Ra 2022/13/0035 5 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Rechtssatz
Nach der Rechtsprechung des OGH zu § 146 ZPO, an welche Bestimmung jene des § 308 BAO nach der Absicht des Gesetzgebers im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsordnung angepasst werden sollte (108 BlgNR 17. GP 45), beginnt der Lauf der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrages nicht erst mit der Aufklärung des Irrtums, sondern bereits mit seiner möglichen Aufklärung. Diese Frist wird aber nur dann in Lauf gesetzt, wenn die mögliche Aufklärung nicht nur wegen eines minderen Grades des Versehens unterblieben ist; es darf nämlich bei der Beurteilung dieser Frage kein strengerer Maßstab angelegt werden als bei der Versäumung der Frist selbst (vgl. RIS-Justiz RS0036608). Ist die Prozesshandlung durch einen Irrtum versäumt worden, beginnt die Frist für den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand also mit dessen möglicher Aufklärung, sofern diese durch auffallende Sorglosigkeit unterblieben ist (vgl. RIS-Justiz RS0036742; z.B. OGH 30.4.2012, 9 Ob 43/11f). Auf diese Rechtsprechung verweist auch der VfGH (vgl. z.B. VfGH 7.10.2020, E 1652/2020 u.a., mwN).