Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick und die Hofrätin Mag. Hainz Sator sowie den Hofrat Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Vitecek, über die Revision der Österreichischen Zahnärztekammer in Wien, vertreten durch die Tschurtschenthaler Walder Fister Rechtsanwälte GmbH in 9020 Klagenfurt, Dr. Arthur Lemisch Platz 7, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 25. Oktober 2021, Zl. VGW 106/V/078/14687/2021 1, betreffend aufschiebende Wirkung iA Bewilligung der Errichtung eines selbständigen Zahnambulatoriums (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Wiener Landesregierung; mitbeteiligte Partei: D GmbH in W, vertreten durch die Cerha Hempel Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Parkring 2), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Revisionswerberin hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
1 1.1. Zur Vorgeschichte vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. November 2020, Ro 2020/11/0020. Damit hob der Verwaltungsgerichtshof über Revision der (auch nunmehrigen) Revisionswerberin den Bescheid der belangten Behörde vom 22. Juni 2011 auf, mit welchem der mitbeteiligten Partei die Bewilligung für die Errichtung eines selbständigen Ambulatoriums für Zahn , Mund und Kieferheilkunde sowie Mund , Kiefer und Gesichtschirurgie in Wien erteilt worden war, weil die belangte Behörde zu Unrecht davon ausgegangen war, dass die Bewilligungsvoraussetzung des Bedarfs nicht anzuwenden gewesen sei.
2 1.2. Mit dem im fortgesetzten Verfahren erlassenen Bescheid vom 16. Juni 2021 stellte die belangte Behörde gemäß § 5 Abs. 3a Wiener Krankenanstaltengesetz 1987 Wr. KAG die Plankonformität der Errichtung des gegenständlichen Ambulatoriums fest (Spruchpunkt I.), erteilte der mitbeteiligten Partei gemäß § 5 Wr. KAG die Errichtungsbewilligung für dieses Ambulatorium (Spruchpunkt II.) und schloss gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde aus (Spruchpunkt III.).
3 1.3. Gegen diesen (den gesamten) Bescheid erhob die Revisionswerberin Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien. Darin beantragte sie die Aufhebung der Spruchpunkte I., II. und III. dieses Bescheides und stellte „vorsichtshalber ... separat“ den Antrag, Spruchpunkt III. gemäß § 22 Abs. 3 VwGVG aufzuheben.
4 1.4. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde, soweit sie sich gegen Spruchpunkt III. des Bescheides vom 16. Juni 2021 (betreffend den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung) richtete, als unbegründet ab und „bestätigte“ Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei. Eine Entscheidung über die Beschwerde in der Hauptsache (Spruchpunkte I. und II. des Bescheides) erfolgte mit dem angefochtenen Erkenntnis nicht.
5 Das Verwaltungsgericht stellte fest, die mitbeteiligte Partei betreibe das gegenständliche Ambulatorium an einer näher bestimmten Adresse im Y Wiener Gemeindebezirk seit mehr als fünf Jahren. Ein besonderer Schwerpunkt dieser Krankenanstalt liege in der Behandlung von Patienten, die im niedergelassenen Bereich in den privaten Ordinationen aus verschiedensten Gründen nicht behandelt und auch in den Spitälern nicht aufgenommen werden könnten. Dies betreffe insbesondere die Versorgung von Patienten mit speziellen Bedürfnissen (Menschen mit Behinderung, Angstpatienten, infektiöse Patienten, Wachkomapatienten). Auf Grund einer komplexen (näher beschriebenen) Spitalsausstattung und entsprechend geschultem Personal sei es dem Ambulatorium möglich, diese schwierig zu behandelnden Patienten zahnmedizinisch zu versorgen. Eine (vorübergehende) Schließung des Ambulatoriums würde die zahnmedizinische Versorgung dieser Patienten mit besonderen Bedürfnissen gefährden.
6 Die Verordnung der Gesundheitsplanungs GmbH zur Verbindlichmachung von Teilen des Regionalen Strukturplans Gesundheit Wien (RSG Wien VO 2019) sehe für die Versorgungsregion 93, zu welcher der Y Wiener Gemeindebezirk gehöre, im Bereich Zahn , Mund und Kieferheilkunde bei einem Ist Stand 2016 von 79,9 ÄAVE (Ärztliche Ambulante Versorgungseinheiten), davon 73,9 ÄAVE im niedergelassenen Bereich mit Vertrag und 6,0 ÄAVE in selbständigen Ambulatorien mit Vertrag, für den Planungshorizont 2025 108,8 ÄAVE (ohne Unterscheidung in niedergelassene Ärzte und selbständige Ambulatorien) vor. Je Versorgungsregion sei weiters eine ZMK Versorgung für Menschen mit Behinderung, Kinder mit hohem Betreuungsaufwand, Angstpatienten, infektiösen Patienten oder Wachkomapatienten für zahnmedizinische sowie mund , kiefer und gesichtschirurgische Eingriffe vorgesehen. Derzeit seien in der Versorgungsregion 93 insgesamt 91,3 ÄAVE im niedergelassenen Bereich und in selbständigen Ambulatorien, jeweils mit Kassenvertrag, vorhanden.
7 Zum Behandlungsschwerpunkt des gegenständlichen Ambulatoriums führte das Verwaltungsgericht beweiswürdigend aus, dieser ergebe sich aus näher bezeichneten Schreiben der Magistratsabteilung 24 und der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), wonach das Ambulatorium über einen Kassenvertrag mit der ÖGK verfüge, der insbesondere auch spezielle Leistungen (etwa Narkose) für eine zahnmedizinische Versorgung von Patienten mit einem speziellen Betreuungsaufwand (etwa Menschen mit Behinderungen oder Angststörungen) beinhalte. Die belangte Behörde sei im bekämpften Bescheid von der Annahme ausgegangen, dass eine Schließung des Ambulatoriums die zahnmedizinische Versorgung dieser Patientengruppe gefährde. Dem sei die Revisionswerberin nicht substantiiert entgegengetreten. Vielmehr habe sie in ihrer Beschwerde nur ausgeführt, dass „denke man sich dieses bedarfsirrelevante interdisziplinäre Versorgungsangebot weg“ das Leistungsangebot des Zahnambulatoriums nur Leistungen erfasse, die praktisch auch in allen zahnärztlichen Ordinationen erbracht würden. Diesem Vorbringen der Revisionswerberin lasse sich jedoch entnehmen, dass die zahnmedizinische Versorgung von Patienten mit besonderen Bedürfnissen eben nicht in praktisch jeder zahnärztlichen Ordination erfolgen könne.
8 Rechtlich führte das Verwaltungsgericht zur Beschwerdelegitimation der Revisionswerberin aus, dieser komme gemäß § 5 Abs. 8 Wr. KAG im Verfahren über die Erteilung einer Errichtungsbewilligung hinsichtlich des Bedarfs Parteistellung zu. Die Spruchpunkte I. und II. des Bescheides vom 16. Juni 2021 beträfen den Bedarf und das Errichtungsbewilligungsverfahren. Der Revisionswerberin komme Parteistellung hinsichtlich des Bedarfs auch dann zu, wenn dieser nicht nach § 5 Abs. 3 Wr. KAG, sondern nach Abs. 3a leg. cit. geprüft werde. Die Revisionswerberin sei daher legitimiert, den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung mit Beschwerde zu bekämpfen und insoweit gemäß § 22 Abs. 3 VwGVG die Abänderung des Bescheides zu beantragen.
9 Der Bescheid vom 16. Juni 2021 sei auch einem Vollzug zugänglich, weil die Feststellung der Plankonformität Voraussetzung für die Erteilung der Errichtungsbewilligung sei. Ohne Erteilung der Errichtungsbewilligung sei aber gemäß § 23 Abs. 2 Wr. KAG die Betriebsbewilligung zurückzunehmen und der Betrieb des Ambulatoriums einzustellen.
10 Gefahr im Verzug bestehe deswegen, weil ohne Erteilung der Errichtungsbewilligung die konkrete Gefahr der Zurücknahme der Betriebsbewilligung und damit die Schließung des Ambulatoriums bestehe. Nach den Sachverhaltsfeststellungen sei die Versorgung der Bevölkerung mit den vom Ambulatorium angebotenen zahnmedizinischen Leistungen im ambulanten Bereich mit Kassenvertrag derzeit nicht ausreichend und liege um 15 % unter dem Planstand. Ein Wegfall des Leistungsangebotes der Krankenanstalt würde zu einer weiteren Unterversorgung führen und beeinträchtige daher das öffentliche Interesse an einer ausreichenden zahnmedizinischen Versorgung der Bevölkerung. Überdies lege das Ambulatorium einen besonderen Schwerpunkt auf die Behandlung von Patienten mit besonderen Bedürfnissen und wäre die ausreichende Versorgung dieser Patienten bei einer Schließung konkret gefährdet. Weiters entfielen bei einer Schließung der Krankenanstalt sämtliche Einnahmen der mitbeteiligten Partei aus dem Betrieb der Krankenanstalt, wodurch ihre wirtschaftlichen Interessen auch dann massiv beeinträchtigt wären, wenn keine Insolvenz drohe.
11 Zur Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und der Interessen anderer Parteien führte das Verwaltungsgericht aus, dass der Betrieb des gegenständlichen Ambulatoriums auf Grund der nach wie vor aufrechten Betriebsbewilligung bis jetzt zu Recht erfolgt sei. Den von der Revisionswerberin vertretenen wirtschaftlichen Interessen der niedergelassenen Zahnärzte komme gegenüber den öffentlichen Interessen und dem wirtschaftlichen Interesse der mitbeteiligten Partei an der Fortführung des Betriebs des Ambulatoriums kein ausschlaggebendes Gewicht zu, da die Konkurrenzierung durch die Krankenanstalt eine Vielzahl von niedergelassenen Zahnärzten betreffe. Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Fortführung des Betriebes des Ambulatoriums auf den einzelnen niedergelassenen Zahnarzt seien daher gering, da sich bei einer Schließung des Ambulatoriums deren bisherige Patienten auf eine Vielzahl von niedergelassenen Zahnärzten oder selbständigen Zahnambulatorien verteilen würden bzw. umgekehrt nur einige wenige potentielle Patienten eines jeden niedergelassenen Zahnarztes derzeit tatsächlich Patienten des gegenständlichen Ambulatoriums seien.
12 Insgesamt lägen daher die Voraussetzungen für den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung vor, da die öffentlichen Interessen und die Interessen der mitbeteiligten Partei an einem Vollzug des Bescheides vom 16. Juni 2021 die von der Revisionswerberin vertretenen wirtschaftlichen Interessen der niedergelassenen Zahnärzte bei weitem überwiegen würden.
13 Mit ihrem Antrag auf Abänderung von Spruchpunkt III. des Bescheides vom 16. Juni 2021 gemäß § 22 Abs. 3 VwGVG sei die Revisionswerberin auf das gegenständliche Erkenntnis zu verweisen, welches an die Stelle dieses Spruchpunktes trete.
14 1.5. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende (außerordentliche) Revision. Der Verwaltungsgerichtshof hat das Vorverfahren durchgeführt, in welchem die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei jeweils eine Revisionsbeantwortung erstatteten.
15 2. Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
16 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 3 VwGG ist ein Beschluss nach Abs. 1 in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.
17 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
18 3.1. In der demnach für die Zulässigkeit der Revision allein maßgeblichen Zulässigkeitsbegründung wird zunächst geltend gemacht, das Verwaltungsgericht habe keine Ermittlungen geführt und bloß „vage aber keine konkreten Feststellungen“ getroffen. Der Feststellung, dass eine Schließung der Krankenanstalt die zahnmedizinische Versorgung der Patienten mit besonderen Bedürfnissen gefährde, sei kein einziges Beweismittel zu Grunde gelegt worden; vielmehr habe das Verwaltungsgericht damit lediglich die Annahme der belangten Behörde übernommen. Der Feststellung zur RSG Wien VO 2019 sei nichts zur momentanen Ist Situation zu entnehmen, weil diese Verordnung keine Aussage zu den aktuellen gegebenen Verhältnissen der Gesundheitsversorgung enthalte. „So könnte es etwa sein was vom VwG Wien aber nicht ansatzweise untersucht wurde dass die Kapazitäten seit dem Inkrafttreten der RSG Wien VO 2019 (immerhin vor nahezu zwei Jahren) ohnehin entsprechend ausgebaut wurden.“
19 Damit macht die Revision Verfahrensmängel geltend. Sie führt aber nicht konkret auf den Revisionsfall bezogen aus, welche anderen Feststellungen das Verwaltungsgericht auf Grund welcher anderen Beweisergebnisse hätte treffen sollen, sodass sie die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensmängel nicht darlegt (vgl. etwa VwGH 9.6.2022, Ra 2022/11/0061, mwN).
20 3.2.1. Sodann bringt die Revision zu ihrer Zulässigkeit vor, das Verwaltungsgericht habe keine nachvollziehbare Interessenabwägung durchgeführt und fast ausschließlich die Interessen der mitbeteiligten Partei veranschlagt, nicht hingegen die Interessen der von der Revisionswerberin repräsentierten niedergelassenen Zahnärzte. Die Bedarfsprüfung diene dem Existenzschutz des niedergelassenen Bereichs und liege daher auch im öffentlichen Interesse an einer flächendeckenden Gesundheitsversorgung. Auch sei die mitbeteiligte Partei nicht schutzwürdig und müssten ihre Interessen daher weniger stark gewichtet werden, weil sie das Zahnambulatorium weiterbetrieben habe, obwohl der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis Ro 2020/11/0020 die Errichtungsbewilligung aufgehoben habe. Die belangte Behörde wäre schon längst verpflichtet gewesen, die Betriebsbewilligung von Amts wegen zurückzunehmen. Ein solches rechtswidriges Unterlassen könne kein schutzwürdiges Interesse begründen.
21 Auch damit legt die Revision keine Rechtsfrage iSd. Art. 133 Abs. 4 B VG dar:
22 3.2.2. Das Tatbestandsmerkmal „Gefahr im Verzug“ in § 13 Abs. 2 VwGVG bringt zum Ausdruck, dass die Bestimmung (der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung) nur das Eintreten erheblicher Nachteile für eine Partei bzw. gravierender Nachteile für das öffentliche Wohl verhindern soll. Voraussetzung für den Ausschluss der einer Beschwerde grundsätzlich zukommenden aufschiebenden Wirkung ist daher eine nachvollziehbare Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und der Interessen der Verfahrensparteien, aus der sich ebenso nachvollziehbar ergibt, dass für den Fall, dass die aufschiebende Wirkung nicht ausgeschlossen wird, gravierende Nachteile für das öffentliche Wohl eintreten würden bzw. gravierende Nachteile für eine Partei, die jene Nachteile deutlich überwiegen, die bei nicht verfügtem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde anderen Verfahrensparteien entstehen würden (vgl. VwGH 5.9.2018, Ra 2017/03/0105, 0106).
23 Die Entscheidung über Zuerkennung oder Aberkennung (Ausschluss) der aufschiebenden Wirkung ist das Ergebnis einer im Einzelfall vorzunehmenden Interessenabwägung. Wurde eine solche Interessenabwägung vom Verwaltungsgericht auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen, so ist eine solche einzelfallbezogene Beurteilung im Allgemeinen nicht mit Erfolg mit Revision bekämpfbar. Bei der nach § 13 Abs. 4 VwGVG vorzunehmenden Entscheidung, die aufgrund der im Entscheidungszeitpunkt bestehenden Sach und Rechtslage zu treffen ist, darf das Verwaltungsgericht regelmäßig von den nicht von vornherein als unzutreffend erkennbaren Annahmen der belangten Behörde ausgehen (vgl. etwa VwGH 7.2.2020, Ra 2019/03/0143; 12.9.2022, Ra 2022/11/0125; jeweils mwN).
24 3.2.3. Das Verwaltungsgericht legte seiner Interessenabwägung als öffentliches Interesse die Aufrechterhaltung der zahnmedizinischen Gesundheitsversorgung insbesondere von Patienten mit (näher genannten) besonderen medizinischen Bedürfnissen in einer bestimmten Versorgungsregion zu Grunde. Den vorzeitigen Vollzug des Bescheides vom 16. Juni 2021 hält das Verwaltungsgericht deswegen für dringend geboten, weil andernfalls mangels sofortiger Wirksamkeit der damit erteilten Errichtungsbewilligung die bestehende Betriebsbewilligung des Ambulatoriums gemäß § 23 Abs. 2 Wr. KAG zurückzunehmen und der Betrieb einzustellen wäre.
25 Die zahnmedizinische Gesundheitsversorgung von Patienten mit besonderen medizinischen Bedürfnissen liegt ohne Zweifel im öffentlichen Interesse. Dass die Annahme einer Gefährdung dieser Gesundheitsversorgung bei einer Einstellung des Betriebes des gegenständlichen Ambulatoriums auf einer vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden mangelhaften Beweiswürdigung beruhen würde, konnte die Revision nicht aufzeigen (siehe zuvor Rn. 18f.). Ebenso wenig legt die Revision dar, dass die rechtliche Beurteilung des Verwaltungsgerichts, es liege insoweit Gefahr im Verzug vor, von den Grundsätzen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht.
26 Wenn die Revision vorbringt, die Interessen der mitbeteiligten Partei seien geringer zu gewichten, weil diese trotz Aufhebung der Errichtungsbewilligung durch das hg. Erkenntnis Ro 2020/11/0020 das gegenständliche Ambulatorium weiter betrieben habe und sie daher nicht schutzwürdig sei, legt sie damit eine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende Rechtswidrigkeit der Interessenabwägung schon deswegen nicht dar, weil von der Revisionswerberin auch zugestanden die mitbeteiligte Partei unbestritten über eine aufrechte Bewilligung zum Betrieb des Ambulatoriums verfügte. Überdies wurde mit Spruchpunkt II. des Bescheides der belangten Behörde vom 16. Juni 2021 unter einem die für die Beibehaltung der Betriebsbewilligung erforderliche Errichtungsbewilligung erteilt.
27 Vor diesem Hintergrund zeigt die Revision insgesamt nicht auf, dass der vom Verwaltungsgericht bestätigte Ausschluss der aufschiebenden Wirkung fallbezogen nicht mit den Grundsätzen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vereinbar wäre.
28 3.3. Schließlich bringt die Revision zu ihrer Zulässigkeit vor, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Verhältnis einer Bescheidbeschwerde gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung nach § 13 Abs. 2 VwGG zu einem Antrag nach § 22 Abs. 3 VwGVG.
29 Auch damit zeigt sie eine Rechtsfrage iSd. Art. 133 Abs. 4 B VG nicht auf:
30 Sollte die Revision damit meinen, dass der Antrag nach § 22 Abs. 3 VwGVG noch offen ist, ist dies nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens; weswegen die Entscheidung über die Revision nicht von der geltend gemachten Rechtsfrage abhängt.
31 Im Übrigen stellte die Revisionswerberin in ihrer Beschwerde neben ihrem offenbar als Beschwerdebegehren iSd. § 9 Abs. 1 Z 4 VwGVG zu deutenden Antrag, (ua.) Spruchpunkt III. aufzuheben, „vorsichtshalber ... separat“ den Antrag, diesen Spruchpunkt gemäß § 22 Abs. 3 VwGVG aufzuheben. Sie begründete den zuletzt genannten Antrag damit, es könne „nicht ausgeschlossen werden“, dass die Aufhebung des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung im bekämpften Bescheid durch das Verwaltungsgericht „eines separaten Antrags bedarf“.
32 Die Revisionswerberin verfolgte mit den beiden in einem Schriftsatz gestellten Anträgen somit erkennbar dasselbe Rechtsschutzziel, nämlich die Aufhebung des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung. Über dieses Begehren hat das Verwaltungsgericht aber durch Abweisung der Beschwerde unter ausdrücklicher „Bestätigung“ von Spruchpunkt III. des Bescheides vom 16. Juni 2021 in der Sache abgesprochen.
33 Somit war fallbezogen davon auszugehen, dass das Verwaltungsgericht alle im Beschwerdeschriftsatz in Bezug auf Spruchpunkt III. des Bescheides vom 16. Juni 2021 gestellten Anträge erledigt hat.
34 4. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher schon aus diesem Grund gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
35 Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm. der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 23. Februar 2023