JudikaturVwGH

Ra 2022/01/0013 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
11. April 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Enzenhofer sowie die Hofräte Mag. Brandl und Dr. Terlitza als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Karger, LL.M., über die Revision des Dr. W B in H, vertreten durch die Metzler Partner Rechtsanwälte GmbH in 4020 Linz, Landstraße 49, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 18. Mai 2021, Zl. LVwG 751058/2/MB/NF, betreffend eine Angelegenheit nach dem PassG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Der Revisionswerber beantragte mit Schriftsatz vom 20. Mai 2020 die Ausstellung eines Reisepasses gemäß § 7 Passgesetz 1992 mit dem Namen „W. von B.“.

2 Mit Bescheid vom 6. August 2020 wies die Bezirkshauptmannschaft Braunau den Antrag des Revisionswerbers vom 20. Mai 2020 „auf Ausstellung eines Österreichischen Reisepasses“ ab.

3 Begründend führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, beim Wort „von“ vor dem Familiennamen des Revisionswerbers handle es sich um einen deutschen Adelstitel, dessen Führung in Österreich unter Beachtung des Gesetzes vom 3. April 1919 über die Aufhebung des Adels, der weltlichen Ritter und Damenorden und gewisser Titel und Würden (Adelsaufhebungsgesetz), StGBl. Nr. 211/1919 in der Fassung, BGBl. Nr. 1/1920, sowie der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Vollzugsanweisung des Staatsamtes für Inneres und Unterricht und des Staatsamtes für Justiz, im Einvernehmen mit den beteiligten Staatsämtern, über die Aufhebung des Adels und gewisser Titel und Würden, StGBl. Nr. 237/1919, untersagt sei, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei. Die Ausstellung des Reisepasses mit dem Familiennamen „von B.“ sei auf ausdrücklichen Wunsch des Revisionswerbers erfolgt, damit er eine näher genannte Auslandsreise tätigen könne.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (Verwaltungsgericht) die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. Eine Revision wurde für unzulässig erklärt.

5 Gegen diese Entscheidung erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 22. September 2021, E 2618/2021 5, ablehnte und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

6 Sodann erhob der Revisionswerber die vorliegende außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof. Zur Begründung ihrer Zulässigkeit macht die Revision geltend, das Verwaltungsgericht sei von näher genannter Judikatur abgewichen, aus der sich die Berechtigung des Revisionswerbers zur Führung des Familiennamens „von B.“ ergebe.

7 Gemäß § 33 Abs. 1 VwGG ist, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Revisionswerber klaglos gestellt wurde, die Revision nach Anhörung des Revisionswerbers mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

8 Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Versäumung der Einbringungsfrist, Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes oder Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen oder denen die Einwendung der entschiedenen Sache oder der Mangel der Berechtigung zu ihrer Erhebung entgegensteht, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

9 Aus § 33 Abs. 1 VwGG lässt sich entnehmen, dass der Gesetzgeber das Rechtsschutzbedürfnis für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof als Prozessvoraussetzung versteht. Führt nämlich die Klaglosstellung einer revisionswerbenden Partei in jeder Lage des Verfahrens zu dessen Einstellung, so ist anzunehmen, dass eine Revision von vornherein als unzulässig betrachtet werden muss, wenn eine der Klaglosstellung vergleichbare Situation bereits bei Einbringung der Revision vorliegt. Eine derartige Revision ist mangels Rechtsschutzbedürfnis zurückzuweisen (vgl. VwGH 30.4.2019, Ra 2019/01/0101; 21.4.2015, Ro 2014/01/0034, jeweils mwN).

10 Es ist nicht Aufgabe des Verwaltungsgerichtshofes, in einer Revisionssache zu entscheiden, wenn der Entscheidung nach der Sachlage praktisch überhaupt keine Bedeutung mehr zukommt und letztlich bloß eine Entscheidung über theoretische Rechtsfragen ergehen könnte (vgl. VwGH 9.5.2022, Ra 2022/01/0044, mwN). Dies gilt auch dann, wenn die einem Revisionsfall zugrunde liegende Rechtsfrage für künftige Verwaltungsverfahren bzw. verwaltungsgerichtliche Verfahren von Interesse sein könnte (vgl. erneut VwGH 30.4.2019, Ra 2019/01/0101, sowie VwGH 7.12.2023, Ro 2022/10/0016; 3.10.2017, Ro 2017/07/0019, jeweils mwN). Zur Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof nicht zuständig (vgl. VwGH 21.12.2023, Ra 2023/07/0091, mwN).

11 Aus der Begründung des Bescheides der belangten Behörde ergibt sich, dass dem Revisionswerber für eine Auslandsreise ein Reisepass mit dem Familiennamen „von B.“ ausgestellt wurde. Dem ist der Revisionswerber in seiner über Aufforderung durch den Verwaltungsgerichtshof eingebrachten Stellungnahme vom 21. Februar 2024 nicht entgegengetreten.

12 Im vorliegenden Fall wurde dem Revisionswerber somit unstrittig bereits vor Erhebung der Revision an den Verwaltungsgerichtshof ein Reisepass mit dem Familiennamen „von B.“ ausgestellt und seinem Antrag vom 20. Mai 2020 auf „Ausstellung eines Reisepasses gemäß § 7 PassG 1992 mit dem Namen W. von B.“ sohin entsprochen. Einer meritorischen Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes käme daher im gegenständlichen Revisionsfall keine praktische, sondern lediglich theoretische Bedeutung zu. Selbst eine allfällige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses würde nicht dazu führen, dass der Rechtsposition des Revisionswerbers bezogen auf den verfahrensleitenden Antrag zum Durchbruch verholfen werden könnte, zumal er diese bereits (vor Erhebung der Revision) erlangt hatte.

13 Sofern der Revisionswerber in seiner über Aufforderung durch den Verwaltungsgerichtshof eingebrachten Stellungnahme vom 21. Februar 2024 argumentiert, die erfolgte Ausstellung des Reisepasses „mit dem vollständigen Namen“ verschaffe ihm für ein künftiges Ansuchen keine Rechtssicherheit und die aufgeworfene Frage werde sich nach Ablauf der Gültigkeitsdauer des Reisepasses von zehn Jahren neuerlich stellen, ist darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof nach dem oben Gesagten zur Klärung theoretischer Rechtsfragen auch dann nicht berufen ist, wenn die einem Revisionsfall zugrunde liegende Rechtsfrage für künftige Verwaltungsverfahren bzw. verwaltungsgerichtliche Verfahren von Interesse sein könnte.

14 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 11. April 2024

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