JudikaturVwGH

Ra 2025/11/0069 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
06. Juni 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Samm sowie die Hofrätinnen MMag. Ginthör und Dr. Kronegger als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Janitsch, über die Revision des A K in W, vertreten durch die Neumayer Walter Rechtsanwälte Partnerschaft in 1030 Wien, Baumannstraße 9/11, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 19. März 2025, Zl. VGW 021/060/3940/2024 14, betreffend Übertretung des TNRSG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien; weitere Partei: Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 15. Februar 2024 wurde der Revisionswerber schuldig erkannt, er habe als Inhaber eines Gastgewerbes an einer näher bezeichneten Adresse in 1110 Wien am 10. November 2023, um 22.05 Uhr, entgegen § 13c Abs. 2 Z 1 Tabak und Nichtraucherinnen bzw. Nichtraucherschutzgesetz (TNRSG) nicht dafür Sorge getragen, dass im Gastraum nicht geraucht werde, weil mehrere Gäste im überdachten und an drei Seiten komplett geschlossenen „Gastgarten“, in dem nur eine Wand zur Hälfte offen gewesen sei, Shisha(s) bzw. Wasserpfeife(n) und tabakhaltige Zigaretten geraucht hätten. Dadurch habe der Revisionswerber eine Verwaltungsübertretung gemäß § 12 Abs. 1 Z 4 und Abs. 5 iVm. § 13c Abs. 2 Z 1 iVm. § 14 Abs. 4 TNRSG begangen, weshalb über ihn gemäß § 14 Abs. 4 zweiter Strafsatz TNRSG eine Geldstrafe in der Höhe von € 4.000, (Ersatzfreiheitsstrafe: 4 Tage) verhängt wurde. Im Übrigen wurde der Revisionswerber gemäß § 64 Abs. 2 VStG zur Leistung eines Beitrags zu den Kosten des verwaltungsbehördlichen Strafverfahrens verpflichtet.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht Wien der dagegen erhobenen Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung insoweit statt, als es die Höhe der gegen den Revisionswerber verhängten Geldstrafe auf € 1.000, sowie die Ersatzfreiheitsstrafe auf einen Tag herabsetzte. Im Übrigen wurde das Straferkenntnis der belangten Behörde unter entsprechender Reduktion des gemäß § 64 Abs. 2 VStG zu leistenden Kostenbeitrags bestätigt und ausgesprochen, dass der Revisionswerber keinen Beitrag zu den Kosten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu leisten habe. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG erklärte das Verwaltungsgericht für unzulässig.

3 Das Verwaltungsgericht legte dem angefochtenen Erkenntnis u.a. zugrunde, der in Rede stehende Schanigarten sei mit einer temporären Überdachung „(Pergola/Markise)“ versehen, die laut Angaben des Revisionswerbers eine Länge von 12,25 Metern aufweise. Die Gastgartentiefe betrage ca. 5 Meter. Auf der Längsseite des Gastgartens bestehe bis zu einer Höhe von 1 Meter eine fix verbaute Kunststoffverglasung. Zum Zeitpunkt der Kontrolle sei der Gastgarten, weil es geregnet habe, mit der aktivierten Plane überdacht und an den zwei Breitseiten mit einer Plastikplane umschlossen gewesen. Die Vorderseite sei (abgesehen von den „Flächenelementen“ bzw. der Kunststoffverglasung) offen gewesen.

4 In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Verwaltungsgericht insbesondere unter Bezugnahme auf gemäß § 12 Abs. 2 TNRSG vom Rauchverbot umfasste nicht ortsfeste Einrichtungen wie Festzelte aus, bei einer „Freifläche“ im Sinn von § 12 Abs. 1 Z 4 TNRSG müsse es sich um einen Bereich handeln, in dem die Luftzirkulation nicht durch Abdeckungen mit Planen, Zeltstoffen, Vorhängen oder Folien welcher Art auch immer weitgehend unterbunden werde. Bereiche eines Gastronomiebetriebes, in denen sich die beim Rauchen von Wasserpfeifen (Shishas) oder herkömmlichen Tabakwaren entstehenden Beeinträchtigungen von den auch beim Rauchen im Freien wahrnehmbaren Beeinträchtigungen deutlich unterschieden, könnten, auch wenn sie weder seitlich noch nach oben von festen Bauteilen begrenzt seien, nicht als „Freifläche“ angesehen werden. Auch ein auf öffentlichem Grund gelegener Bereich eines Gastgartens, der vollständig oder fast vollständig mit behelfsmäßigen Mitteln, wie Planen, Stoffvorhängen oder anderem, umgrenzt werde, sei daher nicht als „Freifläche“ im Sinn von § 12 Abs. 1 Z 4 TNRSG zu betrachten.

5 Infolgedessen sei gegenständlich in Anbetracht der festgestellten „Abgrenzungen“ der Seiten und Dachflächen des in Rede stehenden „Gastgartens“ nicht von einer „Freifläche“ auszugehen gewesen. Auf Messungen der Luftqualität sei in diesem Zusammenhang nicht abzustellen gewesen.

6 Im Hinblick auf die auch in der Beschwerde angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (dort Hinweis u.a. auf VwGH 29.6.2023, Ro 2022/11/0019; VwGH 18.9.2023, Ra 2021/11/0083) sei somit vom Revisionswerber die ihm gegenständlich vorgeworfene Verwaltungsübertretung gemäß § 12 Abs. 1 Z 4 und Abs. 5 iVm. § 13c Abs. 2 Z 1 iVm. § 14 Abs. 4 TNRSG objektiv verwirklicht worden.

7 Des Weiteren begründete das Verwaltungsgericht, weshalb es von einer schuldhaften Begehung der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ausging, und es legte seine Erwägungen zur Strafbemessung dar.

8 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die sich unter dem Gesichtspunkt des Art. 133 Abs. 4 B VG als unzulässig erweist:

9 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen (vgl. VwGH 1.10.2024, Ra 2024/11/0046).

12 In der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision wird geltend gemacht, es fehle „gesicherte“ Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, wie eine „Freifläche“ im Sinn von § 12 Abs. 1 Z 4 TNRSG beschaffen sein müsse, wann und nach welchen nachvollziehbaren, technisch messbaren Kriterien Luftverhältnisse wie im Freien vorlägen und wann für einen Gastgartenbetreiber mit einer Markise in einer pergolaartigen Konstruktion ein wirksames Kontrollsystem vorliegen könne. In Bezug auf Gastgärten liege zudem keine einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor, sodass es an einer Handlungsanleitung für den Revisionswerber fehle. Zudem stelle sich die Frage, ob in die Beurteilung des Vorliegens einer „Freifläche“ die Wetterbedingungen einzufließen hätten.

13 Mit diesem Vorbringen wird eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung schon deshalb nicht dargetan, weil sich der Verwaltungsgerichtshof in seinen Entscheidungen VwGH 18.9.2023, Ra 2021/11/0083, sowie VwGH 29.6.2023, Ro 2022/11/0019, mit der Auslegung des Begriffs der „Freifläche“ im Sinn von § 12 Abs. 1 Z 4 TNRSG bereits ausführlich befasst hat, und die Revision nicht aufzeigt, dass das Verwaltungsgericht bei seiner Beurteilung der revisionsgegenständlichen Gegebenheiten von dieser Rechtsprechung abgewichen wäre.

14 Das gilt sinngemäß auch für die Frage der Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems, dessen Vorliegen das Verwaltungsgericht fallbezogen, ohne dass diesbezüglich eine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ersichtlich wäre, verneinte (siehe in diesem Zusammenhang etwa VwGH 27.7.2020, Ra 2020/11/0059, betreffend die bloße Erteilung von Weisungen; VwGH 15.1.2024, Ra 2023/11/0047; vgl. etwa auch VwGH 2.10.2023, Ra 2022/09/0131, mwN; VwGH 28.2.2025, Ra 2025/02/0019, dort auch in Bezug auf eigenmächtige Handlungen von Arbeitnehmern, ebenfalls mwN).

15 Im Übrigen gelingt es der Zulässigkeitsbegründung, die auf die bereits bestehende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Auslegung des Begriffs „Freifläche“ im Sinn von § 12 Abs. 1 Z 4 TNRSG sowie zu den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem nicht konkret Bezug nimmt, weder darzulegen, dass die genannte Rechtsprechung uneinheitlich wäre, noch aufzuzeigen, dass diese Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aus Anlass des Revisionsfalls einer weiteren Präzisierung bedürfte.

16 Da die Revision somit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft, war sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 6. Juni 2025

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