an die Verpackung gemäß § 10c Abs. 2 Z 2 iVm. § 5d TNRSG erfüllen. Kommt das Verwaltungsgericht wie hier hinsichtlich der Angabe „Tabakaroma“ auf einem Nachfüllbehälter zum Ergebnis, es liege kein Verstoß gegen diese Bestimmungen vor, kann daher trifft diese Beurteilung zu insoweit auch nicht die Rede davon sein, dass ein Tabakerzeugnis oder verwandtes Erzeugnis entgegen § 2 leg. cit in Verkehr gebracht wurde. Vielmehr stellt sich im vorliegenden Fall die von der Revisionswerberin auch angesprochene Frage, ob das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen ist, dass es sich bei der Angabe „Tabakaroma“ um eine gemäß § 10c Abs. 2 Z 2 iVm § 5d Abs. 1 Z 3 TNRSG zulässige Information über Aromastoffe handle (und daher insoweit kein Verstoß gegen das Verbot des Inverkehrbringens vorliegt).
39 6.3. Für das Erscheinungsbild von Tabakerzeugnissen legt die Bestimmung des § 5d Abs. 1 TNRSG fest, welche Elemente bzw. Merkmale die Kennzeichnung der Packung und der Außenverpackung sowie das Tabakerzeugnis selbst nicht aufweisen dürfen. Nach Z 1 leg. cit. dürfen diese etwa nicht ein Tabakerzeugnis bewerben oder zu dessen Konsum anregen, indem sie einen irreführenden Eindruck von seinen Eigenschaften, gesundheitlichen Wirkungen, Risiken oder Emissionen erwecken. Die Beschriftungen dürfen weiters (ua.) keine Informationen über den Gehalt des Tabakprodukts an Nikotin und Teer enthalten. Nach Z 3 leg. cit. sind zudem Elemente bzw. Merkmale verboten, die sich auf den Geschmack, Geruch, eventuelle Aromastoffe oder sonstige Zusatzstoffe oder auf deren Fehlen beziehen.
40 Hinsichtlich der Packung bzw. Außenverpackung von elektronischen Zigaretten und Nachfüllbehältern normiert § 10c Abs. 2 Z 2 TNRSG, dass diese keine der in § 5d TNRSG genannten Elemente oder Merkmale enthalten dürfen, mit Ausnahme und insofern abweichend von der Regelung betreffend Tabakerzeugnisse „der Informationen über den Nikotingehalt und die Aromastoffe gemäß § 5d Abs. 1 Z 1 und 3“.
41 Nach dem insoweit klaren Wortlaut dieser Bestimmung dürfen daher auf (Außenver )Packungen von elektronischen Zigaretten und Nachfüllbehältern zwar nicht pauschal sämtliche in § 5d Abs. 1 Z 1 und Z 3 TNRSG aufgezählten Angaben aufscheinen. Jedoch sind - unbeschadet der aufzulistenden Stoffe nach § 10c Abs 1 Z 1 TNRSG - Informationen über den Nikotingehalt und Aromastoffe zulässig.
42 6.4. Bei einem Aromastoff handelt es sich nach der Begriffsbestimmung des § 1 Z 9d TNRSG um einen Zusatzstoff, der Geruch und/oder Geschmack verleiht. Als Zusatzstoff wird gemäß § 1 Z 9c TNRSG ein Stoff mit Ausnahme von Tabak, der einem Tabakerzeugnis oder verwandtem Erzeugnis, einer Packung oder einer Außenverpackung zugesetzt wird, definiert. Aromastoffe sind folglich etwa einem Tabakerzeugnis oder verwandten Erzeugnis zugesetzte Zusatzstoffe, die Geruch und/oder Geschmack verleihen.
43 Ob es sich im Einzelfall bei einer Angabe auf der Packung oder Außenverpackung von elektronischen Zigaretten oder Nachfüllbehältern um die entsprechend § 10c Abs. 2 Z 2 TNRSG zulässige Angabe eines Aromastoffes im Sinn des § 1 Z 9d TNRSG handelt, ist jeweils fallbezogen ausgehend von der den Tatvorwurf begründenden Angabe auf der Packung oder Außenverpackung zu beurteilen.
44 Festzuhalten ist, dass als Beispiele für Aromastoffe etwa in den vom EuGH im Zusammenhang mit der Richtlinie 2014/40/EU bereits zu Auslegungszwecken herangezogenen (vgl. EuGH 4.5.2016, C 547/14, Philip Morris Brands u.a. ) und in den Erläuterungen zu BGBl. I Nr. 22/2016 (vgl. RV 1056 BlgNR 25. GP, 1) angeführten Partiellen Leitlinien für die Umsetzung der Art. 9 und 10 der Framework Convention on Tobacco Control (FCTC) Benzaldehyd, Maltol, Menthol und Vanillin angeführt werden („Examples of flavouring substances include benzaldehyde, maltol, menthol and vanillin”).
Festzuhalten ist weiters, dass von der Revision weder in Frage gestellt wird, dass es einen Stoff gibt, der einen Geruch oder Geschmack nach Tabak verleiht (iSd § 1 Z 9d TNRSG also ein entsprechender „Aromastoff“ ist), noch dass in dem in Rede stehenden Produkt ein solcher Stoff enthalten ist.
45 Vor diesem Hintergrund ist im gegenständlichen Fall davon auszugehen, dass der Ansicht des Verwaltungsgerichts, es handle sich bei der verfahrensgegenständlichen Bezeichnung „Tabakaroma“ um eine für elektronische Zigaretten und Nachfüllbehälter gemäß § 10c Abs. 2 Z 2 TNRSG erlaubte Angabe eines Aromastoffes im Sinn eines Zusatzstoffes, der Geschmack verleiht, von der Revision nichts Stichhaltiges entgegengehalten wird. Dass der Zusatzstoff Geschmack verleiht, schließt entgegen der Revision die Annahme, es handle sich um einen Aromastoff, nicht aus. Im Gegenteil: es entspricht der Definition von „Aromastoff“, dass dieser Geschmack und/oder Geruch (fallbezogen Tabakgeschmack und/oder Tabakgeruch) verleiht.
46 In diesem Umfang war die Revision daher als unbegründet abzuweisen.
47 Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 17. Dezember 2024
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