JudikaturBFG

RV/7100993/2024 – BFG Entscheidung

Entscheidung
21. Oktober 2024

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Andrea Ebner in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom 24. Oktober 2023 gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom 12. Oktober 2023 (abgefertigt am 13. Oktober 2023) betreffend die Zurückweisung der als Anträge auf Bescheidaufhebung gemäß § 299 BAO gewerteten Eingabe vom 16. September 2023 zu ErfNr ***4*** und ErfNr ***5***, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht:

I. Der angefochtene Bescheid wird - ersatzlos - aufgehoben.

II. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer erhob am 12. Februar 2021 und am 22. März 2021 Beschwerde bei der Landespolizeidirektion ***1*** gegen den Bescheid ***2*** und gegen den Bescheid ***3***. Jeweils am 26. Juli 2021 übermittelte die Landespolizeidirektion ***1*** einen amtlichen Befund über eine Gebührenverkürzung.

Mit Bescheid vom 28. September 2021 erließ die belangte Behörde daraufhin einen Gebührenbescheid über die Eingabegebühr iHv EUR 30,00 und einen Bescheid über eine Gebührenerhöhung iHv EUR 15,00 betreffend die Beschwerde vom 12. Februar 2021 bei der Landespolizeidirektion ***1*** zu Bescheid ***2*** (ErfNr ***4***).

Mit Bescheid vom 28. September 2021, erließ die belangte Behörde einen Gebührenbescheid über die Eingabegebühr iHv EUR 30,00 und einen Bescheid über eine Gebührenerhöhung iHv EUR 15,00 betreffend die Beschwerde vom 22. März 2021 bei der Landespolizeidirektion ***1*** zu Bescheid ***3*** (ErfNr ***5***).

Gegen diese Bescheide richtete sich die am 27. Oktober 2021 per Fax eingebrachte Beschwerde.

Mit unterfertigter Eingabe, die das Format einer ausdruckten E-Mail vom 17. November 2021 aufweist brachte der Beschwerdeführer Ergänzungen zur Beschwerde ein. Darin enthält sich auch die Wortfolge "antrag auf aufhebung nach § 299 BAO". Eine weitere Ergänzung zur Beschwerde wurde mit E-Mail vom 12. Oktober 2021 an die belangte Behörde gesendet.

Nach Einbringung von Säumnisbeschweren beim Bundesfinanzgericht mittels Fax vom 2. Juni 2022 (BFG RS/7100044/2022) wies die belangte Behörde die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidungen vom 23. Juni 2022 als unbegründet ab.

Weitere Eingaben per E-Mail gingen am 27. Juni 2022, am 30. Juni 2022 und 6. Juli 2022 beim Finanzamt Österreich, Dienststelle für Sonderzuständigkeiten ein.

Die Säumnisbeschwerde wegen behaupteter Verletzung der Entscheidungspflicht durch das Finanzamt Österreich, Dienststelle für Sonderzuständigkeiten, betreffend Antrag nach § 299 BAO vom 17. November 2021 auf Aufhebung der Gebührenbescheide ua vom 28. September 2021 wurde vom Bundesfinanzgericht als unzulässig zurückgewiesen (vgl Beschluss 2. Oktober 2023, RS/7100049/2023), weil "nach Auskunft des Finanzamtes Österreich vom 21.09.2021 und am 26.11.2022 kein Telefax des Bf beim FAÖ mit einem Antrag des Bf vom 17.11.2021 auf Aufhebung der Bescheide des FAÖ betreffend Gebühren und Gebührenerhöhung […] vom 28.09.2021 gemäß § 299 BAO eingelangt [ist]".

Mittels Fax vom 16. September 2023 übermittelte der Beschwerdeführer Eingaben vom 11. September und 12. September 2023, gerichtet an das Bundesfinanzgericht. Diese enthielten ua den streitgegenständlichen von der belangten Behörde als eigenständig gewerteten Antrag auf Aufhebung der Bescheide vom 28. September 2021 gemäß § 299 BAO.

Die streitgegenständlich als Antrag gewertete Eingabe auf Bescheidaufhebung gemäß § 299 BAO vom 16. September 2023 wies die belangte Behörde mit Bescheiden vom 12. Oktober 2023 jeweils zu ErfNr ***4*** und ErfNr ***5*** wegen Verspätung zurück.

Gegen die Zurückweisungsbescheide richtete sich die per Fax eingebrachte Beschwerde vom 24. Oktober 2023. Begründend führte der Beschwerdeführer aus, dass die Anträge nach § 299 BAO bereits mit Schriftsatz vom 5. Oktober 2021; Fax vom 27. Oktober 2021, Fax vom 26. November 2021 eingebracht worden wären.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 9. November 2023 wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab. Begründend führte sie aus, dass über den am 27. Oktober 2021 mit Fax eingebrachten Antrag auf Aufhebung des Bescheides vom 28. September 2021 mit Beschwerdevorentscheidung am 23. Juni 2022 entscheiden worden sei. Die Zurückweisung wegen Verspätung sei daher zu Recht erfolgt.

Im am 22. November 2023 im gegenständlichen Verfahren erhobenen Vorlageantrag führte der Beschwerdeführer aus, dass die Beschwerdevorentscheidungen vom 23. Juni 2022 mit den Anträgen nach § 299 BAO nichts zu tun hätten. Gegen die Beschwerdevorentscheidungen seien mit Schreiben vom 27. Juni 2022 Vorlageanträge gestellt worden. Dieses Schreiben sei am 14. Juli 2022 beim ***Finanzamt 1*** persönlich eingebracht worden.

Dass entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers am 22. November 2023 kein wirksamer Vorlageantrag betreffend die Bescheide vom 28. September 2021 zu ErfNr ***4*** und ErfNr ***5*** erhoben worden sei, hat das Bundesfinanzgericht bereits im Säumnisbeschwerdeverfahren zu GZ RS/7100049/2023 (vgl Beschluss 2. Oktober 2023, RS/7100049/2023) sowie nach Vorlageerinnerung im Verfahren zu GZ RV/7101983/2024 (vgl Beschluss vom 4. September 2024, RV/7101983/2024) ausgeführt.

Die belangte Behörde legte die Beschwerde am 12. März 2024 dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Im Vorlagebericht vom selben Tag beantragte sie die Abweisung der Beschwerde.

Auf telefonische Anfrage des Bundesfinanzgerichtes bei der belangten Behörde, in welcher Form (insbesondere E-Mail, Fax oder postalisch) das Schreiben vom 17. November 2021 bei der belangten Behörde eingelangt ist, wurde mit E-Mail vom 17. Juni 2024 mitgeteilt, dass die Abklärung alleine anhand des Papieraktes nicht abschließend möglich sei, zumal der Beschwerdeführer teilweise an die persönlichen E-Mail-Adressen Eingaben übermittelt habe und eine Abklärung erst durch die jeweiligen Mitarbeiter persönlich erfolgen könne, die jedoch derzeit abwesend seien.

Am 19. Juli 2024 nahm die belangte Behörde schriftlich wie folgt Stellung:

"Die Eingabe datiert mit 19.11.2021 weist ganz oben rechts folgenden Text aus: 'https://mail.al.net/webmail/mail viewhtmi?sedeveJ=3&Dreview=0...'Weiters sind auf der Eingabe mehrere E-Mails auf einem Blatt zusammengefasst worden und findet sich unter der jeweiligen E-Mail jeweils die Unterschrift des Bf. - und wurde dieses Dokument offenbar eingescannt.Die Eingabe ist nicht mittels Post überreicht worden, da jedes einlangende Poststück beim Finanzamt Österreich stets mit einem Eingangsstempel versehen wird, welcher im vorliegenden Fall jedoch nicht vorhanden ist.Das Finanzamt Österreich hat diese Eingabe als E-Mail qualifiziert, zumal auf der Eingabe keine Faxzeile ersichtlich ist (in der üblicherweise Details wie Datum, Uhrzeit, Absender, Faxnummer, Seitenanzahl ersichtlich sind) und weil bei anderen mittels Telefax eingebrachten Eingaben des Bf. eine Faxzeile ersichtlich war.Nach der Aktenlage wurde daher aus Sicht des Finanzamt Österreich mit der gegenständlich zu beurteilenden Eingabe kein wirksamer Antrag gemäß § 299 BAO eingebracht (keine Einbringung per Telefax, Post oder über FINANZONLINE)."

Mit Beschluss vom 5. August 2024 übermittelte das Bundesfinanzgericht dem Beschwerdeführer die Stellungnahme der belangten Behörde zur Wahrung des Parteiengehörs.

Der Beschwerdeführer führte daraufhin mit E-Mail vom 9. August 2024 aus, dass die Rechtfertigung der belangten Behörde mit der Beschwerde vom 24. Oktober 2024 absolut nichts zu tun habe.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Über amtlichen Befund vom 26. Juli 2021 der Landespolizeidirektion ***1*** erließ die belangte Behörde am 28. September 2021 einen Gebührenbescheid sowie einen Bescheid über eine Gebührenerhöhung an den Beschwerdeführer zu ErfNr ***5*** und setzte für bei der Landespolizeidirektion ***1*** eingelangte Beschwerde vom 22. März 2021 betreffend Abweisung Gurtbefreiung (Bescheid ***3***) Gebühren iHv EUR 30,00 sowie eine Gebührenerhöhung iHv EUR 15,00, somit insgesamt EUR 45,00 fest. Über weiteren amtlichen Befund vom 26. Juli 2021 der Landespolizeidirektion ***1*** erließ die belangte Behörde am 28. September 2021 einen Gebührenbescheid sowie einen Bescheid über eine Gebührenerhöhung an den Beschwerdeführer zu ErfNr ***4*** und setzte für bei der Landespolizeidirektion ***1*** eingelangte Beschwerde vom 12. Februar 2021 betreffend Überprüfung der gesundheitlichen Eignung (Bescheid ***2***) Gebühren iHv EUR 30,00 sowie eine Gebührenerhöhung iHv EUR 15,00, somit insgesamt EUR 45,00 fest.

Gegen diese vier Bescheide brachte der Beschwerdeführer am 27. Oktober 2021 ein Rechtsmittel mittels Telefax ein, das auszugsweise wie folgt lautete:

"an das finanzamt Österreich-A ergänzende begründung und anträge […] c es wird ersucht den bekämpften bescheid aufzuheben B dise bescheidbeschwerde samt begründung und antrag gilt analog gegen die abgabenbescheide vom 210921, zugestellt am 290921. C diese beschwerden werden per fax nachgereicht"

Die belangte Behörde entschied darüber mit Beschwerdevorentscheidungen vom 23. Juni 2022 abweisend. Ob dagegen ein wirksamer Vorlageantrag eingebracht wurde, kann im streitgegenständlichen Verfahren außer Acht bleiben, wenngleich nochmals darauf hingewiesen wird, dass dies nach der Aktenlage nicht der Fall war (vgl nochmals Beschlüsse des BFG 2. Oktober 2023, RS/7100049/2023 sowie BFG 4. September 2024, RV/7101983/2024).

Die Eingabe vom 17. November 2021 mit dem Inhalt auf Bescheidaufhebung nach § 299 BAO stellt sich auszugsweise wie folgt dar:

[...]

Strittig ist, ob es sich um ein wirksames Anbringen (per Fax, FinanzOnline, postalisch) handelt.

Ersichtlich ist, dass ursprünglich ua am 17. November 2021 betreffende E-Mail an eine Mitarbeiterin der belangten Behörde versendet wurde. Ebenfalls ersichtlich ist, dass die Eingabe "https://mail.a1.net/webmail/mail viewhtmi?sedeveJ=3&Dreview=0..." in der Kopfzeile ausweist. Einen Eingangsstempel weist das Schreiben nicht auf.

Es handelt sich weder um eine von der belangten Behörde ausgedruckte E-Mail noch um einen ausgedruckten eingescannten Anhang zu einer an die Behörde gerichteten E-Mail. Es handelt sich auch weder um eine Faxeingabe, noch um eine Eingabe mittels FinanzOnline.

In der Fußzeile wird als Datum "19.11.2021, 05:42" ausgewiesen; es wurde offensichtlich zu diesem Datum und dieser Uhrzeit ausgedruckt und in der Folge unterfertigt. Das Schriftstück weist unstrittig die händische Unterschrift des Beschwerdeführers aus.

Dieses unterfertigte Schriftstück ist aktenkundig und vor dem 23. Juni 2022 in die Sphäre der belangten Behörde gelangt. Ob dies auf postalischem Weg oder durch persönliche Übergabe erfolgt ist, kann zwar nicht mehr nachvollzogen werden, ändert jedoch nichts am Einlangen in der Sphäre der belangten Behörde.

Zwischen der Zustellung der Gebührenbescheide vom 28. September 2021 am 5. Oktober 2021 und dem Einlangen des gegenständlichen Schreibens vom 17. September 2024, welches jedenfalls vor dem 23. Juni 2022 anzunehmen ist, liegt ein kürzerer als einjähriger Zeitraum.

Das E-Mail vom 11. September 2023, das per Fax im Rahmen der Wahrung des Parteiengehörs im Säumnisbeschwerdeverfahren an das Bundesfinanzgericht am 16. September 2023 unterfertigt übermittelt wurde, lautet auszugsweise wie folgt:

"[…] Die Eingabe vom 171121 wurde per Fax am 261121 um 1505 Uhr an Frau *** und an Frau ***, beide FA ö, anstandslos eingebracht 3.sollte das FA weiterhin nix wissen und das BFG die SB zurückweisen, wird der Antrag nach § 299 BAO auf Aufhebung neuerlich eingebracht […]"

Der Beschwerdeführer urgiert offensichtlich die Entscheidung über seinen mit Eingabe vom 17. November 2021 gestellten Antrag auf Bescheidaufhebung gemäß § 299 BAO, weswegen zur Frage der Verletzung der Entscheidungspflicht ein Säumnisbeschwerdeverfahren beim Bundesfinanzgericht anhängig war im Rahmen dessen ihm Parteiengehör eingeräumt wurde (vgl Beschluss 2. Oktober 2023, RS/7100049/2023).

2. Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf den Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes.

Am 17. November 2021 ist zwar eine E-Mail bei der belangten Behörde eingelangt. Von der belangten Behörde ausgedruckte erhaltene E-Mails weisen jedoch die Person, die die E-Mail ausdruckt, somit im Regelfall der die E-Mail empfangende Behördenmitarbeiter in einer Kopfzeile aus. Dies liegt hier nicht vor (vgl dazu diverse aktenkundige E-Mail-Eingaben des Beschwerdeführers). Ebenso ist ersichtlich ist, dass das Schreiben eine händische Unterschrift des Beschwerdeführers aufweist. Dies stellt sich bei keiner sonstigen E-Mail-Eingabe des Beschwerdeführers auf diese Art dar. Wohl aber bei persönlichen Eingaben oder Faxeingaben.

Nach der allgemeinen Lebenserfahrung ist vielmehr davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer den E-Mail-Verlauf von seinem persönlichen E-Mail-Account (insbesondere durch den Verweis in der Kopfzeile "https://mail.al.net/webmail/mail viewhtmi?sedeveJ=3&Dreview=0...") am 19. November 2021 (Datumsangabe in der Fußzeile) ausgedruckt hat und in der Folge mit seiner persönlichen Unterschrift versehen hat. Diese Vorgehensweise spiegelt sich auch in seinen zahlreichen Eingaben per Fax oder auch persönliche Abgabe bei der belangten Behörde wider. Auch diese Eingaben weisen die persönliche Unterschrift sowie zT den E-Mail-Portal-Hinweis in der Kopfzeile aus. Dass eine E-Mail mit dem eingescannten gegenständlichen Schreiben als Anhang bei der belangten Behörde übermittelt worden sei, ergibt sich nicht aus dem Verwaltungsakt, weil eine solche E-Mail samt Anhang unstrittig nicht aktenkundig ist. Den Ausführungen in der Stellungnahme der belangten Behörde vom 19. Juli 2024 wonach "dieses Dokument offenbar eingescannt" worden sei, kann daher nicht gefolgt werden, bieten sich dafür keinerlei Anhaltspunkte im Verwaltungsakt.

Da in der Kopfzeile des Schreibens auch kein Hinweis auf eine Faxeingabe ersichtlich ist, handelt es sich - entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers - nicht um eine solche.

Der bloße Umstand, dass die Eingabe keinen Eingangsstempel aufweist, spricht für sich noch nicht dafür, dass die betreffende Eingabe nicht per Post oder auch persönlich in die Sphäre der der belangten Behörde gelangt ist. Einerseits könnte aufgrund der Vielzahl und Unübersichtlichkeit der Eingaben des Beschwerdeführers schlicht bei dieser Eingabe ein Eingangsstempel vergessen worden sein. Anderseits findet sich etwa auf den aktenkundigen Eingaben per Fax ebenfalls kein Eingangsstempel, sodass etwa eine persönliche Übergabe für das Bundesfinanzgericht nicht ausgesschlossen werden kann.

In Zusammenschau steht für das Bundesfinanzgericht jedenfalls fest, dass das vom Beschwerdeführer persönlich unterfertigte Schriftstück vom 17. November 2021, ausgedruckt am 19. November 2021, in die Sphäre der belangten Behörde gelangt ist und daher nunmehr als solches aktenkundig ist. Wäre die E-Mail nämlich lediglich vom Beschwerdeführer ausgedruckt und unterfertigt worden, jedoch nicht in die Sphäre der belangten Behörde gelangt, könnte es nicht auf diese Art und Weise aktenkundig sein.

Im Vorlagebericht vom 12. März 2024 wird für das betreffende Schriftstück 17. November 2021 als Datum ausgewiesen. Es ist unter dem Titel "Ergänzung zur Beschwerde gegen Gebührenbescheide per Email" erfasst. In der Stellungnahme vom 19. Juli 2024 wird auf das Datum des Ausdruckes vom 19. November 2021 Bezug genommen. Der Beschwerdeführer selbst brachte im Verwaltungsverfahren wiederholt vor, die Eingabe sei am 26. November 2021 per Fax erfolgt. Zu welchem Zeitpunkt das gegenständliche Schriftstück vom 17. November 2021, ausgedruckt am 19. November 2021, tatsächlich in die Sphäre der belangten Behörde gelangt ist, kann nicht nachvollzogen werden. Die Beschwerdevorentscheidungen betreffend die Bescheide vom 28. September 2021 ergingen jedoch am 23. Juni 2022 und wurden am 27. Juni 2022 zugestellt. Da die belangte Behörde das gegenständliche Schreiben selbst als "Ergänzung zur Beschwerde" wertete, geht das Bundesfinanzgericht nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon aus, dass es jedenfalls vor dem 23. Juni 2022, dem Datum der Beschwerdevorentscheidung, in die Sphäre der belangten Behörde gelangt ist.

Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse durfte das Bundesfinanzgericht daher in freier Beweiswürdigung von den obigen Sachverhaltsfeststellungen ausgehen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Bescheidaufhebung)

§ 299 BAO lautet auszugsweise wie folgt:

"(1) Die Abgabenbehörde kann auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist. Der Antrag hat zu enthalten:

a) die Bezeichnung des aufzuhebenden Bescheides;

b) die Gründe, auf die sich die behauptete Unrichtigkeit stützt.

(2) Mit dem aufhebenden Bescheid ist der den aufgehobenen Bescheid ersetzende Bescheid zu verbinden. Dies gilt nur, wenn dieselbe Abgabenbehörde zur Erlassung beider Bescheide zuständig ist.

(3) Durch die Aufhebung des aufhebenden Bescheides (Abs. 1) tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor der Aufhebung (Abs. 1) befunden hat."

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass die Beförderung einer Sendung auf Gefahr des Absenders erfolgt. Die Beweislast für das Einlangen des Schriftstückes bei der Behörde trifft den Absender (vgl VwGH 26. Juli 2017, Ra 2016/13/0039, mwN).

Ab Einlangen in der Einlaufstelle befindet sich ein Schriftsatz hingegen in der Sphäre der Behörde, die sich der Einlaufstelle bedient. Die Unterlassung der (rechtzeitigen) Weiterleitung des Schriftsatzes von der Einlaufstelle an die jeweils zuständige Stelle stellt einen behördlichen Fehler dar (vgl VwGH 28. Mai 2019, Ra 2018/15/0038, mwN).

Ein Anbringen liegt erst dann vor, wenn die Eingabe tatsächlich bei der Behörde einlangt (VwGH 20. Oktober 2022, Ra 2022/13/0035).

Einleitend ist zu bemerken, dass die belangte Behörde das Rechtsmittel vom 27. Oktober 2021 - entgegen den unsubstantiierten Beschwerdeausführungen - zu Recht nicht als Antrag nach § 299 BAO gewertet hat. Ein Antrag auf Bescheidaufhebung gemäß § 299 BAO war in diesem Schreiben nicht enthalten. Einerseits wurde der Schriftsatz innerhalb der Beschwerdefrist erhoben und anderseits ausdrücklich im selben Schriftsatz als "bescheidbeschwerde" und als "beschwerde[…]" bezeichnet. Für die Annahme, dass es sich somit beim Schriftsatz um einen Antrag auf Bescheidaufhebung gemäß § 299 BAO gehandelt hätte, bleibt kein Raum.

Nach dem in freier Beweiswürdigung festgestellten Sacherhalt, dem eine wesentlich geänderte Sachlage als dem Säumnisverfahren vor dem Bundesfinanzgericht zu GZ RS/7100049/2023 zugrunde liegt, geht das Bundesfinanzgericht vor dem dargestellten rechtlichen Hintergrund davon aus, dass das Schreiben vom 17. November 2021 (bzw Ausdruckdatum 19. November 2021) vor dem 23. Juni 2022 vom Beschwerdeführer unterfertigt persönlich oder per Post bei der belangten Behörde und damit innerhalb der Jahresfrist für die Stellung eines Antrages auf Bescheidaufhebung gemäß § 299 BAO in der Sphäre der belangten Behörde eingelangt ist. Damit lag nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein wirksames Anbringen vor, über welches die belangte Behörde zu entscheiden gehabt hätte.

Die nunmehr streitgegenständliche Eingabe vom 16. September 2023, die im Rahmen des beim Bundesfinanzgericht zum ursprünglichen Antrag auf Bescheidaufhebung gemäß § 299 BAO vom 17. November 2021 eingebracht wurde, stellt somit nach der Aktenlage eine Urgenz zu diesem ursprünglichen Antrag vom 17. November 2021 und keinen - wie von der belangten Behörde angenommen - eigenständigen Antrag auf Bescheidaufhebung gemäß § 299 BAO dar (vgl dahingehend etwa VwGH 2. April 2009, 2007/16/0098). Dies ergibt sich einerseits aus dem eindeutigen Inhalt der Eingabe vom 16. September 2023, die im Rahmen des Säumnisbeschwerdeverfahrens zum ursprünglichen Antrag auf Bescheidaufhebung gemäß § 299 BAO gestellt wurde. Demnach wollte der Beschwerdeführer ausdrücklich eine Entscheidung über den mit Eingabe vom 17. November 2021 gestellten Antrag gemäß § 299 BAO erreichen. Anderseits ist im Zweifel dem Anbringen einer Partei, das sie zur Wahrung ihrer Rechte stellt, nicht ein solcher Inhalt beizumessen ist, der ihr die Rechtsverteidigungsmöglichkeit nimmt (vgl VwGH 7. Mai 2020, Ra 2018/16/0042, mwN).

Die Behandlung des Schriftsatzes vom 16. September 2023 als eigenständigen Antrag und seine Zurückweisung wegen verspäteter Einbringung erweist sich somit als rechtswidrig.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht ist nicht von der näher zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abgegangen (vgl zB VwGH 20. Oktober 2022, Ra 2022/13/0035). Darüber hinaus waren die in freier Beweiswürdigung vorgenommenen Feststellungen des maßgeblichen Sachverhaltes entscheidungswesentlich (vgl zB VwGH 25. Februar 2016, Ra 2016/16/0006). Die Voraussetzungen für eine Revisionszulassung nach Art 133 Abs. 4 B-VG liegen somit nicht vor.

Wien, am 21. Oktober 2024

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