Ra 2023/09/0010 4 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Rechtssatz
Aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie 96/71/EG (Art 1 Abs. 1 und 3) ergibt sich im Zusammenhang mit einer Zweigniederlassung einer in Deutschland ansässigen Gesellschaft in Österreich, dass unter "Unternehmer mit Sitz in einem Mitgliedstaat" der Arbeitgeber der entsandten oder überlassenen Arbeitnehmer zu verstehen ist (vgl. VwGH 14.12.2015, Ra 2015/11/0083; OGH 2.6.2009, 9 ObA 43/09b). Ist jedoch eine Zweigniederlassung wie etwa im Sinne des österreichischen Rechts lediglich ein von der Hauptniederlassung räumlich getrennter Teil des Unternehmens, dann ist diese nicht selbständig rechtsfähig; Träger der Rechte und Pflichten ist vielmehr immer der Träger des Gesamtunternehmens (vgl. VwGH 27.10.1992, 90/05/0110; 20.6.2011, 2009/09/0067; 16.7.2020, Ra 2020/02/0095). Mangels eigener Rechtspersönlichkeit kommt eine Zweigniederlassung somit auch als Dienstgeberin nicht in Betracht (vgl. VwGH 22.12.2004, 2002/08/0001). Werden Arbeitnehmer von einer unselbstständigen Zweigniederlassung aufgenommen, so erfolgt dies namens der Gesellschaft, die auch Vertragspartnerin der Arbeitnehmer bei den Arbeitsverträgen ist (vgl. OGH 2.6.2009, 9 ObA 43/09b). Vor diesem Hintergrund vermag eine rechtlich unselbständige Zweigniederlassung folglich auch keinen eigenständigen Sitz zu begründen (vgl. VwGH 14.12.2015, Ra 2015/11/0083). Ob nun einer Zweigniederlassung eigene Rechtspersönlichkeit zukommt, bestimmt sich nach dem Recht des der Zweigniederlassung entsprechenden Sitzstaates (vgl. RIS-Justiz RS0087052).