Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick sowie Hofrätin Mag.a Nussbaumer Hinterauer und Hofrat Mag. Feiel, als Richterin und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers MMag. Dr. Gotsbacher, über die Revision des R K in G, vertreten durch Mag. Dr. Martin Dercsaly, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 146/6/B2, gegen das am 4. Dezember 2019 verkündete Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts, W221 2166880 2/9E, betreffend amtswegige Ruhestandsversetzung gemäß § 14 Abs. 1 BDG 1979 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz, nunmehr: Bundesministerin für Justiz), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Der Revisionswerber ist Justizwachebeamter der Verwendungsgruppe E2b und hat den Arbeitsplatz „Stellvertretender Abteilungskommandant der Abteilung 13 NVM (Normalvollzug Männer)“ in einer Justizanstalt inne.
2 Mit Bescheid des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz von 10. Oktober 2018 wurde der Revisionswerber gemäß § 14 Abs. 1 und 3 Beamten Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979) mit Ablauf des Monats, mit dem dieser Bescheid in Rechtskraft erwachse, in den Ruhestand versetzt.
3 Die dagegen vom Revisionswerber erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab. Es sprach aus, die Revision sei gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig.
4 Das Bundesverwaltungsgericht stellte im Wesentlichen fest, dass dem Revisionswerber, der seit Ende März 2010 im Krankenstand sei, auf Grund der bei ihm bestehenden, näher genannten Leiden eine 40 stündige Arbeitstätigkeit im Exekutivdienst als Justizwachebeamter mit Waffenbesitz und Nachtdiensten sowie Stresssituationen nicht mehr zumutbar sei. Auf Grund seines medikamentbedingten Übergewichts sei auch die für den Justizwachedienst notwendige körperliche Fähigkeit zur Nacheile nicht mehr gegeben. Auch eine leistungskalkülrelevante Besserung sei nicht möglich. Es stünden keine tauglichen Verweisungsarbeitsplätze zur Verfügung.
5 In rechtlicher Hinsicht gelangte das Bundesverwaltungsgericht zu dem Ergebnis, dass die von der belangten Behörde durchgeführte sog. Primärprüfung, wonach der Revisionswerber die Aufgaben auf seinem Arbeitsplatz nicht mehr erfüllen könne, nicht als rechtswidrig erkannt werden könne.
6 Zur sog. Sekundärprüfung führte es aus, nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes seien bei Vorhandensein einer Restarbeitsfähigkeit des Beamten vorerst alle Tätigkeiten der in Betracht kommenden Verwendungsgruppe und deren Anforderungen in physischer und psychischer Hinsicht im Wirkungsbereich der Dienstbehörde anzuführen und dazu anzugeben, ob der Beamte auf Grund seiner festgestellten Restarbeitsfähigkeit im Stande sei, diese Tätigkeiten auszuüben, wobei es vorerst nicht darauf ankomme, ob diese Arbeitsplätze frei seien (Prüfung der Verweisungstauglichkeit). Wenn sich herausstelle, dass der Beamte auf Grund seiner Restarbeitsfähigkeit überhaupt keine der Verwendungen der betreffenden Verwendungsgruppe wahrnehmen könne, so dürfe die Behörde vom Nichtvorliegen von Verweisungsarbeitsplätzen und der Unmöglichkeit eines Vorgehens nach § 14 Abs. 2 BDG 1979 ausgehen. Ergebe die Prüfung hingegen, dass Verweisungsarbeitsplätze existierten, so sei weiter zu prüfen, ob diese in Frage kommenden Verweisungsarbeitsplätze zumindest gleichwertig seien und dem Beamten mit Rücksicht auf die persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden könnten. Die solcherart ermittelten Verweisungsarbeitsplätze seien schließlich auf ihre Verfügbarkeit zu überprüfen. Erst wenn auch diese Prüfung ergebe, dass auf die Dauer kein freier Verweisungsarbeitsplatz für den Beamten zur Verfügung stehe, könne davon ausgegangen werden, dass die Zuweisung eines solchen nicht erfolgen und der Beamte nach § 14 Abs. 2 BDG 1979 nicht als dienstfähig angesehen werden könne.
7 Die belangte Behörde sei zu Recht davon ausgegangen, dass auf Grund der vorliegenden Gutachten keine Restarbeitsfähigkeit der betreffenden Verwendungsgruppe für eine Verwendung im Exekutivdienst im Justizwachebereich mehr vorliege. Der Revisionswerber sei nicht exekutivdienstfähig, dürfe keinem Streß und Nachtdienst ausgesetzt werden und könne keine Waffe tragen. Die Exekutivdienste im Justizwachebereich seien jedoch alle mit dem Tragen einer Waffe, Streß und Journaldiensten, mit denen Nachtdienste einhergingen, verbunden.
8 Eine Restarbeitsfähigkeit wäre allenfalls gegeben für eine Stelle im Administrativbereich mit einem langsamen Wiedereinstieg. Der Vertreter der belangten Behörde habe in der mündlichen Verhandlung vom 4. Dezember 2019 darauf hingewiesen, dass es in der Zentralstelle in der Generaldirektion für Strafvollzug E2a Beamte gebe, die Administrationsaufgaben erledigten, die jedoch in ihren Stammjustizanstalten auch Inspektionsdienste vollzögen. Auch wenn diese Inspektionsdienste freiwillig seien und somit beim Revisionswerber wegfallen könnten, habe die belangte Behörde glaubhaft dargelegt, dass es derzeit keine freie Stelle in diesem Bereich gebe. Darüber hinaus erforderten diese Stellen auch die Matura, über die der Revisionswerber nicht verfüge.
9 Ein Mangel in der Begründung des angefochtenen Bescheides im Hinblick auf die Sekundärprüfung sei somit nicht zu erkennen. Die Beschwerde sei daher als unbegründet abzuweisen.
10 Gegen dieses Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts richtet sich die vorliegende Revision. In deren Zulässigkeitsbegründung wird zusammengefasst ausgeführt, das Bundesverwaltungsgericht sei in Abweichung von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf VwGH 11.10.2006, 2005/12/0267; 2.7.2007, 2006/12/0131) davon ausgegangen, dass die in Frage kommenden Verweisungsarbeitsplätze zwingend auf Arbeitsplätze der in Betracht kommenden Verwendungsgruppe begrenzt seien. Nach den beiden genannten Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes seien hingegen die in Frage kommenden Verweisungsarbeitsplätze nicht auf Arbeitsplätze einer bestimmten Verwendungsgruppe begrenzt. Der Verwaltungsgerichtshof stelle im Ergebnis bloß darauf ab, dass zwischen den bisher wahrgenommenen exekutiven Aufgaben und den neuen Aufgaben des administrativen Verweisungsarbeitsplatzes ein Zusammenhang, etwa durch Tätigkeiten, die der Systemerhaltung des Exekutivdienstes dienten, bestehen müsse.
11 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht aufgezeigt.
12 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
13 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
14 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision abgesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
15 Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in Bezug auf die frühere, mit der geltenden Rechtslage aber inhaltlich idente Bestimmung des § 14 Abs. 3 (nunmehr Abs. 2) BDG 1979 sind bei Vorhandensein einer Restarbeitsfähigkeit eines Beamten vorerst alle Tätigkeiten der in Betracht kommenden Verwendungsgruppe und deren Anforderungen in physischer und psychischer Hinsicht im Wirkungsbereich der Dienstbehörde anzuführen und dazu anzugeben, ob der Beamte auf Grund seiner festgestellten Restarbeitsfähigkeit im Stande ist, diese Tätigkeiten auszuüben, wobei es vorerst nicht darauf ankommt, ob diese Arbeitsplätze frei sind (Prüfung der Verweisungstauglichkeit). Wenn sich herausstellt, dass der Beamte auf Grund seiner Restarbeitsfähigkeit überhaupt keine der Verwendungen der betreffenden Verwendungsgruppe wahrnehmen kann, so darf die Behörde vom Nichtvorliegen von Verweisungsarbeitsplätzen und der Unmöglichkeit eines Vorgehens nach § 14 Abs. 3 (nunmehr: Abs. 2) BDG 1979 ausgehen. Ergibt die Prüfung hingegen, dass Verweisungsarbeitsplätze existieren, so ist weiter zu prüfen, ob diese in Frage kommenden Verweisungsarbeitsplätze zumindest gleichwertig sind und dem Beamten mit Rücksicht auf die persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden können. Die solcherart ermittelten Verweisungsarbeitsplätze sind schließlich auf ihre Verfügbarkeit zu überprüfen. Erst wenn auch diese Prüfung ergibt, dass auf Dauer kein freier Verweisungsarbeitsplatz für den Beamten zur Verfügung steht, kann davon ausgegangen werden, dass die Zuweisung eines solchen nicht erfolgen und der Beamte nach § 14 Abs. 3 (nunmehr: Abs. 2) BDG 1979 nicht als dienstfähig angesehen werden kann (vgl. etwaVwGH 31.7.2020, Ra 2019/12/0085, mwN).
16 Im Rahmen der Sekundärprüfung spielt unter anderem die gesundheitliche Verfassung des Beamten und die Gleichwertigkeit des Verweisungsarbeitsplatzes eine Rolle. Von der Verpflichtung, alle Tätigkeiten der betreffenden Verwendungsgruppe und deren Anforderungen in physischer und psychischer Hinsicht im Wirkungsbereich der jeweiligen obersten Dienstbehörde anzuführen und anzugeben, ob der Beamte auf Grund der festgestellten Restarbeitsfähigkeit im Stande ist, diese Tätigkeiten auszuüben, ist die Dienstbehörde etwa dann entbunden, wenn entweder überhaupt keine Restarbeitsfähigkeit des Beamten besteht oder dargelegt wird, dass überhaupt keine Arbeitsplätze seiner Verwendungsgruppe frei sind, bzw. dass sämtliche freien Arbeitsplätze seiner Verwendungsgruppe der bisherigen Verwendung nicht gleichwertig oder aber nicht im Sinne des § 14 Abs. 2 BDG 1979 zumutbar sind (vgl. VwGH 30.1.2017, Ro 2014/12/0010, mwN).
17 Entgegen dem Vorbringen in der Zulässigkeitsbegründung muss daher der vorgesehene Verweisungsarbeitsplatz im Sinne der wiedergegebenen ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Verwendungsgruppe des bislang wirksam zugewiesenen Arbeitsplatzes entsprechen. Davon ist der Verwaltungsgerichtshof entgegen dem Zulässigkeitsvorbringen auch in seinem Erkenntnis vom 2. Juli 2007, 2006/12/0131, ausgegangen. Der Verweisungsarbeitsplatz muss allerdings nicht nur der bisherigen Verwendungsgruppe angehören, sondern darüber hinaus der bisherigen Verwendung gleichwertig sein (s.o. VwGH 30.1.2017, Ro 2014/12/0010).
18 Die behauptete Abweichung von der hg. Judikatur liegt folglich nicht vor.
19 Da im Revisionsfall die angesprochenen E2a Arbeitsplätze in der Zentralstelle in der Generaldirektion für Strafvollzug nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtes nicht frei waren, ist die Frage, ob diese allenfalls als Verweisungsarbeitsplätze für den Revisionswerber in Frage gekommen wären, nicht entscheidungswesentlich.
20 Das weiters in der Zulässigkeitsbegründung zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Oktober 2006, 2005/12/0267, betrifft eine beabsichtigte ressortübergreifende Arbeitsplatzzuweisung an einen Exekutivbeamten, die schon deshalb nicht rechtmäßig war, weil kein Zusammenhang mit einer Exekutivdiensttätigkeit bestand. Dieses Erkenntnis ist daher für den vorliegenden Revisionsfall von vornherein nicht einschlägig.
21 Da somit die Voraussetzungen nach Art. 133 Abs. 4 B VG nicht vorliegen, war die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 30. März 2021