JudikaturBFG

RV/2100386/2024 – BFG Entscheidung

Entscheidung
Steuerrecht
13. Mai 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Richter*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch BDO Austria GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, Am Belvedere 4, 1100 Wien, über die Beschwerde vom 14. März 2024 gegen den Bescheid des Finanzamtes für Großbetriebe vom 13. Februar 2024 betreffend Festsetzung der Kapitalertragsteuer für den Zeitraum 05/2020 (Steuernummer ***BF1StNr1*** ) zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Bescheid vom 13.2.2024 setzte das Finanzamt für Großbetriebe (belangte Behörde) die Kapitalertragsteuer für den Zeitraum 05/2020 des Beschwerdeführers (BF) ***Bf1*** mit 2.992.000,00 Euro fest.

Am 14.3.2024 erhob der BF gegen diesen Bescheid fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde. Er beantragte die Direktvorlage an das BFG und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Am 10.6.2024 wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht (BFG) vorgelegt.

Mit Vorhalt vom 18.2.2025 ersuchte das BFG die belangte Behörde um eine ergänzende Stellungnahme. Mit Schreiben vom 5.3.2025 beantwortete die Behörde diesen Vorhalt. Mit Schreiben vom 15.4.2025 erstattete der BF eine Gegenäußerung.

Die belangte Behörde führt zusammengefasst Folgendes aus:

Der BF sei Gesellschafter-Geschäftsführer der ***Gesellschaft1*** GmbH (Gesellschaft) gewesen. Diese habe mit dem BF am 7.5.2020 einen Kreditvertrag über einen Betrag von 13 Mio. Euro abgeschlossen, der bis zu einem Betrag von 10.880.000 beansprucht worden sei. Als Besicherung habe der BF der Gesellschaft neben dem Pfandrecht an Liegenschaften in den USA auch das Pfandrecht an einer umfangreichen Kunstsammlung eingeräumt. Der hierzu von der BF mit insgesamt 16.436.998,52 Euro angegebene Wert der Liegenschaften und der Kunstgegenstände stimme jedoch mit den tatsächlichen Werten, der von der belangten Behörde unter Bezugnahme auf im Insolvenzverfahren eingeholten Schätzungsgutachten bzw. den tatsächlich erzielten Verkaufserlösen mit 3.279.441,50 Euro beziffert wird, nicht überein. Ein derart gering besichertes Darlehen wäre einem fremden Dritten nicht gewährt worden. Aufgrund der mangelnden Sicherheiten sei die Ernsthaftigkeit der Rückzahlungsabsicht zu verneinen. Auch der Umstand, dass zwar Zinsen verbucht, aber nicht bezahlt wurden, spreche für mangelnde Rückzahlungsabsicht. Zudem liege der Beleihungssatz für Kunstwerke bei 50 - 60 % des Wertes. Ein ordentlicher Geschäftsführer hätte zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung erkennen müssen, dass das Darlehen in der vorliegenden Form durch den BF nicht bedient werden könne. Die Geschäftsführung habe somit ihre Sorgfaltspflicht massiv verletzt. Es liege daher eine verdeckte Ausschüttung in Höhe von 10.880.000 vor, wobei hier bereits ein vom BF an die Gesellschaft gewährtes Darlehen abgezogen worden sei.

Bei der vom BF zur Begründung der Bonität angeführte Beteiligung an der ***Gesellschaft2*** GmbH sei zu beachten, dass diese im Jahr 2017 gegenüber dem amerikanischen Auftraggeber eine Garantieerklärung iHv rund 20 Mio. USD abgegeben habe.

Aufgrund der schlechten Ertrags- und Vermögenslage der Gesellschaft sei diese nicht in der Lage, die erforderlichen Geldmittel zur Zahlung der Kapitalertragsteuer innerhalb angemessener Frist zu beschaffen.

Die Vorschreibung der KESt sei bescheidmäßig zweifelsfrei für den Zeitraum Mai 2020 erfolgt.

Das zugrundeliegende Verrechnungskonto habe sich zwar über einen längeren Zeitraum aufgebaut, die verdeckte Ausschüttung sei jedoch im Zeitpunkt der Unterzeichnung des Darlehensvertrages verwirklicht worden, da zu diesem Zeitpunkt die Bonität des Gesellschafters zu beurteilen sei.

Der BF brachte zusammengefasst folgendes vor:

Der BF sei Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Gesellschaft und besitze aufgrund dieser Funktion ein Gesellschafterverrechnungskonto. Der privatrechtliche Rahmen für diese Transaktionen bilde der gegenständliche Kreditvertrag, der dem BF einen Kreditrahmen von 13 Mio. Euro einräume. Dieser Kreditvertrag sei fremdüblich verzinst und die Zinsen seien auf dem Verrechnungskonto verbucht. Die 177 Kunstwerke des BF, die zur Besicherung des Kredites verpfändet wurden, seien anhand der Anschaffungskosten, der Rücksprache mit Experten und aufgrund von Internetrecherchen mit einem Wert von 7.400.000 Euro geschätzt worden. Es sei auch eine Versicherungsbestätigung über einen Wert von 3.152.100 Euro vorgelegt worden, der jedenfalls als Untergrenze für den Wert der Kunstwerke anzusehen sei. Auch der Wert der Liegenschaften sei von der Behörde viel zu gering angenommen worden. Zudem habe die belangte Behörde die Werte nicht zum Zeitpunkt der Kreditgewährung, sondern zu willkürlichen, späteren Zeitpunkten ermittelt.

Der BF habe der Gesellschaft zudem mit Vertrag vom 29.1.2020 einen Darlehensrahmen von 1.900.000 Euro eingeräumt, der von dieser ausgenutzt worden sei. Diesen Umstand habe die belangte Behörde nicht berücksichtigt, obwohl dieser Kredit eine zusätzliche Absicherung des Darlehensvertrages darstelle. Die in diesem Zusammenhang abgegebene Nachrangigkeitserklärung unterstreiche zudem den Rückzahlungswillen des BF.

Aus dem Bescheid ergebe sich nicht, für welchen Zeitraum die Kapitalertragsteuer festgesetzt wurde, weshalb er aus diesem Grund rechtswidrig sei.

Die belangte Behörde lege ihrer Beurteilung ausschließlich die Frage der Fremdüblichkeit der Kreditgewährung zugrunde, laut Rspr. des VwGH komme es jedoch auf die Ernsthaftigkeit der Rückzahlungsabsicht an. Aus dem behaupteten Fehlen von Sicherheiten könne jedoch nicht auf die Ernsthaftigkeit der Rückzahlungsabsicht geschlossen werden. Hierfür wäre eine Auseinandersetzung mit der Bonität des Gesellschafters notwendig gewesen. Die Bonität sei zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung zu bewerten, eine spätere Verschlechterung bewirke für sich allein keine verdeckte Ausschüttung. Der BF habe zu den Zeitpunkten der Kreditgewährung und des Abschlusses des Kreditvertrages über eine ausgezeichnete Bonität verfügt. Er habe aus seiner Geschäftsführertätigkeit in den Jahren 2020 - 2022 jährliche Bezüge iHv 500.000 Euro bezogen, davor iHv jeweils 800.000 Euro, wobei er als Alleingesellschafter der Gesellschaft über entsprechendes Vermögen in Form von (mittelbaren) Anteilen an den Konzerngesellschaften verfügte und nicht von einer Verschlechterung der Einkommenssituation auszugehen war. Zur Besicherung mehrerer COFAG-Überbrückungskredite sei mit Vertrag vom 16.10.2020 eine Teilforderung der Gesellschaft gegenüber dem BF iHv 8 Mio. Euro abgetreten worden. Dies wäre von den Banken und der COFAG nicht akzeptiert worden, wenn der BF tatsächlich eine mangelnde Bonität aufgewiesen hätte.

Die Bonität des BF ergebe sich bereits aus der Beteiligung an der Gesellschaft, die eine langjährige stabile Ertragslage, sowie hohe Gewinnvorträge aufgewiesen habe. Allein aus der Beteiligung an der Gesellschaft selbst habe aufgrund ungebundener Kapitalrücklagen und des Bilanzgewinnes ein Ausschüttungspotential von ca. 30 Mio. Euro bestanden. Wesentlicher Aktivposten der Gesellschaft sei die Beteiligung an der ***Gesellschaft2*** GmbH, die zum Zeitpunkt des Jahresabschlusses 2020 über erhebliches Eigenkapital von 31.992.728,94 Euro verfügt habe. Seit 2016 seien deren Jahres- und Konzernabschlüsse von einem Wirtschaftprüfer geprüft und mit uneingeschränkten Bestätigungsvermerken versehen worden, weshalb kein Zweifel an der Werthaltigkeit dieser Beteiligung bestehe.

Betreffend der Haftungszusage der ***Gesellschaft2*** GmbH über rund 20 Mio. USD sei im Jahr 2021 aufgrund einer im Jahr 2018 von der amerikanischen Tochtergesellschaft eingereichten Schiedsklage zugunsten der Klägerin entschieden worden, womit die darauf beruhenden Gegenansprüche abgewiesen worden seien. In den davor erstellten Jahresabschlüssen der ***Gesellschaft2*** GmbH für 2018 - 2020 seien diese jedoch bereits nach dem Prinzip der kaufmännischen Vorsicht bewertet in den sonstigen Rückstellungen erfasst gewesen. Eine Minderung der entsprechenden Beteiligung könnte darin somit nicht erblickt werden.

Zudem habe die belangte Behörde zur Frage der Besicherungshöhe von Kunstwerken auf Online-Artikel verwiesen, die sich mit der Praxisperspektive von ausländischen Privatbanken beschäftigten, was jedoch keinesfalls auf die Kreditgewährung in Österreich umgelegt werden könne. Auch halte es der VwGH für unerheblich, ob eine Bank einen ähnlichen Kredit gewährt hätte.

Unrichtig sei, dass Kredite nur bei entsprechenden Sicherheiten gewährt würden. Es seien Sicherheiten gewährt worden, die einen wesentlichen Teil der Forderungen abdecken würden, sowie entsprechende Verzinsung und ein Rückzahlungstermin vereinbart worden. Es sei somit jedenfalls von einer vorhandenen Rückzahlungsabsicht auszugehen.

Die eingeräumten Sicherheiten seien von der Behörde zudem nicht vollständig berücksichtigt worden, da auch Beteiligungen an zwei Gesellschaften als Sicherheiten begeben worden seien.

Letztlich liege auch keine auf Vorteilgewährung gerichtete Willensentscheidung der Gesellschaft vor, womit keine Zuwendungsabsicht gegeben sei.

Der von der Behörde unter Hinweis auf die Unterzeichnung des Darlehensvertrages im Mai angenommene Ausschüttungszeitpunkt sei unrichtig, da für die Beurteilung des Vorliegens einer verdeckten Ausschüttung nicht der Zeitpunkt der Unterzeichnung des Vertrages, sondern der Zeitpunkt der Auszahlung des Kredites maßgebend sei. Die Forderung der Gesellschaft auf Rückzahlung eines an den Gesellschafter gewährten Betrages entstehe bereits originär im Zeitpunkt der Auszahlung, auch, wenn zu diesem Zeitpunkt noch kein schriftlicher Kreditvertrag vorliege. Der Abgabenanspruch auf KESt entstehe im Zeitpunkt des Zufließens der Kapitalerträge, wobei verdeckte Ausschüttungen zufließen, wenn der Gesellschafter über den Vorteil verfügen könne. Das wäre somit der Zeitpunkt, zu dem die Gesellschaft eine Anschaffung für den Gesellschafter tätige oder entsprechende Geldmittel überweise. Eine verdeckte Ausschüttung werde jedoch auch für den Zeitraum vor 2020 ausdrücklich bestritten. Der überwiegende Teil der Zuflüsse sei vor dem Jahr 2019 erfolgt, das Verrechnungskonto habe zum Zeitpunkt 31.12.2019 bereits einen Stand von 10.911.119,90 Euro aufgewiesen, wobei hinsichtlich dieser Zuflüsse bereits Verjährung eingetreten sei.

Am 29.4.2025 fand die mündliche Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht statt:

Erläutert wurde zunächst der Umstand, dass aufgrund der vorliegenden Unterlagen im Mai 2020 kein Geldzufluss ersichtlich sei. Die belangte Behörde führte aus, das Verrechnungskonto sei über längere Zeit angewachsen und im Mai 2020 der gegenständliche Darlehensvertrag geschlossen worden. Da die Feststellung eines konkreten Ausschüttungszeitpunktes für die Behörde schwierig sei, sei der Zeitpunkt angenommen worden, in dem die Darlehenshingabe in das schuldrechtliche Kleid verpackt worden sei.

Die steuerliche Vertretung führte aus, für die Entnahmen vor 05/2020 existiere keine schriftliche Vereinbarung, es seien jedoch regelmäßig Rückzahlungen geleistet worden, insbesondere, weil der BF sich sein Geschäftsführergehalt nicht auszahlen habe lassen, sondern dieses saldomildernd verbucht worden sei.

Die genaue Verzinsung vor 05/2020 sei nicht bekannt, wobei die vom Verhandlungsleiter für 2019 errechnete Verzinsung von 1,89 % den Tatsachen entsprechen könnte, da im Darlehensvertrag eine Verzinsung von 2 % über dem Basiszinssatz vereinbart worden sei. Die Bilanzansätze seien von Banken, der COFAG und der ***Wirtschaftsprüfungsgesellschaft-P*** überprüft worden, wobei hier niemals Beanstandungen erhoben worden seien.

Der Vertreter der belangten Behörde bestreite nicht das Vorliegen von Forderungen, allerdings sei aufgrund der Stellung als Gesellschafter-Geschäftsführer die Problematik der Fremdüblichkeit zu beachten. Es gebe jedoch keine konkreten Hinweise dafür, dass sich durch den Abschluss des Darlehensvertrages die Situation der Gesellschaft verschlechtert hätte. Allenfalls hätte sich die Situation durch die längere Laufzeit oder, wenn die Gesellschaft das Darlehen sofort fällig stellen hätte müssen, verschlechtert, hierfür gebe es jedoch keine Anhaltspunkte.

Gefragt, ob Hinweise für eine mangelnde Bonität des BF im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vorgelegen hätten, gab der Vertreter der belangten Behörde an, aufgrund der mangelnden Sicherheiten sei die Bonität des BF angezweifelt worden.

Die Vertreterin des BF verwies auf eine Bonitätsprüfung, die jedenfalls eine positive Bonität bescheinigt hätte. Neben dein eingeräumten Sicherheiten habe der BF über weiteres Vermögen verfügt, insbesondere die bereits schriftlich erwähnten Beteiligungen an der ***Konzerngruppe***. Auch ein im Jänner 2020 vom BF an die Gesellschaft gewährtes Darlehen iHv 1,9 Mio. Euro sei als Sicherheit anzusehen, auch wenn dieses konkret nicht der Forderung der Gesellschaft gegengerechnet worden sei.

Zur Frage des Absehbarkeit der Insolvenz gab die Vertreterin des BF an, im Zeitpunkt des Abschlusses des Darlehensvertrages sei eine Insolvenz noch nicht absehbar gewesen. Von allen Seiten, nämlich Banken und der COFAG, sei der Gesellschaft eine hohe Kreditwürdigkeit bescheinigt worden. Der Auslöser der Insolvenz liege in einer Fehlkalkulation im Juni 2022. Keiner der Masseverwalter sei zu dem Schluss gekommen, dass bereits im Jahr 2020 eine Insolvenz absehbar gewesen sei, sogar im Frühjahr 2022 habe die ***Wirtschaftsprüfungsgesellschaft-B*** noch eine positive Fortbestandsprognose für die ***Gesellschaft3*** erstellt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der BF war ab 23.6.2009 Alleingesellschafter der ***Gesellschaft1*** GmbH (Gesellschaft) und seit 4.6.2009 selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer. Mit Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz von 29.12.2023 wurde über die Gesellschaft das Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung eröffnet (OZ 51 - Firmenbuchauszug, unstrittig).

Der BF verfügte bei der Gesellschaft über ein Verrechnungskonto. Mit 31.12.2019 wies das Gesellschafterverrechnungskonto einen Saldo zugunsten des BF von 10.911.119,90 Euro auf. Bis 6.3.2020 änderte sich der Saldo durch diverse Buchungen auf 10.969.229,50 Euro. Von 7.3.2020 bis 31.5.2020 erfolgten auf dem Konto lediglich drei Buchungen, nämlich am 31.3.2020, am 30.4.2020 und am 31.5.2020, mit denen das monatliche Geschäftsführergehalt von je 41.666,67 saldomindernd berücksichtigt wurde. Im Zeitraum zwischen 1.5.2020 und 31.5.2020 ist dem BF keine Zahlung aus der Gesellschaft zugeflossen (OZ 11 - Verrechnungskonto Nr. 3480, unstrittig).

Am 7.5.2020 hat die Gesellschaft mit dem BF einen Darlehensvertrag abgeschlossen (OZ 15 - Darlehensvertrag; OZ 8 - Garantieerklärung): Dem BF wurde von der Gesellschaft ein wiederholt ausnutzbarer Kredit bis zu einem Höchstbetrag von 13.000.000 Euro gewährt. Die Verzinsung wurde mit 2 % über dem 3-Monats Euribor, aufgerundet auf volle 1/8 % vereinbart. Vereinbart wurde, dass die Zinsen quartalsweise vom durchschnittlichen Betrag berechnet werden und jeweils am Jahresende zur Zahlung fällig sind.

Die Laufzeit des Darlehens wurde mit 31.12.2024 (endfällig) festgelegt.

Folgende Sicherheiten hat der BF der Gesellschaft eingeräumt:

1. Pfandrecht an Kunstwerken, deren Wert mit 7,4 Mio. Euro beziffert wurde

2. Pfandrecht an Liegenschaften der ***LLC1*** und ***LLC2*** "***Bezeichnung Liegenschaft***", deren Wert mit 6.500.000 USD beziffert wurde, wobei eine Belehnung mit 2.262.000 USD bestand

3. Verpflichtung des BF, auf einseitiges Verlangen der Gesellschaft ein notarielles Abtretungsanbot zum Erwerb sämtliche Geschäftsanteile an der ***LLC1*** und der ***LLC2*** zu unterzeichnen

4. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus den in Klammer angeführten, im Akt erliegenden, Unterlagen und ist unstrittig.

5. Rechtliche Beurteilung

5.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Zur Sache des Verfahrens:

Die Entscheidungsbefugnis des Bundesfinanzgerichts ist durch die Sache des Beschwerdeverfahrens begrenzt. Über diese Sache hinaus besteht keine Entscheidungsbefugnis des Bundesfinanzgerichts (VwGH 5.9.2024, Ra 2022/16/0035 mwN).

Sache ist die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches erster Instanz gebildet hat (VwGH 13.6.2023, Ra 2020/16/0118 mwN).

Aus dem Spruch des angefochtenen Bescheides ergibt sich, dass die gegenständliche Kapitalertragsteuer für Kapitalerträge für den Zeitraum 05/2020 vorgeschrieben wurde. Die Sache ist somit auf steuerpflichtige Kapitalerträge aus dem Zeitraum 1.5.2020 - 31.5.2020 eingeschränkt, womit auch nur für diesen Zeitraum eine Entscheidungsbefugnis des Bundesfinanzgerichtes gegeben ist. Das BFG ist nicht berechtigt, diesen Zeitraum auf etwaige Kapitalerträge aus früheren oder späteren Zeiträumen zu erweitern.

Zum Zufluss von Kapitalerträgen:

Für die Ermittlung des Einkommens ist es gemäß § 8 Abs 2 KStG 1988 ohne Bedeutung, ob das Einkommen im Wege offener oder verdeckter Ausschüttungen verteilt oder entnommen oder in anderer Weise verwendet wird.

Folgende Einkünfte sind gem. § 27 Abs 1 EStG 1988, soweit sie nicht zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs 3 Z 1 bis 4 gehören, Einkünfte aus Kapitalvermögen:

1. a) Gewinnanteile (Dividenden), Zinsen und sonstige Bezüge aus Aktien oder Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung.

Nach § 93 Abs 1 EStG 1988 wird bei inländischen Kapitalerträgen (Abs 2) sowie bei im Inland bezogenen Kapitalerträgen aus Forderungswertpapieren (Abs 3) die Einkommensteuer durch Abzug vom Kapitalertrag erhoben (Kapitalertragsteuer).

Schuldner der Kapitalertragsteuer ist gem. § 95 Abs 2 EStG 1988 der Empfänger der Kapitalerträge. Die Kapitalertragsteuer ist durch Abzug einzubehalten. Der zum Abzug Verpflichtete (Abs 3) haftet dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der Kapitalertragsteuer.

Der Abgabenanspruch in Bezug auf die KESt entsteht nach § 4 Abs 2 lit a Z 3 BAO im Zeitpunkt des Zufließens der steuerpflichtigen Einkünfte. § 95 Abs 3 EStG 1988 legt fest, wann für Zwecke der KESt ein Zufluss anzunehmen ist.

Im Gegensatz zur körperschaftsteuerlichen Behandlung einer verdeckten Ausschüttung bei der Kapitalgesellschaft hat bei der Erfassung einer verdeckten Ausschüttung für Zwecke der Kapitalertragsteuer beim Anteilsinhaber in zeitlicher Hinsicht die Erfassung nach den dort anzuwendenden Einkommensermittlungsgrundsätzen zu erfolgen (Renner in Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger, KStG 1988 § 8, Rz 221ff).

Kapitalertragsteuer ist im Zeitpunkt des Zufließens von Kapitalerträgen abzuziehen (vgl. VwGH 26.6.2014, 2011/15/0028).

Für verdeckte Ausschüttungen richtet sich der Zufluss gem. § 95 Abs 3 Z 1 lit a EStG 1988 nach § 19 EStG 1988 (vgl. Franke/Kirchmayr in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG (2024) § 95 TZ 46 mit Verweis auf VwGH 25.6.2007, 2007/14/0002).

Ein Betrag ist gemäß § 19 Abs 1 EStG 1988 dann als zugeflossen anzusehen, wenn der Empfänger über ihn tatsächlich und rechtlich verfügen kann. Ist der Abgabepflichtige gleichzeitig Mehrheitsgesellschafter jener GmbH, die sein Schuldner ist, ist der Zufluss grundsätzlich anzunehmen, sobald die Forderung fällig ist, vorausgesetzt, dass die GmbH nicht zahlungsunfähig ist. Diese Sicht gebietet der beherrschende Einfluss des Mehrheitsgesellschafters der GmbH (vgl. etwa VwGH 6.7.2020, Ra 2018/13/0074 mwN).

Konkrete Zuflüsse an den BF sind in Zeiträumen bis 6.3.2020 und ab 30.6.2020 erfolgt. Diese Zuflüsse wurden, soweit ersichtlich, auf den Verrechnungskonten verbucht, womit für den Erhalt der Zuflüsse eine Verbindlichkeit des BF gegenüber der Gesellschaft eingestellt wurde, was allerdings nicht bedeutet, dass keinesfalls eine verdeckte Ausschüttung vorliegen könnte (vgl. VwGH 6.7.2011, 2008/13/0005). Allerdings hinge eine diesbezügliche Beurteilung von der Frage ab, ob diesfalls eine werthaltige Forderung gegenüber dem Gesellschafter vorliegt, was insbesondere von der Ernstlichkeit der Rückzahlungsabsicht und der Bonität des Gesellschafters abhängt (vgl. VwGH 8.10.2020, Ra 2019/13/0075 mwN). Die Frage der Werthaltigkeit der eingestellten Forderungen wäre jedoch für den jeweiligen Zuflusszeitpunkt zu prüfen. Wenn die belangte Behörde unter Verweis auf Kirchmayr in Achatz/Kirchmayr, KStG § 8 Tz 293 ausführt, der maßgebliche Beurteilungszeitpunkt für den Fremdvergleich bzw. die Bonität des Gesellschafters sei der Zeitpunkt des Abschlusses einer schuldrechtlichen Beziehung, weshalb der Zeitpunkt des Abschlusses des Darlehensvertrages heranzuziehen sei, so übersieht sie, dass die schuldrechtliche Beziehung bereits im Zeitpunkt des Einstellens der Forderung am Gesellschafterverrechnungskonto zustande gekommen ist, und nicht erst im Zeitpunkt der Unterfertigung des Darlehensvertrages, mit dem versucht wurde, die bereits erfolgten Zuwendungen nachträglich in ein fremdübliches Kleid zu packen.

Hinsichtlich der bereits entnommenen Beträge könnte zu einem späteren Zeitpunkt eine verdeckte Ausschüttung vorliegen, wenn auf die ursprünglich fremdüblich entstandenen Forderungen nachträglich konkludent oder ausdrücklich verzichtet oder sich die sonstigen Modalitäten so geändert hätten, dass die Fremdüblichkeit verloren gegangen wäre, da diesfalls dem BF durch den Verzicht ein sonstiger Vorteil zugeflossen wäre. Da im konkreten Fall jedoch weder an den verrechneten Zinsen noch an den Rückzahlungsbedingungen eine wesentliche Änderung im Vergleich zu der Situation vor Abschluss des schriftlichen Darlehensvertrages eingetreten ist, liegt im Mai 2020 kein sonstiger Vorteilszufluss an den BF vor. Auch eine Fremdunüblichkeit der vereinbarten Sicherheiten könnte nicht zu einem Vorteilszufluss führen, da nach der ursprünglichen, nicht schriftlichen, Vereinbarung überhaupt keine Sicherheiten eingeräumt wurden.

Selbst, wenn diese Sicherheiten nicht ausreichend wären, um spätere, zusätzliche, Entnahmen zu rechtfertigen, würde wiederum der KESt-Anspruch erst mit dem tatsächlichen Zufluss - somit für Beträge, die nach dem 31.5.2020 entnommen wurden, erst danach - entstehen. Wie oben ausgeführt, ist eine diesbezügliche Beurteilung jedoch nicht von der Sache des Verfahrens umfasst.

Mangels Zuflusses von Geld oder sonstigen Vorteilen ist somit im verfahrensgegenständlichen Zeitraum Mai 2020 kein KESt-Anspruch entstanden, weshalb keine KESt für diese Zeitraum vorzuschreiben und der angefochtene Bescheid spruchgemäß aufzuheben war.

5.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die vorliegende Rechtsfrage konnte anhand der zitierten Rechtsvorschriften und Rechtsprechung des VwGH gelöst werden, weshalb keine Rechtfrage von grundsätzlicher Bedeutung gegeben ist und die Revision nicht für zulässig zu erklären war.

Graz, am 13. Mai 2025