JudikaturVwGH

Ra 2022/10/0167 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
22. Dezember 2022

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Derfler, über die außerordentliche Revision des E N in B, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 27. Juli 2022, Zl. 405 9/1037/1/12 2022, betreffend Sozialunterstützung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Nach dem im vorgelegten Gerichtsakt befindlichen Zustellnachweis wurde das angefochtene Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 27. Juli 2022 nach einem Zustellversuch am 3. August 2022 bei der Post Geschäftsstelle 5630 hinterlegt, wobei am Zustellnachweis als Beginn der Abholfrist der 3. August 2022 angegeben wurde. Weiters wurde auf dem Zustellnachweis vom Zustellorgan festgehalten, dass die Verständigung von der Hinterlegung in der Abgabeeinrichtung eingelegt worden sei. Die Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Erkenntnisses enthält den Hinweis, dass eine Revision beim Landesverwaltungsgericht Salzburg einzubringen ist.

2 Die am 20. September 2022 zur Post gegebene außerordentliche Revision (bezeichnet als „Einspruch“) wurde an die Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau adressiert und langte dort am 21. September 2022 ein. Sie wurde an das Landesverwaltungsgericht Salzburg weitergeleitet und langte dort am 26. September 2022 ein.

3 Soweit der Revisionswerber in seiner Stellungnahme zum Verspätungsvorhalt vorbringt, dass er in seinem Postkasten keinen gelben Zettel „zur Abholung bei der Post“ (gemeint wohl:) vorgefunden habe, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach der Beweis, dass eine Zustellung vorschriftsmäßig erfolgt ist, durch den eine öffentliche Urkunde darstellenden Zustellnachweis (Rückschein) erbracht wird, gegen den gemäß § 292 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit § 24 VStG und § 47 AVG der Gegenbeweis (etwa, dass der in der Urkunde bezeugte Vorgang unrichtig sei) zulässig ist. Behauptet jemand, es liege ein Zustellmangel vor, so hat er diese Behauptung entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzuführen, welche die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen geeignet sind. Es ist Sache des Empfängers, Umstände vorzubringen, die geeignet sind, Gegenteiliges zu beweisen oder zumindest berechtigte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Zustellvorganges aufkommen zu lassen (vgl. VwGH 2.11.2022, Ra 2021/11/0188, mwN).

4 Die bloße Behauptung, von der Post keine Verständigung von der Hinterlegung erhalten zu haben, ist allerdings nicht geeignet, die gesetzliche Vermutung betreffend die vorschriftsgemäße Zustellung (also im Revisionsfall insbesondere, dass die Hinterlegungsverständigung tatsächlich in die Abgabeeinrichtung eingelegt wurde) zu widerlegen. Für die Wirksamkeit der Zustellung ist es auch ohne Belang, ob dem Revisionswerber die Verständigung von der Hinterlegung tatsächlich zugekommen ist oder nicht (vgl. nochmals VwGH 2.11.2022, Ra 2021/11/0188, mit Verweis auf VwGH 23.11.2016, 2013/05/0175).

5 Gemäß § 17 Abs. 3 dritter Satz ZustG gelten hinterlegte Dokumente mit dem ersten Tag der Abholfrist als zugestellt.

6 Gemäß § 25a Abs. 5 VwGG ist die Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Gemäß § 26 Abs. 1 VwGG beträgt die Frist zur Erhebung einer Revision gegen ein Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes (Revisionsfrist) sechs Wochen und beginnt in den Fällen des Art. 133 Abs. 6 Z 1 B VG dann, wenn das Erkenntnis dem Revisionswerber zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung (Z 1 leg. cit.).

7 Nach ständiger hg. Rechtsprechung erfolgt, wenn ein fristgebundenes Anbringen bei einer unzuständigen Stelle eingebracht wird, die Weiterleitung auf Gefahr des Einschreiters. Die Frist ist nur dann gewahrt, wenn die unzuständige Stelle das Anbringen zur Weiterleitung an die zuständige Stelle spätestens am letzten Tag der Frist zur Post gibt oder das Anbringen bis zu diesem Zeitpunkt bei der zuständigen Stelle einlangt (vgl. VwGH 24.3.2022, Ra 2022/10/0010, mwN).

8 Im vorliegenden Fall wurde die gegenständliche Revision bereits nach Ablauf der Revisionsfrist zur Post gegeben, sodass sich diese schon alleine deshalb als verspätet erweist. Eine fristwahrende Weiterleitung an das zuständige Landesverwaltungsgericht Salzburg durch die Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau, bei der die Revision eingebracht worden war, war somit von vornherein nicht möglich.

9 Die Revision erweist sich daher als verspätet, weshalb sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Versäumung der Einbringungsfrist zurückzuweisen war.

10 Angesichts dessen erübrigt sich ein Verbesserungsauftrag an den Revisionswerber hinsichtlich des Umstandes, dass die Revision nicht gemäß § 24 Abs. 2 VwGG durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abgefasst und eingebracht worden ist (vgl. VwGH 30.4.2019, Ra 2018/10/0195).

Wien, am 22. Dezember 2022

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