JudikaturVwGH

Ro 2020/21/0015 1 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Rechtssatz

Rechtssatz
19. November 2020

Schon nach dem Wortlaut des § 80 Abs. 5 FrPolG 2005, verdeutlicht durch die Gesetzesmaterialien zum FrÄG 2017 (ErläutRV 1523 BlgNR 25. GP 36 f) wird darauf abgestellt, dass die Schubhaft zunächst gegen den Fremden zur Sicherung des Verfahrens über einen (anhängigen) Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verhängt wurde. In diesem Fall darf die Anhaltung in Schubhaft gemäß dem ersten Satz dieser Bestimmung nicht nur sechs Monate, wie nach § 80 Abs. 2 Z 2 FrPolG 2005 grundsätzlich normiert, sondern - bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme - zehn Monate dauern. Diese Frist wurde durch die Anhaltung des Fremden bis zum Antritt der Strafhaft nicht überschritten. Danach wurde mit Bescheid neuerlich die Schubhaft - beginnend mit dem Ende der Strafhaft - angeordnet. Für diesen Fall normiert der letzte Satz des § 80 Abs. 5 FrPolG 2005, dass die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die gemäß § 80 Abs. 4 FrPolG 2005 höchstzulässige Schubhaftdauer von achtzehn Monaten anzurechnen ist. Der Sache nach wird damit zum Ausdruck gebracht, dass bei den in § 80 Abs. 5 letzter Satz FrPolG 2005 genannten Fällen (Aufrechterhalten der Schubhaft über den Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme hinaus oder neuerliche Anordnung der Schubhaft nach diesem Zeitpunkt) von "Schubhaft wegen desselben Sachverhalts" iSd. letzten Halbsatzes im Abs. 4 auszugehen ist und eine Zusammenrechnung der Schubhaftzeiten zur Ermittlung von deren Höchstdauer stattzufinden hat. Für dieses Ergebnis hat es keine Bedeutung, dass die schon vor der neuerlichen Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz und vor dem Beginn der ersten Schubhaft im Beschwerdeweg mit Erkenntnis des VwG (samt einem unbefristeten Einreiseverbot) rechtskräftig erlassene Rückkehrentscheidung - gemessen am innerstaatlichen Recht - mit Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes wieder durchsetzbar wurde. Davon ausgehend hätte die Schubhaft zwar dann nicht mehr der Verfahrenssicherung, sondern der Sicherung der Abschiebung gedient, was aber an der gebotenen Berücksichtigung auch dieses Zeitraums der Anhaltung in Schubhaft bei der Ermittlung von deren Höchstdauer nichts geändert hätte. Es bedarf daher in derartigen Fällen in Bezug auf die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes keiner weiteren Überlegungen vor dem Hintergrund des Art. 41 der Verfahrens-RL (Richtlinie 2013/32/EU) (vgl. VwGH 24.10.2019, Ra 2019/21/0198).

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