Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick und die Hofrätinnen Dr. Pollak, Mag. Hainz Sator und MMag. Ginthör sowie den Hofrat Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin MMag. a Janitsch, über die Revision der Bezirksbauernkammer Mistelbach, vertreten durch Dr. Reinhard Zimmermann, Rechtsanwalt in 1210 Wien, Peitlgasse 6/1. DG/29, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 24. November 2021, Zl. LVwG AV 937/001 2021, betreffend grundverkehrsbehördliche Genehmigung gemäß NÖ GVG 2007 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Grundverkehrsbehörde Hollabrunn; mitbeteiligte Partei: K GmbH in G, vertreten durch die Onz Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schwarzenbergplatz 16), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Die Revisionswerberin hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
1 1. Mit Bescheid vom 6. Mai 2021, Zl. HLL2 G 203/077, erteilte soweit für das Revisionsverfahren von Relevanz die belangte Behörde der mitbeteiligten Partei auf Grund eines entsprechenden Antrags vom 16. Oktober 2020 gemäß § 6 Abs. 1 Z 2 NÖ Grundverkehrsgesetz 2007 die grundverkehrsbehördliche Genehmigung für einen näher genannten Kaufvertrag. Dies erfolgte unter der Auflage, dass die verfahrensgegenständlichen Grundstücke bis zur Aufnahme eines Aufschlusses und Abbaus gemäß Mineralrohstoffgesetz (MinroG) landwirtschaftlich zu nutzen seien, wobei der Behörde bis zur Aufnahme einer Nutzung gemäß MinroG jährlich geeignete Unterlagen vorzulegen seien, aus welchen die landwirtschaftliche Nutzung zweifelsfrei hervorgehe. Die Erteilung erfolgte ferner unter der Auflage, dass für die gegenständlichen Grundstücke eine Genehmigung nach dem MinroG innerhalb einer Frist von sieben Jahren ab Zustellung des Bescheids zu erwirken sei und die gegenständlichen Grundstücke innerhalb dieser Frist einer Nutzung entsprechend der erwirkten Genehmigung zuzuführen seien.
2 2.1. Dagegen erhob die Revisionswerberin Beschwerde. Darin führte sie zusammengefasst aus, sie erachte den Bescheid vom 6. Mai 2021 für rechtswidrig, weil der mitbeteiligten Partei durch die zu lange Fristeinräumung bei der Auflage „Vorratskäufe“ ermöglicht würden, die nach dem NÖ GVG 2007 unzulässig seien; es werde der mitbeteiligten Partei dadurch die Möglichkeit eingeräumt, „mehr Grundflächen als notwendig“ in Anspruch zu nehmen.
3 2.2. Mit schriftlicher Stellungnahme vom 9. Juli 2021 brachte die Revisionswerberin hinsichtlich ihres allfälligen Beschwerderechts im Wesentlichen Folgendes vor:
Das NÖ GVG 2007 räume der Revisionswerberin nicht ausdrücklich ein Beschwerderecht ein. Allerdings werde die Revisionswerberin gemäß § 11 NÖ GVG 2007 ua. zur Abgabe einer fachlich begründeten Stellungnahme verpflichtet, wenn das fragliche Rechtsgeschäft ihrer fachlichen Beurteilung nach den Bestimmungen des § 6 leg. cit. widerspreche. Sofern solch eine fachlich begründete Stellungnahme bei der belangten Behörde einlange, habe diese weitere Ermittlungen zu führen und sei der Revisionswerberin sodann eine Ausfertigung des Bescheides der belangten Behörde zuzustellen (§ 11 Abs. 9 NÖ GVG 2007). Aus dieser Regelung schließe die Revisionswerberin ihr Beschwerderecht. Da ihr das NÖ GVG 2007 die Befugnis einräume, „die Entscheidung der [belangten Behörde] inhaltlich, sohin materiell rechtlich zu beeinflussen“, komme ihr ein für die Erhebung einer Beschwerde notwendiges subjektives Recht zu, das „über die Stellung einer bloßen Formalpartei [...], welche bloß zur Durchsetzung von prozessualen Befugnissen legitimiert ist“, hinausgehe.
4 3. Mit gegenständlich angefochtenem Beschluss vom 24. November 2021 wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) soweit hier von Relevanz die Beschwerde der Revisionswerberin als unzulässig zurück (Spruchpunkt 1.). Die Revision gegen Spruchpunkt 1. wurde gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für zulässig erklärt (Spruchpunkt 3.).
5 Das Verwaltungsgericht begründete seine Entscheidung wie folgt:
6 Mit Stellungnahme iSd. § 11 NÖ GVG 2007 vom 27. Oktober 2020 habe die Revisionswerberin der belangten Behörde mitgeteilt, dass zwischen dem Erwerb der verfahrensgegenständlichen Grundstücke und deren Verwendungszweck zur Errichtung bzw. Vergrößerung einer bergbaulichen Anlage kein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang angenommen werden könne. Überdies bestehe zwischen den verfahrensgegenständlichen Grundstücken weder zu den bestehenden noch zu einer geplanten bergbaulichen Anlage eine räumliche Nähe. Ein „Vorratskauf“ bzw. die Beschaffung von Tauschflächen sei jedoch im Rahmen des vereinfachten Genehmigungsverfahrens (§ 6 Abs. 1 NÖ GVG 2007) nicht möglich. Es dürfe im vereinfachten Genehmigungsverfahren nicht mehr landwirtschaftliche Grundfläche als notwendig erworben werden. Der Revisionswerberin sei sodann eine Ausfertigung des die grundverkehrsbehördliche Genehmigung erteilenden Bescheids vom 6. Mai 2021 zugestellt worden.
7 Im Gegensatz zu § 14 NÖ GVG 2007 (in welchem der Revisionswerberin ausdrücklich das Beschwerderecht an das Verwaltungsgericht eingeräumt werde) räume der Gesetzgeber der Revisionswerberin mit § 11 NÖ GVG 2007 weder ausdrücklich noch dem Inhalt nach Parteistellung ein. Die „Möglichkeit“ der Revisionswerberin, gemäß § 11 Abs. 7 NÖ GVG 2007 eine fachlich begründete Stellungnahme abzugeben, begründe bloß eine „erweiterte Mitwirkung“ der Revisionswerberin. Dem NÖ GVG 2007 sei nicht zu entnehmen, dass der Revisionswerberin ein „subjektives Recht auf Wahrung der im § 6 bzw. 11 NÖ GVG 2007 angeführten öffentlichen Interessen“ zukomme. Mangels Parteistellung sei die Revisionswerberin nicht legitimiert gewesen, die gegenständliche Beschwerde zu erheben.
8 Die Zulässigkeit der Revision begründete das Verwaltungsgericht damit, dass zur Frage, „ob bzw. in welchem Umfang der [Revisionswerberin] in einem Genehmigungsverfahren nach § 6 Abs. 1 Z 2 NÖ GVG 2007 Parteistellung zukommt“, Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehle.
9 4.1. Gegen diese Entscheidung richtet sich die nach Ablehnung und Abtretung einer gegen dieselbe Entscheidung erhobenen Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 17. März 2022, E 7/2022 10, E 22/2022 10, erhobene vorliegende ordentliche Revision.
10 4.2. Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die kostenpflichtige Zurückweisung, in eventu Abweisung der Revision beantragt.
11 5. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
12 5.1. Die Revisionswerberin bringt zur Zulässigkeit ihrer Revision vor, die Frage, „ob die [Revisionswerberin] im Verfahren vor der [belangten Behörde] (§ 11 NÖ GVG) gegen eine Entscheidung der [belangten Behörde] das Beschwerderecht an das [Verwaltungsgericht] hat“, werde weder eindeutig durch das Gesetz (§ 6 Abs. 1 iVm. § 11 Abs. 7 und 9 NÖ GVG 2007) beantwortet, noch gebe es zu dieser Frage Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
13 5.2. Die Revision erweist sich in Hinblick auf die vom Verwaltungsgericht aufgeworfene und sodann von der Revisionswerberin näher konkretisierte Rechtsfrage als zulässig. Sie ist aus nachstehenden Erwägungen jedoch nicht berechtigt.
14 5.3. Die maßgeblichen Bestimmungen des NÖ Grundverkehrsgesetzes 2007 (NÖ GVG 2007), LGBl. 6800 0, in der Fassung LGBl. Nr. 38/2019, lauten wie folgt:
„ 2. Abschnitt
Rechtserwerb an land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken
(...)
§ 6
Genehmigungsvoraussetzungen
(1) Die Grundverkehrsbehörde hat einem Rechtsgeschäft die Genehmigung zu erteilen, wenn das land- und forstwirtschaftliche Grundstück
1. (...)
2. zum Zweck der Errichtung oder Vergrößerung einer gewerblichen, industriellen oder bergbaulichen Anlage bestimmt ist, es sei denn, dass mehr Grundflächen als notwendig in Anspruch genommen werden. Die Zweckbestimmung ist durch eine Bescheinigung der Wirtschaftskammer für Niederösterreich glaubhaft zu machen.
(2) Die Grundverkehrsbehörde hat einem Rechtsgeschäft die Genehmigung zu erteilen, wenn es dem allgemeinen Interesse an der Erhaltung, Stärkung oder Schaffung eines leistungsfähigen Bauernstandes nicht widerspricht. Soweit ein solches Interesse im Einzelfall nicht besteht, ist die Genehmigung auch dann zu erteilen, wenn das Rechtsgeschäft dem Interesse an der Erhaltung, Stärkung oder Schaffung eines wirtschaftlich gesunden land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes nicht widerspricht. Die Genehmigung ist insbesondere nicht zu erteilen, wenn
1. der Rechtserwerber oder die Rechtserwerberin kein Landwirt oder keine Landwirtin ist und zumindest ein Interessent oder eine Interessentin vorhanden ist;
2. das Interesse an der Stärkung oder Schaffung eines oder mehrerer bäuerlicher Betriebe das Interesse an der Verwendung aufgrund des vorliegenden Vertrages überwiegt;
3. Gründe zur Annahme vorliegen, dass eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung des land- und forstwirtschaftlichen Grundstücks nicht zu erwarten ist oder dass dieses ohne wichtigen Grund der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung entzogen wird oder
4. die Gegenleistung den ortsüblichen Verkehrswert ohne ausreichende Begründung erheblich übersteigt.
(...)
§ 10
Antrag
(...)
(3) Der Behörde sind alle zur Beurteilung erforderlichen Unterlagen und Informationen zur Verfügung zu stellen, insbesondere
1. die Urkunde über das Rechtsgeschäft;
2. Angaben über die im Flächenwidmungsplan für das Grundstück festgelegte Widmung;
3. Angaben über den Gegenstand des Rechtsgeschäftes und die Gegenleistung;
4. Angaben über die künftige Nutzung des Geschäftsgegenstandes und
5. Angaben über die persönlichen Verhältnisse des Rechtserwerbers oder der Rechtserwerberin.
(...)
§ 11
Verfahren vor der Grundverkehrsbehörde
(1) Die Grundverkehrsbehörde hat im Fall einer Antragstellung auf Genehmigung gemäß § 6 Abs. 1 den Bezirksbauernkammern, in deren Bereich die vertragsgegenständlichen Grundstücke liegen, die in § 10 Abs. 3 Z 1 bis 5 genannten Informationen zu übermitteln.
(...)
(7) Die Bezirksbauernkammer hat
1. im Fall einer Antragstellung auf Genehmigung gemäß § 6 Abs. 1 der Grundverkehrsbehörde innerhalb von zwei Wochen ab Einlangen der Verständigung nach § 11 Abs.1 eine fachlich begründete Stellungnahme zu übermitteln, wenn nach ihrer fachlichen Beurteilung das Rechtsgeschäft den Bestimmungen des § 6 widerspricht;
(...)
(8) Langt bei der Grundverkehrsbehörde weder eine fachlich begründete Stellungnahme noch eine Interessentenanmeldung ein, hat sie das Rechtsgeschäft zu genehmigen, wenn kein Grund vorliegt, der einer Genehmigung offensichtlich entgegensteht.
(9) Langt bei der Grundverkehrsbehörde eine Interessentenanmeldung oder eine fachlich begründete Stellungnahme ein, hat sie weitere Ermittlungen durchzuführen. Der Bezirksbauernkammer ist eine Ausfertigung des Bescheides zuzustellen.
(10) Die in den Abs. 5 und 7 geregelten Aufgaben der Bezirksbauernkammer sind im übertragenen Wirkungsbereich zu besorgen. Sie unterliegt dabei den Weisungen der Landesregierung.
(...)
§ 14
Feststellung, ob ein land- und forstwirtschaftliches Grundstück vorliegt
(1) Über die Frage, ob ein land- und forstwirtschaftliches Grundstück vorliegt, entscheidet die Grundverkehrsbehörde nach Anhörung der Bezirksbauernkammer und der zuständigen Gemeinde in welcher das Grundstück liegt.
(2) Gegen die Entscheidung über diese Frage steht der Bezirksbauernkammer ein Beschwerderecht an das Landesverwaltungsgericht zu.“
15 5.4. Nach Art. 132 Abs. 1 Z 1 B VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Zur Erhebung einer Parteibeschwerde nach Art. 132 Abs. 1 Z 1 B VG ist legitimiert, wer behauptet, durch den angefochtenen Bescheid in seinen subjektiven Rechten verletzt zu sein; zu den subjektiven Rechten, deren mögliche Verletzung die Beschwerdelegitimation begründen, zählen sowohl einfachgesetzlich wie auch verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte (vgl. VwGH 11.11.2016, Ro 2016/12/0010, 0011 und 0013, mwN).
16 Soweit die Verwaltungsvorschriften nicht ausdrücklich die Rechtsvorschriften nennen, aus denen sich subjektive Rechte ergeben, oder gar ausdrücklich regeln, wem in einem bestimmten Verfahren kraft subjektiven Rechts Parteistellung zukommt, ist im Wege der Auslegung zu prüfen, ob durch die maßgeblichen Rechtsvorschriften nur eine Rechtspflicht der Behörde oder auch ein subjektives Recht des oder der Betroffenen begründet wird. Im Zweifel ist ein subjektives Recht und damit eine Befugnis zur Rechtsverfolgung im Rechts(schutz)staat immer dann zu vermuten, wenn nicht ausschließlich öffentliche Interessen, sondern zumindest auch das Interesse einer im Besonderen betroffenen und damit von der Allgemeinheit abgrenzbaren Person für die gesetzliche Festlegung der verpflichtenden Norm maßgebend war (vgl. VwGH 21.1.2014, 2010/04/0078, mwN).
17 Die Parteistellung in einem Verwaltungsverfahren bestimmt sich demnach nach den in der Rechtssache anzuwendenden Verwaltungsvorschriften. Maßgebend ist, dass die Sachentscheidung in die Rechtssphäre des Betreffenden bestimmend eingreift und darin eine unmittelbare, nicht bloß abgeleitete und mittelbare Wirkung zum Ausdruck kommt. Bloße wirtschaftliche Interessen, die durch keine Rechtsvorschrift zu rechtlichen Interessen erhoben werden, begründen keine Parteistellung im Verwaltungsverfahren (vgl. VwGH 27.11.2012, 2011/03/0226, mwN).
18 Ein staatliches Organ verfügt nicht über subjektive Rechte, sondern übt Kompetenzen aus (vgl. dazu auch Leitl Staudinger , Die Beschwerdelegitimation vor den Landesverwaltungsgerichten, dem Bundesverwaltungsgericht und dem VwGH, in Fischer/Pabel/Raschauer (Hrsg) , Verwaltungsgerichtsbarkeit 2 (2019) Rz 8, wonach „[s]taatlichen Organen und Gebietskörperschaften [...] in der Regel Rechte und damit einhergehend eine Beschwerdelegitimation gegen Bescheide zuerkannt [werden], um im öffentlichen Interesse die objektive Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns zu wahren.“). In ständiger Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof unbeschadet dessen jedoch ausgesprochen, dass die sich aus einer ausdrücklich eingeräumten Parteistellung ergebenden prozessualen Rechte allerdings subjektive öffentliche Rechte der Organpartei darstellen. Subjektiv öffentliche Rechte des materiellen Rechts könnten hingegen allenfalls nur auf Grund einer entsprechenden Regelung des Materiengesetzgebers zustehen (vgl. VwGH 25.4.2013, 2012/10/0096, mwN).
19 Zunächst ist festzuhalten, dass das NÖ GVG 2007 der Revisionswerberin im Verfahren vor der belangten Behörde nach § 6 Abs. 1 iVm. § 11 leg. cit. weder Parteistellung, noch im Speziellen ein Beschwerderecht an das Verwaltungsgericht ausdrücklich einräumt.
20 Im Vergleich dazu räumt § 14 Abs. 2 NÖ GVG 2007 der Revisionswerberin in jenen Fällen, in denen die belangte Behörde anlässlich eines anhängigen Genehmigungsverfahrens eine Entscheidung über die Eigenschaft als land- und forstwirtschaftliches Grundstück trifft, ausdrücklich ein Beschwerderecht an das Verwaltungsgericht ein (vgl. dazu auch VwGH 22.6.2017, Ra 2016/11/0187).
21 Der Gesetzgeber hat im NÖ GVG 2007 demnach nicht grundsätzlich davon abgesehen, Parteistellungen bzw. Beschwerderechte ausdrücklich zu normieren. So räumt § 11 Abs. 6 NÖ GVG 2007 neben dem in § 14 Abs. 2 NÖ GVG 2007 geregelten Fall Interessenten iSd. § 3 Z 4 leg. cit. unter näher genanntem Umstand „die Stellung einer Partei gemäß § 8 AVG“ ein. Im hier nicht einschlägigen Verfahren beim Rechtserwerb durch ausländische Personen räumt er den in § 23 Abs. 1 NÖ GVG 2007 genannten Interessenvertretungen in Abs. 2 leg. cit. „nach Abgabe einer Stellungnahme im weiteren Verfahren die Stellung einer Partei gemäß § 8 AVG“ und sodann gemäß Abs. 3 leg. cit. auch ausdrücklich „ein Beschwerderecht an das Verwaltungsgericht im Umfang der Stellungnahme“ ein.
22 Mangels ausdrücklicher Zuerkennung der Parteistellung durch das NÖ GVG 2007 scheidet zunächst die Qualifikation der Revisionswerberin als Organ- bzw. Formalpartei (die zu einem Rechtsmittel nur insoweit legitimiert ist, als es zur Durchsetzung ihrer aus der Parteistellung folgenden prozessualen Befugnisse erforderlich ist; vgl. dazu auch VwGH 7.9.2017, Ro 2014/08/0029, mwN) im Verfahren gemäß § 6 iVm. § 11 leg. cit. aus.
23 Ob die hier maßgeblichen Bestimmungen des NÖ GVG 2007 dessen ungeachtet ein Beschwerderecht der Revisionswerberin wegen möglicher Verletzung eines materiellen subjektiven Rechts an das Verwaltungsgericht begründen, ist im Wege der Auslegung zu ermitteln:
24 Im Motivenbericht (der Niederösterreichischen Landesregierung) vom 20. Juni 2006 zur Stammfassung des NÖ GVG 2007 (LGBl. Nr. 6800 0) wird zu § 11 leg. cit. soweit hier von Relevanz Folgendes ausgeführt (19):
„Gegenüber der bisherigen Gesetzeslage werden die Bezirksbauernkammern verstärkt in das Verwaltungsverfahren und somit in die Entscheidungsfindung eingebunden. Dadurch können die öffentlichen Grundverkehrsinteressen effektiver gewahrt werden.“
25 Im Motivenbericht (der Niederösterreichischen Landesregierung) vom 15. September 2009 zur Novellierung des NÖ GVG 2007, LGBl. Nr. 6800 2, mit welcher § 11 Abs. 10 leg. cit. hinzugefügt wurde, wird Folgendes ausgeführt (3):
„Nach § 11 Abs. 5 NÖ Grundverkehrsgesetz haben die Bezirksbauernkammern die Aufgabe, verfahrensgegenständliche Rechtsgeschäfte kundzumachen. Widerspricht das verfahrensgegenständliche Rechtsgeschäft ihrer Ansicht nach den grundverkehrsrechtlichen Interessen, so haben sie nach § 11 Abs. 7 der Bezirksverwaltungsbehörde eine begründete Stellungnahme zu übermitteln. Sie werden damit für die Behörde auf fachlicher Ebene beratend tätig. Beide Aufgaben sind im Gesetz nicht als solche des übertragenen Wirkungsbereichs bezeichnet. Es handelt sich jedoch um Aufgaben, welche in den übertragenen Wirkungsbereich fallen.“
26 Der Gesetzgeber verdeutlicht damit sein Verständnis betreffend die Stellung der Revisionswerberin im Verfahren gemäß § 6 iVm. § 11 NÖ GVG 2007. Die allfällige Übermittlung einer fachlich begründeten Stellungnahme dient demnach der effektiven Wahrung öffentlicher Grundverkehrsinteressen. Dabei wird die Revisionswerberin „für die [belangte Behörde] auf fachlicher Ebene beratend tätig“. Dies lässt nicht darauf schließen, dass der Revisionswerberin durch die Regelung des § 11 NÖ GVG 2007 eine eigene, gegen den Staat als Träger der Hoheitsgewalt gerichtete rechtliche Interessensphäre zukommt.
27 Dem steht auch § 11 Abs. 9 letzter Satz NÖ GVG 2007 nicht entgegen, wonach der Revisionswerberin sofern diese der belangten Behörde eine fachlich begründete Stellungnahme übermittelt hat eine Ausfertigung des Bescheides zuzustellen ist.
28 Laut der Synopse vom 20. Juni 2006 zur Stammfassung des NÖ GVG 2007 (LGBl. Nr. 6800 0) gab die NÖ Landes Landwirtschaftskammer folgende Stellungnahme bzw. „Anregung“ ab, der mangels „nennenswerte[m] Mehraufwand in der Landesverwaltung“ entsprochen wurde (29):
„Die NÖ Landes Landwirtschaftskammer hält es für zweckmäßig und wünschenswert, dass die Bezirksbauernkammern im Fall der Abgabe einer begründeten Stellungnahme, d.h. bei vermutetem Vorliegen eines Versagungsgrundes eine Ausfertigung des Bescheides der Bezirksverwaltungsbehörde übermittelt bekommen. Es wird ersucht, § 11 in diesem Sinne zu ergänzen“.
29 Auch vor diesem Hintergrund ist es mangels entsprechender Anhaltspunkte nicht indiziert, dass die Revisionswerberin materiell betrachtet Adressatin eines von der belangten Behörde im Verfahren nach § 6 iVm. § 11 NÖ GVG 2007 erlassenen Bescheids ist (vgl. dazu auch erneut Leitl Staudinger in Fischer/Pabel/Raschauer (Hrsg) , Verwaltungsgerichtsbarkeit 2 (2019) Rz 8, wonach die Beschwerdelegitimation vor den Verwaltungsgerichten gemäß Art. 132 Abs. 1 Z 1 B VG unter anderem voraussetzt, dass mit Bescheid inhaltlich über die Rechte des Beschwerdeführers abgesprochen oder seine Rechtssphäre bei objektiver Betrachtung zu seinem Nachteil berührt wird).
30 Da somit aus den einschlägigen Bestimmungen des NÖ GVG 2007 kein materielles subjektives Recht der Revisionswerberin im Verfahren nach § 6 iVm. § 11 NÖ GVG 2007 abzuleiten ist, kommt dieser keine Legitimation zur Erhebung einer Beschwerde gegen einen in solch einem Verfahren von der belangten Behörde erlassenen Bescheid an das Verwaltungsgericht zu. Die Zurückweisung der von der Revisionswerberin erhobenen Beschwerde durch das Verwaltungsgericht ist daher nicht als rechtswidrig zu erkennen.
31 5.5. Aus den dargelegten Erwägungen war die Revision gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
32 5.6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm. der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 14. März 2024