Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. Dr. Zehetner und die Hofrätinnen Mag. Liebhart Mutzl und Dr. in Sembacher als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, in der Revisionssache des Dr. P D in W, vertreten durch DDr. Gebhard Klötzl, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Amalienstraße 22/2/9, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 20. Jänner 2020, VGW 111/072/13495/2019 12, betreffend einen Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung gemäß § 134 Abs. 5 BO für Wien (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien; mitbeteiligte Partei: J M in W, vertreten durch Mag. Martin Bican, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Elisabethstraße 15; weitere Partei: Wiener Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Revisionswerber hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 und der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20, jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution, zu ersetzen.
1 Mit Schreiben vom 18. März 2019 beantragte die Mitbeteiligte als Wohnungseigentümerin gemäß § 62 der Bauordnung für Wien (BO für Wien) die Erteilung einer nachträglichen „Baugenehmigung“ für den Einbau eines Fensters anstatt einer straßenseitigen Türe im Erdgeschoß eines näher genannten Gebäudes in Wien. Am 20. März 2019 nahm die belangte Behörde die Bauanzeige zur Kenntnis, da diese vollständig belegt sei und kein Untersagungsgrund vorliege.
2 Mit Schreiben vom 1. Oktober 2019 beantragte der Revisionswerber die Zuerkennung der Parteistellung in diesem Bauverfahren. Dieser Antrag wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 7. Oktober 2019 abgewiesen.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht Wien (Verwaltungsgericht) der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung keine Folge (I.) und sprach aus, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG zulässig sei (II.).
4 Begründend stellte es zusammengefasst fest, der Revisionswerber sei schlichter Miteigentümer der gegenständlichen Liegenschaft und die Mitbeteiligte Wohnungseigentümerin des Geschäftslokales Top 2/3. Die Bauanzeige beziehe sich auf die Umwandlung einer Türe in der Fassade des gegenständlichen Hauses mit den Maßen 110 cm Breite und 260 cm Höhe, die ursprünglich einen Zugang zum im Erdgeschoß des Hauses befindlichen Gassenlokal ermöglicht habe, in ein Fenster mit den Maßen 110 cm Breite und 200 cm Höhe. Durch die Baumaßnahme werde der untere Bereich der Türe in ein Fensterparapet umgewandelt. Das Verwaltungsgericht traf darüber hinaus nähere Feststellungen zur Gestaltung der Straßenfassade und stellte fest, dass sich das neu geschaffene Fenster hinsichtlich Größe, Gestaltung und Abstand völlig an die bereits vorhandenen Fenster im Erdgeschoß anpasse.
5 In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Verwaltungsgericht aus, dem Revisionswerber komme hinsichtlich solcher Baumaßnahmen, für die eine Bauanzeige ausreiche, keine Parteistellung zu. In weiterer Folge setzte es sich mit den Materialien zur Neuformulierung des § 62 Abs. 1 Z 4 BO für Wien (durch die Novelle LGBl. Nr. 69/2018) auseinander und führte aus, die in den Erläuternden Bemerkungen angeführten Fälle seien Beispiele für eine nicht wesentliche Änderung der äußeren Gestaltung, es handle sich dabei jedoch nicht um eine abschließende Aufzählung. Bei der Beurteilung, ob eine Baumaßnahme eine wesentliche Änderung der äußeren Gestaltung des Bauwerkes bewirkt, sei auf quantitative, aber auch auf qualitative Aspekte abzustellen. Ein bloßes Abstellen auf das Ausmaß der Abänderung, ohne die sonstigen Auswirkungen auf das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes zu berücksichtigen, würde zu unsachlichen Ergebnissen führen. Die Abgrenzung der quantitativen und qualitativen Grenze zur Wesentlichkeit sei im Einzelfall zu beurteilen. Durch die hier gegenständliche Baumaßnahme werde im Erdgeschoß ein weiteres Fenster in einer Reihe von bereits vorhandenen Fenstern geschaffen, das dem Erscheinungsbild dieser Fenster hinsichtlich Größe, Material, Gestaltung und Abstand völlig angepasst sei. Die Möglichkeit der Beeinträchtigung von Anrainerrechten sei auszuschließen. Die gegenständliche Baumaßnahme führe nicht zu einer wesentlichen Änderung der äußeren Gestaltung des Gebäudes und sei daher einer Bauanzeige zugänglich. Dem Revisionswerber komme in diesem Verfahren keine Parteistellung zu, weshalb sein Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung zu Recht abgewiesen worden sei.
6 Die Zulässigkeit der Revision begründete das Verwaltungsgericht mit fehlender höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur Frage, in welchem Umfang Baumaßnahmen, die eine Änderung der äußeren Gestaltung des Bauwerks bewirken, einer Bauanzeige nach § 62 Abs. 1 Z 4 BO für Wien zugänglich seien. Insbesondere fehle Judikatur zur Frage, ob „die Verkleinerung einer Öffnung in der Fassade um ca. 60 cm [...] im Zuge einer Bauanzeige zur Kenntnis genommen werden [dürfe], oder ob eine solche Baumaßnahme ohne Berücksichtigung der optischen Auswirkungen alleine aufgrund ihres Ausmaßes eine wesentliche Änderung des äußeren Erscheinungsbildes des Gebäudes darstell[e] und daher baubewilligungspflichtig“ sei.
7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende ordentliche Revision, die keine Zulässigkeitsbegründung enthält und diesbezüglich bloß einleitend vermeint, dass sich Ausführungen zur Zulässigkeit erübrigen würden, weil im angefochtenen Erkenntnis ausgesprochen worden sei, dass die ordentliche Revision zulässig sei.
8 Die belangte Behörde und die Mitbeteiligte erstatteten jeweils mit Anträgen auf Kostenersatz verbundene Revisionsbeantwortungen.
9 Die Revision ist unzulässig.
10 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
11 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.
12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
13 Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof erfolgt ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung (vgl. für viele VwGH 21.12.2022, Ra 2022/05/0145, oder 24.9.2015, Ro 2015/07/0011, jeweils mwN).
14 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat ein Revisionswerber auch bei Erhebung einer ordentlichen Revision von sich aus die Zulässigkeit der Revision (gesondert) darzulegen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht, oder er eine andere Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet. Die vom Verwaltungsgerichtshof vorzunehmende Kontrolle einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung stützt sich für außerordentliche und ordentliche Revisionen in gleicher Weise jeweils auf eine gesonderte Darlegung der Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Revision (vgl. etwa VwGH 28.9.2021, Ro 2021/05/0023, mwN).
15 Verfahrensgegenständlich enthält die Revision keine eigenen Ausführungen zu ihrer Zulässigkeit, sodass vom Revisionswerber weder die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision übernommen oder ergänzt noch das Vorliegen anderer Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung geltend gemacht wird (vgl. VwGH 27.9.2018, Ro 2018/10/0030, mwN).
16 Mit der Zulassungsbegründung des Verwaltungsgerichtes wird die Zulässigkeit der vorliegenden Revision nicht dargetan.
17 § 62 der Bauordnung für Wien BO für Wien, LGBl. Nr. 11/1930 in der Fassung LGBl. Nr. 69/2018, lautet auszugsweise:
„ § 62. Bauanzeige
(1) Eine Bauanzeige genügt für
1. den Einbau oder die Abänderung von Badezimmern und Sanitäranlagen, wenn durch eine Be- und Entlüftung des Raumes eine Änderung der äußeren Gestaltung des Bauwerks bewirkt wird;
2. Loggienverglasungen;
3. den Austausch von Fenstern und Fenstertüren in Schutzzonen und bei Gebäuden, die vor dem 1.1.1945 errichtet wurden;
4. alle sonstigen Änderungen und Instandsetzungen von Bauwerken (§ 60 Abs. 1 lit. c), die keine wesentliche Änderung der äußeren Gestaltung des Bauwerkes bewirken, nicht die Umwidmung von Wohnungen oder die Schaffung von Stellplätzen betreffen und keine Verpflichtung zur Schaffung von Stellplätzen auslösen.
[...]“
18 Zunächst ist festzuhalten, dass im Bauanzeigeverfahren gemäß § 62 BO für Wien nach der Bestimmung des § 134 Abs. 5 leg. cit. (nur) der Bauwerber Partei ist; allerdings hat der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen, dass den (Mit-)Eigentümern unbeschadet des § 134 Abs. 5 BO für Wien Parteistellung zukommt, wenn die Baubehörde zu Unrecht das Vorliegen einer bloß anzeigepflichtigen Maßnahme annimmt, weil dann kein Anzeige-, sondern ein Baubewilligungsverfahren durchzuführen ist (vgl. etwa VwGH 14.7.2021, Ra 2021/05/0117; 4.10.2022, Ra 2020/05/0014, jeweils mwN).
19 Dieser auch im Revisionsfall anwendbaren Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht gefolgt und hat im angefochtenen Erkenntnis mit näherer Begründung dargelegt, aus welchen Gründen für die verfahrensgegenständliche Baumaßnahme eine Bauanzeige als ausreichend anzusehen ist und dem Revisionswerber daher fallbezogen keine Parteistellung zukommt.
20 Die Frage, inwieweit ein Bauvorhaben bewilligungspflichtig, anzeigepflichtig oder auch bewilligungsfrei ist, unterliegt grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung läge in einem solchen Zusammenhang nur dann vor, wenn diese Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. VwGH 7.11.2022, Ra 2022/05/0151, mwN).
21 Das Verwaltungsgericht führte im angefochtenen Erkenntnis mit näherer Begründung aus, das neu geschaffene Fenster passe sich hinsichtlich Größe, Gestaltung und Abstand völlig an die bereits vorhandenen Fenster im Erdgeschoß an und die gegenständliche Baumaßnahme führe nicht zu einer wesentlichen Änderung der äußeren Gestaltung des Gebäudes; die Möglichkeit der Beeinträchtigung von Anrainerrechten sei auszuschließen. Dass diese Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre, wird fallbezogen nicht dargetan und ist nicht ersichtlich.
22 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
23 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.
24 Bei diesem Ergebnis erübrigte sich die Durchführung eines Verbesserungsverfahrens im Hinblick auf das Fehlen eines Revisionspunktes in der Revision (vgl. etwa VwGH 1.9.2022, Ra 2022/09/0090).
Wien, am 28. März 2023
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